Karl Simrock
Beowulf
Karl Simrock

 << zurück weiter >> 

Anzeige. Gutenberg Edition 16. 2. vermehrte und verbesserte Auflage. Alle Werke aus dem Projekt Gutenberg-DE. Mit zusätzlichen E-Books. Eine einmalige Bibliothek. +++ Information und Bestellung in unserem Shop +++

28. Freaware.

                Da hob der Hehre   mit der Helden Schar
Sich hin zum Strande,   das Gestade tretend,
Die weiten Werder.   Das Weltlicht schien,
Die Sonne von Süden.   In beschleunigter Fahrt
5   Schritten sie schnell dahin   bis sie den Schirm der Helden,
Den Beuger Ongentheows   in der Burghalle,
Den jungen Heerkönig,   den guten, fanden
Halsringe spendend.   Dem Hygelak hatte man
Beowulfs Ankunft   alsbald gemeldet,
10   Er kehre wieder   der Weigande Schutz,
Sein Schildgeselle,   gesund und heil
Aus des Kampfspiels Noth,   schon nah' er dem Saal.
Da räumte man rasch   nach des Reichen Gebot
Den Fußfahrenden   die Flur im Innern.
15   Da saß ihm an der Seite   der Sieger im Streit,
Verwandter bei Verwandtem,   als der Weigande Fürst
In feiernder Rede   den Freund begrüßt
Mit mächtigen Worten.   Mit den Methschenken gieng
Hin durch die Halle   Häreds Tochter:
20   Den Leuten liebreich   bot sie lautern Trank
Den Helden zu Handen.

                                        Hygelak begann nun
In der hohen Halle   den holden Gefährten
Freundlich zu fragen;   Fürwitz trieb ihn,

25   Wie der Seegeaten   Seefahrt ergangen sei:
»Wie gelang dir die Reise,   lieber Beowulf,
Da du nach ferner   Fahrt dir gedachtest
Siegruhm zu suchen   jenseits der See,
Kampf in Heorot?   Konntest du Hrodgarn
30   Das weltkunde Weh   ein wenig büßen,
Dem hehren Herscher?   Herzeleid zehrte mich
In wallender Sorge,   denn am Siege verzweifelt' ich
Des lieben Mannes:   lange bat ich dich,
Den schaurigen Gast   unbeschwert zu laßen:
35   Die Süddänen sollten   sich selber wehren
Im Kampfe mit Grendeln.   Ich sage Gott nun Dank,
Daß ich so gesund   dich wiedersehen durfte.«

Beowulf sprach,   der Geborne Ecgtheoms:
»Nun kann wohl kund sein,   König Hygelak,

40   Der Männer Manchem,   da wir maßen die Kraft,
Wie wir die Weile   auf dem Walplatz verbrachten,
Ich und Grendel.   Viel Grund erst hatt er
Den Siegschildingen   zur Sorge verliehen,
Viel Harm fürs Leben:   meine Hand nun rächt' es.
45   So darf nicht großthun   von Grendels Sippen
Auf Erden Einer   dieses Uchtlärms wegen,
Der am Längsten lebt   des leidigen Geschlechts,
Denn Gefahr befängt ihn!

                                          Zuvörderst kam ich

50   Zu der hohen Halle   Hrodgarn zu begrüßen,
Wo sogleich mir Healfdens   erhabner Sohn,
Da kaum Ihm kund ward,   warum ich gekommen war,
An des Sohnes Seite   den Sitz bestimmte.
Das Volk war fröhlich:   ich erfuhr in der Welt
55   Unter des Himmels Hälfte   bei Hallsitzenden
Nie mehr der Methlust,   da die mächtige Königin,
Der Völker Friedeschirm   bald die Flur durchschritt,
Die Söhne zu ermuntern,   und der Mannen Etlichen
Ringschmuck schenkte   eh sie zum Sitze gieng;
60   Bald den ältern Tapfern   die Tochter Hrodgars
Nach der Ordnung allen   den Aelbecher reichte;
Freaware von den   Flursitzenden
Hört' ich sie geheißen,   als sie herrliche Schätze
Den Helden hinbot.   Verheißen war sie
65   Mit Gold begabt   dem guten Sohne Frodas.
Unter Hrodgars Obhut,   des alten Schildingen,
War sein Reich gestellt;   auch rühmte man wohl,
Wie er mit der Tochter Hand   die Todfehde gesühnt
Der verfeindeten Völker.   Freilich mag selten,
70   Wenn ein Volk erlegen ist,   auf lange Zeit
Das Racheschwert rasten,   wie ruhmwerth die Braut sei.28. Nach der letzten Zeile unseres Abschnitts wird eine große Lücke in der Handschrift angenommen, wonach der Schluß dieses 28. Abschnitts, der ganze 29. und noch der Anfang des 30. fehlen würde. Da aber dem Inhalte nach gar keine Lücke zu bemerken ist, so beruht vielleicht diese Angabe, bei welcher man sich auf die Handschrift gründet, auf einem Irrthume. Ich habe darum in der Zählung der Abschnitte keine Zahl ausfallen laßen. Die Thorpesche Ausgabe ist mir also weiterhin um eine Nummer voraus.

 << zurück weiter >>