Karl Simrock
Beowulf
Karl Simrock

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29. Ingeld.

        »Missbehagen wird es bald   dem Headobardenfürsten
Und dazu den Degen   des bezwungenen Volkes,
Wenn an der Fürstin Hand   die Flur betritt
Ein dänischer Heldensohn   in der Höflinge Schar,
5   Der frech sich gürtet   mit seiner Väter Erbe,
Dem herrlichen Kleinod   der Headobardenkönige,
Derweil sie der Waffen   walten durften
Bis sie in den letzten Lindenkampf   verleitend missten
Die edeln Gefährten   mit dem eigenen Leben.
10   Dann spricht wohl beim Bier,   erblickt er den Schmuck
Ein alter Eschkämpe,   dem Alles gedenkt,
Der Guten Geertod   (ihm ist grimm zu Muth!) –
Jammernd beginnt er   dem jungen Kämpen
Nach seiner Gesinnung   den Sinn zu erforschen;
15   Seine Wuth zu wecken   solche Worte spricht er:
»Kannst du, mein König,   das Kampfschwert schauen,
Das dein Vater vormals   im Gefechte trug
Unter dem Lindenschild   das letzte Mal,
Das theure Eisen,   als ihn die Dänen schlugen
20   Die der Walstatt walteten   (Wiedervergeltung schlief
Nach der Fürsten Fall),   die frechen Schildinge?
Nun stolziert im Saal   ein Sohn dieser Mörder,
Ich weiß nicht welches,   thut wichtig mit dem Schmuck,
Pocht auf den Mord   und prunkt mit dem Kleinod,
25   Das du selbst besitzen solltest   dem Rechte nach.«
So mahnt und meistert   er ihn zu mancher Zeit
Mit strafenden Worten   bis die Stunde kommt,
Daß der fremde Fürst   für seines Vaters Thaten
Nach der Schwerter Biß   blutfarb schlummert,
30   Des Lebens verlustig.   Aber leicht von dannen
Entkommt der Kühne:   er kennt das ganze Land.
Gebrochen alsbald   werden von beiden Seiten
Nun der Edlinge Eide.   In Ingeld muß dann
Die Wuth aufwallen,   da des Weibes Liebe
35   In des Kummers Qual   ihm kühler ward.
Darum halt ich die Huld   der Headobarden
Den Dänen nicht für truglos,   noch diese Verschwägerung,
Nicht für fest die Freundschaft.

                                                    »Aber fürder will ich

40   Von Grendel reden,   damit du ganz erfährst,
Spangenspender,   wie sich später verlief
Der Helden Handgemenge.   Als des Himmels Edelstein
Ueber die Gründe glitt,   da kam der grimme Gast,
Der üble Abendschreck   uns zu besuchen,
45   Die die hohen Hallen   noch heil bewachten.
Da drohte sein Handschuh29, 45–61. Was hier von dem Handschuh Grendels berichtet wird, ist echt riesenhaft und tief in der Mythe begründet. So übernachtet Thor in dem Handschuh Skrymirs, was ihm im Harbardslied und in Oegisdrecka zum Vorwurf gereicht, als hätte ihn der Riese hineingesteckt. Auch Hans Muff, der niederrheinische riesige Begleiter des heil. Nicolaus, hat den Namen von dem großen Handschuh, worein er die unartigen Kinder steckt. S. mein Handbuch der Myth. 549.   den Helden Gefahr:
Dem Tode verfallen   war der Vorderstliegende,
Der gegürtete Kämpe:   Grendel mordete
Den werthen Weigand,   den weitberühmten,
50   All den Leib verschlang er   des lieben Mannes;
Doch nicht geliebt' es ihm,   daß er mit leerer Hand
Schon aus dem Goldsaal   gehen sollte,
Der blutgezahnte Mörder   auf Bosheit sinnend,
Sondern Mich erkor er,   seiner Kraft vertrauend.
55   Schon streckt' er die starre Hand;   sein Stauche hieng
Weit und geräumig   an Wunderriemen fest.
Auch war er nicht   ohne Einsicht bereitet
Mit Teufelskräften   aus Drachenfellen;
Dahinein nun mich,   den Unschuldigen,
60   Das thatfreche Thier   zu thun gedachte
Mit manchem Andern.   Doch vermocht er es nicht,
Als ich ingrimmig   mich aufrichtete.
Zu lange wär das Lied,   wie dem Leuteschädiger
Ich Handlohn reichte   für die Harmthaten all.
65   Da hab ich deine Helden,   mein Herr und König,
Nach Würden gewehrt.   Zwar entwand er sich mir;
Doch nicht lange mehr lacht' ihm   des Lebens Wonne,
Denn zurück war ihm   die Rechte geblieben,
Die Hand in Heorot,   und gehöhnt entweichend
70   Sank er jammermüthig   auf des Meeres Grund.

»So kühnen Kampf   hat der König der Schildinge
Mit gediegnem Golde   mir gütig gelohnt
Und manchem Kleinod,   als der Morgen kam
Und wir beim Schmause   saßen und zechten.

75   Da war Hall und Schall.   Bald hub der alte Schilding,
Der vielerfahrene,   von fernen Zeiten an;
Bald begann ein Held   der Harfe Wonne
Lustsam zu wecken,   bald ein Lied zu singen
Süß und schaurig;   Geschichten erzählte bald
80   Der Wahrheit gemäß   der weitherzge König.
Ein ander Mal hörten wir   den altergebundenen
Greisen Krieger   von des Kampfes Strenge
Der Blüthe melden,   daß die Brust ihm schwoll,
Wenn der Winterreiche   der Wagnisse gedachte.
85   So saßen wir im Saale   den sonnenlangen Tag
Den Genuß erneuend.   Die Nacht befiel nun
Die Erde abermals.   Da eilte sogleich
Zu grimmer Rache   Grendels Mutter:
Sorgenvoll schritt sie,   da der Tod den Sohn ihr nahm
90   Und der Wedern Kampfgrimm.   Ihr Kind rächte
An der Edeln Einem   die Ungeheure,
Den sie wüthig würgte.   Dem weisen Aeskher,
Dem vielerfahrnen   entfloh das Leben.
Da mochten nicht einmal,   als der Morgen kam,
95   Die Dänenleute   des Todten Hülle
Mit Brand verbrennen,   den Bühel ihm schlichtend,
Dem lieben Verlornen,   da der Leib des Helden
Unter den Felsstrom entführt war   von des Feindes Sippe.
Das härmte Hrodgarn   als das herbste von allen
100   Leiden, die lange   gelastet auf dem Helden.
Da umhalste mich der Fürst   und flehte harmvoll
Mich bei Deinem Leben,   daß ich im Drang der Flut
Reckenschaft übte   und den Ruhm zu mehren
Das Leben wagte,   großen Lohn verheißend.
105   Nun weiß man weithin,   als ich im Wellenschlund
Die grausvolle Hirtin   des Grundes fand,
Wie wir da handgemein wurden   eine Weile lang.
Von Blut schwoll die See:   da entschlug ich das Haupt
Der Mutter Grendels   in der Grundhalle dort
110   Mit scharfem Schwert.   Nicht sanft zwar mocht ich
Das Leben lösen;   doch leb ich noch.
Da schenkte mir abermals   der Edlinge Schirm
Viel herrliche Kleinode   Healfdenes Sohn.

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