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III.
Die Verlassene

»Aschtoret bittet den unempfindlichen Tammuz, morgen nach der Chateaubriandstraße 7 zu gehen, um in der Person von Frau Maudoré zu sehen, daß Aschtoret etwas Reiz besitzt und nicht immer ohnmächtig ist.«

Tammuz war die perverse und grausame Einladung willkommen.

In das elegante Interieur einer vornehmen Dame geführt, die künstlerische Ansprüche stellte, sah er eine reizende Blondine mit zugleich abgespannter wie gelangweilter Miene erscheinen, deren Haltung hochmütig und abweisend war.

– Ich komme im Auftrage der Aschtoret.

Bei diesem Namen ergriff ihn Frau von Maudoré bei beiden Händen und zog ihn auf ein Sofa. Ihr feuchtes Auge, ihre anmutige Gebärde zeigten Tammuz, wie sehr die Unglückliche das Mädchen liebte.

– Was macht sie? Was sagt sie? Ich laufe ihr nicht nach … Das ist alles, was ich kann … und …

Sie zeigte eine Reitpeitsche, die auf einen Tisch geworfen war.

– Sehen Sie, die habe ich gekauft, um sie durchzuprügeln. Und ich würde in ihre Arme fallen, wenn sie erschiene. Sie kennen sie … vielleicht zu sehr, zu meinem Bedauern.

Er erzählte nicht die Szene von vorgestern, sondern sagte, er habe lange mit ihr bei Sadinet geplaudert.

– Ja, sie haben sich gesehen … ich weiß es … sie müssen sich für Augenblicke wieder befreunden, und ich wüte …

– Was denken Sie von ihr?

Sie zeigte mit einer Gebärde auf die Peitsche.

– Ja, sie ist eine schamlose Person. … aber ich liebe sie! Nichts in der Welt gibt mir, was diese Elende mir gegeben hat. Seit einem Jahre liebe ich sie: hat sie mich einen Monat geliebt? … Ich hatte vor ihr gesagt, ich verachte Lesbos, ich würde nie die Spitze meines Fußes auf dieses verwünschte Eiland setzen. Dann erbot sie sich, mir zu sitzen, damit ich ihr Pastellbild mache; sie verließ Nahema, um mir mehr Zeit zu geben; als das Pastellbild fertig war, hatte sich der niedrige Trieb einer Wollust in mir entwikkelt, den ich vorher nicht kannte, den sie beinahe in mir geschaffen hat. Sie ahnen nicht, mit welcher dämonischen Kunst sie die tierischen Saiten vibrieren läßt … Bald wurde ich betrogen, dann verlassen: o untröstliche Schande! Ich verbringe meine Tage, in die Kissen gewühlt, ohne zu denken; verbringe die Nächte, ohne zu schlafen. Ich habe versucht, diesen Zauber zu brechen: die andern, Männer und Frauen, geben nur das Vergessen; sie gibt den Rausch … Stellen Sie sich vor, daß sie bisweilen wiederkommt; ich bin feige genug, sie zu empfangen; aber künftig, nein, ich werde würdig sein, ich werde sie hinausjagen.

Man hörte eine Stimme, und Aschtoret erschien.

– Du … du … du, rief Frau von Maudoré, in drei verschiedenen Tönen.

– Ich … Guten Tag, Tammuz … Sie können bleiben. Nicht wahr, Mau? … Ja, als ich heute aufwachte, dachte ich an dich; ich hatte vorgestern daran gedacht, dir diesen Herrn zu schicken, der sicher schlecht von mir gesprochen hat.

– Er hat gesagt, du seist eine schamlose Person.

– Und du wiederholst es mir?

Aschtoret ging ins Boudoir, dann legte sie ihren Hut hin und sagte:

– Mau, entkleide dich!

Tammuz wollte fortgehen.

– Wenn er nicht bleibt, gehe ich.

Auf dem Gesicht und in den Gebärden der Frau von Maudoré kämpfte der Zorn mit der Feigheit.

– Wahrhaftig, du liebst mich schlecht, Mau, schlecht; du begehrst mich wenig, sehr wenig … Ich werde gezwungen sein, ihn zu nehmen: so wahr ich eine schamlose Person bin, ich wäre dir dankbar gewesen, wenn du durch deinen Gehorsam diesem jungen Manne, der mich verschmäht, meine Macht gezeigt hättest … Du willst mir dieses Vergnügen nicht bereiten … dann nicht … du wirst es büßen! Für den Augenblick …

Und mit ihren Handschuhen ergriff sie das Hauskleid der Maudoré: mit brüsken, bestimmten, heftigen Gebärden entblößte sie die vor Scham bebende und warf sie auf den Diwan.

Wie ein Tier kauerte sich Aschtoret nieder, stützte ihre Hände, die schwarze schwedische Handschuhe trugen, auf den Körper ihres Opfers und wandte sich zu Tammuz, frech und tragisch:

– Nun?

Sie sagte nur dieses eine Wort, aber sie betonte es mit solcher Kraft, so intensiv, daß Tammuz erbleichte und die Reitpeitsche vom Tischchen nahm; aber seine Hand fiel zurück vor dem, was er sah.


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