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47. Kapitel.
Einrichtungen auf der Südseite.

Sobald die Mittagstafel aufgehoben war, schafften Hurtig und William, mit Hilfe Herrn Seagrave's und Juno, die Leinwand und Stangen der Zelte, sowie die Pflocke und Stricke zu ihrer Befestigung und endlich auch Schaufeln zum Ebnen des Fußbodens in das Boot hinunter.

»Hört, Hurtig,« sagte William, als er im Begriff war, mit dem alten Manne das Boot zu besteigen, – »ich glaube, es würde nicht übel sein, wenn wir Beide unser Bettzeug mitnähmen. Eins von den Zelten könnten wir heute noch aufschlagen und darin schlafen; mit dem andern aber würden wir dann morgen gewiß bei guter Zeit fertig.«

»Hast nicht Unrecht, William,« entgegnete Robinson beifällig. »Wir wollen, deinem Rathe folgend, nur vorher einmal hinhorchen, was die Juno uns zum Essen mitgeben kann. Komm, mein Junge! Je schneller wir Arme und Beine rühren, desto mehr kommt's dem allgemeinen Besten zu gute.«

Hurtig theilte zunächst Herrn Seagrave William's Vorschlag mit. Als dieser sich damit einverstanden erklärte, packte Juno ein tüchtiges Stück gesalzenes Schweinefleisch und ein paar Mehlkuchen ein, trug sie nebst einigen wohl gefüllten Wasserflaschen an Bord des Nachens und legte Alles fein säuberlich neben die Aexte, Sägen und Hämmer, die bereits in bester Ordnung darin aufgeschichtet lagen. Noch warf Hurtig ein Ende Tau hinein, um das Boot am Landungsplatze befestigen zu können, griff sodann nach den Rudern und stach mit William in See.

Beide waren darauf aus, möglichst viel Zeit zu sparen und ruderten daher so scharf, daß sie nach kurzer Zeit den kleinen Hafen auf der Südseite erreicht hatten. Das Boot wurde am Ufer befestigt, die Zeltleinwand, die Pflöcke und Stangen, und was sonst im Boote sich befand, an das Ufer gebracht und in einem schattigen Guyavengebüsch nieder gelegt. Nach drei oder vier Gängen an das Boot hin und zurück befand sich die Ladung an Ort und Stelle.

»Nun, lieber William,« begann der alte Hurtig, »müssen wir zunächst ausschauen, wo wir einen recht schönen Platz für die Zelte ausfindig machen. Keinesfalls dürfen wir uns zu nahe an die Kokoswälder halten, weil wir sonst zu weit vom Wasser entfernt sein würden.«

»I nun, ich meine, da bei den Bananen wäre ein ganz herrliches Fleckchen,« erwiederte William. »Der Grund liegt da ein wenig höher, so daß er fast einen kleinen Hügel bildet, und zum Wasser haben wir auch nicht weit, da es, wie mich dünkt, zwischen den Bananen und dem Yamsfelde genug geben wird. Wir könnten ja später einmal nachgraben.«

»Ja, ja, William, der Platz scheint auch mir nicht übel,« entgegnete Robinson. »Laß uns drauf zu gehn, und Grund und Boden ein wenig untersuchen.«

Sie näherten sich der Stelle, wo die Bananen ihre prachtvollen, grünglänzenden, großen Blätter ausbreiteten, und beschlossen nach kurzer Besichtigung, die Zelte auf der Nordseite des Gebüsches aufzuschlagen. Sie lagen da nicht nur recht versteckt und verborgen, so daß sie vom Meere aus nicht erspäht werden konnten, sondern die dichten Kronen der Bäume wehrten auch, gerade während der heißesten Tageszeit, den gluthvollen Strahlen der Sonne das Eindringen und breiteten den kühlsten und labendsten Schatten über sie hin.

»Hier laß uns bleiben und Hütten bauen, William,« sagte der alte Hurtig mit behaglichem Lächeln. »Das ist ein prächtiges, trockenes Fleckchen und wird sich gewiß ganz vortrefflich machen. Wir wollen ohne weitere Umstände unsere Sachen herschleppen.«

Sie gingen rasch an's Werk, griffen mit rüstiger Hand zu und hatten lange vor Sonnenuntergang bereits eins von den Zelten aufgeschlagen und ihr Nachtlager darin zurecht gemacht.

»So ist Alles gut, mein Junge,« sprach Hurtig; »doch glaube ich, daß dich die schwere Arbeit ein bischen müde gemacht hat. Gelt, du sehnst dich nach deinem Bette, William?«

»O nein, ich fühle mich nicht besonders abgemattet,« erwiederte der wackere Knabe, »und überdieß ist's ja noch lange bis zur Schlafenszeit.«

»Nun, wenn das ist,« sagte Robinson, »so wird es nichts schaden, wenn wir noch heute zu den Spaten greifen und die Löcher für das Wasser ausgraben. Wir haben es dann morgen schon klar und hell und können beurtheilen, ob es gut oder schlecht ist.«

»Das ist wahr, Hurtig,« stimmte William bei. »Laßt uns gleich an's Werk gehen, noch ehe wir unser Abendbrod verzehren. Nachher schmeckt's um so besser.«

Ohne Zögern schritten sie in die Gegend zwischen dem Bananenwäldchen und dem Yamsfelde hinab, gruben hier in dem feuchten, schwammigten Moorboden zwei Löcher, jedes vier Fuß im Quadrat und eben so tief, und bemerkten zu ihrem Vergnügen, daß sich das Wasser schon darin ansammelte, während sie noch mit der Arbeit beschäftigt waren. Ehe sie ganz fertig wurden, standen sie bereits bis über die Knöchel im Schlamme.

»Fehlen thut's hier nicht an Wasser, Hurtig,« bemerkte William. »Wenn es nur gut und trinkbar ist.«

»Davor ist mir nicht bange,« entgegnete Hurtig. »Aber es ist noch mehr erforderlich, ehe unsere Leutchen herüber kommen können. Bei alledem haben wir übrigens für heute genug gethan und das Abendbrod wird uns schmecken. Komm, William!«

Sie nahmen ihre Spaten auf den Rücken, kehrten zu dem Zelte zurück, speisten von ihrem Pökelfleisch und den Mehlkuchen, und streckten sich dann behaglich auf ihrem Lager aus. Die schwere Arbeit hatte sie herzlich müde gemacht und sie schliefen daher sanft und ruhig die ganze Nacht.

Am nächsten Morgen waren sie schon wieder bei Sonnenaufgang auf dem Platze und gingen zu den Cisternen hinab, um das angesammelte Wasser einer genaueren Prüfung zu unterwerfen. Sie trafen die Löcher bis zum Ueberlaufen gefüllt, kosteten das schön klare und durchsichtige Wasser und fanden es, wenn auch nicht ganz so wohlschmeckend, wie das aus der Quelle bei ihrem Wohnhause, jedoch gut und vollkommen trinkbar.

Nachdem sie sich gewaschen und einen tüchtigen erfrischenden Zug aus der Cisterne gethan hatten, schritten sie zurück, nahmen ihr Frühstück ein und gingen sodann rüstig an das Aufschlagen des zweiten Zeltes, welches, da es für Madame Seagrave und die Kinder bestimmt war, zierlicher und mit größerer Sorgfalt als das erste eingerichtet wurde. Als es fertig war, befreiten sie den Grund rings um die beiden Zelte herum von allem Gestrüpp und Unterholz, so wie von dem hoch aufgeschossenen Grase, und ebneten sodann das Innere der Zelte mit ihren Schaufeln so sorgfältig, daß der Fußboden ganz glatt und zierlich ward.

»Nun haben wir vor der Hand nichts weiter zu thun, als noch einen Feuerherd für Juno zu bauen,« sagte Hurtig. »Laß uns drum nach der Küste hinunter gehen und Steine zusammen suchen, William. Wenn wir ein Stück Segelleinen mit hinab nehmen und die Steine da hinein packen, werden wir bald genug eine gehörige Menge an Ort und Stelle schaffen können. Komm, lieber Junge.«

In einer guten Stunde war der Feuerherd fertig und mit herzlicher Freude überschauten Hurtig und William die gelungenen Werke ihrer Hände.

»Man kann dieß wahrlich einen ganz allerliebsten und bequemen Landsitz nennen,« sagte Hurtig endlich mit behaglichem Kopfnicken und gemüthlichem Lächeln.

»Gewiß!« erwiederte William. »Es ist ohne Zweifel äußerst nett hier, und die Mutter wird sich nicht wenig freuen, wenn sie herkommt.«

»Und schau nur, William,« sagte Hurtig, »in ein paar Wochen werden wir einen wahren Ueberfluß an Bananen haben; sie stehen schon in voller Blüthe! Ich kann mich kaum von alle den schönen Sachen trennen. Aber es ist jetzt wirklich Zeit wieder nach Hause zu segeln, da wir Nachmittag noch eine Fahrt hierher machen und die bevorstehende Nacht abermals in unserem Zelte zubringen müssen.«

Sie gingen zu dem Boote hinunter, stießen vom Lande ab und segelten, wie am vergangenen Tage, heimwärts. Gegen zehn Uhr des Morgens kamen sie bei dem Hause an und trafen sogleich die nöthigen Einrichtungen für die übrigen Arbeiten des Tages. Es wurde beschlossen, daß noch heute Nachmittag der Mundvorrath für ein paar Tage, Tische, Stühle, Kochgeschirr und ein Theil der Kleidungsstücke zu Wasser auf die Südseite der Insel hinübergeschafft werden sollte. Dieß Geschäft ward natürlich dem alten Hurtig und William übertragen, diese Beiden mußten versprechen, am folgenden Morgen in aller Frühe wieder zurückzukehren, um die übrige Familie auf dem Landwege durch das Holz nach dem neuen Wohnsitze zu geleiten.

Man erwartete, daß diese Uebersiedelung nicht viel Schwierigkeiten verursachen werde. Der kleine Albert konnte jetzt schon ziemlich gut laufen und brauchte nicht mehr viel getragen zu werden; Tommy und Karoline hielt man unter der Obhut Juno's sicher aufgehoben und Herr Seagrave, Hurtig und William übernahmen es, mit Hilfe der Hunde, die Schafe und Lämmer, die sich bereits bis auf vier Stück vermehrt hatten, so wie die Ziegen mit ihren kleinen Zicklein durch das Holz zu treiben. Die Hühner mit den Küchlein wollte man ungestört bei dem Hause zurücklassen, William und Hurtig erboten sich, bei ihren gelegentlichen Besuchen nach ihnen zu sehen und für ihr Gedeihen auf's Beste Sorge zu tragen.

*


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