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LVII. Tischreden D. M. Luthers vom Beruf

 

Göttlicher Beruf der Lehrer ist ihr größter Trost.

»Wenn diejenigen, so im Lehramt sind, nicht daher Freude und Trost haben, daß sie gedenken an den, der sie berufen und gesandt hat, so ists Mühe genug mit ihnen. Mosen mußte unser Herr Gott wohl sechs Mal dazu bitten. Und zwar er hat mich auch so hinein geführet; hätte ichs zuvor gewußt, es hätte Mühe bedurft, daß er mich dazu hätte gebracht. Wohlan, weil ichs nun hab angefangen, so will ichs auch mit ihm hinaus führen. Ich wollte nicht die ganze Welt nehmen, daß ichs jetzt sollte anfahen, um der überaus schweren Sorge und Angst willen. Wiederum, wenn ich auf den auch sehe, der mich dazu berufen hat, so wollt ichs auch nicht, daß ichs nicht angefangen hätte; ich will auch nun keinen andern Gott haben. Andere, die vor mir gelebt haben, die haben des Papsts böses und ärgerliches Leben angegriffen und gestraft; aber ich hab seine Lehre angegriffen, und zu der Möncherei und der Messe eingestürmet, auf welchen zweien Säulen das ganze Papstthum stehet. Da hätte ich mich selbst nie versehen dürfen, daß diese zwo Säulen würden einfallen; denn es war gleich als so viel, als wenn einer hätte Gott und die Creatur angegriffen.«

 

Gott will Fleiß und Treu in eines Jeden Beruf haben; denn wer in geringen Dingen nachlässig ist, der ist auch im Großen nachlässig.

D. Luther sagte Anno 1540, »daß eine edle Frau wäre gewesen, wenn dieselbige eine Magd hätte gemiethet, so hätte sie ihr einen Besen in den Weg geworfen: wenn sie ihn hätte liegen lassen, so hätte sie ihr Urlaub gegeben, denn welche einen Besen lässet liegen, die hebt auch nicht ein Faß auf. Und das ist auch also in allen Regimenten. Wer in einem Regiment ist, der soll nichts Geringes verachten. Das lernten die Römer auch, daß man keinen geringen Feind sollte verachten. Denn da sie den Hannibalem geschlagen hatten, und meinten, sie wären nun sicher, da fing sich bellum Carthaginense erst recht an. Darum soll man sich bei Zeiten gewöhnen, daß man auch in dem Geringsten fleißig sei, sonst wird nichts aus solchen Schlingeln.

Davon hat D. Martinus Luther mit eigener Hand in seiner Stube an die Wand mit Kreide hinter den Ofen diese Worte geschrieben, Lucä am 16. (V. 10): Wer im Geringsten treu ist, der ist auch im Größten treu; wer im Geringsten untreu ist, der ist auch im Größten untreu. Ursache ist:

An den Lappen lernen die Hunde Leder fressen.
Also auch: Wer im Geringsten fleißig ist, der ist auch im Größten fleißig.
Wer im Geringsten unfleißig ist, der ist auch im Größten unfleißig.
Wer den Pfennig nicht achtet, der wird keines Güldens Herr.
Wer eine Stunde versäumet, der versäumet auch wohl einen ganzen Tag.
Wer das Geringste verschmähet, dem wird das Große nicht.
Wer den Kropf verschmähet, dem wird das Huhn nicht.
Und Jesus Sirach Kap. 19, (1) saget: Wer ein Geringes nicht zu Rath hält, der verdirbst immer fort.
Wer laß ist in seinem Thun, der ist ein Bruder deß, der sich verderbt.

Proverb. 18 (9).«

 

Doctor Martini Luthers Reim.

»Wer was weiß, der schweig.
Wem wohl ist, der bleib.
Wer was hat, der behalte.
Unglück das kommt balde.«

 

Seines Berufes soll Keiner mißbrauchen.

D. Martin Luther sagte Anno 1546: »Es wäre kein Amt so klein, es sei Henkens werth.« Und sagte darauf diese Historie: »Es hätte eines Schulthes Kuh in einem Dorfe einmal eines andern Bauern Kuh übel gestoßen und beschädigt. Als nun die Bäuerin zu ihm gelaufen kam, und wollt's ihm klagen, und sprach: ›Herr Schulthes, es hat eine fremde Kuh meine übel gestoßen und verwundet, ich bitte, Ihr wollet mir helfen, daß mir der Schade möchte erleget werden; was ist der Kuh Herr mir zu geben schuldig für den Schaden?‹ Der Schulthes sprach: ›Liebe Nachbarin, er soll Euch ein alt Schock für den Schaden geben‹. Da sagte die Bäuerin: ›Ja, lieber Herr Schulthes, es war Eure Kuh‹. Da sprach der Schulthes: ›War's meine Kuh? das ist ein ander Ding‹. Und wollte der Frau nichts für den Schaden geben.«

 

Daß man nicht leichtiglich gläuben und Jedermann vertrauen soll.

Epicharmus saget: Nervi atque artus sapientiae sunt, non temere credere; denn wer balde gläubet, der wird leichtlich betrogen. Item: Es soll Keiner einen Andern für seinen vertraueten Freund halten, er habe denn zuvor einen Scheffel Salz mit ihm gessen. Hiervon haben die Alten einen feinen Apologum gemacht: Daß ein Haushahn auf einem Baum gesessen war, zu dem hatte ein Fuchs, so ungefährlich vorüber gelaufen, gesagt: Er sollte herab vom Baum steigen, denn es wäre ein Landfriede ausgeschrien, wie aller Zwietracht, Widerwillen und Uneinigkeit unter Menschen und Thieren aufgehoben wäre, und zu ewigen Zeiten hingelegt sein sollte, also, daß Eines mit dem Andern es treulich meinen, und Eines das Andere ehren und fördern sollte. Aber der Hahn gab dem Füchslein diese Antwort: Es mag sein, sagte er, daß ein gemeiner Landfriede aufgerichtet sei und alles Widerwillens Stillestand geboten; die Zeitung aber ist mir noch nicht zukommen und verkündiget. Indeß aber will ich mich halten, wie vor Alters her meine Vorfahren mit euch Füchsen und euerm Geschlechte allwege sich gehalten haben. Und sprach Doctor Martinus Luther drauf: »Die heilige Schrift sagets, man soll allen Geistern nicht gläuben; denn, hätte der Hahn dem Fuchs gegläubet, so wäre er um sein Leben kommen, sonst bleibet er bei gutem Hausgemach.«

Doctor Martinus Luther gab auch ein Räthsel auf, und sprach: »Was ist das: Es ist einem zu enge, zweien gerecht, dreien zu weit? Antwort: Heimlichkeit; denn wenn etwas Heimliches drei wissen, so wissens hundert.«


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