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Daß die Vernunft Gottes Werke nicht verstehet, noch begreifen kann.
Doctor Luther sagte: »Alle Werk Gottes sind unausforschlich und unaussprechlich, keine Vernunft kann sie aussinnen, allein der Glaube fasset sie ohne alle menschliche Kräfte und Zuthun; welches man alsdenn verstehet und erfähret, wenn man allein bedenkt, wozu das Stroh gut und nütze ist.
Auf eine andere Zeit sprach Doctor Martinus Luther: »Glauben, daß Gott ein Schöpfer sei, ist menschlicher Vernunft unmöglich; denn wenn wirs glaubten, so wüßten wir, daß er so gewaltig ist, daß er nur mit einem Wort und in einem Augenblick die ganze Welt könnte in einen Haufen reißen, gleich wie ein Töpfer einen Topf zerbrechen und zerschmettern kann. Aber wir glaubens nicht, und wir setzen wider Gott unsere Weisheit und Macht, darum glauben wir nicht, daß er ein Schöpfer sei. Summa, Niemand kann Gott in seiner Majestät begreifen oder erkennen, darum hat er sich herunter gelassen in die allergeringste Gestalt, und ist Mensch worden, ja zur Sünde, zum Tode und Schwachheit selbst worden. Er ist klein genug worden da er Knechts Gestalt an sich genommen hat, wie Sanct Paulus zu den Philippern (2, 7) saget. Aber wer kanns glauben? Wir meinen, der türkische Kaiser sei viel mächtiger, Erasmus viel gelehrter, ein Mönch viel frömmer, denn Gott ist. Alle Werke Gottes sind öffentlich am Tage und doch unbegreiflich und unausforschlich. Denn wer kann sagen, wie Gott das allerkleinste Ding und die geringste Creatur geschaffen habe, als wie er hatte einem Floh oder Laus die Augen und Beine gegeben; oder wie im Menschen ein Auge sehe; oder wie es zugehe, daß ein Weib Milch in Brüsten habe und ein Kind im Leibe trägt, wie und von wem es gewartet wird? Am jüngsten Tage werden wirs sehen, und alle so hübsch sein, als Adam und Eva vor dem Fall waren, ja zehnmal schöner; wie denn solches jetzt vor Gott ist, als wäre es allbereits geschehen.
In Summa, in allen, auch den allerkleinsten Creaturen, ja auch in ihren Gliedern scheinet und siehst man öffentlich Gottes Allmacht und große Wunderthaten. Denn welcher Mensch, wie gewaltig, weise und heilig er auch ist, kann aus einer Feige einen Feigenbaum oder eine andere Feige machen? oder aus einem Kirschkern einen anderen, oder aber einen Kirschbaum schaffen? oder auch wissen, wie Gott Alles schaffet, wachsen lässet und erhält?
Und zwar in allen guten Künsten und Creaturen findet und siehst man gedruckt die heilige göttliche Dreifaltigkeit, als Gottes des Vaters Allmacht, Gottes des Sohnes Weisheit und Gottes des heiligen Geistes Güte. Weil wir aber nicht können recht begreifen oder verstehen, wie es zugehet, daß der Augapfel siehet; item, wie unterschiedene und deutliche vernehmliche Wort gehört und geredet werden, wenn die Zunge im Munde bewegt und gereget wird, welches doch natürliche Ding sind, die wir täglich sehen und damit wir umgehen, wie sollten wir denn den feierlichen Rath der göttlichen Majestät können begreifen und erforschen mit unsrer Vernunft?«
Gottes Wunderwerk siehet man in den kleinsten und geringsten Creaturen.
Doctor Martinus sagte: »Die größesten Wunderwerk Gottes werden in den allerkleinsten und unachtsamsten Creaturen und Dingen gesehen. Als an einer reifen Birn oder Apfel, welche, ehe sie reif ward, vor einem halben Jahre zuvor ohngefähr zu rechnen, da war sie tiefer, denn sie lang und groß ist, unter der Erden und saß im äußersten Wipfel der Wurzel.«
Sonst saget auf ein andermal Doctor Martinus Luther auf Eines Frage: Ob Gott außer, über und doch in allen, auch in den geringsten Creaturen wäre, als im Gräslein und Blättlein an Bäumen? und sprach: »Gott ist an keinen Ort gebunden, er ist auch an keinem ausgeschlossen; er ist an allen Orten, auch in der geringsten Creatur, als in einem Baumblatt oder in einem Gräslein, und ist doch nirgend. Nirgend verstehe greiflich und beschlossen; an allen Orten aber ist er, denn er schaffet, wirket und erhält alle Ding.
Wie ist er aber in allen Creaturen? wesentlich, oder durch seine allmächtige Kraft? Er ist auf beiderlei Weise in einer jeden Creatur; denn wie gesagt, er schafft, wirkt und erhält Alles. Andere Creaturen wirken ihrer Eigenschaft nach, Gott aber gegenwärtig und wesentlich.«
Eine andere Frage.
Da Einer fragt: Warum Gott viel täte, deß man weder Ursach finden, anzeigen noch verstehen könnte? »Ach!« sagt Doctor Martinus, »wenn wir schon nicht Alles, was Gott macht, wissen oder verstehen, liegt nicht Macht daran, er will auch nicht, daß wir wissen sollen, was er vor hat. Wie er zu Petro sprach Joh. am 13. Kap. (V. 36): Was ich thue, das weißest du nicht, du wirsts aber hernach (nämlich an jenem fröhlichen Tage) erfahren. Da werden wir erst recht erkennen, wie treu und freundlich es der liebe Gott mit uns gemeinet hat, wenn gleich Unglück, Angst und Noth vorhanden gewesen. Indeß sollen wir uns gewiß zu ihm versehen, daß er es gut mit uns meine und uns nicht werde verderben lassen weder an Leib noch Seele, sondern also mit uns handeln, daß uns Alles, es sei gut oder bös, zum Besten dienen muß.
Wir Narren können nicht gründlich Ursach anzeigen, wie die Rede in unserm Munde entstehet, wie es zugehet, daß eines einigen Menschen Stimme von so viel Tausenden deutlich gehört wird, und wir mit unsern Augen so weit und fern sehen allerlei Farbe, und was wir vor uns im Gesicht haben, nichts ausgenommen, deutlich fassen und unterscheiden können; item wie Brod, Speis und Trank, so wir täglich genießen, in unserm Leibe so in kurzer Zeit in Fleisch und Blut, Harn und Mist verwandelt wird.
So wir, sage ich, in diesen geringen Dingen, so bei und in uns täglich geschehen, nicht gründlich Ursach können anzeigen, wie sind wir denn so vermessen und unsinnig, außer uns über die Wolken zu flattern, von göttlicher Majestät Wesen und Willen zu speculiren, die unsrer blinden tollen Vernunft viel zu hoch, unbegreiflich und unerforschlich ist?
S. Hilarius setzt ein fein Wort: Wir geben uns zufrieden, spricht er, daß wir nicht wissen, wie es mit unserm Leibe zustehet, und wollen doch die Gottheit ausspeculiren. Das thuts aber nicht, da werden eitel Gemsensteiger aus, die stürzen und brechen den Hals. Darum rathe ich treulich, daß man höre, was Gott durch sein Wort uns saget, und uns nach demselben richten, sonst ist alle Mühe und Arbeit vergebens und wir sind verloren.«
Eine andere Frage.
Da Einer fragte: Wo Gott gewesen wär, ehe der Himmel geschaffen ward? Darauf antwortet S. Augustinus: Er sei in ihm selber gewesen. Da er weiter forschet, sprach Doctor Martinus: »Er hat den müßigen fürwitzigen Flattergeistern die Hölle gebauet. Nachdem er nun alle Creaturen erschaffen hat,« sagte er weiter, »ist er allenthalben und doch nirgend; denn ich kann ihn nicht fassen noch ergreifen ohn das Wort durch meine Gedanken; da aber lasset er sich gewiß finden, dahin er sich gebunden hat. Die Jüden fanden ihn zu Jerusalem bei dem Gnadenstuhl, Exodi am 25. Kap. (V. 17), wir im Wort und Glauben, in der Tauf und Sacrament; in der Majestät aber ist er nirgend zu finden.
Und ist eine große Gnade gewesen im alten Testament, da sich Gott an einen gewissen Ort gebunden hat, da er sich hat lassen finden, nehmlich an dem Ort, da der Gnadenstuhl war, gegen welchen sie beteten, als erstlich zu Silo und Sichem, darnach zu Gibeon und zuletzt zu Jerusalem im Tempel.
Solchem haben die Griechen und andere Heiden mit der Zeit nachgeahmet, ihren Götzen auch an gewissen Orten Tempel gebauet, als zu Epheso der Diana, zu Delphis dem Apollo usw. Denn wo unser Herr Gott eine Kirche bauet, da bauet der Teufel eine Kapelle hintennach. Auch haben sie das von den Juden genommen, daß wie das Allerheiligste finster war und kein Licht hatte, also haben sie demselben nach die Oerter, da der Teufel Antwort gab, als zu Delphis und anderswo, auch dunkel und finster gemacht. Also ist der Teufel allezeit unsers Herrn Gottes Affe.
Daß aber das Allerheiligste mußte finster sein, hat bedeut, daß Christus Reich allein durchs Wort und Glauben, sonst durch kein ander Weise zu finden und zu begreifen ist.«
Überfluß der zeitlichen Güter hindert den Glauben.
»Gott könnte bald und leichtlich reich werden, wenn er sich besser vorsähe und versaget uns seiner Creaturen Brauch. Wenn er jetzt die Sonne aufhielt, daß sie nicht scheinen könnte, ein andermal die Luft einschlösse, auf ein ander Zeit das Wasser aufhielte, darnach das Feuer auslöschte, da würden wir gerne alles Geld und anders, was wir hätten, heraus geben, daß wir solcher Creaturen wieder gebrauchen möchten.
Weil er aber so mildiglich und häufig uns mit seinen Gaben und Gütern überschüttet, wollen wirs für ein Recht haben; Trotz ihm, daß ers uns versagen dürfte! Darum verhindert und verfinstert die unaussprechliche große Menge seiner unzähligen Wohlthaten den Glauben auch der Gläubigen, will geschweigen der Gottlosen.«
Gott verdienet mit seinen Wohlthaten nur eitel Undank.
»Gott gibt Sonn und Mond, Sterne und Elemente, Feuer und Wasser, Luft und Erden, und alle Creaturen, Leib und Seel, und allerlei Nahrung an Früchten, Getreide, Korn, Wein, und Alles, was uns nütz und noth ist, zu erhalten dies zeitliche Leben. Und darüber gibt er uns noch dazu sein liebes Wort, ja sich selber. Was verdienet er aber damit? Nichts anders, denn daß er dafür geschändet und gelästert wird, ja sein lieber Sohn jämmerlich verhöhnet, verspottet und an den Galgen gehenkt wird, und seine Diener geplaget, verjaget, verfolget und getödtet werden. Das ist der Dank, daß er uns aus Gnaden geschaffen, erlöset, geheiliget, ernähret und erhalten hat. Ein solch Kräutlein, Früchtlein und fromm Kindlein ist die Welt. O, wehe ihr!«
Daß Gott schier alle seine Titel und Namen verloren hab.
»Gott wird jetzt endlich dafür angesehen und gehalten, als habe er alle seine Titel und Namen verloren; denn es scheinet, als wäre er ohnmächtig, machtlos und hülflos wider die Gewaltigen dieser Welt, und muß auch sein ein Narr und rathlos wider die Weisen und Klugen; so muß er auch sein gleich als ein Geselle der Bösen, der doch von Natur fromm und gut ist. Aber daran muß man sich nicht kehren, sondern solches Alles aus den Augen und Herzen thun; denn Alles, was Gottes ist, das ist und bleibet dieser Welt verborgen, wie geschrieben stehet 1. Corr. 1 (V. 18). Seine Macht wird angesehen und gehalten für Schwachheit, seine Weisheit für Thorheit, und seine Güte und Frommheit für eitel Bosheit.«
Auf ein andere Zeit redete Doctor Martinus Luther eben davon, wie Gott von der Welt gehalten und angesehen würde, und sprach: »Allein Gott ist ein Sünder, und sonst Niemand; alle Menschen sind dagegen gerecht und Alles. Allein der Vater ist ohnmächtig und machtlos; denn die Menschen sind gewaltig und mächtig, als die Tyrannen, welchen Gott nicht widerstehen kann. Allein der Sohn ist ein Narr; denn die Menschen sind klug und weise, als die Ketzer, welchen der Sohn nicht kann antworten. Allein der heilige Geist ist gottlos; denn die Menschen sind gottfürchtig; wie sich denn also die falschen Brüder auch stellen, und ihnen der heilige Geist nicht kann genug thun für ihre Sünde. Also wird Gottes Kraft stark in Schwachheit, die in unsrer Stärke und Macht schwach wird. Darum so lasset uns gerne in uns selbst schwach sein, auf daß wir in Gott stark werden.«
Daß Gott wohl könnte reich werden.
»Gott könnte wohl reich werden, wenn er's thun wollte; er will aber nicht. Denn wenn er zum Papst, Kaiser, Königen, Fürsten, Bischöfen, zu Doctoren, reichen Kaufmännern, Bürgern und Bauern käme, und sagte: ›Du sollst diese Stunde sterben, da du mir nicht hunderttausend Gulden würdest geben‹, da würde ein Jeglicher sagen: Ja, von Herzen gern, wenn ich nur mag leben. Aber nun sind wir solche undankbare Unfläther, daß wir ihm für so viel und große Wohlthaten, die wir täglich reichlich und aus lauter Güte und Barmherzigkeit empfahen, nicht ein Deo gratias singen. Ist das nicht eine Schande? Noch lässet sich der gütige Vater dadurch nicht abschrecken, sondern thut uns immer wohl und alles Gute. Wenn er aber in seinen Gaben auszutheilen und zu geben kärger wäre, so würden wir ihm dankbarer sein. Als wenn er einen jeglichen Menschen nur mit einem Beine oder Fuße ließ geboren werden, und gäbe ihm hernach im siebenten Jahre das ander Bein; im vierzehnten Jahre gäbe er ihm erst eine Hand, und im zwanzigsten Jahre die ander Hand: so würden wir Gottes Wohlthaten und Gaben besser erkennen, auch viel lieber und werther halten, und Gott dankbarer sein, wenn wir derselbigen eine Zeitlang mußten beraubet sein und entbehren. Nun aber überschütt uns Gott, und gibt uns seine Gaben schier alle auf einen Haufen. Jetzt hat er uns ein ganz Meer voll seines Worts geschenkt; er gibt uns auch allerlei Sprachen und gute freie Künste umsonst; allerlei gute Bücher kauft man jetzt wohlfeil und um ein gering Geld; dazu gibt er gelahrte Leute, die da fein ordentlich und richtig lehren können, also daß ein junger Knab, der anders nicht gar ein Tölpel ist, in einem Jahr mehr studieren und lernen kann, denn zuvor in etlichen viel Jahren. So wohlfeil ist jetzt die Kunst, daß sie schier muß nach Brod gehen. Wehe uns, daß wir so faul, unachtsam nachlässig und undankbar sind! Aber Gott wird seine milde Hand und Barmherzigkeit wieder zuschließen und uns kärglich und spärlich genug geben, daß wir darnach werden Rotten, Secten, Lügenprediger und Spötter Gottes wiederum werden anbeten müssen und sie auf den Händen tragen, weil wir jetzt sein Wort und Diener also verachten.«
Wie es Gott mit uns machet, so taugts nicht?
»Wie solls doch Gott mit uns machen? Gute Tage können wir nicht ertragen, böse können wir nicht leiden! Gibt er uns Reichthum, so stolziren wir und werden hoffärtig, daß schier Niemand kann mit uns auskommen, und wollen nur auf den Händen getragen sein und als Götter angebetet werden. Gibt er uns aber Armuth, so verzagen wir, werden ungeduldig und murren wider ihn. Darum ist nichts besser, denn nur balde mit den Schaufeln uns zum Tanze geleitet. Daher hat jener recht gesagt, der gesprochen hat: Unglück in und von der Welt wollt ihr nicht leiden, und von ihr wollt ihr euch doch nicht scheiden. Wie solls denn Gott mit euch machen? Was soll er thun, der seinen einigen Sohn für euch dahin gegeben hat? Warum fürchtet ihr euch denn, zu ihm aus der Welt zu ziehen, der euch geliebet hat und für euch gestorben ist? Meinet ihr, der Teufel oder die Welt werde das für euch und um euer willen thun, was Gott für euch gethan hat? O nein, lange nicht!«
Wie Gott mit den rechten Heiligen handele.
»Gott ist wundersam in seinen Heiligen, und handelt wunderbarlich mit ihnen wider alle menschliche Weisheit und Vernunft, auf daß die Gottesfürchtigen und Christen lernen an unsichtlichen Dingen hangen und durch die Mortification wieder lebendig werden. Denn Gottes Wort ist ein Licht, das an einem finstern Orte scheinet, wie alle Exempel des Glaubens anzeigen. Esau war verflucht, und ging ihm gleichwohl glückselig und wohl, er war Herr im Lande, und Priester in der Kirchen; Jacob aber mußte flüchtig werden und in einem andern Lande im Elende wohnen.«
Davon sagte D. Luther auf eine andere Zeit: »Gott gehet mit den Gottfürchtigen und Christen schier um gleich als mit den Gottlosen und Unchristen, ja zuweilen wohl ärger. Er thut nicht anders, denn gleich wie ein Hausvater mit seinem Sohne und Knechte handelt. Den Sohn sträupt und schlägt er viel mehr und öfter, denn den Knecht, doch sammlet er ihm einen Schatz zum Erbe; aber einen bösen, ungehorsamen Knecht schläget er mit der Ruthen nicht, sondern er stößet ihn hinaus vor die Türe, und gibt ihm nichts vom Erbteil. Sonst kann ich dieß Argument nicht solviren, warum Gott seine lieben Kinder in der Welt durch die Rolle lässet laufen, Panzer fegen und plagen; den Gottlosen aber gibt er Alles vollauf und genug, daß sie es nach aller Lust im Sause gebrauchen ohne Widerwärtigkeit.«
Gottes Güte, wenn man ihm könnte vertrauen.
Gegen dem Abend kamen zwei Vöglein, die in des Doctors Garten ein Nest machten, geflogen, waren aber oft von denen, so vorüber gingen, gescheucht. Da sprach der Doctor: »Ach, du liebes Vöglein, fleuhe nicht! ich gönne dirs von Herzen wohl, wenn du mirs nur glauben könntest. Also vertrauen und glauben wir unserm Herrn Gott auch nicht, der uns doch alles Gute gönnet und erzeiget; er will uns ja nicht todtschlagen, der seinen Sohn für uns gegeben hat.«
Gott ist geduldig.
»Gott ist geduldig, langmüthig und barmherzig, daß er so schweigen kann und den ärgesten Buben so lange zusehen, und sie ungestrafet lässet hingehen. Ich könnts nicht thun.«
Gott hält uns viel zu gut.
»Kann mir unser Herr Gott das schenken, daß ich ihn wohl zwanzig Jahr gekreuziget und gemartert hab mit Meßhalten, so kann er mir das auch wohl zu gute halten, daß ich bisweilen einen guten Trunk thue ihm zu Ehren; Gott gebe, die Welt lege es aus, wie sie wolle.«
Gottes und des Teufels Kanzelei.
»Unser Herr Gott und der Teufel haben zweierlei Kanzleien, die nicht übereinstimmen, sondern gar wider einander sind. Unsers Herrn Gottes Kanzlei schreckt erstlich, darnach richtet sie auf, und tröstet wieder. Und das darum, daß das Fleisch oder der alte Mensch getödtet werde, und der Geist oder neu Mensch lebe.
Der Teufel aber kehrets um, Gott zu Verdrieß, braucht gar einer widersinnischen Weise, macht aufs Erste die Leute sicher und kühne, daß sie ohn alle Scheu, Furcht und Schrecken unrecht thun und sündigen; und nicht allein in Sünden verharren, sondern Freude und Lust daran haben, und denken, sie richtens wohl aus.
Zuletzt aber, wenns übel zugehet, oder Streckbein kömmet, da betrübt und schrecket er ohn alle Maße; schüret zu, daß entweder der Mensch vor großem Leid stirbet, oder des bösen Gewissens halben endlich sich selber umbringet, und ohn allen Trost gelassen wird, an Gottes Gnade verzweifelt.«
Gott, und nicht Geld, erhält die Welt.
»Allein Gott nähret und erhält uns, nicht Geld und Gut; denn Reichthum und viel Geld macht hoffärtige und faule Leute. Wie zu Venedig, da die Allerreichsten sind, eine gräuliche große Theuerung einfiel, auch bei unserm Gedenken, also, daß sie mußten den Türken um Hilf anrufen; der schickt ihnen 24 Galeen voller Getreides, welche allzumal, da sie nun schier waren ankommen, hart vor Venedig im Meer untergingen und ersoffen vor ihrem Angesicht.
Darum kann groß Geld und Gut den Hunger nicht stillen, noch ihm rathen, sondern verursacht mehr die Theurung. Denn wo reiche Leute sind, ist es allezeit theuer. Zu dem macht das Geld Niemand recht fröhlich, sondern macht einen viel mehr betrübt und voller Sorgen; denn es sind Dornen, so die Leute stechen, wie Christus den Reichthum nennet. Noch ist die Welt so thöricht, und will alle ihre Freude darinnen suchen.«
Gottes heimliche Räthe soll man nicht wissen, noch darnach grübeln.
»Wer der hohen göttlichen Majestät Räthe oder Werke so genau und scharf erforschen und ausgründen will, außer und ohne sein Wort, der unterstehet sich, den Wind mit Löffeln zu messen, und das Feuer auf Wagen zu wägen. Gott handelt und wirket bisweilen mit sonderlichem wunderbarlichem Rath und Weise über unser Vernunft und Verstand; verdammet diesen, jenen macht er gerecht und selig. Darnach zu forschen gebühret uns nicht, warum er's thue, sondern wir sollen uns deß zu Gott versehen, und gläuben, daß er's nicht thue ohne gewisse Ursach. Und zwar er wäre wahrlich gar ein armer Gott, wenn er einem jeglichen Narren müßte Ursach anzeigen und Rechnung geben, warum er dies oder jenes Werk thäte. Wir wollen uns an seinem Wort genügen lassen und damit zufrieden sein, in welchem er uns seinen Willen offenbaret hat.«
Gott strafet und kann ihm Niemand entlaufen.
»Es ist nicht auszureden, wie gottlos und böse die Welt sei. Welches man daraus wohl merken und sehen kann, daß Gott die Strafen nicht allein gemehret hat, sondern hat auch einen solchen Haufen Sträfer und Henker geordnet, die seine Unterthanen strafen sollen, als die bösen Geister, Tyrannen, böse Buben und Weiber, ungerathene Kinder, wilde Thier, Unziefer, Krankheiten usw., noch wollen wir nicht bändig werden.
Besser ists, daß Gott mit uns zürne, denn wir mit ihm; denn er kann balde wiederum versöhnet und mit uns eins werden, denn er ist barmherzig, wenn aber wir mit ihm zürnen, so ist der Sachen nicht zu helfen.«
Gottes leibliche Gaben achtet man gering.
»Die großen und mancherlei Gaben Gottes überschütten und blenden uns und machen, daß wir sie so gering achten, auch die allergrößten, darum, weil daß sie so gemeine sind. Es geschiehet unserm Herrn Gott, gleich wie den Aeltern mit ihren kleinen Kindlein, die achten des täglichen Brods nicht so viel, aber ein Apfel, Birn und ander Obst das wird von ihnen groß geachtet.«
Ein anders.
Da Doctor Martinus sähe das Vieh im Felde gehen an der Weide, sprach er: »Da gehen unsere Prediger, die Milchträger, Butterträger, Käseträger, Wollenträger, die uns täglich predigen den Glauben gegen Gott, daß wir ihm, als unserm Vater, vertrauen sollen, er sorge für uns und wolle uns ernähren.«
Wie Gott Meister bleibe.
»Willt du wissen, wie Gott Regent und Meister der Leute bleibet? Wenn er die Alten lähmet und die Jungen blendet. Also bleibet er Meister.«
Gott nähret alle Tiere.
»Niemand kann ausrechnen, was es Gott gestehet, das er ausgibt, allein die Vögel und schier die, so nichts nütze sind, zu ernähren. Ich halte aber, es koste mehr, nur die Sperlinge ein Jahr zu erhalten, denn der König zu Frankreich ein Jahr Einkommen hat. Was will man nun von den Andern sagen?«
Gott kann alle Handwerke.
»Gott kann alle Handwerke aufs Allerbeste und Fertigste, denn mit seiner Schneiderei macht er einem Hirsch einen Rock, damit er sich bedeckt, und trägt ihn in neun hundert Jahren, daß er nicht zerreißet von ihm selbst. Als ein Schuster gibt er ihm Schuhe an die Beine; die Klauen, die währen viel länger denn er selbst. Also ist er ein Koch zum Feuer, welches ist die Sonne, die alles kocht und gar macht.
Gott gibt diese Welt mit allen seinen Werken den Leuten, die er zuvor weiß, daß sie werden sündigen, böse Schälke und Buben werden, die ihn erzürnen, schänden und lästern. Was meinest du, was er für Güter wird denen geben, die durch den Glauben gerecht sind worden, und weiß, daß sie also gerecht ewiglich bleiben werden?«
Gott will in allen Sprachen gelobet sein.
»Alles, was Odem hat, lobe den Herrn, sagt der Psalm. Daraus folget, daß man Gott in allen Sprachen predigen und loben soll; warum hat denn der Kaiser verboten deutsch zu beten und singen?«
Gott zur Rede setzen.
»Jeremias sagt: Herr, ist das recht, daß die Frommen also geplaget werden von der Welt, Sünde und vom Teufel, die setzen ihnen zu mit aller Gewalt, List und Tücken, und die Gottlosen leben im Sause und haben gute Tage? Bist du ein Gott des Gerichts?
Unser Herr Gott thut, wie wir; er stellet sich, als wollt er lassen regnen, und thut es nicht; wir stellen uns, als wollten wir fromm werden, und thun es doch auch nicht.«
Gott macht menschliche Räthe und Anschläge zunicht.
»Ich kann mich selber nicht regieren,« sprach Doctor Martinus, »und will die Welt regieren, hab unserm Herrn Gott oft etliche feine Artikel vorgestellt und übergeben, und ihn wollen lehren, aber der fromme Gott hat mich fein lassen in Hintern sehen, daß mein Meistern ist zunichte worden.«
Gott ist viel freundlicher gegen uns, denn ein Vater gegen sein Kind.
»Gott muß mir gewiß viel freundlicher sein und mit mir reden denn meine Käthe mit ihrem Martinchen. Nun kann meine Käthe oder ich meinem Kinde mit Willen ja kein Auge ausstechen oder den Kopf abreißen; also auch Gott, ja viel weniger. Denn er hat gegen seine Gläubigen viel ein gütiger und freundlicher Herz, denn ein Vater und Mutter gegen ihr Kind haben, wie Gott selber sagt im Propheten Jesaia am 49. Kap. (V. 15), da er spricht:
Kann auch ein Weib ihres Kindleins vergessen, daß sie sich nicht erbarme über den Sohn ihres Leibs? Und ob sie desselbigen vergäße, so will ich doch dein nicht vergessen usw. Aber Gott muß Patienz und Geduld mit uns haben. Nun, er hats dahin gesetzt, ja seinen eingebornen Sohn ins Fleisch gesandt und lassen Menschen werden, daß wir uns ja des Besten zu ihm versehen sollen. Ich halt, Paulus sei ihm selber feind gewesen, daß er nicht hat können gläuben und Christum lieben, wie er gern gewollt hätte.«
Ein anders.
»Wenn ich denke an die große Majestät und Barmherzigkeit Gottes, so erschreck ich selber davor, daß sich Gott so hoch hat herab gelassen.«
Ein anders.
»Ich halt, daß Gott gleich so viel zu schaffen und zu thun hat, daß er ein Ding wieder zu nichts mache, als daß ers schaffe und mache.« Das sagte Doctor Martinus, da des Mists gedacht ward, und sprach weiter: »Mich wundert, daß man die Welt nicht längst hat voll geschmissen bis an den Himmel.«
Gottes Creaturen, wie sie in den Gottlosen sein.
»Alle Creaturen Gottes sind den Gottlosen zugleich offenbar und verborgen, gleich als wenn man einem Esel Rosmarin zu essen gäbe, so meinete er, er esse Heu. Offenbar aber sind sie ihnen, denn sie sehen sie vor Augen. Verborgen, denn sie sehen und erkennen den Schöpfer in den Creaturen nicht.«
Gottes Zorn ist am größten, wenn er schweiget.
»Böse, kleine Sachen bewegen mich sehr, aber große am wenigsten; denn in solchen gedenk ich also: Laß gehen, denn sie sind zu hoch. Wenn ich dürfte, so wollt ich mich an meinen Feinden am heftigsten damit rächen, wenn ich nur stillschwiege und antwortete ihnen auf ihr Lästern nichts. Das wäre die gräulichste Strafe und Rache. Und zwar hat Gott keinen größern Zorn, denn wenn er schweiget und nicht mit uns redet.«
Warum Gott die Bösen geschaffen hat?
Weil Gott wußte, daß der Mensch nicht würde bleiben in der Würde und Güte, wie er ihn geschaffen hatte, warum hat er denn den Menschen geschaffen? Antwort: »Ein großer Herr muß in seinem Hause auch Schmeis- und Pinkkacheln haben; die andern, die sein sind, kennet er wohl.«
Gott ernähret alle Menschen und Creaturen in der ganzen Welt.
»Wie viel meinet ihr, daß Leute sind, die das Brod erwerben? Ich halte, daß ein Bauer die wenigste Zeit des Korns warte usw., denn sonst gehet er mit seinem Holz um, Gersten, Bräuen usw. Item, der dritte Theil der Aecker träget kaum Korn, noch werden wir ernähret.
Mein Vater sagte einmal zu mir, er glaubte nicht, daß so viel Garben wüchsen, als Menschen auf Erden wären; aber ich glaube, daß mehr Garben wachsen, aber das glaube ich nicht, daß so viel Mandel Korn wachsen, als Menschen sind. Eine Mandel aber gibt kaum einen Scheffel, davon sich kann ein Mensch nicht das Jahr über ernähren, und werden doch alle ernähret, ja, es bleibet noch Getreide übrig, wenns Jahr um ist. Das ist ja ein wunderlich Ding, daran wir sollten Gottes Gnade und Segen spüren.«
Gott gönnet uns wohl, daß wir seiner Creaturen brauchen.
»Unser Herr Gott gönnet uns gern, daß wir essen, trinken und fröhlich sind und aller Creaturen brauchen, denn darum hat er sie alle geschaffen. Er will nicht haben, daß wir sollen klagen, er habe uns nicht genug geben, er könne unsern armen Madensack nicht ernähren noch füllen; allein, daß wir ihn für unsern Gott erkennen und für seine Gaben danken.«
Da Weintrauben, Nüsse, Pfersingen usw. auf den Tisch nach der Mahlzeit gesetzt worden und Alle mit Lust davon aßen, sprach er: »Was sagt unser Herr Gott droben im Himmel dazu, daß wir also hie sitzen und seine Güter verzehren? Nun, er hats darum geschaffen, daß wir sie brauchen sollen, fodert anders nichts von uns, denn daß wir erkennen, daß es seine Güter sind und ihrer mit Danksagung genießen.«
Gott braucht der Bösen zum Guten.
»Gott braucht Alles nur sehr wohl, dagegen der Mensch und Teufel alles Guten schändlich mißbrauchen. Durch heimlich Leiden und Brunst treibet Gott zum Ehestand; denn wenn ein Mensch zum andern nicht Liebe, Lust und Begierde hätte, wer wollte freien? Allein, daß hernach verbotener Lust gesteuert werde, daß der Mann sich nicht an eine Fremde hänge, sondern sich seines Weibes freue und in ihrer Liebe sich ergötze, also auch das Weib.
Durch Ehrgeiz treibt Gott viel, daß sie nach Gut und Ehren trachten, ein groß Ansehen in der Welt haben, zu hohem Stande vor andern vorgezogen werden, zu Regenten, Räthen usw. Wer wollt sich sonst dazu brauchen lassen? Allein, daß der Ehrgeiz darnach aus dem Kreis seines Befehls und Regiments nicht schreite, sondern darinnen bleibe, nach dem nicht trachte, das nicht sein ist, noch den Unterthanen und dem Nächsten Schaden thue, denn es muß eine Neigung und Lust dazu sein.
Durch Geiz zwinget Gott viel, daß sie darauf gedenken, wie sie sich ernähren wollen; wer wollt sonst ohn solche Begierde, etwas Eigens zu haben, arbeiten und ihms sauer lassen werden, daß er zur Nahrung käme? Ja, alle Habe und Güter würden verstieben und zergehen. Allein, daß der Geiz auch in seinem Kreis gehalten werde.
Durch Furcht, Zagen und Zweifeln treibt Gott viel zum Glauben, daß sie sich an Gottes Verheißung halten, derselben sich in Christo trösten, der die Sünder Gott versöhnet hat, daß sie, durch den Glauben gerecht, mit Gott Friede haben. Zu den Römern am 5. Kapitel (V. 1).
Allein Hoffart und Neidhart ausgenommen, die schlecht teufelische Laster sind und bleiben; doch braucht Gott derselben auch wohl zum Guten, aber widersinnisch nicht in denen, die damit befleckt und verblendt sind, sondern in denen, so von den Hoffähigen und Neidischen verfolget werden. Denn also übet Gott seine Heiligen zu ihrem Besten durch den Teufel und seine Gliedmaß.
Dagegen aber mißbrauchet der leidige Satan Gottes und alles Guten; der Keuschheit und Ehelosen Leben zur Heuchelei, der Demuth zur geistlichen Hoffart, der Liebe zu Rotten und Aufruhren, der Güter zur Pracht und Müssiggang.«
Weil Gott alle Güter umsonst gibst, achtet man ihrer nicht.
»Wenn unser Herr Gott seine Güter verkaufte, so würde er Gelds genug daraus markten, weil er sie aber umsonst gibt, achtet man ihrer wenig. Als wenn Gott nur ein Jahr nicht Regen gäbe, noch Segen zu allerlei Gewächsen des Erdreichs, würde jedermann klagen, rufen und bitten um einen fruchtbaren Regen, und wenn er um Geld zu kaufen wäre, würde man kein Geld sparen. Nun aber der liebe Vater allerlei, was zur Erhaltung dieses Lebens Noth ist, reichlich dargibt, wie viel sind ihrer, die es erkennen und ihm dafür danken?
Zu dem lässet der liebe Gott und Schöpfer die Sonne täglich aufgehen, des Nachts Mond und Sterne scheinen und leuchten, gibt zu unserm Brauch ohn Unterlaß die Element Feuer, Luft, Wasser, Erden und alle Creaturen, dazu Leib, Leben, Brod, Wein, allerlei Vieh, Früchte und Güter auf Erden, daß der Mensch erhalten könne werden, über das auch sich selber, und heißt nun Emanuel, das ist, Gott mit uns.
Was verdienet aber der liebe Gott durch diese seine große, ja unaussprechliche Wohlthaten bei der Welt? Das verdienet er, daß sie seinen Namen lästert, seinen Sohn, den er ihr zum Heiland gesandt, kreuziget, seine Kirche samt ihren Dienern verfolget und verwüstet usw. Wie er nun aus lauter Güte gar umsonst alle Creaturen geschaffen hat, also nähret und erhält er sie; doch das kleine Häuflein, die liebe Christenheit, spricht ihm ein Deo gratias dafür.«
Gottes Liebe auch gegen den Bösen.
»Gott ist gnädig und barmherzig, wie ihn die Schrift rühmet, weil er die böse Buben kann lieb haben; ja der blinden verstockten Welt, die im Argen lieget, hat er seinen Sohn gesandt zum Heiland. Ich könnts nicht thun, und bin doch selber ein Bube.«
Wie Gott große Herren achtet.
»Gott achtet die großen Potentaten, Könige, Fürsten usw. gleich wie die Kinder eines Kartenspiels achten; weil sie spielen, haben sie die Kartenblätter in der Hand, darnach, wenn sie des Spiels müde werden, werfen sie dieselben in ein Winkel unter die Bank oder ins Kehrich.
Also tut Gott auch mit den Potentaten und großen Herrn; weil sie im Regiment sind, hält er sie für gut; alsobald sie es übermachen, stößet er sie vom Stuhl, wie Maria singet (Luc. I, 52) und lässet sie da liegen wie den König von Dänemark.
Des Königs zu Dänemark Christians Gemahl, Kaiser Carols und Königs Ferdinandi Schwester, ist gestorben, er gefangen worden und über etlich und zwanzig Jahr gefangen gesessen; und der einige Erbe des Königreichs, sein Sohn (welcher bei Kaiser Carol, seinem Vettern, am Hofe war), ist Anno 1541 unter dem Reichstage zu Regensburg gestorben.«
Unsers Herrn Gottes Karte.
»Gott hat ein schön, herrlich und sehr stark Kartenspiel von eitel mächtigen, großen Herren als Kaiser, Königen, Fürsten usw. zusammen gelesen; schlägt einen mit dem andern. Davon ich viel Exempel erzählen könnte, die allein zu unsrer Zeit geschehen sind usw.
Der Papst ist nun etliche hundert Jahr für das oberste Häupt in der Christenheit gehalten; wenn er nur mit einem Finger gewinkt hat, so haben sich vor ihm Kaiser, König, Fürsten usw. müssen fürchten, demüthigen und bücken; ist also ein Herr über alle Herrn, ein König über alle Könige auf Erden, ja ein irdischer Gott gewesen. Nun kömmt unser Herr Gott und schlägt mit dem Taus (dem Luther) den Papst, den großen König, daß er da liegt. Das ist unsers Herrn Gottes Regiment, wie Maria im Magnificat singet: Deposuit potentes: Er setzt die Gewaltigen vom Stuhl.« (Luc. 1, 52.)
Gott preiset seine Barmherzigkeit an uns Sündern mit seinen Wohlthaten.
»Wiewohl die Erbsünde verdienet hat, daß viel wilder, böser Thiere dem Menschen schaden sollten, als da sind die Löwen, Wölfe, Bären, Schlangen, Eidechsen usw., dennoch, so hat der barmherzige, gnädige Gott also unser wohl verdiente Strafe gemildert, daß noch viel mehr Thier sein müssen, die da uns dienen und nütze sein, denn derer, die uns schaden. Denn, ists nicht wahr, es sind viel mehr Schafe denn Wölfe; item viel mehr Krebs denn Scorpiones; viel mehr Fische denn Schlangen; viel mehr Ochsen denn Löwen; viel mehr Kühe denn Bären; viel mehr Hasen denn Füchse; item viel mehr Enten, Gänse und Hühner denn Geier oder Raben? Und wer es wollt gegen einander mit Fleiß halten, der würde befinden, daß er viel mehr nützlicher denn schädlicher Thiere in der Welt sehen würde, und daß man in allen Creaturen mehr Gutes denn Böses, mehr Wohlthat denn Schaden und Nachtheil finde. Es kanns Niemand bedenken, was für große Wohlthat Gott uns durch die vier Elemente thut; als: die Erde bringet herfür Bäume, gibt Holz, allerlei Thier, Erz, Wasserflüsse, Bornen, allerlei Getreide, Kraut, item Wolle. Und wer kanns alles erzählen, was wir aus der Erden Gutes empfangen? Item das Feuer, das wärmt; es erquickt und erhält den Menschen, man kochet darbei usw.«
Gottes Werke sind wunderbar.
Doctor Martinus sagte, »daß es ein wunderbarlich Ding wäre, daß aus den Bäumen solche Früchte wüchsen, die zu Fleisch und Blut gemacht würden. Denn was sind Bäume anders, denn Holz? Du siedest oder brätst sie, so ist's Holz; noch sollen so süße und liebliche Früchte daraus wachsen, daraus Fleisch und Blut ernährt werde. Also habe ich gesehen, daß in Italien auf harten Steinfelsen die allerschönsten Oelbäumlein wuchsen; da lernete ich die Worte verstehen, so im Psalm (78, 15) geschrieben sind: Et de Petro saturavit eos melle, und wir müssens allhier zu Wittenberg auch bekennen, da unser Land gar sandig ist und anders nichts, denn eitel Steine; denn es ist nicht ein fett, köstlich Erdreich.
Darum hat,« sprach D. Mart. Luther, »einer einmal von Wittenberg gesagt:
Lendicken, Lendicken,
Du bist ein Sendicken!
Wenn ik dik arbeite,
So bist du licht;
Wenn ik dich ege,
Bist du schlicht;
Wenn ik dik meie,
So finde ik nicht.
Dennoch gibt uns Gott aus diesen Steinen guten Wein und köstlich Korn. Aber weil dieß Wunderwerk täglich geschicht, so verachten wirs.«
Und saget Doctor Martinus Luther: »Gottes Werke kann man nicht aussinnen, noch gnug davon reden, sie müssen gegläubet werden. Das befindet man also, wenn man allein betrachtet, wozu das Stroh gut ist.«
Gott wendet große Unkostung auf der Vögel Speise und Nahrung, darum will er auch die Menschen ernähren, speisen und erhalten.
Doctor Martinus Luther sagete, »daß kein Mensch auf Erden sei, der da vermöchte zu bezahlen die Unkosten, so unserm Herr Gott täglich aufgehet, daß er nur die unnützen Vogel ernähret und speiset. Und ich gläub es gänzlich, daß der König von Frankreich mit alle seinem Reichthum, Zinsen und Renten nicht vermöchte zu bezahlen, was allein auf die Sperlinge gehet; was soll ich denn von der andern Vögel, als Raben, Dohlen, Krähen, Zeisig, Stiglitz, Finken und dergleichen Vögel Speise sagen? So denn nun Gott die Vögel so reichlich und überflüssig ernähret, wer wollte denn vom Menschen verzweifeln, daß Gott ihm nicht Nahrung, Futter, Decke und alle Nothdurft geben sollte?
Die Sperlinge sind die geringsten und lösten Vögel, noch haben sie die allergrößtste Herrlichkeit. Sie haben das ganze Jahr über die allerbesten Tage und thun auch den größten Schaden. Im Winter liegen sie in Scheunen und auf den Kornböden; im Lenzen fressen sie den Samen auf dem Felde, item Pflanzen und andere Gewächse; zur Erntezeit haben sie aber auf dem Felde genug zu essen; im Herbst sind die Weinberge und Obst ihr Labsal. Ergo digni sunt omni persecutione.«
Gott kann seine Gottheit vor uns Menschen nicht vertheidingen.
»Gott kann bei uns Menschen nicht erhalten, daß er allein Gott sei; denn alle Menschen von Natur stehen und trachten nach der Gottheit, wie Adam und Eva im Paradies durch die Schlange verführet usw. Viel weniger kann er erhalten, daß allein er weise und selig sei; allein erhält er doch schwerlich, daß er unsterblich sei.
Aristoteles der Heide disputiret also: Wer den Jammer und das Elend in der Welt siehet von außen an, nicht in ihm selbst, der stehet viel, das ihn traurig und betrübet macht, kann derhalb nicht selig sein; Gott aber ist selig, darum folget, daß er außer ihm nichts siehet. Damit verneinet er erstlich die Unsterblichkeit der Seelen, darnach daß sich Gott unser annehme, für uns sorge usw. Was ist aber das für ein Gott? er sei nur mein Gott nicht!
Keine Sünde plaget uns so sehr als die schändliche Lust und Begierde, damit wir nach der Gottheit trachten. Die böse Lust und Neigung des Fleisches ist zwar wohl auch ein heftig Übel, dadurch die Leute schwerlich angefochten werden, aber es ist nur ein Kinderspiel gegen dem geistlichen Hurenübel, welches das fleischliche weit übertrifft.«
Verkehrte Klugheit der Epikurer jetziger Zeit, derer viel sind, und täglich mehr werden, so Gottes Regiment urtheilen.
»Wenn ein Epikurer von Gott Gedanken hat und siehet, daß es in der Welt so ungleich und übel zugehet, daß die Frommen Noth leiden und unterdrückt werden, dagegen böse Schälke alles überflüssig haben und hoch empor schweben, da vermag er nicht anders zu schließen, denn also: Kann Gott dieses unordig und wüst Wesen in der Welt nicht verbieten und hindern, so ist er ein armer, schwacher Gott, nicht mächtig, viel weniger allmächtig, wie er gerühmet wird. Will ers aber nicht ändern, hindern oder verbieten, so ist er ein ungütiger, ja ungerechter Gott, der Lust und Freude daran hat, wenns übel zugehet. Weiß er aber nicht, wie es in der Welt gehet und stehet, so ist er ein unbedächtiger, unweiser, ja toller, thörichter Gott.
Also führet zur Schule und meistert die blinde, verdammete Welt Gott, ihren Herrn und Schöpfer, entzeuhet und raubet ihm seine göttliche Gewalt, Gerechtigkeit und Weisheit!«
Wer sich vor Gott von Herzen demüthigen kann, der hat gewonnen.
»Wer sich mit Ernst und von Herzen vor Gott demüthigen kann, der hat gewonnen, und Gott vermag ihm nichts zu thun, denn er kann nichts denn barmherzig sein gegen denen, die sich demüthigen und begehrens. Denn wenn Gott nichts könnte denn schnurren und murren, so müßte ich mich vor ihm als vor dem Henker fürchten. Und weil ich mich fürchten muß vor dem Kaiser, Bischoffen und sonst vor Tyrannen, Gottes und seines Worts Feinden, zu wem wollt ich denn fliehen, wenn ich mich auch vor Gott fürchtete?«
Gott recht kennen, die höchste Kunst.
»Gott schreibet sich und lässet allenthalben in der Schrift von sich sagen, er sei ein Gott des Lebens, Friedens und der Freude um Christus willen. Darum bin ich mir selber feind, daß ichs nicht glauben kann. Das heißet Gott nicht recht kennen, noch wissen, wie er gesinnet sei gegen uns. Wenn ich nun könnte Gott und den Teufel unterscheiden, so würde ich hoch gelahret.«
Gott hat den Widersachern ein Ziel zu wüthen gesteckt.
»Man lasse die Widersacher nur wüthen und toben, so lange sie können. Gott hat dem Meer sein Ziel gesatzt, er lässets wohl wüthen und heftig mit den Wellen anschlagen und laufen, als wollts Alles bedecken und ersäufen, aber gleichwohl muß es über das Ufer nicht fahren, wiewohl Gott das Wasser hält nicht mit einem eisernen, sondern sündigen Ufer.« Dieß sagte Doctor Martin, da von der Papisten Praktiken und Anschlägen geredet ward, daß sie uns wollten allenthalben überfallen.
Ein anders.
»Der ander Psalm ist der feinsten und besten Psalm einer, ich bin ihm hold, daß er also in die Fürsten, Könige, Räthe, Richter usw. schmeißet und so frisch unter sie schlüget. Wenns wahr ist, das dieser Psalm saget, so ist jenes ein große Lügen.« Und sprach weiter: »Wenn ich unser Herr Gott wäre und hätte meinem Sohn (wie er seinem Sohn) das Regiment befohlen und man wäre ihm also ungehorsam, wie man jetzt ist, so würf ich die Welt in einen Klumpen.
Maria, die arme Kindermagd von Nazareth, will auch mit den Königen rumpeln, da sie saget: Er setzet die Gewaltigen von Stühlen usw. (Luc. 1, 52.) Sie ist ein fein Mägdchen gewesen, muß eine gute Stimme gehabt haben. Ich dürfte nicht also singen. Ja, sprechen die Tyrannen, lasset uns ihre Bande zerreißen usw. (Ps. 2, 3.) Was das sei, lehret uns jetzt die Erfahrung; denn man ertränkt, henket, senget, brennet, köpft, würget usw., verjagt, stöckt und plöckt usw. Und thuts nur Alles Gott zu Trotz. Der sitzet droben im Himmel, lachet und spottet ihr (Ps. 2, 4), aber es ist den Papisten kein Gelächter, sondern ein großer Ernst.
Wenn mir unser Herr Gott nur ein wenig Raum und Zeit zugeben wollt, daß ich noch ein Psälmlein oder zwei könnte auslegen; so wollt ich mich so weidlich unnütze machen, wie Simson wollt ich sie mit mir nehmen.«
»Bittet,« saget er, »daß der jüngste Tag bald komme, es ist der Welt nimmer zu helfen; ich habs Alles aufs Beste und Aeußerste versucht, es will aber nirgend angehen. Es will Zeit sein, daß Gott seinen Himmel nur schließe; er hat gar zu wohl lassen wittern, wir sind nur frecher und stölzer dadurch worden.«
Gott vermaledeiet ein Land um der Sünde willen.
»Ich gläube, daß Gott das gelodete Land verfluchet hat um der Juden Bosheit willen; denn er pfleget alle Fettigkeit eines Landes abzuwaschen, daß es unfruchtbar und sündig bleibet, läßt ihr Land zu Salzgruben werden, wie der Prophet saget, daß es nichts oder je sehr wenig trägt. Also pfleget Gott einem Lande allen Schmuck, damit ers begabet und begnadet hat vor andern, abzuziehen, daß es bloß und öde wird. Der alte Herr von Stolberg, nachdem er wieder vom heiligen Lande kommen war, das er durchaus wohl besehen hatte, soll gesaget haben: Soll das das gelobte Land sein? Ich nähme die güldene Aue dafür! Denn auch das heilige Land nicht mehr also fruchtbar ist, als es vor Zeiten gewesen.«
Wo und wie man Gott gewiß findet und erkennet.
»Ich habs oft gesagt,« sprach D. Martinus, »und sag es noch: Wer Gott erkennen und ohne Gefahr von Gott speculiren will, der schau in die Krippen, heb unten an und lerne erstlich erkennen der Jungfrau Mariä Sohn, geboren zu Bethlehem, so der Mutter im Schoos lieget und säuget, oder am Kreuz hänget, darnach wird er fein lernen, wer Gott sei. Solches wird alsdann nicht schrecklich, sondern aufs Allerlieblichste und Tröstlichste sein. Und hüte dich ja vor den hohen fliegenden Gedanken, hinauf in Himmel zu klettern ohne diese Leiter, nämlich den Herrn Christum in seiner Menschheit, wie ihn das Wort vorschreibet fein einfältig; bei dem bleibe und laß dich die Vernunft nicht davon abführen, so ergreifest du Gott recht.«
Worinnen Gottes Trost und Menschen Trost bestehe.
»Menschen Trost und Gottes Trost ist zweierlei: Menschen Trost bestehet in äußerlicher ansehnlicher Hilfe, die man sehen, greifen und fühlen kann; Gottes Trost aber bestehet allein im Wort und Verheißungen, da weder Sehen, Hören noch Fühlen ist.«
Um unser Härtigkeit willen muß Gott hart und Gott sein.
Da D. Martinus von einem jungen Fürsten hart angesprochen und ihm vorgeworfen ward: Warum er doch so heftig schriebe und die Leute so hart angriffe? sprach er: »Unser Herr Gott muß zuvor einen guten Platzregen mit einem Donner lassen hergehen, darnach fein mählig lassen regnen, so feuchtets durch. Item: Ein weidenes oder häseln Rüthlein kann ich mit einem Brodmesser zerschneiden, aber zu einer harten Eichen muß man Barten, Beile und Aexte haben, man kann sie dennoch kaum fällen und spalten.«
Unser Herr Gott handelt mit den Christen wunderbarlicher Weise.
»Anfechtung kömmet vor Errettung, und nach der Errettung Freude. Unterdrückt und beschweret werden, ist gebauet werden und doch wachsen und zunehmen.
Unser Herr Gott macht seinen Willen gegen die Christen sehr bunt und kraus, daß sich schier Niemand darein schicken kann. Gottes Reich wohnet in den Menschen, die getauft sind und gläuben von Herzen an Christum, beweisens auch mit dem Leben; und die rechten Christen sind Gottes Reich, nicht aber die Maul- und gefärbten Christen. Und ob gleich die Christen hie geplaget und getödtet werden, so lebet doch ihr Herr im Himmel, und derhalben müssen sie auch leben.
Der Teufel hat Lust daran und ist sein Werk und größte Freude, Gottes Werk zu verdrucken, zu martern und zu plagen die, so Gottes Wort lieb haben und fest darüber halten; die Andern lässet er wohl zufrieden. Dieweil nun die Christen Gottes Reich sind, so müssen sie auch geplaget, zermartert und verdruckt werden.
Ein Christ muß böse Tage haben und viel leiden; so will unser Adam, Fleisch und Blut, gute Tage haben und nichts leiden; wie reimet sich nun das zusammen? Unser Fleisch ist dem Tode und der Hölle übergeben darum, daß es dem Teufel gefolget hat und von Gottes Gebot abgetreten ist. Soll nun unser Fleisch vom Tode und der Hölle erlöset und dem Teufel wiederum abgestrickt und abgewonnen werden, so muß es sich wieder zu Gottes Gebot halten und zu ihm treten, welches nichts anders ist, denn an Christum Jesum gläuben, daß der Gottes Sohn und unser Erlöser sei, und wir an seinem Wort halten. Das Wort Christi aber ist nichts anders, denn das Kreuz tragen, die Liebe und Hoffnung im Kreuz haben und glauben, daß er nicht wird in Ewigkeit lassen geplagt sein und uns erretten und versetzen aus diesem Leben in jenes ewige Leben; in der Liebe aber Geduld haben, und daß einer dem andern seine Schwachheit zu Gute halte, der auch im Leiden ist und es mit Christo hält.
Darum wer sich einen Zuhörer und Jünger Gottes Wortes rühmet und ein Christ sein will, und selig werden, der muß keines guten Tages hier gewarten, sondern all sein Glaube, Hoffnung und Liebe ist auf Gott und den Nächsten gerichtet. Daß also sein ganzes Leben nichts anders ist, denn eitel Leiden, Kreuz und Verfolgung, und allerlei Widerwärtigkeit und Unglück alle Stunden, ja alle Augenblick müssen gewärtig sein.«
Wie schwer es ist, glauben, was Gott saget.
»Ah!« sprach D. Martinus, »ich hab dem Papst und Mönchen Alles geglaubt, was sie nur sagten; aber was jetzt Christus saget, der doch nicht läuget, das kann ich nicht glauben. Das ist je ein jämmerlich, verdrießlich Ding. Wohlan, wir wollens und müssens sparen bis an jenen Tag!«
Gott wird einmal aufwachen.
»Es scheinet, daß unser Gott ein schläfriger, stummer, tauber und blinder Gott sei, wie ihn der Psalter an vielen Orten also nennet; aber er wird einmal aufwachen, so sehen sie sich vor. Denn es stehet geschrieben: Ich will vom Schlaf erwachen, aufstehen und meine Feinde schlagen.« Dies redet D. Martin Luther, da Baceus sagte, daß der Kurfürst von Brandenburg dem Bischofs von Straßburg hätte in der Messe die Kasel aufgehoben und das Crucifix geküsset, da mans hatte ins Grab geleget.