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D. Luthers Gedanken von dem jüngsten Tage.
Doctor Martinus sprach: »O lieber Gott, komm schier einmal; ich warte stets des Tages, frühe um den Lenzen, wenn Tag und Nacht gleich ist, und wird ein sehr klare helle Morgenröthe werden. Aber das sind meine Gedanken, und ich will davon predigen. Ei nein! – Hier ist alles in der schönsten Gestalt. – Bald aus der Morgenröth wird kommen eine schwarze dicke Wolke, und werden drei Blitze geschehen, darnach wird ein Schlag kommen, und Alles in einem Nu auf einen Haufen schlagen, Himmel und Erde. Gott sei aber Lob, der uns gelehret hat, daß wir nach dem Tage seufzen, und ihn begehren sollen. Im Papstthum fürchtete sich alle Welt davor, wie sie auch ihre Gesänge hatten, und ich hab noch ein Sequenz, den muß ich wieder anrichten lassen.«
Der Doctor sagte: »Ich hoffe je, es sei der jüngste Tag nicht fern, und wir wollen ihn noch erleben.« Da sprach einer: Domine Doctor, soll doch das Evangelium um dieselbige Zeit nirgend geprediget werden? Denn Christus spricht: Er werde kaum Glauben auf Erden finden. »Ja wohl,« sprach D. Martinus, »was heißet das, daß wir das Evangelium in den Winkeln haben? Wo rechnet Ihr hin, daß ganz Asia und Afrika kein Evangelium haben, und in Europa, Griechen und Italien, Ungern, Hispanien, Frankreich, England und Polen, kein Evangelium geprediget wird? Das kleine Flecklein, das Haus von Sachsen, wird den jüngsten Tag nicht hindern.«
Der jüngste Tag wird voneinander scheiden die Gerechten und Gottlosen.
»Die rechte Kunst der Alchymie ist wahrhaftig die Philosophia der alten Weisen, die mir sehr wohl gefället, nicht alleine um ihres vielen Nutzes willen, den sie mitbringet, die Metalla zu schmelzen, zu scheiden, auszusieden und zuzurichten; item, Kräuter, Wurzeln und anderes zu destilliren und zu sublimiren, sondern auch um der Allegorien und heimlichen Deutung willen, die überaus schön ist, nämlich die Auferstehung der Todten am jüngsten Tage. Denn gleichwie in einem Brennofen das Feuer aus der Materie zieht und scheidet, was am Besten ist, ja den Spiritum, Geist, Leben, den Saft und Kraft, führets in die Höhe, daß es das Oberste am Helm einnimmt, dran klebt, und denn herab fließt; wie man solches siehet, wenn man Kräuterwasser brennet, oder daß man sonst etwas destilliret; da schwimmet das Feiste empor, und das Beste schwebet allezeit oben. Aber die unreinen Materien und Hefen läßts im Grunde bleiben, als ein todt Aas und nichtig Ding. Also auch, wenn man gebrannten Wein machet, da wird die ganze Substanz und Wesen durchs Feuer ausgezogen, und kömmt die Kraft in die Höhe; was übrig ist, bleibt unten im Grunde, und es riecht noch schmecket nicht, sondern es ist ein unförmlich Wasser. Dergleichen wird auch aus der Zimmetrinde und Muskatennuß alle Kraft und Macht ausgezogen und abgesondert, wenn man daraus ein Wasser brennet oder ein Oel zurichten will; da wird das Gute in die Höhe geführt, und was da übrig bleibet, das ist ohne Geruch und Schmack, gleichwie ein faul Holz. Eben dergleichen wird Gott auch thun durch den jüngsten Tag und letzte Gericht; damit wird er, als durch ein Feuer, abscheiden, absondern und abtheilen die Gerechten von den Gottlosen. Die Christen und Gerechten werden über sich in den Himmel fahren, und darinnen ewig leben; aber die Gottlosen und Verdammten werden als die Grundsuppe und Hefen in der Hölle bleiben, und darinnen verdammt sein, und im ewigen Joch bleiben.«
Vom jüngsten Tage.
»Ich halte, daß der jüngste Tag nicht fern sei; Grund: weil jetzt der letzte Anlauf des Evangelii ist, und ist gleich wie mit einem Licht: Wann das verlöschen will, so thut es zuletzt einen großen Stoß, gleich als wollt es noch lange brennen, und verlischt also. So läßt es sich mit dem Evangelio ansehen, als wollt es sich jetzt weit ausbreiten, aber ich habe Sorge, es werde nun also in einem Hui verlöschen und der jüngste Tag dazu kommen. So ist es auch mit einem kranken Menschen: Wenn er sterben soll, so stellet er sich gemeiniglich am Ende am frischsten, gleich als wollt er wieder aufkommen, und im Hui ist er dahin.«