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IX. Tischreden D. M. Luthers vom heiligen Katechismus

 

Der Katechismus muß bleiben.

»Der Katechismus wird müssen bleiben und das Regiment in der christlichen Kirche behalten und Herre bleiben, das ist, die zehn Gebot Gottes, der Glaube, Vater Unser und die Sacramente usw. Und wiewohl sich viel dawider legen, doch wird er bleiben und die Herrschaft und Oberhand behalten durch den, von welchem geschrieben stehet: Du bist ein Priester ewiglich. Psalm 110 (V. 4). Denn derselbige will Pfaff bleiben und wird auch Pfaffen haben, wenn gleich die ganze Welt dawider strebete. Er hat allbereit zwo Schlachten gethan, eine mit Thomas Münzer und die ander mit Zwingel, welche beide ihre Jünger noch für Heiligen ausrufen.«

 

Der Katechismus ist nötig in der Kirchen, sonderlich für die Kinder.

Da gedacht ward, wie in Pomern die Lehre des Katechismi nachlässig in Kirchen und Schulen und Häusern gehalten und getrieben wurde, sprach D. Martin Luther: »Ah, die gemeinen öffentlichen Predigten in den Kirchen bauen die Jugend wenig, Kinder lernen und behalten nicht viel davon; sondern das thuts, daß man sie in der Schul und in Häusern daheim sonderlich mit Fleiß und fein richtig und ordentlich lehre, verhöre und examinire, was sie gelernet haben; das schafft viel Nutzens. Es ist solches wohl ein verdrießlich und müheselig Ding, aber es ist sehr nöthig. Die Papisten haben solche Mühe und Arbeit geflohen, haben nur mit den Zinsregistern zu thun gehabt. Also ist das christliche Häuflein und die Gemeine Gottes verlassen und versäumet worden.«

 

Ein anders.

»Der Katechismus ist die vollkommenste und beste Lehre, darum soll man sie für und für predigen und gar nicht unterlassen, wie denn alle andere gemeine öffentlichen Predigten sollen darauf gerichtet und gezogen werden. Ich wollt, daß man ihn täglich predigte und aus dem Buch einfältig lese. Aber unsre Prediger und Zuhörer kennen ihn auf einem Nägelein, sie haben ihn allbereit gar ausgelernet, schämen sich dieser schlechten geringen Lehre, dafür sie denn sie halten; wollen aber gesehen sein und von hohen Dingen reden. Der Adel und die Bauern sagen: Was? unser Herr Pfarrherr geiget nur immerdar ein Liedlein, prediget allein den Katechismus, als die zehn Gebot, den Glauben, das Vater Unser, item von der Taufe und vom Abendmahl. Das alles kann ich vorhin wohl. Also begeben sich denn die Prediger auf hohe Ding und richten sich nach dem Lüstern der Zuhörer, und predigen was sie gerne hören, lassen denn die Fundamente und Grundfesten stehen, darauf man sonst bauen sollte.«

 

Ein Anders.

»Wer sich an dem Katechismo nicht lässet genügen, wenn man den Katechismum prediget, dem predige der Teufel!« sagte D. Martinus.

 

Der Katechismus muß regieren.

»In Kürzen wird es an Predigern mangeln. Mein gnädigster Herr, der Kurfürst zu Sachsen usw., hat an 20 Juristen genug; dagegen muß er wohl an acht hundert Pfarrherrn haben. Jurista est nomen reale, praedicator autem individuuum. Ein jeglich Kirchspiel und Gemeine muß ihren eigenen Seelsorger und Prediger, aufs wenigste einen haben; da man dagegen mit einem, zweien, dreien oder vieren Juristen ein ganz Land kann wohl versehen und versorgen.

Wir werden noch mit der Zeit aus Juristen und Aerzten müssen Prediger und Pfarrherrn machen, das werdet ihr sehen. Die Zeit und Gelegenheit macht einen Prediger. Ich kann mich nicht mit und an Worte binden lassen, ich predige oft von einer Meinung mit andern Worten.«

Da sagte D. Jonas: Herr Doctor, ich kann Euch im Predigen gar nicht nachfolgen, und wer will es Euch nachthun? Darauf sprach D. M. L.: »Ich kanns selber nicht, denn oft gibt mir meine Person oder eine sonderliche Privatsache Ursach zu einer Predigt, nach dem die Zeit, Händel und Zuhörer sind. Wenn ich jünger wäre, so wollte ich viel in meinen Postillen abschneiden und kürzer machen, denn ich darinnen über die Maße und zu viel Wort habe gebraucht. Demselbigen langen Reden und Geschwätz kann Niemand nachfolgen, noch es erlangen, auch schickt noch reimet sich nicht Alles zu allen Zeiten; Alles muß man richten nach den Umständen, doch wird der Katechismus müssen bleiben und herrschen.«

 

Wofür die zehn Gebote Gottes in der Welt gehalten werden.

»Die erste Tafel in der Welt ist gar nichts, die ander ist ein wenig in einem Ansehen, also, daß die Übertreter bisweilen gestraft werden. Die letzten zwei Gebot in der andern Tafel sind in der Welt keine Sünde.«

 

Was die Strafe der Erbsünde sei.

»Der Erbsünde Strafe ist eigentlich, Gott nicht erkennen und nichts von ihm wissen, welches eine Lästerung ist; darnach den Nächsten nicht kennen, seiner nicht achten, das ist, ihm alles Leid thun, ihn erwürgen und umbringen. Zum Dritten, sich selber nicht kennen, das ist, für sich selber sorgen und seiner warten, und das Seine suchen auch wohl mit eines Andern Schaden.«


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