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XXI. Tischreden D. M. Luthers vom Antichrist oder Papste

 

Vom Papst Julio dem Andern.

»Das Gespräch vom Papst Julio dem Andern ist ein fein lustig Gedicht und gleichwohl wahr an ihm selbst und wohl werth, daß mans nicht lasse umkommen, sondern fleißig für und für behalte und lese. Denn es beschreibet mit herrlichen, prächtigen Worten das Papstthum, sonderlich am Julio, welcher vor Andern ein gräulich gewaltig Wunderthier ist gewest, gar ein gottloser Mensch, ein grausamer Wütherich und anschlägiger Kriegsmann, der alles hat dürfen vornehmen, wagen und sich unterstehen, daß er möchte ein irdischer Gott sein. Die Venediger hat er geschlagen, aber mit Hülfe des Kaisers und des Königs zu Frankreich. Da er nun derselben mächtig ward, legt er sich wider den Franzosen vor Ravenna mit großer Kühnheit und einem mächtigen Kriegsvolk in eigener Person, da er am Ostertage geschlagen ward. Wenn er des Franzosen wäre dazumal mächtig worden, so hätte er sich an den König zu Hispanien und den Kaiser gemacht, sie bekrieget und sich unterstanden unter sich zu bringen.

Summa, er ist die letzte Flamme in der Lampe, wenn sie jetzt bald verlöschen und ausgehen will, und das letzte Vornehmen des Teufels gewest, der mit Bann und Schwert blitzte und donnerte, führete Krieg durch Anderer Gewalt und Macht; wie Daniel sagt, daß er mächtig sei, aber nicht aus eigener Kraft und Macht; wie man jetzt erfähret. Denn etwa vor dieser Zeit sagte man, daß der Papst in einem Finger mächtiger wäre denn alle deutsche Fürsten. Was meinst du, sprachen die Walen, daß der Papst nach Germanien und Deutschland fraget? Aber die unverschämte Hure, der gräuliche Schandfleck und Unflath ist durch den Geist Gottes Mundes angegriffen und in Vieler Herzen also gestürzt, daß man nichts mehr von ihm hält. Welches kein Kaiser mit dem Schwert und Gewalt hätte vermocht zu thun, noch zuwege zu bringen. Denn der Teufel schmeißt auf das Messer und in die Scheide; wenn er aber mit Gottes Wort geschlagen wird, so wird der Papst zur Puppe und Tostblume, das ist, zu einer solchen Blume, die Morgens mit der Sonne aufgehet, mit ihr wieder untergehet, wie dieselbige gelbe Blume, daraus auf den Abend ein stiebender kahler Mönch wird.«

 

Ein anders vom Papst Julio.

»Julius, der Andere des Namens, ist ein trefflicher Mann in Kriegen und Regiment gewest, hat gar einen weltlichen Kopf und Verstand gehabt, wider den Kaiser, die Venediger und den König zu Frankreich gekrieget; und da ihm angezeigt ward, daß sein Kriegsvolk vor Ravenna vom Franzosen geschlagen war, lästerte er Gott im Himmel, und sprach: Ei, bis nun gut Französisch in tausend Teufel Namen! Beschirmest du deine Kirche also? Wandte das Angesicht gegen die Erde, und sprach: Heiliger Schweizer, bitte für uns! Und schickte alsbald den Kardinal von Salzburg, Bischofs Matthiam Langen, zum Kaiser Maximilian.

Da er nun gedemüthiget war, also daß er Kaiser Maximiliano schier zu Füßen fiel und anbetete, ein so großer Kriegsmann, sehr reich, der auch große Gebäude führete; doch ward er sehr gefürchtet von Kardinälen und Römern. Er hielt die Gassen zu Rom so rein, daß nicht viel Pestilenz da waren. Es war ein Weltmensch, alle Tage stand er des Morgens frühe um zwei auf, und richtete seine Händel aus bis zu fünfen oder sechsen; darnach nahm er vor weltliche Geschäfte, Kriegen, Bauen, Münzen usw. Man sagt, er habe 56 Tonnen Goldes gehabt; denn da er sterben wollt, bescheidet er denen, die seinen Schatz verwahreten und hüteten, 50,000 Gülden.

Er trachtete nach dem Kaiserthum, wäre auch gerne Kaiser gewest, und hat König Ludwig zu Frankreich sehr geplaget, also daß er an alle Universitäten in Frankreich schrieb und begehrete, sie wollten seine Hoffart mit öffentlichen Schriften dämpfen. Wenn ich zur selben Zeit wäre kommen, so hätt man mich gegen Paris mit großen Ehren gefordert. Aber ich war ihm noch zu jung, und Gott wollte nicht zur selben Zeit, daß ich wider ihn sollt schreiben, auf daß man nicht gedacht hätte, als wäre er durchs Königs von Frankreich Gewalt oder des Papstthums Weisheit gestürzt und vom Stuhl gesetzt, sonder allein durch Gottes Wort. Denn Gott erweckt, das nicht ist, daß es sei, macht aus Nichts Etwas und wiederum. Der König zu Frankreich wäre nicht nichts gewest, sondern etwas; darum niedriget Gott allein Alles durch sein Wort. Denn wenn Gott nur ein Wort spricht, und sagt: Jerusalem, falle dahin; Rom, komm um und lieg in der Aschen; König gib dich gefangen; Junker Papst, steige vom Stuhl herab: von Stund geschicht Alles. Also hat er das große, mächtige Papstthum gestürzt, welches das allermächtigst war!

Papst Julius wollte Kaiser sein; Alexander wollte seinen Sohn zum Kaiser machen; Papst Leo desgleichen; einen Bruder, den macht er zum König zu Neapolis, ward aber mit Gift getödtet. Also Papst Clemens war der allerreichste, denn er hat Papst Julii Schatz überkommen, und war der listigste; doch was er vornahm, das war Alles vergebens und gar tückisch, weil er ein Wal und ein Florentiner war, derselben einer thut so viel als drei Wale. Dazu war er ein Bastard und Hurenkind eines vom Geschlecht Medices, das macht sieben Wale.

Summa, es ist kein ärgerer noch größerer Schalk auf Erden gewesen, denn Papst Clemens der Siebente; doch hat Gott dieser aller Autorität, Macht und Gewalt geschwächt und gestürzt. Denn also rühmten die Walen von Julio, daß von S. Peters Zeit an kein Papst in solchem Ansehen gewest wäre, als Julius. Nun liegt's Alles in der Asche!

Ah, Pfaffen sollten beten und nicht regieren, sonderlich dieser Papst Clemens! Er ist der größte Bösewicht, es ist ihm zu viel auf einen Bissen. Wie der Teufel sagte: Du heißt Petrus, an S. Peterstage genennet, ein Peter ist dein Pathe, hast krauses Haar, bist wunderlich. Es ist ihm zu viel; krauses Haar, krauser Sinn!« Da sprach M. V.: »Ich habe wol krausen Sinn, aber nicht krauses Haar.« Darauf antwortete D. Martin: »Nehmet ein Weib, so werden die krausen Sinne wol vergehen; alsdenn wird's heißen, wie sie will! Wenn einer gefreit hat, so verliert er die besten Tage. Die Pfaffen haben bisher die besten Tage gehabt, nun aber überkommen sie die sauren!«

 

Des Papstes Geiz.

»Papst Leo ward von den Barfüßermönchen bestochen mit 80,000 Ducaten, daß er sie wollt nicht reformiren. Da er nun das Geld auf dem Tisch sah, sprach er: Wer kann so viel Gewappneten widerstehen? Summa: Geld macht Schälke!«

 

Vom Papst Alexander.

»Papst Alexander war ein Maran, das ist ein getaufter Jüde, der gar nichts gläubte. Diesem war Papst Julius, der an seine Statt kam, so feind, daß er alle Thüren und Fenster darinnen seine Wappen waren, ließ ausbrechen und abthun.«

 

Von Papsts Gregorii allzu mönchischer Frömmigkeit.

»Papst Gregorius war in der mönchischen Heiligkeit und Superstition so vertieft, daß er seinen Schäffener, der ihm sehr treu gewest war, da er nach seinem Tode drei Gülden in seiner Zell gefunden hatte, öffentlich vor seinen Brüdern im selbigen Kloster dem Teufel gab, und warf die drei Gülden in sein Grab, und sprach: Vermaledeiet seiest du mit dem Gelde! Solche Leute sind die gewest, die so stark und hart, ohne alle Milderung gedrungen haben auf den mönchischen Gehorsam, also daß eine Nonne, die nur ein Rautenblatt abgebrochen und ohne Erlaubniß daran geleckt hatte, der Teufel besessen hatte.

Die guten Leute waren so geplaget, wußten nichts. Denn alle Gesetze sollen der Liebe weichen und nach Billigkeit und Umständen gedeutet werden. Denn das schärfste Recht ist das höchste Unrecht. Also martert uns der Satan auf mancherlei Weise, wenn man von Christo nichts weiß und derselbe weg ist. Du aber sollt mit festem Glauben gewiß also schließen: Christus ist über das Gesetz über Mosen und über den Papst, und aller Dinge ein Herr. Darum, wenn dich das Gesetz und dein Gewissen anklaget, so sprich: Ich höre die Stimme das Knechts, aber sie gilt hie nichts. Der Herr aber dieses Knechts ist Jesus Christus, der saget: Dir sind deine Sünde vergeben!«

 

Ob Petrus der erste Papst sei gewest, und wie die Güter, Land und Leut an ihn kommen sind.

»Alle Historien sagen, daß Petrus sei der erste Papst zu Rom gewest; aber es ist alles erdichtet Ding! Nach ihm sollen zugleich auf einmal da gewest sein Lucius, Cletus und Clemens, welche einer um den andern regieret haben. Denn zur selben Zeit war die Kirche noch sehr klein und dünne, und diese drei haben in eiteln Häusern bei frommen Christen geprediget wie Diaconi, nicht öffentlich, haben die Oberkeit nicht getadelt. Darnach haben ihnen die Kaiser Privilegia gegeben um dieser Ursachen willen vornehmlich. Denn die Kaiser hatten aus Erfahrung befunden, daß sich Italien von ihnen nicht wollte regieren lassen, denn die Walen können kein Haupt leiden, noch Fried unter sich selbst haben, drum habens die Kaiser den Bischoffen zu Rom übergeben, welche alle wohl regieret haben, bis auf Papst Hildebrand, den Schalk, der den Walen zufiel und bezahlete die Deutschen mit Undank. Denn die ersten fünfzehn Kaiser, deren acht vom Stamm Kaiser Karls des Großen und sieben von Deutschen und Franken, sind fromm gewest, die haben die Walen können bezwingen. Jetzt aber haben sie einen rechten Stock am Karolo, der kann sie mit den Spaniern fein mustern und Mores lehren!«

 

Vom Papst Adrian und einem englischen Cardinal.

»Papst Adrian ward von Kaiser Karolo, deß Präceptor er gewest war, zum Papstthum gefordert, hat nicht lang regieret, denn er von geringem Geschlecht, eines Bürgers Sohn zu Löwen. In England war ein Cardinal, eines Fleischhauers Sohn, zu dem sagte einmal ein Stocknarr: Gott sei gelobet, daß wir einen solchen Cardinal haben. Wenn derselbe nun Papst wird, so werden wir dürfen in der Fasten und auf andern verbotenen Tagen Fleisch essen. Denn S. Peter als ein Fischer hat verboten, Fleisch zu essen, damit er seine Fische desto theurer verkäufte; aber dieser Fleischhauers Sohn wird über dem Fleische halten, daß er Geld draus löse!

Papst Adrian hatte zwo Städte lassen auf eine Tafel malen; eine sein Vaterland, da er geborn war, die andere Löwen, da er war Magister noster promovirt worden, und dabei geschrieben zu der ersten: Ich hab gepflanzt; zur andern: Ich hab begossen. Aber unter den zweien Städten war gemalet des Kaisers Bild, das antwortete: Ich hab das Gedeihen dazu gegeben! Denn er hatte ihn lassen zum Papst wählen. Da hatte einer mit Kreide dazu höhnisch geschrieben: Da hat Gott nichts gethan!«

 

Collation oder Vergleichung des Papstes mit dem Kuckuk.

Doctor Martinus Luther sagte, »daß der Kuckuk hat die Natur und Art, daß er der Grasmücke ihre Eier aussäuft, und legt seine Eier dagegen ins Nest, daß sie die Grasmücke muß ausbrüten. Darnach, wenn die jungen Kuckuk aus der Schale gekrochen und groß sind, so kann die Grasmücke sie nicht bedecken, davon werden die Kuckuk aussätzig, und zuletzt fressen die jungen Kuckuk ihre Mutter die Grasmücke. Darnach auch kann der Kuckuk die Nachtigall nicht leiden,« sagte Doctor Luther. »Der Papst ist der Kuckuk, er frisset der Kirchen ihre Eier und scheißt dagegen eitel Cardinäle aus. Darnach so will er seine Mutter, die christliche Kirche, fressen, darinnen er doch geboren und auferzogen ist; so kann er frommer, christlicher, rechtschaffener Lehrer Gesang, Predigt und Lehre nicht dulden oder leiden.«

 

Doctor Martin Luthers Einfalt und geringe Person hat dem Papst geschadet.

»Meine Einfalt und arme geringe Person, will nicht sagen, gerechte Sache,« sprach D. Martinus, »hat dem Papst den Schaden gethan. Denn da ich anfing zu predigen und zu schreiben, verachtete mich der Papst. Denn er gedachte: Es ist ein einzelner Mann, ein armer Mönch usw. Hab ich doch diese Lehre vertheidiget vor vielen Königen und Kaisern, Fürsten und Herrn, was sollt denn nun ein einzelner Mann thun? Hätt er aber mein geachtet, so hätte er mich bald in der Erste konnt ausrotten und dämpfen.«

 

Von des Papsts Betrug, wie und woraus er Münze schlägt.

»Kaiser, Könige, Fürsten und Alle, so Macht haben zu münzen, dieselben schlagen ihre Münzen aus Gold oder Silber, aber der Papst schlägt aus allen Dingen Münze und Geldes die Fülle, als aus Ablaß, Messen, Ceremonien, Schriften, Essen und Trinken, Buße, aus der Kirchen, Schlüsseln, Kappen, Platten usw. Allein aus der Taufe hat er nichts können schmieden, zwacken und schinden; denn die jungen neugebornen Kinderlein kommen nackt und bloß in die Welt, bringen nichts mit ihnen, daß sie geben könnten.«

 

Des Stationirer Betrug.

»Ein Stationirer, der vorgab, er könnte die Seelen aus dem Fegefeuer mit seinem Heiligthum und Ablaß, den der heiligste Vater, der Papst dazu gegeben hätte, erretten, kam an einen Ort. Da ging ein Landsknecht zu ihm, und sprach: Herr, wenn ich gewiß wüßte, daß die Seelen meiner Aeltern und Freunde erlöset würden, so hab ich noch zween Gülden, die wollt ich euch zwarten geben. Er aber, der Stationirer, sprach: Was ist dein Vater für ein Mann gewest? Der Landsknecht sprach: Es ist ein frommer Mann gewest. Drauf sagte der Stationirer: So ist er nicht in der Hölle. Und fragte weiter: Thut er denn auch Wunderzeichen? Nein, sprach der Landsknecht. Da sagte der Pfaff: So ist er im Fegefeuer. Und der Krieger gab ihm einen Batzen, und erlösete damit seinen Vater. Darnach fragte er seiner Mutter halben, ob die auch könnte erlöset werden? Da forschete der Stationirer, wie zuvor vom Vater, was sie für ein Frau gewest wäre, und schloß, daß sie im Fegefeuer wäre. Da gab ihm der Krieger abermal einen Batzen. Und alsofort für die andern seiner Freunde, daß er vierzehn Seelen aus dem Fegfeuer erlösete mit vierzehn Batzen. Da sprach er: Herr, bin ich gewiß, daß sie nun erlöset und selig seien? Ja, sprach der Pfaff, ich schwöre dir einen Eid, daß sie selig sind. Wohlan, sagt der Landsknecht, Herr, Ihr habt gerne Gold, gebt mir die vierzehn Batzen wieder, so will ich Euch einen Goldgülden dafür geben. Da ihm nun der Stationirer dieselben gab, nahm sie der Landsknecht wieder zu sich, und sprach: Die Seelen sind nun im Himmel, können nicht wieder heraus; ich bedarf das Geld baß denn Ihr, lieber Herr! Und ging also davon.

Also thät Tetzel auch. Als er zu Stolpe, da der Bischoff von Meißen haushält, geprediget hatte, daß eine Seele erlöset würde, wenn man einen Groschen einlegte, fragte ihn einer, des Pfarrherrs Vater daselbst, was er für Münze wollt haben? Da er sich nun lang bedacht hatte, sprach er: Morgen kommt wieder, so will ichs Euch sagen.«


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