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XLVI. Tischreden D. M. Luthers von Edelleuten

 

Von der Vermessenheit der Edelleute.

Als man zu Wittenberg am Wall bauete, an D. M. L. Hause, da sprach D. M. L.: »Lebe ich noch ein Jahr, so muß mein arm Stüblein weg, daraus ich doch den Papst gestürmet habe, daß es um der Ursach willen werth wäre, daß es ewig bliebe stehen. Aber die großen Hauptstücke, Hauptwälle, Hauptfürsten werden mirs wegfressen. So werden sie den Herrn persuadiren und mit prahlenden Worten überreden. Denn die Scharrhansen sind uns von Herzen feind, ihre Hoffart und Vermessenheit ist so groß, daß sie auch werden verhindern, daß der junge Herr nicht studire noch gute Künste lerne. Denn sie sagen zu seinem Herrn Vater: Gn. Herr, was darf er großer Klugheit? Wollen E. Gn. einen Schreiber aus ihm ziehen? Er muß ein regierender Fürst werden. Laßt ihn in die Rathstube gehen, die Händel anhören, daß ers also aus Übung und Erfahrung lerne. Das thuts. Was übern Büchern liegen, und die Blätter umwerfen?

Haben also den guten frommen Fürsten mit glatten, gleißenden Motten beredet, daß der junge Herr versäumet ist und nichts studirt hat. Denn sie fürchten, wenn er studirte, so möchte er Historien lesen, und ihre Fallacias, Betrügerei und Praktiken merken. Ein solcher verständiger, kluger Fürst war H. Friedrich. Ah, sie sind mit allen sieben Todsünden zwiefach besessen. Es ist eine große Bosheit und Stolz in ihnen.

Ernst von Schlieben treibet alle Händel und Krämerei mit anderer Leute Schaden. Ist das auch adelisch? Wohlan, Gott befohlen, es will doch nicht anders sein. Die Welt kann solcher Leute nicht entbehren noch entrathen, sie muß Tyrannen haben, die sie regieren und Mores lehren. Im selbigen ist Ernst von Schlicken mit seiner Tyrannei gleich ein Leckerbißlein für die Welt.«

 

Großer Herren Studium.

»Ah,« sprach er, »es ist mit dem deutschen Reich geschehen; jetzt sind Fürsten und Herren ungelehrt, denn sie haben nicht studirt, wollens auch nicht thun, meinen, es sei ihnen eine Schande; darum können noch wissen sie nicht zu regieren. Ihr größter Fleiß und vornehmst Studium und Übung ist, große Hengste reiten, banketiren, spielen, jagen, und die Unterthanen mit unnöthigen Schatzungen beschweren, schinden und schaben. Indeß regieren die vom Adel, führen die Herrn in alle Noth; wie sie unserm frommen Fürsten, Churfürst Hannsen, vor Meiningen in der Bauern Aufruhr thäten, da sie ihn vor die Büchsen stelleten mit dem ganzen Kriegsvolk, und hießen ihn darnach die Flucht geben.«

 

Die vom Adel können nicht regieren.

»Die vom Adel maßen sich an, und wollen regieren; aber sie könnens noch verstehens nicht. Der Papst aber weiß es nicht allein, sondern kann auch regieren mit der That. Ein schlechter Papst kann besser regieren, denn hundert vom Adel an unserm Hofe.«

 

Fürsten-Rechte vom Adel.

»Der Welt Bosheit ist so groß. Wenn ein Fürst die lateinische Sprache lernet und studiret, so fürchten die vom Adel und Rechte, er werde ihnen zu gelehrt und klug, und sagen: Potz marter usw. Was? will E. F. Gn. ein Schreiber werden? E. Gn. müssen ein regierender Fürst werden, müssen weltliche Händel lernen, und was zur Reiterei und zum Kriege gehört, damit Land und Leute geschützt und erhalten werden usw., das ist, ein Narr bleiben, den wir mögen mit der Nasen umherführen, wie einen Bär.

Aber H. Friederich, Kurfürst zu Sachsen, sagte ein Mal: Wir hören wohl, was unser Räthe rathen, folgen ihnen aber nicht alle Mal, denn in dem, was wir selbst für recht und gut erkennen. War aber das für treue Räthe seien, so die Fürsten vom Studiren abhalten und abschrecken, das mag ein Jeder wohl abnehmen und denken.«


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