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XLV. Tischreden D. M. Luthers von der Gegen- und Nothwehr

 

Von Nothwehr.

»So mich Jemand,« sprach D. Martin Luther, »in meinem Hause übereilete, und mir und den Meinen Gewalt thun und sie beschädigen wollte, bin ich, als ein Wirth und Hausvater schuldig, mich zu wehren und sie zu vertheidigen; viel mehr auf dem Wege und der Landstraße. Ich bin oft von unserm Gnädigsten Herrn erfordert worden, da ich wol auf der Straße wäre zu greifen gewesen. Wenn mich Straßenräuber oder Mörder hätten wollen beschädigen, und mir unrechte Gewalt thun, so wollte ich mich von wegen des Fürstenamts, als sein Unterthan und Diener, ihrer gewehrt und Widerstand gethan haben; denn sie griffen mich nicht an um des Evangelii willen, als einen Prediger und Glied Christi, sondern als des Fürsten und der Oberkeit Glied; da soll ich dem Fürsten helfen sein Land reine halten; kann ich ihn erwürgen, soll ich das Messer auf ihn legen, und frei das Sacrament empfahen; soll ich doch in Nöthen einen guten Gesellen retten, viel mehr einem Fürsten sein Land. Würde ich aber angegriffen um Gottes Worts willen, und als ein Prediger, da soll ich leiden, und die Rache und Strafe Gott befehlen. Denn ein Prediger soll sich nicht wehren; darum nehme ich kein Messer mit auf die Kanzel, sondern allein auf dem Wege, wenn ich wandere und über Feld ziehe. Die Wiedertäufer sind verzweifelte böse Buben, tragen keine Wehre, und rühmen sich großer Geduld.«

D. M. L. fragte den Engeländer, der bei ihm im Hause und sein Tischgänger war: »Ob wir uns auch möchten wehren, wenn des Papsts Concilium fortginge, und wir darinnen verdammt, und dem Kaiser die Execution befohlen würde?« Antwortet er: Ja, denn die deutschen Fürsten wären Amtspersonen, hätten das Schwert, darum gebührete ihnen, ihre Unterthanen zu schützen vor unrechter Gewalt. Dawider sagte D. M. L.: »Nein, denn ein Fürst ist gegen dem Kaiser eine Privat- und einzelne Person; aber das zu unterscheiden, wollen wir den Juristen befehlen.« Doch sprach er weiter: »Regiments sind dreierlei Art: Eins despoticum, herrisch; das ander, civile, bürgerlich; das dritte, tyrannisch. Das herrische ist ein Jus, Gerechtigkeit; wie ich habe über meine Hühner, Gänse, Kühe, Schweine und Vieh, sie zu schlachten, denn ich bin ihr Herr, wie ich auch meines Weibes, Kinder und Gesindes Herr bin; aber wenn ich sie wollt umbringen und tödten, das gebührete mir nicht, thäte unrecht, denn sie sind mir nicht unterworfen noch unterthan nach dem herrischen, sondern nach dem bürgerlichen Rechte.

Also sind wir dem Kaiser unterworfen, und seine Unterthanen, mit einem gewissen Maaß, nach Verordnung der Rechte, wie er uns dagegen auch nach derselbigen Verordnung verpflichtet und verbunden ist. Da er nun dieselben Rechte überschritte, und dawider thäte, so widerstünden wir ihm mit Recht, als einem Tyrannen, der Gewalt übete, und wider seine Pflicht thäte. Darum hat der Kaiser im Deutschlande und Reich nicht ein solche Gewalt und Recht, so ein jeglicher König in seinem Reich hat; denn er hat für sich selbst weder Münze noch Zoll, und Geleite oder Bergwerke, wie andere Könige und Herrn in ihrem Reich; sondern die Fürsten und Städte des Reiches haben solches Alles. Darum sind wir dem Kaiser nicht so gar stracks und ohne alle Maße unterworfen. Und obwohl wir Theologi wollten lehren, man soll leiden; so würde man sprechen, wie der Landgraf zu mir sagete: Herr Doctor, Ihr rathet wohl fein, wie wenn wir Euch nicht folgten? Das geschah den letzten Augusti Anno 36.«

 

Hinterlist wider D. Luth.

»Ihr verachtet meine Lehre, und wollt den Luther in seinen Worten sahen, wie die Pharisäer Christo thäten. Aber so ich wollte, wie ich denn nicht will, hätte ich eine Glosse, daß solcher Widerstand geschehe nicht wider den Kaiser, sondern wider Herzog Georg; und daß ein Weltmann, Unterthan und Bürger des Reichs nicht ein Christ ist. Denn es ist nicht Christi Meinung, daß er wollte die Polizei, das weltliche Regiment und die Rechte aufheben und verstören. O nein; sondern daß ein Jeglicher in seinem befohlenen Amte thue, was er schuldig ist, ohne Verletzung des Glaubens und seines Gewissens; gebe Gotte, was Gottes ist, und dem Kaiser, was des Kaisers ist; sei nicht gehorsam in dem, was wider Gott und sein Wort ist. Dieser Aufruhr der Fürsten bricht nun hervor; denn sie sagen: Uns habe nicht gebühret, ohne Vorwissen und Erlaubniß des Papsts etwas zu ändern, er habe unsere Seelen in seiner Hand, möge es machen, wie er will usw.: Die Bösewichter sind nicht allein zufrieden, daß wir nichts lehren wider die heilige Schrift und Artikel des Glaubens; sondern wollen auch noch dazu, daß wir alle falsche Lehre, Irrthum, Ketzerei und Abgötterei billigen und loben, und uns aller ihrer vorigen und künftigen Sünden theilhaftig machen, und Alles, was wir Gutes geschrieben und gethan haben, verdammen sollen usw.

Das thue der Teufel an meiner Statt. Wären die Pfaffen fromm, so dürften sie des Luthers nicht. Absalon war ein König, und David erkannte ihn gleichwohl nicht dafür, sondern vertrieb ihn. Sie rauben auch dazu die Kirchengüter; was man hinter sie zu treuen Händen gelegt hat, das behalten sie, und nehmen Liebniß und Geschenke.«


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