Carl Hauptmann
Mathilde
Carl Hauptmann

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31

Dominicks Irrgänge

Dominick war so aufgeregt, daß er noch eine Weile durch die Straßen lief. Es war kalt und zugig. Er hatte den Rockkragen aufgeschlagen und die Hände in die Taschen gesteckt. Aber er merkte kaum, daß er fror. Es war ein unbestimmter Ärger in ihm, daß ihn Mathilde verlassen hatte. »Warum?« dachte er. »Warum ist sie so fein, sie konnte zu mir kommen«, dachte er. Dann kamen ihm andere Gedanken, und er sah immer noch die Briske. »Toll«, sagte er vor sich hin und lachtet »Das ist eine! Ja,« sagte er, »das ist eine, die Gott nur für die Grafen und Fürsten gemacht hat. – Himmel!« – Und er kam in eine Straße, wo noch eine Laterne im Hausflur brannte. Er dachte, hier könnte er was trinken. Eine Bierschenke. Frauenzimmer bedienten drin. Eine war blond. »Wie ein unschuldiges Kind – hahaha! – ach die alle! das muß man wissen! – Die sind alle sehend – hahaha!« Er saß lange ganz versunken vor seinem Bierglase und sah nur wie erwachend dann und wann auf. Es schienen sich einige junge Kerle lustig zu machen über ihn. In einer Ecke saßen Leute, die viele Biergläser vor sich halten und laut zu ihm herüberlachten. Und er starrte sie lange, weil er es merkte, absichtlich an, daß sie verstummten, weil seine Augen unheimlich brannten.

Dann ging er, weil ihm plötzlich die Lage gemein erschien. Aber wie er die Glastür zugeworfen hatte, kam ihm ein Mädchen nach, das ihn angriff. Er blieb stehen.

»Geh mit, Bübchen«, sagte sie schüchtern.

»Wohin?«

»Du! Weißt du nicht?« sagte sie fast drollig.

»Wohin?« – sagte er schroff. –

»Bist du ein Grober!«

»I nein«, sagte er freundlich. –

»So jung und so ein Grober«, sagte sie fast schmollend, weil sie die Wirkung ihrer Worte sah.

Dominick sah sie sinnlich an und überlegte.

»Was sinnst du – wenn ich dich liebe, Bübchen«, sagte sie heimlich.

Dominick lachte.

»Verflucht«, sagte er für sich – »ich soll mit dir gehen?« und er starrte sie noch immer an.

»Besinn dich nicht«, sagte sie. –

»Was willst du haben?« sagte er hastig und starrte nieder. –

»Verflucht«, sagte er noch einmal für sich.

»Nicht viel«, sagte sie zärtlich und umfaßte seinen Hals, da die Straße leer war. »Weil ich dich liebe, Bübchen, komm!« Und sie gingen nun Arm in Arm und verschwanden in eine Seitengasse, wo ein Nachtwächter mit Spieß und Horn patrouillierte, der ihnen lange nachsah.


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