Ferdinand Gregorovius
Gedichte
Ferdinand Gregorovius

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Vôcero
auf den Tod des Banditen Canino.

(Dialekt aus dem Pieve von Ghisoni.)
(Die Schwester singt:)
          Ich wollt', daß meine Stimme
Wie der Donner könnte erklingen,
Daß sie den Schlund von Vizzavona
Schallend sollte durchdringen,
Von allen die dich gemordet
Der Welt die Kunde zu bringen.

Alle von Luco di Nazza
Rachgierig zusammen sie traten,
Mit jenen grimmigen Scharen,
Den Banditen und den Soldaten.
Und des Morgens in der Frühe
Plötzlich abmarschirt sie waren.

Plötzlich abmarschirt sie waren
Mit Schalmeien die erklangen;
Wie die Wölfe sie im Rudel
Auf die Lämmer mordend drangen.
Als sie in den Engpaß kamen,
An die Kehle sie dir sprangen.

Wie ich hörte solche Kunde
Thät ans Fenster ich mich wagen,
Und ich rief: was gibt es da? –
Ach, dein Bruder wird getragen,
Todt im Engpaß ist er geblieben,
Von dem Mörder ist er erschlagen.

Nicht gefrommt hat dir die Flinte,
Nicht gefrommt die Pistolette,
Nicht gefrommt die Dolchesklinge,
Nicht gefrommt dir die Terzette,
Nicht gefrommt hat dir der Freispruch,
Nicht geweihte Amulette.

Grimmig wachsen meine Schmerzen
Bei dem Anblick deiner Wunden.
Warum ach! willst du nicht reden?
Wol hält Tod dein Herz gebunden.
Cani, Herz du deiner Schwester,
Deine Farbe ist geschwunden.

O du mein Breiter von Schultern,
O du mein Schlanker von Leben,
Du warst ein Ast voller Blumen,
Einen wie du hat's nimmer gegeben.
Cani, Herz deiner Schwester,
Gemordet haben sie dein Leben.

Einen Dornstrauch will ich pflanzen
In dem Dorf zu Nazza drüben,
Weil von unsres Vaters Hause
Keiner mehr ist leben blieben.
Weil's nicht waren drei oder viere,
Gegen Einen waren es sieben.

Unter den Dornstrauch will ich tragen
Mein Bettchen, da will ich schlafen.
Weil sie hier, o du mein Bruder,
In das Herz dich mitten trafen.
Lassen will ich meine Spindel,
Greifen will ich zu den Waffen.

Will mich gürten mit Kartuschen,
In den Gurt thun die Terzetta,
Cani, Herz du deiner Schwester,
Nehmen will ich die Vendetta.


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