Ferdinand Gregorovius
Geschichte der Stadt Athen im Mittelalter
Ferdinand Gregorovius

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Fünftes Kapitel

Bezwingung des Slaventums in Griechenland. Emporblühen des Landes. Die reiche Archontin Danielis. Bekehrung der Slaven zum Christentum. Die kirchliche Mission. Neugründung von Klöstern. Der heilige Nikon in Athen und in Sparta. Mischung der griechischen Nation mit slavischen Elementen. Das Reich der Bulgaren. Das Bistum Athen. Ermordung des Chase in der Parthenonkirche. Der heilige Lukas. Basileios II. vernichtet das Bulgarenreich. Sein Besuch in Athen. Die Parthenonkirche.

1.

Nach dem Sturze der Kaiserin Theophano verschwindet Athen, wie das ganze Hellas, für unsere Kenntnis so völlig vom Schauplatz der Geschichte, daß wir Mühe haben, den Namen der erlauchten Stadt irgendwo im Zusammenhange mit den Ereignissen der Zeit zu entdecken. Nur der Peloponnes, wo sich die Slaven am stärksten abgelagert hatten, gab den Byzantinern eben aus dieser Ursache hie und da Gelegenheit, sich mit den Angelegenheiten Griechenlands zu beschäftigen.

Die Unterwerfung der dortigen Slavenstämme durch den Sieg bei Patras war keine vollständige gewesen. Denn sie versuchten immer wieder ihre Unabhängigkeit mit den Waffen zu erkämpfen. Sie erhoben sich zur Zeit des letzten bilderstürmenden Kaisers Theophilos (829–842) und seiner Gemahlin Theodora, die als Vormund ihres Sohnes Michael III. von 842 bis 867 das Reich regierte und den Bilderkultus endgültig wiederherstellte. Ihr General, der Stratege des Peloponnes Theoktistos Bryennios, mußte mit einem starken Heer von Thrakern, Makedoniern und anderen Truppen der westlichen Themen im Jahre 850 einen förmlichen Kriegszug nach Altgriechenland unternehmen. Dort unterwarf er alle Slavenkantone mit Ausnahme der Ezeriten und Melinger am Taygetos, welche zwar tributbar wurden, jedoch in ihrem unzugänglichen Berglande zu trotzen fortfuhren, so daß sie sich noch mehrmals empörten.Konst. Porphyr., De adm. imp., c. 50, p. 221ff. Diese beiden Stämme saßen nach ihm υπὸ τὴν Λακεδαιμονίαν καὶ τὸ ‛Έλος, zu beiden Seiten des Taygetos. Helos nahm den Namen Ezéro an und war die Hauptfestung der Ezeriten. L. Heuzey, Le Mont Olympe et l'Acarnanie, Paris 1860, bemerkt ein Nezéro oder Ezéro als See und Ort am thessalischen Unterolymp und hält das Wort für bulgarisch.

In den andern altgriechischen Provinzen war aber doch das Slaventum niedergeworfen, die Autorität der kaiserlichen Regierung hergestellt und ein gesetzmäßiger Zustand geschaffen worden. Manche durch Handel lebhafte Städte, vor allem Patras, blühten wieder auf. Wir haben Berichte von den Reichtümern einer vornehmen Matrone Danielis in jener Seestadt, welche an die Märchen aus Tausend und einer Nacht erinnern und nicht erfunden sind. Der Umfang der Güter dieser Witwe eines Archonten kann als der schlagendste Beweis dafür dienen, daß der große Grundbesitz auch in Griechenland an mächtige Familien gekommen war, die über Massen von hörigen Bauern und Sklaven geboten, von denen nicht wenige slavischer Abkunft sein mochten. In den Fabriken der Danielis wurden die kostbarsten Gewänder gefertigt und vielleicht auch Prachtgefäße in Silber und Gold.

Die reiche Frau gründete das Glück Basileios' I., des Stifters der makedonischen Dynastie, welcher als Stallmeister eines byzantinischen Großen zur Zeit des Kaisers Theophilos nach Patras gekommen war, dort erkrankte und im Hause der Danielis sorgsame Pflege fand. Als Mörder Michaels III. bestieg er, ein Mann, schön und stark wie Herkules, den Kaiserthron. Er rief seine Wohltäterin zu sich, und diese legte die weite Reise nach dem Bosporos wie eine Zenobia zurück, in einer Sänfte ruhend, von einem stattlichen Gefolge begleitet, während lange Lastzüge die Geschenke trugen, die sie dem Kaiser mitbrachte: herrliche Geräte jeder Art, Teppiche, Gewänder, deren manche so fein waren, daß sie sich in einem Rohre bergen ließen. Sie schenkte dem Kaiser Hunderte von schönen Sklaven und Eunuchen, auch hundert Künstlerinnen in der Stickerei.Theophanes, Contin., lib. V, p. 318, nennt diese γυναι̃κος σκιάστριαι. Obwohl Pariser (Hist. de la Soie II, p. 29) und nach ihm Heyd (Gesch. d. Levantehandels I, S. 62) Recht haben, zu behaupten, daß Theophanes nur von linnenen Gewändern redet, so kann doch Danielis auch Fabriken in Seide besessen haben. Von ihr erzählen auch Kedrenos II, p. 236, Zonaras XVI, p. 10. Basileios nahm die Matrone fürstlich im Palast Magnaura auf. Sie kam noch einmal nach Byzanz, um seinen Sohn Leon VI. zu besuchen, welcher ihm im Jahre 887 auf dem Throne gefolgt war, und sie setzte diesen zum Erben aller ihrer Güter ein. Das Inventar ergab ein erstaunliches Vermögen an Geld, Kostbarkeiten und Ländereien, so daß der Kaiser 3000 Sklaven der Danielis freilassen konnte, um sie als Kolonisten nach Apulien zu verpflanzen. Die Geschichte der reichen Frau lehrt, daß die besitzende Klasse in Griechenland im 9. Jahrhundert zu großem Wohlstande gekommen war, und dieser konnte nicht auf Patras allein beschränkt sein.

Wie sich dort, in der damals vielleicht lebhaftesten Handelsstadt des Peloponnes, das Griechentum zu neuer Kraft erhob, so geschah es auch in allen andern althellenischen Landschaften. Die einheimische Nation war von den Slaven keineswegs vernichtet worden; sie hatte sich in den festen Städten immer behauptet und erstarkte im 9. Jahrhundert, während das fremde Element verfiel. Zu dessen Zersetzung konnte die Einführung von byzantinischen Soldatenkolonien so gut wirksam sein als die im Reich hergebrachte asiatische Maßregel der Verpflanzung ganzer Volksmassen von einem Lande in das andre. Theophanes verwünschte es als einen Akt fluchwürdiger Barbarei, daß der Kaiser Nikephoros griechische Kolonisten in Sklabinien ansiedelte.Theophan., p. 755: χριστιανοὺς αποικίας εκ παντὸς θέματος επὶ τὴν Σκλαβινίαν γένεσθαι προσέταξεν. Wenn auch unter Sklabinien wesentlich Makedonien und Thrakien zu verstehen sind, so konnte dieselbe Maßregel doch auch in Griechenland ausgeführt, und von dort konnten slavische Massen nach andern Provinzen versetzt werden.

Die byzantinische Militärgewalt und das griechische Gesetzbuch zerstörten den schwachen Organismus der Slavenstämme, und eine noch stärkere Wirkung ging von der christlichen Mission aus. Die orthodoxe Kirche erwarb sich noch in so später Zeit das Verdienst, die große slavische Welt kulturfähig zu machen. Die Skythen verdankten Byzanz die ersten Kenntnisse und Bedürfnisse des Luxus, welche Völker über den rohen Naturzustand erheben; sie empfingen zugleich aus den Schatzkammern der hellenischen Bildung Keime der Wissenschaft, selbst das Alphabet für ihre Nationalsprache. Auch die politische Schöpfung von Staaten wie Serbien, Kroatien, Bulgarien war ohne Byzanz nicht möglich. Rußland, dessen staatliche Keime die normannischen Waräger in der zweiten Hälfte des 9. Jahrhunderts gepflanzt hatten, ist zum Teil das Werk des in der griechischen Kirche fortwirkenden Kulturgedankens. Nachdem die Russen seit dem Jahre 864 bis ins 10. Jahrhundert mehrmals versucht hatten, mit den Flottenschwärmen ihrer unbeholfenen Kähne vom schwarzen Meere aus die große Weltstadt anzugreifen, standen sie von diesen fruchtlosen Unternehmungen ab. Die greise Fürstin Olga nahm im Jahre 956 die christliche Taufe in Konstantinopel; ihr Enkel Wladimir folgte ihrem Beispiel im Jahre 988 und vermählte sich mit der Prinzessin Anna, der Tochter des Kaisers Romanos II. Sogar die ältesten Kunden der Ethnographie und Geschichte der Russen wie der südlichen Slaven stammen zum Teil von den Byzantinern her. Ihre Anfänge würden ohne die Schrift ›De administrando imperio‹ eines gelehrten griechischen Kaisers für uns dunkel geblieben sein.

Die Slaven von der Donau herab bis zum Kap Tänaron waren alle Heiden. Auf den antiken Kultusstätten der Götter Griechenlands verehrten sie die dunklen Wesen ihrer Naturreligion. Erst in der Zeit, wo nach der Überwindung des durch den Bilderstreit hervorgebrachten Zwiespalts die orientalische Kirche neu erstarkt war, konnte sie an die slavische Mission denken. Ihre Apostel waren zwei Brüder aus Thessalonike, Methodios und Kyrillos. Diese großen Heiligen bekehrten die Bulgaren zum Christentum. Der Khan Bogoris zwang seinem Adel und Volk das Evangelium mit dem Säbel auf, nachdem er selbst im Jahre 861 die Taufe empfangen hatte.

Die slavischen Völker des ganzen Gebietes des Haimos und des Ister bis zu den Grenzen des heutigen Niederösterreich, die Serben, Bulgaren, Mähren, Kroaten wurden in den Verband der griechischen oder der römischen Kirche aufgenommen und für die europäische Gesittung gewonnen. Die christliche Religion konnte freilich nicht die Raublust barbarischer Häuptlinge in Menschenliebe verwandeln, doch die kirchlichen Fesseln nötigten sie zur Anerkennung derselben geistlichen Autorität, welche bei den Kulturvölkern Geltung hatte, und sie machten dieselben fähiger für friedliche Verbindung mit den Nachbarn. Slavische Stämme, die noch Heiden blieben, mußten fürchten, ihren früheren Anhalt an mächtigen Völkern ihrer Rasse zu verlieren. Die Bekehrung des wilden Bulgarenvolks, welches ehedem der natürliche Verbündete aller Feinde der byzantinischen Reichsgewalt und Kirche war, mußte auch auf die Slavinen in Griechenland Eindruck machen und diese überreden, ihrem Beispiele zu folgen. Der byzantinische Steuereinnehmer, der Stratege, Turmarch und Dikastes in den beiden Themen Altgriechenlands wurden alsbald vom Missionsprediger, vom Eremiten und Priester unterstützt. Ein Netz neu gegründeter Klöster und Kirchen breitete sich über die griechischen Provinzen aus, zusammengehalten von den Metropolen und Bistümern, deren Wirksamkeit seit dem 9. Jahrhundert sehr groß wurde.Ein Beispiel davon liefert das Leben des hl. Athanasios, Bischofs von Mothone, der ein vor den Sarazenen aus Catania geflüchteter sizilianischer Grieche war. Acta SS. Jan. II, p. 1128ff.

Derselbe Zug der Mystik und Askese, welcher damals die Gesellschaft des Abendlandes ergriffen hatte, die Stiftung des Ordens von Cluny herbeiführte und das Zeitalter der Kreuzzüge wie der päpstlichen Weltherrschaft ankündigte, ist auch im byzantinischen Osten bemerkbar, und hier war dieser Trieb zum Teil die Wirkung der Reaktion der morgenländischen Kirche nach ihren im Bilderstreit erlittenen Verfolgungen. Sie selbst zog aus der Renaissance des Klosterwesens nicht den Gewinn, welcher der römischen Kirche daraus erwuchs, da sie es nicht, wie diese, verstand, das Mönchtum zu organisieren und zu einer die Gesellschaft umbildenden Kraft in ihrem Dienste zu gestalten. Die byzantinischen Klosterstiftungen blieben ohne sittlich reformatorische Grundlage und ohne festen Zusammenhang mit dem Mittelpunkt der kirchlichen Hierarchie. Sie mehrten sich übrigens in so erschreckender Weise, daß Griechenland wie alle andern Provinzen des Reichs mit Schwärmen von Mönchen bedeckt wurde, die ihre größte und niemals ausgerottete Plage blieben. Die Klöster bemächtigten sich der besten Landgüter durch Schenkung und Erschleichung, verderbten die Sitten des Volkes, erstickten die Vaterlandsliebe und entzogen dem Staat einen großen Teil der Männerkraft. Im 10. Jahrhundert versuchte ein erleuchteter Kaiser, Nikephoros Phokas, diesem Unwesen Einhalt zu tun, indem er die Vermehrung der Kirchengüter und der Klöster verbot, doch das fruchtete nichts .Spangenberg, Constit. imp., p. 777, nov. 3 u. 4 jenes Kaisers.

Es haben sich hie und da Kunden von Klosterstiftungen in Hellas und von berühmten Heiligen erhalten. So wurde im Jahre 874 in den Ruinen von Orchomenos in Böotien die Klosterkirche St. Peter und Paul von einem Protospatar Leon erbaut.Schliemann, Orchomenos, S. 48. In Attika sind in derselben Zeit wahrscheinlich manche der Zönobien auf dem Hymettos und Pentelikon gegründet oder erneuert worden. Um die Mitte des 10. Jahrhunderts entstand im Lande Phokis das berühmte Kloster des heiligen Lukas des Jüngeren.

Dieser Thaumaturg stammte von Ägineten ab. Sarazenische Seeräuber aus Kreta überfielen das Eiland, dessen Volk sich nach Athen und Theben, dem Peloponnes und andern Orten flüchtete. Die Großeltern des Lukas retteten sich nach Kastoria in Makedonien. Dort wurde der Heilige am Ende des 9. Jahrhunderts geboren. Mystischen Neigungen folgend, entwich er aus seinem Elternhause; Mönche, die von einer Wallfahrt aus Rom gekommen und bei seiner Mutter eingekehrt waren, begleitete er heimlich nach Athen. Dort betete er mit ihnen in der Parthenonkirche, und sie empfahlen ihn, weiterziehend, dem Higumenos eines athenischen Klosters, welcher ihn in den Orden der Basilianer aufnahm. Allein von seiner Mutter Euphrosyne zurückgefordert, mußte Lukas Athen verlassen und heimkehren. Sie starb, und der junge Schwärmer wählte hierauf den einsamen Berg Joannitsa am Meeresstrande von Phokis zu seinem Aufenthalt als Eremit. Sieben Jahre blieb er dort, bis ihn ein furchtbarer Raubzug der Bulgaren, welche der gewaltige Zar Simeon beherrschte, zur Flucht nötigte. Lukas wanderte nach Korinth und weiter in das Gebiet von Patras, wo er zehn Jahre lang einem Säulenheiligen diente. Nach dem Tode des Bulgarenfürsten im Jahr 927 und der Thronbesteigung von dessen friedliebendem Sohne Petrus kehrte er in seine Einsiedelei Joannitsa zurück. Ein räuberischer Einbruch von Sarazenen in Hellas trieb den Eremiten zu neuer Flucht auf das Eiland Ampelos.Die Vita nennt diese Korsaren uneigentlich Türken: του̃ εθνου̃ς τω̃ν Τούρκων τὴν ‛Ελλάδα κατατρεχόντων. So schrecklich war diese Invasion der Ungläubigen, daß die hellenischen Flüchtlinge daran verzweifelten, jemals ihr Vaterland von dem Feinde verlassen zu sehen, und daran dachten, nach dem Peloponnes zu ziehen; aber der Heilige tröstete sie und hielt sie von ihrem Vorsatze zurück. Nach einiger Zeit begab er sich nach Sotirion in Phokis, wo er seine Zelle aufschlug und sich andere Einsiedler, seine Gefährten, niederließen. Dort starb Lukas, als der größte Heilige und Wundertäter seiner Zeit verehrt, im Jahre 946, »der Sproß von Hellas, sein Schmuck und Ruhmeskranz«, wie ihn sein zeitgenössischer Biograph genannt hat. Seine Schüler bauten über seinem Grabe die Kirche von Hagia Barbara, die schon im Jahr 942 Krinites, der Stratege von Hellas, auf die Bitten des Eremiten begonnen hatte. Sie gründeten dazu ein Kloster, und so entstand die berühmte Abtei des heiligen Lukas von Sotirion oder Stiris, welche im 11. Jahrhundert zu einer der schönsten byzantinischen Kirchen Griechenlands umgestaltet und mit glänzenden Mosaiken verziert wurde.Charles Diehl, L'église et les mosaïques du Couvent de S. Luc en Phocide (Bibl. des écoles françaises d'Athènes et de Rome, fasc. 55, Paris 1889). Das merkwürdige Leben des Heiligen schrieb einer seiner Schüler; Acta Sanctor., Febr. II, fol. 83ff. Griechischer Text als Auszug im Bd. CXI der ›Patrol. gr.‹ des Migne, p. 442ff. Die neueste Ausgabe besorgte auf Kosten des Klosters S. Lukas Kremos, Προσκυνητάριον τη̃ς εν τη̃ Φωκίδι μονη̃ς του̃ οσίου Λου̃κα, Athen 1874. – Siehe auch Hopf I, S. 134ff.

Die kirchliche Mission in Griechenland wurde mit besonderem Eifer betrieben, seitdem die makedonische Dynastie unter Basileios I., dem Sohne eines slavischen Bauern, im Jahre 867 den Thron des Reichs bestiegen hatte. Sie behauptete denselben, einige Unterbrechungen ausgenommen, fast zwei Jahrhunderte lang. Ihr entstammten Herrscher, die sich durch staatsmännische Klugheit, kriegerische Kraft und Pflege der Wissenschaften auszeichneten, so daß das oströmische Reich die ihm durch die Araber und Slaven zugefügten Verluste wiederherstellen konnte und in eine neue Epoche des Glanzes und der Macht eintrat. Das Griechentum erlangte nochmals die Herrschaft in manchen ehedem verlorenen Provinzen; selbst in den Inseln Kreta und Zypern und einem Teile Kleinasiens wurde es hergestellt.

In Hellas und dem Peloponnes begegnen wir in der zweiten Hälfte des 10. Jahrhunderts wieder einem heiligen Missionar, welcher dem Lukas von Sotirion ähnlich, aber an Tatkraft weit überlegen war. Der große Predigerapostel Nikon, ein Armenier, fand dort ein weites Feld für seine Tätigkeit. Er wirkte zuerst auf dem den Arabern wieder entrissenen Kreta, dann in Attika und dem Peloponnes, nicht nur um den Heiden, sondern auch den unbußfertigen griechischen Christen zu predigen. Sein Biograph, welcher freilich erst im 12. Jahrhundert schrieb und hie und da eine wissenschaftlich vermittelte Kenntnis des Altertums kundgibt, erzählt, daß Nikon von Damala, dem alten Epidauros, nach Salamis schiffte, welches er ganz verödet fand, und von dort nach Athen, »der Stadt des Kekrops«, hinüberfuhr, »wo der herrliche Tempel der Gottesmutter steht«. Hier habe er die Athener durch seine Predigten wie mit Sirenengesang bestrickt.Vita S. Niconis, Martene et Durand VI, p. 838ff.: »Quare a navale urbis, ubi praeclarum Dei matris templum situm est, proficiscens poenitentiamque intonans...« So die Übersetzung Sirmonds, welche fehlerhaft ist; der Tempel der Gottesmutter hat nichts mit dem Piräus zu tun. Der Biograph war ein Lakedämonier, Abt des Klosters St. Nikon in Sparta, und schrieb 1142.

Nikon zog nach Euböa, wanderte weiter nach dem »siebentorigen kadmeischen Theben«, nach Korinth, Argos, Nauplia, nach Amyklai und Lakedaimon oder Sparta. Hier nahm er seinen Sitz und fand daselbst, was bemerkenswert ist, einen Athener Theopemptos als Bischof vor. Sparta wird in dieser Legende als eine ansehnliche Stadt geschildert, wo es einen mächtigen Archontenadel und auch eine betriebsame Kolonie von Juden gab, während italienische Kaufleute aus Aquileja, d. h. Venedig, daselbst Handel trieben. Der Heilige gründete dort ein Kloster mit einer so schönen Kirche, daß sein Biograph versicherte, ihr Schmuck an Marmor und Malerei sei allen Werken des Phidias, Zeuxis und Polygnot gleich zu achten. Nikon hatte in Sparta genug zu tun, nicht nur um die ihm besonders verhaßten Juden auszutreiben, die Slavenstämme der Melingen und Ezeriten am Taygetos, welche ein Dux Antiochos regierte, zu bekehren, sondern auch um die letzten Spuren des antiken Heidentums in dem Berglande des südlichen Lakonien, der Maina, auszurotten. Die Mainoten waren, wie Konstantin Porphyrogennetos bemerkt, nicht Slaven, sondern Abkömmlinge der alten Griechen; doch mußten sie stark mit slavischen Elementen gemischt sein.εκ τω̃ν παλαιοτέρων Ρωμαίων: De adm. Imp., c. 50, p. 224. Schafarik, Slav. Altert. II, S. 229, hält sie für ein slav.-griech. Mischvolk. Zur Zeit Nikons bedrohten die Bulgaren Griechenland; der Stratege Basileios Apokaukos bewachte deshalb von Korinth aus den Isthmos; der Heilige aber versicherte ihn, daß seine Furcht vor jenen Barbaren grundlos sei.


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