Johann Wolfgang von Goethe
Briefe an Charlotte Stein, Bd. 2
Johann Wolfgang von Goethe

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1690

[Dienstag 4. März]

Vom Donnerstag auf den Freytag habe ich mehr als billig ist gelitten und habe mich noch nicht ganz wieder zusammen gefunden. Ich wage nicht meinen verehrten Besuch auf Morgen Mittwoch einzuladen. Entschuldigen Sie mich, bedauren Sie mich.

Dienstag.

G.

1691

[Donnerstag 6. März]

Mit Übersendung unendlicher Miscellen dancke ich herzlich für Antheil und Anfrage. Die Erhohlung vom Übel ist selbst eine traurige Sache, wenn sie nur ein Acheminement zu neuen Übeln zu seyn scheint. Ehstens komme ich angeschlichen.

G.

1692

[Karlsbad, Montag 21. Juli]

Montag den 21. Julius 1806.

Ihren lieben Brief, verehrte Freundinn, hab' ich spät erhalten und eile dagegen einiges zu erwiedern. Mit meinem Befinden geht es recht gut. Ich habe mich ohne Arzney, blos durch Trinken und Baden, bis jetzt hingebracht und keine Erneuerung meiner Übel erlebt. Wir wollen die Cur noch vierzehn Tage fortsetzen und dann nach Jena zurückkehren. Die Anzahl der Badegäste hat sich seit vierzehn Tagen sehr vermehrt. Die Liste geht bis auf 650. Unter die letzten Ankömmlinge gehört eine schöne Fürstinn Nariskin, welche zum Beweise dient, daß Alexander der Erste keinen üblen Geschmack hat. Die Fürstinn Solms ist schon länger hier und immer sehr anmuthig und freundlich. Der Landgraf Carl von Hessen, Fürst Reuß und andre vorzüglichere Männer minderen Standes sind gesprächig und unterhaltend und ich habe schon manche Bekanntschaft gemacht. Graf Löpel hat ein Portefeuil bey sich von schönen und bedeutenden Kupfern. Die Gegend ist die alte, nur ist sie viel genießbarer gemacht durch köstliche Wege zum Fahren und Gehen. Man kommt ziemlich bequem auf den meisten Höhen und Felsen herum. Daß wieder viel Steine geklopft worden sind, und daß eine ziemliche Parthie eingepackt und fortgeschafft wird, können Sie leicht denken. Ich wünsche Sie gesund wieder zu finden: denn mein Vorsatz, die Mittwoche die Geologie vorzutragen ist in diesen Gegenden nur bestärkt worden. Es that mir sehr leid Sie die letzte Zeit nicht bey uns zu sehen. Empfehlen Sie mich Durchlaucht der Herzoginn und dem jungen Paare zu Gnaden. Für Prinzeß Caroline bringe ich ein Duzzend landschaftlicher Skizzen mit und empfehle mich ihr zum voraus zu Gnaden. Gedenken Sie mein bey den Freundinnen und erhalten sich gesund.

G.

1693

In den Tagen wo wir selbst Miscellen genug erleben, sende 3 Hefte engl. Misc. mit dem Wunsch daß sich manches unterhaltende darin befinden möge.

G.

1694

[Dezember]

Donatoa

wartet auf mit Bitte eine Lücke in Ihrer Bibliotheck damit auszufüllen.

G.

1695

[Ende März 1807]

Die Farbenlehre sende ich gleich zurück, es war mir sehr angenehm an dem Zeichen zu sehen wie weit Sie durchgedrungen.

Mittwoch nach Ostern meinen verehrten und geliebten Besuch zu empfangen will ich mich bestens vorbereiten. Ich hoffe Humboldts Tropenländer vorstellen zu können.

G.

1696

[Sonnabend 18. April]

Das Fallen des Barometers hat sich auch an meinem Unglauben gerächt indem es mir ein großes Übel angedeutet hat. Von Vorgestern auf gestern hatte ich einen Anfall so heftig als je. Es war in der letzten Zeit so viel zusammengekommen und ich hatte mich nicht geschont. Danck für das Übersendete. Es kommt eben recht.

G.

1697

[Montag 20. April]

Für das mitgetheilte Lustspiel danke zum schönsten. Es hat mir sehr viel Vergnügen gemacht und wird uns Gelegenheit zu mancher Unterhaltung geben.

Wenn beyliegender Roman noch nicht in Kochberg gewesen ist, so haben Sie die Güte ihn mit meinen Empfehlungen hinzusenden.

Dießmal hat mich mein Übel sehr hart behandelt. Ich habe es aber offenbar durch Verwegenheit herbeigelockt, indem ich mich die letzten 8 Tage gar nicht schonte und sehr vieles zusammenkam. Der Arzt verbietet mir die angenehme Gesellschaft Mittwochs bey mir zu sehen. Mögen Sie es wohl, mit meinem Bedauern, Durchlaucht der Herzoginn anzeigen. Doch hoffe ich bald eine fröhliche Zusammenkunft.

Weimar den 20. April 1807.

G.

1698

[Jena, Sonntag 24. Mai]

Die Gegenwart des lieben Breslauer Freundes hat uns allen sehr viel Freude gemacht, und der Wunsch ihn länger hier zu behalten ist allgemein geblieben. Er hat mich durch sein gutes, natürliches, festes, verständiges und heiteres Wesen gar sehr erquickt und mir aufs neue gezeigt, daß die Welt nur ist, wie man sie nimmt; sie aber mit Heiterkeit, Muth und Hoffnung aufzunehmen, auch wenn sie sich widerlich zeigt, ist ein Vorrecht der Jugend, das wir ihr wohl gönnen müssen, weil wir es auch einmal genossen haben.

Ich finde mich zwar wohl, aber in Jena nicht behaglich. Der Unterschied gegen vorige Zeiten ist gar zu groß, das Alte ist vergangen und das Neue ist noch nicht worden. Doch regt sich so manches, das in einigen Jahren wohl erfreulich werden kann. Die Gegend ist übrigens, bey diesem schönen Wetter, himmlisch wie immer und die Fruchtbarkeit dieses Jahres recht auffallend.

Ein Brief der Frau von Sartoris, der mich eben hier noch erwischt und den ich beylege, veranlasst mich zu einem Promemoria, das ich gleichfalls beylege und Sie ersuche, es mit ein paar Worten begleitet, nach Berlin zu schicken. Vielleicht bringen Sie es mit einer Depeche an unsern Müller fort, weshalb der Brief nur an Geheimerath Voigt zu geben wäre. Denn auf der Post werden die Briefe dorthin gegenwärtig ganz über die Gebühr aufgehalten. Verzeihen Sie diese kleine Bemühung: es betrifft ja das Andenken eines Mannes, der Ihnen auch werth geworden.

Grüßen Sie Ihre lieben Kinder bestens und gedenken Sie mein, indem ich von den heißen Quellen manches Gute hoffe.

Jena den 24. May 1807.

G.

1699

[Karlsbad, Sonntag 14. Juni]

Nachdem ich mich schon einige Wochen in Carlsbad befinde entschließe ich mich auch Ihnen verehrte Freundinn zu sagen, daß ich mich ganz leidlich befinde, wenigstens um vieles besser als kurz vor meiner Abreise in Weimar und Jena. Freylich muß bey einer solchen völligen Umkehrung der Lebensweise irgend ein Effect hervorgebracht werden, ob der aber im Ganzen heilsam sey und gute Folgen haben werde, das ist ungewiß, und wir wollen also mit dem Augenblick zufrieden seyn.

Unserm Fürsten bekommt die Cur auch ganz wohl, und Er hat wirklich einiges Zutrauen zu dem Wasser gefaßt, weshalb er wohl länger bleiben wird als er sich anfangs vorgesetzt hatte. Die Gesellschaft vergrößert sich nach und nach, wodurch aber meine Art zu seyn wenig verändert wird: denn ich lebe nach herkömmlicher Sitte meist allein, und habe wenig Verkehr mit der übrigen Welt.

Einen sehr interessanten Mann habe ich an dem Residenten Reinhard gefunden. Sie werden sich erinnern, daß er früher in Hamburg angestellt war, sich so lange in Paris aufhielt und zuletzt nach Jassy gesendet wurde, wo ihn die Russen, bey dem Ausbruch des letzten Krieges, mit Frau und Kindern gefangen nahmen, über den Dnieper, Bog und Dniester führten und zuletzt wieder los ließen; da er denn durch Polen und Gallizien wieder ins westliche Europa unter die Menschen zurückkehrte. Es ist ein sehr tüchtiger, erfahrner, teilnehmender Mann, mit dem ich sehr erfreuliche Unterhaltungen habe.

Durch ihn habe ich ein französisches Buch kennen lernen, woraus hiebey ein Auszug folgt, der Ihnen, hoff' ich, willkommen seyn wird. Haben Sie die Güte ihn unserer Durchlauchtigsten Herzoginn mitzutheilen und mich ihr zu Füßen zu legen. Mögen Sie mich Durchlaucht der Prinzeß auf das beste empfehlen und ihr sagen, dass das Stammbuch sich nach und nach füllt. Freylich ist manches Blättchen auch versudelt und nicht ganz erfreulich anzusehen.

Ich muß schließen, weil ich bis kurz vor dem Abgang der Post gezaudert habe. Empfehlen Sie mich unserm schlesischen Freunde und lassen mich gelegentlich von sich hören. Meine besten Wünsche begleiten diesen Brief.

Carlsbad den 14. Junius 1807.

Goethe.


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