Johann Wolfgang von Goethe
Briefe an Charlotte Stein, Bd. 2
Johann Wolfgang von Goethe

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1300

[Montag 18.Oktober abends und Dienstag 19.Oktober]

Wie theuer ist mir meine Gefälligkeit zu stehen kommen, wie viel glücklicher war ich als ich neulich in der Finsternis zu dir eilte, ieder beschweerliche Schritt brachte mich dir näher, anstatt daß die lange Tischsitzung mich aller Hoffnung beraubte dich noch zu sehn. Morgen soll es uns besser werden. Gute Nacht. l. Lotte.

Nun auch einen guten Morgen daß ich bey Zeiten mein Glück vernehme. Ich lade dich zum Essen ein. Knebel wird mit uns bleiben. Das übrige folgt. Lebe wohl geliebteste.

d. 19. Oktbr. 1784

G.

1301

[Mittwoch 20.Oktober]

Lebt noch tausendmal wohl liebe Lotte. Wie glücklich wäre ich gestern gewesen wenn du dich ganz wohl befunden hättest. Sage mir ob das Übel vorbey ist. Alle meine Freuden verreisen mit dir. Lebe wohl und komme ia bald zurück.

d. 20. Oktbr. 1784.

G.

1302

[Freitag 22. Oktober]

Ich kan dir nichts sagen als L. Lotte komm wieder. Es will mit mir in keinem Sinne fort.

Hier schick ich Obst, und bitte dich nicht zu freygebig damit zu seyn sondern es selbst zu essen, denn ich gebe dir's und sonst niemand. Lebe wohl. Schreibe mir ein Wort. Und wann du ohngefähr wiederkommst.

d. 22. Oktbr. 84.

G.

1303

[Montag 25. Oktober]

Erst Freytag kommt meine Lotte wieder, sie denckt es sey balde, und bedenckt wohl nicht daß heute Montag ist. Ich will recht fleisig seyn und vieles bey Seite schaffen, daß ich mich recht ihrer Gegenwart erfreuen kann. Freytag Abends sollst du Freunde bey mir finden.

Mir fehlt alles da du mir fehlst. Lebe wohl. Ich habe dir viel zu erzählen.

G.

1304

[Dienstag 26. Oltober]

Wie schweer werden mir die Tage zu überstehen da ich Abends auf dich nicht hoffen kann. Ich bin nicht fähig dir etwas zu schreiben, denn ohne dich habe ich selbst an meinen Lieblings Ideen keine Freude. Knebel geht morgen wieder weg, er hat nur einmal sich etwas von mir vorsagen lassen, das Steinreich lockt ihn nicht, er ist ein Freund des Menschlichen Wesens, und ich kan es ihm nicht verdencken.

Gestern Nacht ging ich nach der Comödie spazieren und wäre gern immer so fort nach dir hin gegangen, um dich mit Anbruch des Tags zu begrüsen. Ich zähle iede Stunde auf deine Rückkunft und bin wider willen fleisig um die Augenblicke zu tödten die mir ohne dich keine Freude bringen.

Vom Herzog ist Nachricht da daß er sich wohl befindet und noch einen weiten Umweeg nehmen wird um seiner Reise, von deren Absicht öffentlich gesprochen wird, einen Schein zu geben.

Fritz kam diesen Abend und bewog mich nach Oberweimar ins Laboratorium zu gehn, ich wäre sonst zu Hause geblieben, wir handelten allerley mit dem alten Docktor ab und kamen etwas feucht doch sehr vergnügt zu Hause an. Bey dieser Gelegenheit haben wir die chymischen Zeichen durchgegangen und Fritz hat sich eine Abschrifft davon gemacht. Er leistet mir Gesellschafft und so giebst du mir durch ihn auch abwesend Leben und Unterhaltung.

d. 26. Oktbr. 84.

1305

[Donnerstag 28. Oktober]

Es geht ein Bote und ich kann dir einen Morgengrus schicken. Es ist nicht gut daß du so lange aussenbleibst, ich habe Mutter und Vaterland um deintwillen zurückgesetzt und nun muß ich diese Tage allein zu bringen. Daraus kann nichts guts entstehen. Ohne dich ist mir das Leben nur eine Träumerey, und wenn ich dich missen sollte müsste ich eine völlige Umkehrung meines Haushaltes machen.

Komm ia bald Geliebteste. Und Lebe recht wohl.

d. 28. Oktbr. 1784.

G.

1306

[Freitag 29. Oktober]

Da ich höre daß meine Geliebte früh kommt habe ich mein Essen zu ihr bestellt.

Ich muß in's Conseil, so bald es vorbey ist bin ich bey dir. Wie freu ich mich deines Anblicks!

d. 29. Oktbr. 84.

G.

1307

[Sonnabend 30. Oktober]

Einen guten Morgen durch Fritzen. Ich hoffe auch etwas von dir zu hören, und werde mir wohl noch heute früh ein Geschäffte machen um auszugehen und dich zu sehn.

Möge doch unser ganzer Winter dem gestrigen Abend gleichen. Lebe recht wohl du innigst Geliebte.

d. 30. Oktbr. 84.

G.

1308

[Sonntag 31. Oktober]

Wie wird es heute werden? Hat meine Liebe sich bestimmt? Auf dein Wort wird meine Einrichtung gemacht werden. Ich habe noch gestern Abend und heute früh an Wilh. gedacht und geschrieben. Das liebe Phantom hilft mir sehr freundlich fort.

d. 31. Oktbr. 84.

G.

1309

[Montag 1. November]

Meine Lotte wird hoffe ich gesund und froh erwacht seyn und meiner gedencken.

Um Zwölfe komme ich und will von deiner Thüre wegfahren, erinnre Steinen daß er mir einen Wagen dahin bestellt.

Gestern habe ich auf dem Tische an dem ich radirte ein langes Zettelgen mit Zahlen liegen lassen, schicke es mir.

Adieu du Geliebteste.

d. 1. Nov. 84.

G.


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