Johann Wolfgang von Goethe
Briefe an Charlotte Stein, Bd. 2
Johann Wolfgang von Goethe

 << zurück weiter >> 

Anzeige. Gutenberg Edition 16. 2. vermehrte und verbesserte Auflage. Alle Werke aus dem Projekt Gutenberg-DE. Mit zusätzlichen E-Books. Eine einmalige Bibliothek. +++ Information und Bestellung in unserem Shop +++

1090

[Ostersonntag 20. April]

Diese Blumen sollen dir einen guten Morgen sagen. Es ist sehr schön, der Wind geht nur ein wenig. Wie lieblich wär' es wenn du heute bey mir essen und bleiben könntest. Der Hof nimmt alle Freude weg und giebt nie Freude.

Adieu beste ich will zu schreiben versuchen. Liebe mich.

Am Ostermorgen 1783.

G.

1091

[Ostermontag 21. April]

Hier schick ich meiner Lotte das Landschäfftgen um etwas glätter zurück. Meine beyden sind auch aufgeklebt und ängstigen mich weil ich fühle und sehe was ihnen fehlt und habe nicht Musse und Sammlung auf das bessere loszuarbeiten. Ich bin zur Tafel zur Herzoginn gebeten, und habe zugesagt. Ich mache mich bald los und hoffe noch gegen Abend gutes Wetter. Wo nicht, so bring ich dir die Kupfer in's Haus. Adieu tausendfach Geliebte.

d. 21. Apr. 83.

G.

1092

[Mittwoch 23. April]

Ich habe heute langes Conseil gehabt. Und an dich gedacht. Der leidige Tag läßt uns schöne hoffen. Ich will zur L. kommen. Lebe wohl, und fühle nur immer wie lieb ich dich habe.

d. 23. Apr. 83.

G.

1093

[Donnerstag 24. April]

Wieviel bin und werde ich dir schuldig du liebe Wohlthäterinn, und womit kann ich dir dancken? Ich bin wohl. Nur ist es ein sauer Stückgen Brodt wenn man drauf angenommen ist, die Disharmonie der Welt in Harmonie zu bringen. Das ganze Jahr sucht mich kein angenehmes Geschäfft auf und man wird von Noth und Ungeschick der Menschen immer hin und wieder gezogen, lebe wohl! Liebe mich. Laß mir die Hoffnung dich zu sehen. Klauer ist erinnert.

d. 24. Apr. 83.

G.

1094

[Sonnabend 26. April]

Sage mir meine Liebste wie sie sich befindet und ob ich Hoffnung habe diesen traurigen Tag vergnügt in der Stille mit ihr zuzubringen.

d. 26. Apr. 83.

G.

1095

[Sonntag 27. April]

Die Gesellschafft will in den Garten kommen und Abends in der Stadt bey mir essen. Ich hole dich ab. Stein kann zu uns kommen wenn das Spiel aus ist.

Wie befindet sich meine Liebste?

Mir ist wohl daß ich dir so nah bin. Morgen wenn es schön ist geh ich auf Jena bin aber Abends wieder da. Adieu du einziges.

d. 27. Apr. 83.

G.

1096

[Donnerstag 1. Mai?]

Die S[chrötern] hat das Salve Regina von Pergolese recht schön gesungen, meine Gedancken waren indessen bey dir.

Wie die Musick nichts ist ohne menschliche Stimme, so wäre mein Leben nichts ohne deine Liebe.

Gute Nacht. Morgen fangen wir wieder einen Tag zusammen an. Wenn du nach Belvedere gehst, bleib ich stille für mich Sage mir auch noch ein Wort. Adieu tausendmal.

G.

1097

[Sonntag 4. Mai]

Wie sehr verlangt mich dich wieder zu sehn. Ich reite zu der Unglücklichen nach T[annrode] sie schrieb mir gestern beyliegenden Brief. Das arme Geschöpf wußte nicht was es für eine mächtige Anrufung ist, mich im Nahmen de tout ce que j'ai de plus cher zu bitten. Die Art womit du mir gestern Abend sagtest du habest mir eine Geschichte zu erzählen ängstigte mich einen Augenblick. Ich fürchtete es sey etwas bezüglich auf unsre Liebe, und ich weis nicht warum, seit einiger Zeit bin ich in Sorgen. Wie wundersam wenn des Menschen ganzes schweeres Glück an so einem einzigen Faden hängt. Adieu bleibe mir.

W. d. 4. May 83.

G.

1098

[Sonntag 11. Mai]

Es rührt und regt sich schon wieder alles um mich und der Sonntag ist kein Tag der Ruhe. Ich bin glücklich in deiner Liebe, und meine Seele fröhliger als gestern Abend. Behalte mir deine Sorgfalt, deine Theilnehmung. Ich bin zu Tafel geladen und gehe hin. Werthers mach ich Visite und bin dan bey dir.

d. 11. May 83.

G.

1099

[Donnerstag 15. Mai]

Ich frage wie m. L. geschlafen hat und sich befindet? Was ihr Tag heute für eine Wendung nehmen wird und ob sie heute Abend wenn es schön wird meinen Garten besuchen und daselbst Musick hören will. Adieu beste, und laß mich dein seyn.

d. 15. May 83.

G.


 << zurück weiter >>