Johann Wolfgang von Goethe
Briefe an Charlotte Stein, Bd. 2
Johann Wolfgang von Goethe

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1160

[Sonntag 2. November?]

In der Stille denck ich an dich und fühle die Nothwendigkeit deiner Liebe für mich wie in deiner Nähe. An Hof kann ich nicht gehn. Um halb fünfe will ich zu dir kommen bis dahin stille und fleisig für mich seyn. Lebe wohl. Ich bin ganz dein. Fahre fort mich glücklich zu machen.

G.

1161

[Montag 3. November]

Ich befinde mich ganz wohl auf, und hoffe auf heute Abend, hier ist das geseegnete Amulet wieder mit tausend Danck.

Die Werthern hat mir ein Briefgen geschrieben das völlig in ihrer Art ist. Du sollst es sehen. Liebe mich mit deiner Liebe, die dir ganz eigen ist und Lebe wohl. Schreibe mir wann du kommst.

d. 3. Nov. 83.

G.

1162

[Mittwoch 5. November]

Fritz bringt einen guten Morgen und ich möchte garzugerne recht viel von meiner Geliebten hören, der ich so einzig gehöre und mit Leib und Seele zugethan bin. Adieu.

d. 5. Nov. 83.

G.

1163

[Sonnabend 8. November]

Meinem Lottgen muß ich zur Neuen Epoche guten Morgen sagen. Noch nie hab ich sie so angefangen. Möge es uns täglich wohler und ich dir täglich lieber werden, und wir recht lange so bleiben.

d. 8. Nov. 83.

G.

1164

[Sonntag 9. November]

Deine freundliche Zusprache gestern Abend hat mich bewogen heute früh am Wilh[elm] zu schreiben und ich hoffe heute das vierte Buch zu endigen und gleich das fünfte anzufangen. Am vierten schreibe ich akkurat ein Jahr seit d. 12 Nov 82 wie ich angemerckt habe. Ausserdem stehen noch Kasten und Ackten Päcke um mich her. Wenn ich dich nicht aufsuche habe ich nichts auszugehn. Gegen 8 Uhr komm ich auf alle Fälle. Unter der Cour Zeit werd ich wohl Herdern besuchen. Der Moostranck schmeckt so bitter daß ich endl. einen Begriff von dieser Geschmacks Eigenschafft habe. Adieu du geliebteste.

d. 9. Nov. 83.

G.

1165

[Mittwoch 12. November]

Ich bin recht wohl und freue mich deines Wohlseyns, und daß du gestern Abend vergnügt warst. Zur Herzoginn geh ich nicht, was soll mir der Zeitverderb. Vielleicht gehe ich ein wenig in die freye Lufft und besuche dich. Diesen Abend bin ich bey dir lebe wohl du immer meine.

d. 12. Nov. 83.

G.

Heute ists ein Jahr daß ich das vierte Buch Wilh[elm] M[eister] angefangen habe und heute endige ich es. Adieu.

1166

Bitte inliegendes niemanden zu zeigen als Steinen.

1167

[Sonntag 16. November]

Meine erste Gedancken schicke ich wie gewöhnl. meiner Geliebten zu und wünsche ihr einen guten Morgen. Ich will heute allerley über Seite bringen und dann mit dir meinen glücklichen Tag beschliesen.

d. 16. Nov. 83.

G.

1168

[Montag 17. November]

Meiner l. Lotte sage ich durch das trübe Wetter den freundlichsten guten Morgen, versichre sie meiner ewigen Anhänglichkeit und bitte sie heute Abend für mich zu Hause zu seyn. Mittags bin ich zur Herzoginn Mutter geladen.

d. 17. Nov. 83.

G.

1169

[Mittwoch 19. November]

Meine Lotte sollte mir würcklich auf einige Zeit Urlaub geben und mich nicht immer enger und enger an sich ziehen und befestigen. Du beste ich habe dir mit iedem guten Morgen für den guten Abend zu dancken den du mir gemacht hast.

Schicke mir doch die Ode wieder ich will sie in's Tiefurter Journal geben du kannst sie immer wieder haben. Was sagst du zu der wunderbaren Schrifft die ich dir gestern hinterlies? Sollte man dencken daß so etwas existirte. Lebe wohl, liebe mich und bleibe mein.

d. 19. Nov. 83.

G.


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