Anzeige. Gutenberg Edition 16. Alle Werke aus dem Projekt Gutenberg-DE. Mit zusätzlichen E-Books. Eine einmalige Bibliothek. +++ Information und Bestellung in unserem Shop +++
Ideo utile est scire, unumquemque, quid et quando maxime caveat.
Corn. Celsus de medicina, Lib II. praef.
Seitdem Amerika, und die Fahrt nach Ostindien um das Vorgebirge der guten Hofnung, entdeckt, mithin zu langwierigen Seereisen mehr Anlaß als sonst vorhanden war, seitdem hörte man auch überall Klage, daß eine lange Anwesenheit zur See unzählig viel Leute wegraffe. Dieser neue Tribut, den der Tod mit unerbittlicher Strenge forderte, fiel zunächst der Handlung, weiterhin aber auch dem Staate sehr empfindlich, weil dieser, vornehmlich beym Ausbruch eines Krieges, sich so vieler gesunden jungen Seeleute, beraubt sahe. Zwar versuchten die einsichtsvollsten Männer, früh genug, die Quellen dieses Nebels zu erforschen, und ihre dagegen ersonnene Mittel den künftigen Seefahrern zum Gebrauch und zur Prüfung zu empfehlen, und fast alle große handelnde Staaten setzten Belohnungen darauf aus, aber lange blieben alle Bemühungen, dem Uebel Einhalt zu thun, vergebens. Der brittischen Nation, die unter allen Seemächten am mehresten Versuche hierüber anstellte, war es endlich vorbehalten, die wirksamsten und glücklichsten Gegenmittel ausfindig zu machen. Die Regierung, gelehrte Gesellschaften und einzelne Privatmänner arbeiteten gemeinschaftlich daran, einen so wohlthätigen Endzweck zu erreichen, und wie vollständig dies geschah, das beweiset die Geschichte der neuesten Entdeckungs-Reisen, welche unter dem Schutze des Königs, nach einem einsichtsvollen Plane, unternommen, mit der dem Volke eigenthümlichen Freygebigkeit unterstützt, und mit unermüdeter, anhaltender Anstrengung der Geisteskräfte so glücklich vollendet worden sind. Cook, der große, erfahrne Seemann, hat seine Methode die Gesundheit des Schiffsvolkes zu erhalten, nebst dem Erfolg derselben, in einer eigenen Schrift öffentlich bekannt gemacht, und die Königl. Gesellschaft der Wissenschaften hat ihm dafür, zum Zeichen ihres Beyfalls, Sir Godfrey Copley's goldene Schaumünze, zuerkannt. Der (nunmehr verstorbne) gelehrte Präsident dieser Gesellschaft, Sir John Pringle, hat bey Gelegenheit dieser Preißschrift, über das Verfahren des Capitain Cook wichtige Erläuterungen mitgetheilt, und, auch dadurch, den Ruhm jenes großen Seefahrers vergrößert. Nach alle dem, was zwey in ihrer Art so berühmte Männer über diesen Gegenstand bereits gesagt haben, dürfte es folglich, beym ersten Anblick, überflüssig scheinen, daß auch ich mich noch in dieses Feld wage. Allein ich halte es für meine Pflicht, das, was ich selbst hievon beobachtet habe, nicht unangezeigt zu lassen. Es betrift theils den Gebrauch und die bessere Zubereitung antiseptischer Mittel und gründet sich auf genaue Untersuchungen; theils betrift es Winke, die, für die Folge, zu nützlichen Versuchen Anlaß geben können.
Das gewöhnlichste und zugleich das schrecklichste Uebel, welches auf langen Reisen unter dem Schiffsvolke wüthet, ist der See-Scharbock, der, nach den Beobachtungen des D. Macbride, und des Sir John Pringle, unter die faulen Krankheiten gehörtBillig muß ich hier erinnern, daß die englische Urschrift gegenwärtigen Werkes im Jahr 1777 verfertigt ward, folglich die seit der Zeit bekanntgewordenen Erfahrungen dabey nicht genutzt worden sind. Was demnach in der bisher so wandelbaren und unbestimmten Theorie der Luftarten, und der damit verwandten Gährung, neues, und auf den hier abgehandelten Gegenstand anwendbares, entdeckt worden ist, wird der medicinische Leser von selbst gehörigen Orts zu Rathe zu ziehen wissen. (Der Uebersetzer.). Einige Schriftsteller halten die Seeluft für eine mitwirkende Ursach dieser Krankheit; allein diese Behauptung ist unerweißlich, indem die Bewohner der Seeküsten, und kleiner ganz von Seeluft umschlossener Eilande, eben so gesund sind, als die mitten im Lande wohnen. Gesalzene Speisen hingegen tragen unstreitig vieles zur Ausbreitung dieser Krankheit auf den Schiffen bey; zumal, wenn sie durch die Länge der Zeit in der Salzlache gleichsam aufgelöst worden sind, wodurch der ganze Körper zur Fäulniß geneigter werden muß. Jedoch die Hauptquelle der im menschlichen Körper entstehenden Fäulniß hat man, meines Erachtens, bisher übersehen.
Das Blut der Thiere erhält, in den Lungen, eine beträchtliche Menge eines phlogistischen Zusatzes; denn, man nehme eine Quantität entzündbarer Luft (welche durch das Aufgießen einer schwachen Vitriolsäure auf Eisenfeile erhalten wird,) in eine Blase, ziehe solche mit dem Athem in die Lunge, und hauche sie wechselsweise wieder in dieselbe Blase, oder das enthaltende Gefäß: so wird die Luft, nach zwanzig bis 30 Ein- und Ausathmungen, nicht mehr entzündbar seyn, sondern, im Gegentheil, die Flamme eines brennenden Lichts auslöschen. Es folgt daraus, daß, in der Lunge, die entzündbare Luft ihr Phlogiston verliert, und folglich, daß letzteres vom Blute absorbirt wird. Der Versuch mit der gemeinen Luft, welche nach der Einathmung sowohl zur fernern Respiration, als zur Erhaltung der Flamme des Lichts unfähig wird, giebt Hrn. D. Priestley Anlaß zu folgern: »daß es die Bestimmmung der Lungen sey, die fauligten Ausflüsse, oder das Phlogiston, fortzuschaffen, welches mit den Speisen in die Nahrungssäfte und das Blut gekommen, und nun dort gleichsam seine Kraft zurückgelassen hat; die eingeathmete Luft aber diene hiebey statt des AuflösungsmittelsExperiments and observations on different Kinds of air, by Priestley.L.L.D. Vol.III.p.56. und in den Phil.Transact. Vol.LXI. part.I. p.226.. Er fügt hinzu: »Was er ehemals für eine Würkung der Respiration überhaupt angesehen habe, werde, seiner nunmehrigen Entdeckung zufolge, durch das Blut effektuirt, welches, in den Lungen, die Luft beinahe unmittelbar berührt; das Blut aber sey eine mit der wunderbaren Eigenschaft versehene Flüßigkeit, den Grundstof, den die Chemiker Phlogiston nennen, einzusaugen und wieder von sich zu geben.« Allein, das Experiment, was ich weiter oben angeführt habe, beweiset vielmehr daß das Blut, anstatt Phlogiston von sich zu geben, es vielmehr mit jeder Einathmung aus der Luft in sich zieht, und solchergestalt die gemeine atmosphärische Luft zerlegt,Gemeine Luft hält D. Priestley unwiedersprechlich für ein Gemisch von Salpetersäure und Erde. Vol.II. p.55. Herr Sage glaubt, sie bestehe aus Phosphorsäure, Phlogiston und Wasser. Elemens de Mineralogie docimastique, Vol.II. pag.377.378. welche aus Feuerluft oder (wie v. Priestley sie nennt,) dephlogistisirter Luft, und aus derjenigen Luftart besteht, in welcher Lichter auslöschen. Die Bestandtheile der Feuerluft aber, sind, wie ScheeleChemische Abhandlung über Luft und Feuer/ von Karl Wilhelm Scheele. 1777. 80. erwiesen hat, eine sehr feine Säure und ein Phlogision. Mit jeder Einathmung giebt daher die gemeine Luft ihren feurigern, reinern Theil, der eine beträchtliche Menge Phlogiston enthält; und das übrige, zur Respiration undienliche, bleibt zurückMan sieht leicht, daß es hier nur darauf ankömmt, zu bestimmen, was eigentlich Phlogiston ist. Was hier so genannt wird, und was D. Priestley darunter versteht, sind zwey ganz verschiedene Sachen. Beyde sind darinn einstimmig, daß nur der reinere Theil der Luft bey der Respiration, dient. Diesen zu zerlegen, hat bisher nur allein Herr Scheele, nach obiger Behauptung, gewagt.
G. F.. Die Feuerluft wirkt demnach wie ein Aether, oder eine versüßte Säure, oder als ein gelinder Stimulus, auf die Lunge. Hätte die Säure darinn die Oberhand, so würde sie Zuckungen verursachen; ein Uebermaaß des Phlogiston würde aber ebenfalls üble Folgen haben, wie wir weiter unten zeigen werden. Das versüßte Saure, oder die ätherische Luft, ist also die zuträglichste Mischung. Alle Wirkungen die im menschlichen Körper vorgehen, sind chemische Processe, oder beruhen auf mechanischen Grundsätzen, oder sind aus beiden zusammengesetzt. Die Feuerluft stimulirt, vermöge ihrer gemäßigten Säure, das Herz, unterhält dessen beständige Bewegung, und verbreitet, vermöge des bey sich habenden Phlogistons, die zu allen Handlungen des Lebens unentbehrliche Wärme.
Alle organische Körper, sowohl Thiere als Vegetabilien, bestehen aus einer Säure, einigem Phlogiston, und einer absorbirenden Erde. Die Verhältnisse dieser Bestandtheile sind verschieden, und zuweilen, durch den Beytritt anderer Substanzen, modificirt. Sowohl die Thiere als auch die Pflanzen leben und wachsen vermittelst der, entweder durch den Mund oder durch die Wurzeln eingenommenen, Nahrung. Eine Art der chemischen Operation scheidet, in animalischen Körpern, von den eingenommenen Speisen gewisse Säfte, welche denen im Körper bereits vorhandenen beynah gänzlich (homogen) gleichartig werden, sodann in Gestalt des Bluts im ganzen Körper umherlaufen, und überall verschiedene Theile absetzen, zum Ersatz derjenigen Atomen, welche unaufhörlich durch die Ausdünstung, und das Reiben verloren gehen. Diese vom Blute und andern Säften neu angesetzten Theilchen sind aber noch einigermassen der Mischung der Speisen ähnlich, von denen sie abgesondert wurden. Sind demnach saure Theile in den Speisen in vorzüglicher Menge vorhanden, so giebt es eine saure Diät; haben phlogistische Theilchen das Uebergewicht, so ist sie phlogistisch, und wo endlich die absorbirenden Substanzen häufiger sind, ist sie alkalisch. Gesundheit hängt von einem genauen Gleichgewicht der verschiedenen Diäten ab; denn wie die Speise geartet ist, so werden die circulirenden Säfte modificirt, aus denen die festen Theile des Körpers entstehen. Durch ein Uebermaas von Säure werden die Fasern zu stark gereizt und veranlassen konvulsivische Symptome. Eine allzugroße Menge Phlogiston, läßt Entzündungen und heftig ausbrechende Krankheiten befürchten; und auf eine vorzüglich alkalische Diät pflegen faule Krankheiten zu erfolgen. Indeß muß diese Aeußerung nicht unrecht gedeutet werden, ich will nehmlich dadurch keinesweges behaupten, daß alle konvulsivische Krankheiten einzig und allein von der sauren Diät; alle infiammatorische lediglich von der phlogistischen, und alle faule blos von der alkalischen entstehen. Unter gewissen Umständen können andere Ursachen die nämliche Wirkung hervorbringen; auch äusserliche Ursachen können oft, auf ähnliche Art, wie die zu uns genommenen Nahrungsmittel wirken.
Frische Speisen, beides aus dem Thier- und aus dem Pflanzenreiche, enthalten Säuren, Phlogiston und Alkali in einem heilsamen Verhälniß gemischt, zumal, wenn man sie ohne gewürzte Tunken zubereitet, deren Bestandtheile unserm Körper nicht zuträglich sind. Es ist demnach ganz natürlich, daß solche frische Speisen der Gesundheit zuträglicher sind als gesalzene. Bey allen Arten von Speisen aber, vorzüglich bey dem Fleische, und auch sogar bey dem Wasser, dessen man sich auf langen Seereisen bedient, ist das ursprüngliche natürliche Verhältniß der Bestandtheile nicht mehr vorhanden. Das Wasser, wenn es, frisch von der Quelle getrunken, auch noch so gut ist, fängt, zur See, innerhalb wenigen Wochen an, unleidlich zu stinken, besonders in warmen Ländern, und ist mit Insekten angefüllt. Wenn diese in der Folge darinn absterben, gehen sie in Fäulniß über, d.i. ihre organischen Theile verwandeln sich wieder in ein Gemeng von blossen Grundtheilchen (elementary parts) und bringen eine wirkliche Art der Schwefelleber hervorM. Sage, Analyse des blés. Paris 8vo. 1776. pag. 106. sqq., deren schädliche, septische Eigenschaft genugsam bekannt ist. Das Fleisch wird gesalzen, weil es sich auf diese Art länger aufbewahren läßt; allein das gemeine Küchensalz hört auf antiseplisch zu seyn, sobald es thierischen Substanzen beygemischt wird. Sobald das Thier todt ist, fängt die allmälige Auflösung, vermittelst der innern Bewegung seiner Grundtheilchen an, die flüchtigen Theile des Phlogiston, und die durch dasselbe flüchtig gemachten Säuren gehen davon, die flüchtigen alkalischen Grudtheile folgen ihnen, und es bleibt ein Brey (magma) zurück, der ebenfalls mit Schwefelleber verwandt ist, und sich in längerer Zeit in ein Alkali oder in eine absorbirende Erde verwandelt. Der Zusatz einer beträchtlichen Quantität Salz verhindert diese Fäulniß nicht, sondern verspätet sie blos. Unser gesalzenes Fleisch, welches in der That von der besten Beschaffenheit gewesen, veränderte sich so sehr, daß es in der Folge nicht viel besser als faul war; das Salz hatte das Fett aufgelöset; und der Geruch, sowohl des rohen als gekochten Fleisches war äußerst wiedrig, ohnerachtet man es, in ein Netz gewickelt, vier und zwanzig Stunden lang im Seewasser hinter dem Schiffe her gezogen halte, wodurch das Salz größtentheils, und der Geruch einigermassen, abgewaschen, dagegen aber auch nichts weiter als die blossen Muskelfasern, mit vielem Salze vermischt, übrig geblieben waren. Die Gallerte, welche im Fleisch der eigentlich nahrhafteste Theil ist, war gänzlich verschwunden; und nichts als eine stark alkalisirte Substanz übrig, welche bekanntermaßen die Fäulniß befördert. Das Brod, oder der Schiffszwieback, für die englische Marine, wird von Weizenmehl, in platte Kuchen, ohne Zusatz von Hefen oder Sauerteig gebacken. Die platte Form gewährt den Vortheil, daß der Zwieback recht hart gebacken, mithin alle Feuchtigkeit desto besser herausgetrieben werden kann.
Gegen die Wibeln oder Kornwürmer(Curculio) hingegen, die sich bey lausenden darinn einfinden, kann ihn diese Vorsicht nicht schützen. Im Raupenstande durchbort dieses Ungeziefer den Zwieback wie ein Sieb, und, als vollkommene Insekten, legen sie ihre Eyer hinein. Sind unglücklicherweise die Tonnen, worinn das Brod gepackt wird, von frischem Stabholz gemacht, so beschlägt es mit Schimmel, erhält einen dumpfigen Geschmack und Geruch, mit einem Worte, es verfault. Auch an sich gute Tonnen ziehen doch die faulen Ausdünstungen des Wassers, des Böckelfleisches, des im untersten Schiffsraum stockenden Seewassers, und der, von der Respiration einer zahlreichen Mannschaft, verdorbenen Luft in sich. Diese Ausdünstungen dringen in jede Art von Verschlag, er mag auch noch so gut verwahrt seyn. Eben so ereignet es sich, daß das Seewasser zuweilen an die Zwiebackstonnen kommt, und diesen, wie leicht zu erachten ist, gänzlich verdirbt; wehe alsdenn den Unglücklichen, die genöthigt sind von einer solchen Speise zu leben! – Der Matrose bekommt alle Tage, zu Mittage, eine Erbssuppe; Erbsen gehören unstreitig zu den besten Lebensmitteln, welche auf langen Seereisen mitgenommen werden können, denn sie enthalten nebst vieler festen Luft, auch eine ziemliche Menge Phlogiston. Durch die Digestion und Gährung in den Eingeweiden lassen die Erbsen ihre feste Luft daselbst zurück, und dieser Bestandtheil ist es hauptsächlich, der in den Speisen, zu Erhaltung der Gesundheit auf der See, erfordert wird. Wir hatten das Unglück an Bord unseres Schiffs, (Resolution) einen Vorrath von Erbsen zu erhallen, der vermuthlich im Ofen gedörret worden war. Wir mochten sie daher kochen so lange wir wollten, so blieben sie ganz, die äussere Haut zerplatzte nur, und die beiden Hälften der Erbse blieben so hart, als ob sie zuvor ausgetrocknet worden wären. An Bord der Adventure hatte man bessere Erbsen, welche verdaulicher als die unsrigen waren. Dieser Umstand beweiset, daß man, bey der Auswahl der Lebensmittel, nicht Vorsicht genug anwenden könne; zumahl da auf dergleichen Reisen ohnehin alles auf den Magen losstürmt, und die Dauungskräfte schwächt.
Vormahls pflegte man den Matrosen aus königlichen Schiffen auch Baumöl zu reichen, um ihre Puddings und andre Speisen damit zuzubereiten. Allein Capitain Cook bemerkt, daß das Oel, welches für die königliche Flotte geliefert wird, gemeiniglich nicht antiscorbutisch sondern im Gegentheil septisch ist. Es scheint also, daß die Lieferanten nur schlechtes Oel, welches entweder schon ranzigt oder doch nahe daran ist, anschaffen. Wie wenig dies aber der Gesundheit zuträglich sey, weiß ein jeder der die Wirkung der Säuren auf den Körper kennt. Zum Frühstück bekommt der englische Matrose eine Portion Weizen- oder auch Habermehl und beides sind vortreffliche Nahrungsmittel für Leute, die lange Zeit über frisches Gemüse entbehren müssen.
So viel von den Lebensmitteln die man auf den zu langen Reisen bestimmten Schiffen vorräthig hat. Jetzt wollen wir die Oekonomie des Matrosen noch in andern Stücken durchgehen. Die Menge der Menschen, welche zwischen den Verdecken athmen und ausdünsten, verdirbt dort zuletzt die Luft so sehr, daß sie zur Respiration nicht mehr taugt; wenigstens ist sie mit alkalischen und septischen Dünsten dermaßen angefüllt, daß die Leute schon um deswillen darinn schwerlich gesund bleiben können. Ausserdem ist das Wasser, welches sich im untersten Schiffsraum sammelt, (bilge water) wohin die Pumpen gehn, allein schon mehr als hinreichend, ein ganzes Schiff mit schädlichen Ausdünstungen anzufüllen. Im Jahr 1772, als wir von Plymouth unter Segel gegangen waren, und uns allmälich wärmeren Gegenden näherten, verbreitete dieses stockende Wasser, welches damals in den höchsten Grad der Fäulniß gegangen war, und durch die Bewegung des Schiffes unaufhörlich umgerüttelt wurde, im ganzen Schiffe einen unerträglichen Gestank. Meine eigne und meines Sohns Kajüte, die ohnweit des grossen Masts, folglich dicht an der Mündung der Pumpen standen, erhielten solchergestalt diesen üblen Geruch aus der ersten Hand. Ich wußte damals wenig vom Seewesen, und besprach mich über diesen Gegenstand mit Capitain Cook, der sogleich darauf verfiel, daß der Gestank von jenem im Schiffsraume angesammelten Wasser herrühren müßte. Er zeigte mir, daß in dieser Gegend alle Feuchtigkeit, aus dem ganzen Schiffe, wie in einen Brunnen zusammenflösse, und fügte hinzu, daß der lange Aufenthalt des Schiffs, zu Scheerneß und Plymouth dem Wasser Zeit genug gelassen hätte in Fäulniß zu gerathen. Hieraus ließ er die Tiefe dieses Wassers messen; weil sie aber nur wenige Zoll betrug, so dünkte es ihm der Mühe nicht werth, dasselbe auspumpen zu laßen; der Gestank blieb also noch eine Zeitlang, bis er von selbst aufhörte. Indessen empfahl ich damals schon das Räuchern unter dem Verdeck, als das beste Mittel gegen den üblen Geruch, und die faulen Ausdünstungen; auch ward mein Rath bereits vor dem achten August, auf der Fahrt von Madeira nach den Capverd Inseln befolgt, indem man die Luft, durch verschiedene Holzkolenfeuer, und zuweilen durch das Abbrennen von Schwefel oder Pech, oder auch einer Mischung aus Schießpulver und Eßig verdünnteSir John Pringle führt in seiner Rede die Beobachtung eines Freundes des verstorbenen Cook an, daß die alten englischen Schiffe von zwanzig Kanonen, ihre Küche in dem Vordertheil des mittleren Verdecks (oder Orlop) gehabt hätten, und, seiner Vermuthung zufolge, eben deswegen weit gesunder als die neuern Schiffe von demselben Range gewesen wären. Diese Vermuthung ist ganz richtig. Während meinem Aufenthalt in Plymouth, 1772, wo ich das Schiff (Resolution) erwartete, besuchte ich mit Hrn. D. Irving ein holländisches Kriegsschiff, welches dort vor Anker lag. Wir fanden auch da die Küche im mittleren Theil des Orlops, etwas vor dem grossen Mast, und man versicherte uns an Bord, daß das Schiff zur See überaus gesund bliebe; doch fanden wir, des damaligen warmen Wetters wegen, den Rauch und die Hitze unter dem Verdecke fast unerträglich A. d. Verfassers. Gemeiniglich wird die Küche ganz im Vordertheil des Schiffs, dicht am Fockmast angebracht. G. F.. Sobald alles angezündet war, wurde die ganze Mannschaft aufs Verdeck gerufen, alle Oefnungen verstopft, und solchergestalt der Rauch so eingeschlossen, daß er zugleich dem Ungeziefer tödtlich werden mußte. So oft dieses Geschäft im Winter vorgenommen ward, bemerkte ich, daß mein Thermometer um zwey, höchstens drey Grad gestiegen war, und die nächstfolgenden vier und zwanzig Stunden um so viel höher blieb. Wärmer konnte es in meiner Kajüte nicht werden, indem die Feuer unter dem Verdeck, auf welchem sie stand, angezündet wurden, und der Rauch blos durch die Ritzen und Fugen hinaufstieg.
Die Person des Matrosen selbst, und seine Kleidung kommen endlich hier ebenfalls mit in Anschlag. Die Menschen sind sich, im ganzen genommen, überall ziemlich ähnlich; es giebt daher in allen Ständen Freunde der Reinlichkeit, sowohl an ihrem Leibe als in Kleidungsstücken, und andere, die aus angebohrner, unüberwindlicher Gleichgültigkeit und Trägheit beständig unrein und in schmutzigen Kleidern einhergehn, ohnerachtet sie hinlänglich damit versorgt sind um wechseln zu können. Eine Schiffsmannschaft besteht, wie fast jede Gesellschaft, aus diesen zweyerley Menschen. Die nämlichen Kleider, stets auf dem Leibe getragen, müssen mit der Zeit eine Menge Ausdünstungen, Schweis, u.d.gl. in sich ziehn, wovon die Schweislöcher unfehlbar wieder etwas resorbiren; ja bey dem Schmutzigen, der sich ungern und selten wäscht, müssen viele dieser Oefnungen sich zuletzt verstopfen, und dadurch die unmerkliche Ausdünstung gehindert werden. Alle diese Umstände, befördern und beschleunigen die Wirkungen des See-Scharbocks nicht wenig.
Gegen diese Krankheit können Arzneymittel, die doch immer nur in kleinen Portionen gereicht werden, nichts ausrichten: denn, wo die Speisen zur Fäulniß geneigt sind, da wird der daraus bereitete Nahrungssaft, die ganze Masse des Bluts, mit einem Worte, der ganze Cörper zur Auflösung geneigt, und folglich muß das Gegenmittel, welches Genesung wirken soll, eben so reichlich als jene die Krankheit verursachende Lebensmittel, genossen werden können, mithin in der Wahl der letzteren selbst gesucht werden. Das heißt, es kommt darauf an, einen Vorrath von antiseptischen Lebensmitteln anzuschaffen, der den auf Schiffen gewöhnlichen alkalischen, kräftig entgegen würcke.
Das Fleisch muß zur Dauer gesalzen werden; hiedurch verliert es aber diejenigen Theilchen, welche beym Einkochen die animalische Gallerte und zuletzt eine Art Leim geben, worinn eigentlich das nahrhafte des Fleisches besteht. Es gehört folglich unter diejenigen Speisen, die keiner Verbesserung fähig sind, sondern die immer schlechter werden, je länger man sie aufbewahrt.
Auch das Brod kann sich nicht gar lange halten, zumal der Waizenzwieback, der, leichter als andre Sorten, verschimmelt und wurmstichig wird. Ueberdies weiß ich aus eigner Erfahrung, die sich an vielen unserer Reisegefährten bestätigte, daß diese Art Zwiebacks Verstopfungen des Unterleibs verursacht, zu denen der Matrose ohnehin schon zu sehr geneigt ist. Ungleich zuträglicher würde demnach, meines Bedünkens, Rockenbrod oder aus Rocken und Waizenmehl gemischtes Brod seyn. Man könnte sich, auch vom Waizenmehl allein, eine bessere Wirkung versprechen, falls es nur nicht ganz fein gemahlen, sondern blos von der gröbsten Kleye geschieden würde. Endlich aber müßte dieses Brod auch mit Sauerteig gebacken werden. Daß diese Zubereitung gesund ist, erfuhr ich auf der Reise vom Cap nach Neuseeland, die wir im November 1772 unternahmen. An die Stelle des Brods, welches wir auf der Hinreise, von Plymouth nach dem Cap, verzehrt hatten, nahmen wir an letzterem Orte einen Vorrath von holländischen Zwieback ein, der von grobgemahlnem Waizen, mit den Kleyen vermischt, und mit Sauerteig gebacken war. Diese Brod-Art stimulirte die Eingeweide gelinde, so daß man dabey von Verstopfungen ungleich freyer war, als bey dem gewöhnlichen Zwieback. Das Beyspiel der russischen Soldaten und Matrosen, die, bey ihrem Rockenzwieback, (der aus ungebeuteltem Mehl mit gegohrnem Teige gebacken wird,) fast ohne alle andre Speise zu geniessen, sehr gesund bleiben, und fast gar nicht vom Scharbock angegriffen werden, bestätigt mich noch mehr in meiner Meynung. Man muß aber dabey die Vorsicht gebrauchen, 1) das Brod in großen Laibern zu backen, welche sodann in Würfel von anderthalb Zoll geschnitten und nochmals gebacken werden müssen; 2) diesen Zwieback nicht anders als aufgeweicht zu essen. Weder Schimmel noch Würmer sind bey dieser Art Zwiebacks so leicht zu befürchten, weil er säuerlich und hart ist. Seine gröberen Theile stimuliren die Gedärme; die Säure aber wirkt als ein antiseptisches Mittel, verursacht eine stärkere Gährung mit den übrigen Speisen, und entwickelt folglich eine größere Menge fester Luft. Hiedurch wird der schädlichen Wirkung des halb verwesten Böckelfleisches einigermaßen abgeholfen, welches nunmehro, mit Beyhülfe des in den Erbsen häufig vorhandenen entzündbaren Bestandtheiles, einen dem Körper angemeßneren Nahrungssaft giebt. Die größte Schwierigkeit bey der Einführung dieses Zwiebacks ist also diese, daß es etwas neues ist; und wer mit dem Seewesen bekannt ist, wird wissen, daß alle Neuerungen dem Matrosen äußerst verhaßt sind. Wenn indeß die Officiere mit gutem Beyspiel vorangingen und man sich überhaupt auf die gehörige Art dabey zu nehmen wüßte, so würde auch dieses Hinderniß bald überwunden, und auf der englischen Flotte eine Speise eingeführt seyn, die zur Gesundheit der Schiffsmannschaft, und folglich zur Erhaltung manches dem gemeinen Wesen nützlichen Menschen, vieles beytragen könnte.
Das Sauerkraut, oder der saure Kohl, der seit kurzem auch in England allgemeiner zu werden anfängt, ist ein so vortreffliches antiseptisches Mittel, daß es keiner fernern Empfehlung bedarf. In Deutschland, Dännemark, Schweden und Rußland versteht man sich sehr gut auf die Zubereitung desselben, und seitdem ist es auch auf der königlichen grosbrittannischen Flotte eingeführt wordenIm Originale folgt hier eine weitläuftige Vorschrift, wie man Sauerkraut am besten einmachen müsse, deren aber unsre Leser überhoben seyn können. Nur die Bemerkung gehört noch hieher, daß bey der Zubereitung Kümmel vorzüglicher als Wachholderbeeren, zu gebrauchen ist, indem er viel feste Luft enthält, und bey Ammen, sogar die Milch vermehrt. G.F.. Von diesem Zugemüse bekam auf unserem Schiffe der Mann wöchentlich zwey bis dreymal jedesmal einen Schoppen, und mit Recht schreibt man es dem häufigen Genuß desselben zu, daß sich an Bord unseres Schiffs so wenige Symptome des Scharbocks gezeigt haben. Nach und nach fanden die Matrosen selbst Geschmack daran, wozu die heilsame Wirkung welche sie davon vor Augen sahen, freilich vieles beytragen mochte. Unser Vorrath von Sauerkraut bestand in sechzig Fässern, wovon wir das letzte bereits im März 1775, also einen Monath vor unsrer Rückkunft an das Vorgebürge der guten Hofnung, verzehrt zu haben glaubten. Der Abgang dieser vortrefflichen Kost ward von der ganzen Mannschaft sehr beklagt. Beim Auspacken am Cap fanden sich indessen noch zwey Fässer, wovon im Julius 1775, bey unserer Ankunft in Fayal, (einer der azorischen Inseln) noch etwas übrig war. Der brittische Consul an gedachtem Orte, dem diese Speise sehr gut schmeckte, erhielt den Ueberrest, (welcher übrigens noch völlig so gut war, als im Oktober 1771 da das Sauerkraut eingemacht worden,) vom Capitain zum Geschenk.
Das Waitzen- und das Habermehl, welche den Matrosen zum Frühstück gereicht werden, geben überaus gesunde Suppen ab; Waizen, als das nahrhaftere, dürfte den Vorzug verdienen, indessen bereitet man in Schottland vom Habermehl eine säuerliche, höchst antiseptische Gallerte, welche dort Sooins genannt wird, und die zur See eins der besten Lebensmittel abgiebt.
So lange die Erbsen, der Matrosen gewöhnliche Speise, noch frisch und unverdorben sind, so lange sind sie überaus gesund. Wegen ihres vielen bey sich habenden Phlogistons würde man aber wohl thun, dem Matrosen etwas Weineßig zur Erbsensuppe zu geben, weil die Säure dieses Nahrungsmittel sehr verbessern, und, bey der Gährung in den Gedärmen, die darinn enthaltene feste Luft leichter entwickeln würde.
Anstatt Oel ist es, nach Capit. Cooks Meynung, auf langen Seereisen ohnstreitig zweckdienlicher, Zucker auszutheilenS. Cook's Voyage towards thr southpole & round the World, Vol.II.p.290.. Zucker gehört unter die vegetabilischen Substanzen, die eine eigne Säure, nebst einem öligt entzündbaren Wesen, bey sich führen. Das rechte Verhältniß dieser Bestandtheile erleichtert die Gährung überhaupt, und bringt auch andre Substanzen am leichtesten in Gährung. Diese Eigenschaft zeigt, wie sehr antiseptisch der Zucker ist, und um wie viel er die Fäulniß der eingesalzenen Fleischspeisen mildern, mit einem Wort, dem Scharbock entgegen wirken kann.
Daß die süsse Würze, oder der Aufguß von Malz, das beste Präservativ gegen den Scharbock sey, ist durch das einstimmige, in Theorie und Praxis gegründete Zeugniß der Herrn D. Maebride, Sir John Pringle und Capitain Cook hinlänglich erwiesen. Der Gebrauch ist folgender: Man nimmt einen Schoppen gutes, grobgemalnes Malz, gießt darauf drey Schoppen kochendes Wasser, und stellt den Anfguß an einen lauen Ort, ans Küchenfeuer, damit er nicht erkalte. Wer am Bord unseres Schiffs mit dem Scorbut bedroht wurde, trank täglich, zwey oder drey Stunden nach den Mahlzeiten, ein bis zwey Schoppen dieses Aufgusses weil er noch warm war: Wo sich schon kleine Merkmahle vom Scorbut äußerten, mußte der Patient zweymal des Tages ein Quartmaaß davon ausleeren; wer aber von der Krankheit schon in hohem Maaße befallen war, der mußte wohl drey Quart und drüber davon trinken. Dieses Gegenmittel that an Bord unseres Schiffs die herrlichste Wirkung. Wir hatten unter andern scorbutischen Kranken, vorzüglich zween, an denen die ersten Symptome dieser Krankheit jedesmal, so oft wir uns nur etliche Tage vom Lande entfernt hatten, schon zum Vorschein kamen. Das Uebel stieg bey ihnen in kurzer Zeit, wenn man nicht vorbaute, zu einem heftigen und gefährlichen Grade. Das Zahnfleisch blutete, und hatte Geschwüre; die Zähne fingen an zu wackeln, die Füsse waren angeschwollen, und bekamen blaue und purpurne Flecken; die Geschwulst war ödömatös, (das ist, wenn man mit dem Finger darauf drückte, so blieb an dem Orte lange Zeit eine Vertiefung oder Grube in der Haut stehen;) der Harn hatte einen häßlichen fauligten Geruch, und war voll langer Fäden. Diese beide Patienten wurden, durch den Gebrauch der Würze, nicht nur völlig wieder hergestellt, sondern der eine bekam auch, statt des alten, nach und nach, Stückweise ausgefallenen Zahnfleisches ein ganz neues; und der andre, der contract an Händen und Füssen war, erhielt dadurch große Linderung, daß er, nach Abzug des Aufgusses, die zurückgebliebenen Malzkörner oder Träbern warm auf die schmerzhaften Glieder legte. Bey einem andern scorbutischen Kranken vergiengen, nach oft wiederholten Umschlägen von diesen Träbern, die Geschwulst und blauen Flecken an den Beinen gänzlich. Von diesem schätzbaren Heilmittel, dem trocknen Malz nemlich, hatten wir eilf große Fässer voll an Bord, die sich in den ersten zwey Jahren ausserordentlich gut hielten. Im dritten Jahre aber fanden sich einige verschimmelte Klumpen in den Fässern, doch war das übrige noch brauchbar. Die Würze, welche man von diesem, letztern Malz erhielt, war zwar geringhaltiger, wenn man aber das Verhältniß des Malzes verstärkte und weniger Wasser dazu nahm, so blieb der Aufguß noch immer ein wirksames und vortreffliches antiseptisches Mittel. Capt. Cook sagt zwaram angeführten Orte Vol. II. p. 289., daß das Malz den Scharbock zur See nicht kurire, sondern eigentlich nur so viel bewirke, daß die Krankheit in einer geraumen Zeit keine grosse Progressen machen kann. Allein die von uns angeführten Beyspiele wird meines Erachtens wohl jedermann für völlige Kuren gelten lassen. Denn man muß bedenken, daß so lange der Patient, der durch den Gebrauch der Würze wieder hergestellt wird, an Bord bleibt, die Ursachen, die in ihm den Scharbock veranlaßen, noch immer fortdauren. Er trinkt, nach wie vor, faules Wasser, seine Kost ist verdorbenes Böckelfleisch, und er athmet, wenigstens des Nachts, unreine Luft unter dem Verdeck; mithin vereinigt sich alles, die Disposition zur Fäulniß im Körper zu unterhalten. Muß also der Kranke, zumal wenn er von Natur zum Scharbock geneigt ist, auch nach Endigung der eigentlichen Kur noch immer fortfahren, die Würze als ein Präservativ zu gebrauchen, wofern er gesund bleiben will; so kann daraus doch so wenig gegen die Wirksamkeit des Mittels, als gegen die Gewißheit der Kur selbst etwas gefolgert werden, sondern die Nothwendigkeit des fortzusetzenden Gebrauchs liegt einzig und allein in der Fortdauer der Ursach, aus welcher die Krankheit entsteht.
Das Malz wird, bekanntermaßen, aus Gerste bereitet, welche, mehr als alle andere esbare Grasarten, einen Zucker-ähnlichen Extract in Menge enthält. Das Malzen geschieht, indem man die Gerste einweicht, und sodann in gelinder Wärme gähren läßt, wodurch das Wachsthum des Halms und der ersten Wurzelfäserchen befördert, zugleich aber die süssen Theilchen, welche bis dahin in der klebrigten Substanz gleichsam ruhig eingewickelt gelegen hatten, entbunden werdenSage Analyse des bles. Paris 8vo. 1776.. Die süsse Zuckerähnliche Materie bringt am leichtesten eine Gährung zuwege. Das Malz, welches in dem Augenblicke, wo dieser vortreffliche süsse Saft sich durch die innere Gährung ablöset, gedörrt wird, behält ihn noch in sich; er wird aber durch den Ausguß des kochenden Wassers ausgezogen, und kann nunmehro die Fäulniß erregenden Theile des Böckelfleisches dadurch verbessern, daß er eine Menge fester Luft, als die einzige Substanz welche den Wirkungen der Fäulniß mit Macht wiedersteht, in den Körper bringt.
Ich komme nunmehr auf das Wasser zurück. Ein beträchtlicher Theil des üblen Geruchs, den dieses unentbehrliche Element in den Tonnen erhält, geht schon durch die blosse VentilationMan gießt es nämlich durch verschiedene übereinander liegende durchbohrte Bleche, da denn, während der Operation, die kleinen Tropfen, durch das Durchstreichen der Luft gereiniget werden. weg; allein es bleibt dem, ohngeachtet noch fauligt, übelschmeckend und höchst ungesund. Wiederholte Erfahrungen haben mich belehrt, daß das faule Wasser eine Schwefelleber enthält; da nun diese übelriechende Materie durch nichts so gut, als durch ungelöschten Kalk niedergeschlagen werden kann, so würde ich rathen in das faule Wasser so viel ungelöschten Kalk zu thun, als zu Dämpfung sowohl des üblen Geschmacks als des Geruchs erforderlich ist. Die Quantität läßt sich nicht bestimmen, indem das trübe Wasser
bald mehr bald minder in Fäulniß gegangen seyn kann; genug, daß ungelöschter Kalk das Wasser augenblicklich trinkbar macht, sobald man es vom Niederschlage klar abgegossen hatSeitdem ich dieses schrieb, habe ich gehört, daß man sich auf französischen Schiffen des Kalkwassers mit dem besten Erfolge bedient hat, um das Wasser in den Tonnen trinkbar zu machen, da im Gegentheil das Wasser, ohne die Beymischung des Kalkwassers unerträglich roch und schmeckte..
Kalkwasser, in das faule Seewasser welches sich im untersten Schiffsraum zu sammeln pflegt, gegossen, schlägt die faulen Theilchen sogleich nieder, und nimmt die unerträglich stinkenden Ausdünstungen des letztern sogleich weg. Auch würde ich hierbey noch anrathen, vermittelst angezündeter Feuer, die Luft im untersten Schiffsraum zu verdünnen und zu reinigen.
Zu den Vorbauungsmitteln, welche wir am Bord hatten, gehörte auch ein Rob von Zitronen und Apfelsinen, oder Orangen; er schien aber gegen den Scharbock gänzlich unwirksam zu seyn. Unser Wundarzt hatte ihn, ohne Zusatz und ohne andere Mittel neben her zu gebrauchen, an etlichen scorbutischen Patienten versucht, aber befunden, daß er der Krankheit nicht einmal Einhalt that, geschweige denn sie heilte.
Ausserdem hatten wir noch einen Vorrath von gelben Rüben- oder Möhren-Saft an Bord, der bis zur Dicke eines Syrups eingekocht, und, von dem nunmehr verstorbenen Hrn. Muzel Stosch in Berlin, der Gesellschaft der Künste Handlung und Manufakturen in London, empfolen worden war. Diese Gesellschaft hatte die Admiralität ersucht, dies neue Mittel probiren zu lassen; und zu dem Ende ward es den Schiffswundärzten mitgegeben. Es fand sich aber, daß es mit dem Zitronen-Rob ohngefähr gleiche Wirkung hatte, nur mit dem Unterschiede, daß der Möhrensaft offenen Leib verursachte. Vielleicht hat, bey der Zubereitung, das Feuer diesen Säften ihre antiscorbutischen Eigenschaften geraubt. Ich vermuthe daher, daß der blos ausgedruckte Zitronensaft, für sich, ein besseres antiseptisches Mittel als der Rob und der Möhrensaft ist. Befürchtet man aber, daß dieser Saft sich nicht lange halten dürfte, so muß man es auf folgende Art damit machen. Ich erhielt mit Capitain Cook am Cap ohngefähr sechzig Maas Zitronensaft; unter diese Quantität gossen wir ein Fünftheil oder Sechstheil Brantwein oder Rum, und dadurch hielt sich der Saft 32 Monathe lang so gut und unverdorben, als er zuerst gewesen. Versetzt man diese Säure mit Zucker, so wird sie gewiß, in Verbindung mit andern Mitteln, bey scorbutischen Patienten sehr gute Dienste leisten.
Ich schmeichle mir, daß, in diesen wenigen Winken und Beobachtungen, hinlängliche Mittel an die Hand gegeben worden, durch deren Anwendung die schädlichen Würkungen des Schaarbocks auf das beste verhindert, die Kost und das Wasser versüßt, und die ungesunde, eingeschloßne Luft unter dem Verdecke von allen schädlichen Ausdünstungen gereinigt werden können. Diese Absicht wird um desto sicherer und vollständiger erreicht werden, je genauer man, in Rücksicht auf den Matrosen selbst, Cooks Methode befolgt, d.i. die Leute reinlich erhält, die Betten oft an die Luft bringen, die Kleider wechseln, das Schiff durch Rauch und Feuer von allen ungesunden Dünsten reinigen läßt und endlich, statt der gewöhnlichen zwey Wachen, die Mannschaft in drey Wachen vertheilt.
Diesen Einrichtungen, nebst den vorher erwähnten Verwahrungsmitteln hatten wir es zu danken, daß unsere Mannschaft die ganze Reise hindurch, größtentheils gesund blieb, ohnerachtet wir oft die schleunigste Veränderung der Witterung und des Himmelsstrichs ausstehen mußten. Denn oft kamen wir, in Zeit von wenigen Wochen, aus dem kalten Klima, wo viele hundert Eismassen uns umringten und wo Schnee und Schloffen auf uns herabregneten, in die größte Hitze, oder, von 27° des Fahrenheitischen Thermometers in 80. bis 90. Grad.
In den kalten Gegenden um den Südpol, (wo das Wetter oft stürmisch, und Nebel und Schneegestöber mit durchdringenden Regen häufig waren,) bestanden die an Bord gangbaren Krankheiten hauptsächlich in Verkältungen, rheumatischen Zufällen, geschwollenen Hälsen und angelaufenen Drüsen. Das letztere kam, meines Erachtens, größtentheils vom Eiswasser her. Denn wir pflegten das Eis, in kleine Stücken zerschlagen, in dreyßig bis vierzig Fässer zu packen, diese dann mit etwas zerlassenem Eiswasser aufzufüllen, und, zum gänzlichen Zergehen, in den Schiffsraum zu legen, wodurch die Luft-Temperatur sich daselbst so schleunig änderte, daß das Thermometer von 50.° bis 35. Grad, Fahrenheitischer Abtheilung, fiel. Durch den Frost geht bekanntermassen die feste Luft aus dem Wasser verloren, welche demselben durch das Schmelzen über dem Feuer nicht wieder ertheilt werden kann; der Mangel dieses Bestandtheils aber scheint, auf die Drüsen im menschlichen Körper, von nachtheiliger Würkung zu seyn.
Nächst den Verkältungen klagte man noch über Fieber; indessen war unsere Mannschaft damit bey weitem nicht so geplagt, als man auf einer so langwierigen Reise von den schleunigen Veränderungen des Himmelsstrichs hätte besorgen können. Im Februar, März und April 1774, auf der Rückkehr von den südlichen Eisgegenden in das gemäßigte und warme Klima, bekam der Capitain nebst meinem Sohne, meinem Bedienten, und zwey oder drey andern Personen, eine Gallenartige Colik, welche, wenn sie den höchsten Grad erreicht hatte, mit heftigen Schmerzen verbunden war. Der Capitain ward durch anfängliche Geringschätzung und Vernachläßigung dieses Uebels sehr entkräftet, und bekam vier und zwanzig Stunden lang ein beständiges Schluchzen. Unser geschickter und unermüdeter Arzt, Herr Patton, war jedoch so glücklich die Patienten wieder herzustellen. Der Mangel an frischen, nahrhaften Speisen verzögerte ihre völlige Genesung so lange wir die See halten mußten; sobald wir aber in Taheiti angelangt waren, mußten sie die gewöhnlichen Landfrüchte, als Brodfrucht, Pisang, Kokosnüsse vermeiden, welche ihnen neue Schmerzen verursachten; dagegen fanden sie an dem sogenannten taheitischen oder Myrobalanenapfel (Spondias) ein unerwartetes Heilmittel, welches ihnen, nach Verlauf von wenigen Tagen, wieder zur Gesundheit verhalf.
Der See-Scharbock, wie ich schon erwähnt habe, wüthete nicht so sehr auf unsern Schiffen als bey langen Reisen sonst zu geschehen pflegt.
Die Luftseuche war zuweilen unter der Mannschaft ziemlich allgemein und wohl dreyßig bis vierzig Personen zu gleicher Zeit damit behaftet. Allein unser Arzt ließ sie nie überhand nehmen.
Doch, gefährlicher als alle bisher erwähnte Krankheiten drohete uns ein ganz unerwarteter Zufall zu werden. Am 23sten Julius 1774 fingen unsre Leute, im Haven Sandwich an der Insel Mallikolo, des Nachts, zwey oder drey röthliche Fische, schnitten sie sogleich auf, nahmen sie aus, und hiengen sie unter dem Verdecke hin. Als ich am Morgen aufstand, bedauerte ich, daß die Fische bereits so verstümmelt waren, weil man sie in diesem Zustande weder beschreiben noch zeichnen konnte. Diese Fische wurden hernach auf der Officierstafel, verspeiset und verursachten die heftigsten Zufälle. In Neukaledonien fing ein Matrose, des Nachts, einen Fisch von der nämlichen Art, den er, auf Gefahr davon vergiftet zu werden, doch lieber genießen als ungenutzt wegwerfen wollte; so selten waren damals frische Lebensmittel und so begierig nach denselben die mehresten von uns! Indessen ging der Matrose mit mehr Behutsamkeit zu Werke als seine Vorgänger. Er bestreute den Fisch sehr stark mit Salz, ließ ihn drey oder vier Tage hängen, und verzehrte ihn hierauf mit seinen Cameraden ohne alle Folgen. Der Fisch, den ich nicht eher zu sehen bekam, als da er ausgenommen, geschuppt, und eingesaltzen war, hatte, so viel sich dann noch erkennen ließ, viel Ähnlichkeit mit dem Sparus Pagrus, Linn. und war, auch um deswillen, vermuthlich von dieser Gattung, weil Quiros anmerkt, daß seine ganze Mannschaft in dieser Gegend, von dem Genuß eines Fisches vergiftet ward, den er Pargos nenntDalrymple´s Collect. of Voyages I. p.140.. In eben der Nacht, da man diese röthlichen Fische im Haven zu Mallikollo gefangen hatte, wurden auch verschiedene Lippfische, (Labri) der große Schildfisch (Echeneis Naucrates) und ein neun Schuh langer Hay daselbst gefangen, und am folgenden Tage jedoch ohne alle üble Folgen gespeißt.
In Neukaledonien tödtete ein Einwohner, vermittelst eines Wurfspießes, auf dem Rief, an der Mündung eines Baches einen Fisch vom Linnäischen Geschlecht Tedrodon. Der Schiffsschreiber kaufte denselben für des Capitains Tafel, und nachdem wir ihn beschrieben und gezeichnet hatten, sollte er am folgenden Tage gespeißt werden. Mein Sohn sowohl als ich äußerten Zweifel gegen die Eßbarkeit des Fisches, da er in ein so verdächtiges Geschlecht gehörte; allein der Capitain glaubte, auf seiner vorigen Reise, an der Küste von Neuholland einen Fisch derselben Art gespeißt zu haben, und an diesem Argumente lies unser gedemüthigter Magen sich genügen. Wir sassen noch beym Abendbrod, da uns der Bediente die Leber des Fisches, welche der Koch eben ausgenommen hatte, vorzeigte. Ihr äusserliches gutes Ansehen verleitete uns, sie sogleich braten zu lassen, und ich aß davon ein Stück von der Größe eines Conventionsthalers: Capitain Cook und mein Sohn kosteten blos davon, und nahmen also jeder kaum halb so viel zu sich. Der Geschmack war nicht übel, und wir versprachen uns von dem Fische selbst eine gute Mahlzeit auf den folgenden Mittag. Allein gegen drey Uhr des Morgens erwachte ich mit einer Beklommenheit, die einer Ueberladung des Magens ähnlich war. Ich richtete mich im Bette auf, und bemerkte, daß mir der Kopf eingenommen war. Ich wollte einen Stuhl der vor meinem Bette stand, aus dem Wege räumen, und es kam mir vor, als wäre er ganz leicht wie eine Feder; ja ich fand gleich darauf, daß ich überhaupt leichte Sachen von schwerern am Gewicht nicht mehr unterscheiden konnte. Ich versuchte es zu gehen, allein ich taumelte von einer Seite der Kajüte zur andern. Im Magen fühlte ich eine Schwere und ein Brennen, welches den ganzen Schlund hinauf reichte, gerade als wäre die Stelle geschunden. Hände und Füsse waren wie betäubt. Nach bald darauf erfolgter Leibes-Oefnung, versuchte ich den Magen durch Erbrechen noch mehr zu erleichtern; da brannte es mir aber, wie Feuer, vom Magen bis zum Munde hinauf. Ich weckte Hrn. D. Sparrmann und besprach mich mit ihm über diesen Zufall. Der Capitain, dessen Zimmer von dem unsrigen nur durch eine hölzerne Wand abgesondert war, hörte uns sprechen, versuchte aufzustehen, und verspürte an sich die nämlichen Symptome; hierauf weckte ich meinen Sohn, der sich um nichts besser befand. Der Capitain ließ den Arzt holen; wir mußten viel laues Wasser trinken, um den Magen von den Ueberbleibseln dieser gefährlichen Speise zu entledigen, und sodann einige Schweißtreibende Mittel und Salze nehmen, wodurch wir in wenigen Tagen wieder hergestellt wurden. Der Schwindel, und die Betäubung an Händen und Füssen, ein beständiges kaltes Schaudern, und einige Schmerzen, blieben indessen noch bis auf den zehenten Tag zurück. Ein Hund, der das übrige von der gebratenen Leber bekommen hatte, und ein Schwein, dem das Eingeweide des Fisches war vorgeworfen worden, wurden beyde krank, und das letztere starb am nächsten Tage. Verschiedene Einwohner die an Bord gekommen waren, und den Fisch hängen sahen, gaben durch Zeichen zu verstehen, wie gefährlich er zu essen sey; sie wiesen nämlich auf den Magen, und legten sodann die Hand an Backen und Ohr, und neigten den Kopf, als zum Schlafen. Ich stellte mich, als ob ich dies noch nicht verstände, sondern befahl, man sollte ihnen den Fisch geben, damit sie ihn verzehren könnten: allein sie wiesen das Geschenk, mit den deutlichsten Zeichen des Abscheues, von sich.
Die vorgedachten, in Mallikolo gefangenen, Fische, welche daselbst von den Officiers verzehrt wurden, verursachten am Abend heftiges Erbrechen, Leibschmerzen und Durchfall, mit derselben Beklommenheit die ich anfänglich auch gefühlt hatte. Darauf folgten die heftigsten Kopfschmerzen mit brennender Hitze im Gesicht, welches beydes sich auch auf Aerme und Beine erstreckte. Der Puls war nicht, wie sich von der Hitze erwarten ließ, fieberhaft und stark, sondern im Gegentheil klein und schwach. Ohngefähr fünfzehn Personen, die von diesen Fischen gegessen hatten, waren, ohne Ausnahme, mehr oder weniger davon vergiftet, hatten einerley Zufälle und einerley Betäubung in den Gliedern. Die Schmerzen im Magen und in allen Gliedern, nebst Hitze und einer Schwere im Kopfe, hielten einige Tage lang so heftig an, daß die Kranken kaum gehen oder stehen konnten. Im Schlunde hatten sie eine schmerzhafte Empfindung, als ob die Haut losgegangen und das Fleisch roh wäre. Bey einigen waren die Speicheldrüsen angelaufen, und der Speichel floß unwillkührlich, in grosser Menge, zum Munde hinaus. Andere klagten über eine sehr schmerzhafte erectionem penis, und noch anderen wurden die Zähne los. Die Genesung gieng sehr langsam von statten, und bey kühler Witterung stellten sich die Schmerzen und die Betäubung in den Gliedern von neuem ein. Vorzüglich lange aber dauerte es, ehe des Abends die Unruhe, die Schmerzen und die Beklommenheit weichen wollten. Nach Verlauf von vierzehn Tagen, da sie bereits alle diese Zufälle überstanden hatten, klagten sie noch über öfteres Frösteln oder Schaudern. Sie mußten die nämlichen Mittel gebrauchen die der Arzt hernach auch uns verschrieb. Ein zahmer kleiner Papagey aus Taheiti, der nur einen Bissen von dem Fische bekommen hatte, starb unter heftigen Zuckungen. Alle die Hunde, die von den Gräten, den Eingeweiden etc. gefressen hatten, wurden heftig krank, und blieben lange in diesem traurigen Zustande. Einer hatte sich in ein Boot verkrochen, worinn sich etwas Wasser gesammelt hatte. In dieser elenden Lage war er paralytisch geworden, und man mußte ihn über Bord werfen, um nur seinen Schmerzen und seinem Winseln ein Ende zu machen. Einem andern, der eben so krank war, hatte sein Herr einen Aufguß von Tabak, als Brechmittel, eingegeben; allein er ward ein Opfer dieser Kurart. Ein Schwein, welches ebenfalls von den Eingeweiden gefressen hatte, starb innerhalb 24 Stunden.
Allen angeführten Umständen nach zu urtheilen, scheint diese Fischart, der Pargos des Quiros (oder Sparus Pagrus Linn.) nicht an und für sich giftig zu seyn, sondern nur alsdenn diese gefährliche Eigenschaft anzunehmen, wenn er selbst eine besonders giftige Nahrung zu sich genommen hat. Die übrigen Fische welche im Sandwichshaven mit dem giftigen Pargos zu gleicher Zeit gefangen, und ohne allen Nachtheil verspeiset wurden, mußten folglich eine andre Nahrung gehabt haben. Der Tetrodon sceleratus allein scheint giftig von Natur zu seyn, weil die Einwohner von Neukaledonien diese böse Eigenschaft an ihm kannten. Gleichwohl muß auch dieser Fisch das Gift von seiner Nahrung herbekommen, weil er gerade eben dieselben Zufälle als der Pargos verursachte. Ich wünschte, wir hätten die Gedärme dieser Fische untersuchen können, weil ohne Zweifel in diesen der Grund des Uebels lag. Vielleicht nähren sie sich hauptsächlich von Quallen (Medusae) deren einige, wenn man sie blos anrührt, auf der äußern Haut, eine eben so brennende Empfindung verursachen, als wir, nachdem Genuß des Fisches, im Schlunde verspürten. Wollte man einwenden, daß, da diese schädliche Speise den Fischen selbst nicht zu schaden scheint, diese im Grunde auch wohl nicht so giftig seyn mochten, als hier vorgegeben wird; so ließe sich dagegen erwiedern daß die Fische, bekanntlich ohne Schaden auch Mantchenillen-Aepfel (Hippomane mancinella) geniessen, die für Menschen geradehin tödtlich sind. Zu Verhütung ähnlicher Unglücksfälle sollte man die Einwohner, die mit den Eigenschaften ihrer Fische durchgehends bekannt zu seyn scheinen, darüber befragen, und sie sind gutherzig genug um vor der geringsten Gefahr zu warnen. Wissen aber Völcker dieser Art in manchem Stücke mehr als der Klügste unter den gesitteten Menschen; so hat man wohl nicht Ursach sie blos deshalb zu verachten, weil sie uns sonst an Cultur nachstehen! Und kann man sich jene Kenntnisse, durch friedliches, menschenfreundliches, wohlwollendes Betragen von ihnen erwerben; so ist das ein Beweggrund mehr, nicht übermüthig oder grausam, als wären sie Wesen geringerer Art, mit ihnen umzugehen! Eine andre Folge welche ich aus jenem Vorfall ziehen möchte, ist diese, daß es gutgethan seyn würde, bey jeder Gelegenheit Gelehrte und Naturforscher in entfernte Welttheile auszuschicken, um durch sie die Kräfte und Eigenschaften der Dinge ergründen zu lassen. Soll aber diese edle Absicht, das Leben der Menschen durch genaue Bestimmung gefährlicher Naturprodukte zu sichern, und vermittelst neuer und oft wichtiger Entdeckungen bequemer und glücklicher zu machen, gehörig erreicht werden; so muß es denen dazu ausgesandten Personen an keiner Art der Unterstützung fehlen, und dies ist eine Pflicht die den Großen der Erde obliegt.
Quibusdam et iis quidem non admodum indoctis, totum hoc displicet, philosophari. Quidam autem id non tam reprehendunt si remissius agatur: sed tantum studium, tamque multam operam ponendam in eo non arbitrantur.
CIC. de finib. Lib. I. initio