Georg Forster
Bemerkungen ... auf seiner Reise um die Welt ...
Georg Forster

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Zweyter Abschnitt.

Abarten der Menschengattung in Betracht der Farbe, Größe, Bildung, des Temperaments und Gemüthscharakters, unter diesen Insulanern.

Επι δε τι και παρα τα κλιματα· ωστε τα μεν φυσει εστιν επιχοριαν
    τισι, τα δε θεσει, και ασκησει.
STRABO. Lib. II.

Es giebt unter dem Menschengeschlecht eine Menge von Varietäten. Durch Zwergesgröße, gelbbraune Farbe, mistrauisches Gemüth, zeichnete sich der Eskimo aus; edle Gestalt, Schönheit im Umriß, helle Farbenmischung, und doch verrätherische Falschheit, charakterisiren den Tscherkassen. Der Bewohner von Senegal wird an seiner Furchtsamkeit, der pechschwarzen Haut, und dem krausen Wollhaar erkannt; und die deutschen Stämme des europäischen Nordens zierte sonst ein königlicher Wuchs, ein falbes (red) Haar, das blaue, schmachtende Auge, der unerschrockene Heldensinn, und die edle Offenherzigkeit. Doch alle bekannte Spielarten der Menschengattung hier aufzuzeichnen, wäre der Absicht meines Werkes nicht angemessen; ich schränke mich daher blos auf diejenigen ein, die während unserer Reise in verschiedenen Ländern und Inseln bemerkt worden sind, und werde sie nicht nur getreu zu schildern, sondern auch ihre verschiedene Entstehungsart, wo möglich, anzugeben suchen.

Die auf den Inseln des Südmeeres vorhandene Menschengattung kann unter zwo Hauptabtheilungen gebracht werden. Die eine ist von hellerer Farbe, wohl gebildet, von starkem Muskelbau, ansehnlicher Größe, und sanften gutherzigem Charakter; die andere schwärzer, mit kraus und wolligt werdendem Haar, dürrer, kleiner, fast noch lebhafter als jene, aber zugleich mißtrauischer. Die erste Klasse bewohnt O-Taheiti, die Societäts- die Marquisas- und die freundschaftlichen Inseln, Ostereiland, und Neuseeland. Die andere trift man auf Neukaledonien, Tanna und den übrigen neuen Hebriden, vorzüglich aber in Mallikollo an. Die Pescherähs, oder die Bewohner des Feuerlandes, können nicht füglich unter eine von diesen Klassen gebracht, oder überhaupt zu den Einwohnern der Südseeinseln gezählt werden, indem sie zweifelsohne von dem amerikanischen festen Lande hinüber gezogen sind. Jene beiden Hauptrassen theilen sich wiederum in mehrere Abarten, wodurch sie stufenweis einander näher kommen; daher finden wir einige Völkerschaften, die zur ersteren Klasse gehören, und gleichwohl dunkler Farbe und hagern Leibes, wie die Menschen von der zweyten Klasse sind; und in dieser hergegen, starke athletische Kerle, die den besten aus der ersten Klasse nicht nachstehen. In solchem Fall entscheiden dann andre charakteristische Züge, zu welcher Hauptabtheilung diese oder jene Insulaner eigentlich gehören.

1) Erste Hauptgattung.

1) Die schönsten Menschen aus der ersten Klasse sind unstreitig die Taheitier, und die Bewohner der anliegenden Societätsinseln. Allein auch hier äußert die Natur denselben Hang zur Mannigfaltigkeit wie im Pflanzenreiche, und spielt in einem Reichthum von verschiedenen Formen. Das gemeine Volk ist der Sonne und der Luft am meisten blos gestellt; die mühsameren, oder auch die unsauberen Arbeiten werden ihm zu Theil; es muß seine Kräfte nicht nur bey der Kultur der Ebene, sondern hauptsächlich beym Fischfang, im Rudern, beym Bau der Häuser und Kähne anstrengen. Noch mehr, die Abwechselung und der Ueberfluß der Speisen, existirt nur für die höheren Stände. Wenn ein Mangel an Lebensmitteln eintrit, so trift dies Ungemach zuerst die Klasse des gemeinen Volks. Man bemerkt daher schon an diesen Menschen einige Annäherung zur zwoten Hauptgattung, einigen Abfall von dem schönen Modell, welches man so häufig, und so fehlerfrey unter ihren Vornehmen wahrnimmt. Die Farbe der Taheitier ist weder so gelb als die Farbe des Spaniers, noch so kupfer ähnlich, als die des Amerikaners; sie ist heller als das schönste Colorit eines Bewohners der Ostindischen Inseln, mit einem Worte, sie ist weis, mit etwas braungelbem Anstrich, der gleichwohl so stark nicht ist, daß man auf den Wangen des weisseren Frauenzimmers nicht noch das Erröthen unterscheiden könnte. Ausser dieser helleren Farbe findet man hier noch alle Schattirungen bis zu einem hell Braun, welches schon an die räucherigte Farbe der zwoten Hauptgattung gränzt. Das Haar ist schwarz,und ziemlich grob; es fällt in schöne natürliche Locken, und glänzt von dem wohlriechend gemachten Kokosöl, womit es bestrichen wird. Ich habe unter den Einwohnern dieser Inselgruppe nur wenige gefunden, die gelbbraunes oder sandfarbiges Haar hatten; mehrentheils waren auch bey diesen nur die Spitzen der Haare gelblicht, der untere Theil aber dunkelbraun. In O-Taha sahe ich einen einzigen Kerl, der völlig rothes Haar hatte. Seine Haut war weisser als gewöhnlich, und ganz mit Sommersprossen bestreut.

Die Gesichtszüge der Taheitier sind ziemlich regelmäßig schön, nur die Nase ist unterwärts etwas zu breit. Der Bart ist stark, und von dunkler Farbe. Viel offenes, fröliches verkündigt das runde Gesicht des Frauenzimmers, und ihr heiteres großes Stralenauge. In der Vereinigung der Züge ist Symmetrie, und der Ausdruck des Ganzen gewinnt unendlich durch unbeschreiblich holdes Lächeln. Der Leib ist schön gebaut, die Linien des Umrisses fließen sanft ineinander, die Proportionen sind weiblich schön. Unter der Klasse der Erihs und Manahaunes giebt es Männer von athletischem Muskelbau, der aber demohngeachtet etwas weichliches verräth. Nur in den Füssen ist einige Disproportion vorhanden, indem sie, fast durchgehends, zu groß zu seyn scheinen. Der gemeine Mann ist mehrentheils gut und proportionirlich gebaut, aber sein ganzer Körper zeugt von größerer Lebhaftigkeit, und einer durch Uebung und Arbeit erlangten Festigkeit. Auch das Frauenzimmer dieser Insel ist zart und symmetrisch gebildet; besonders findet man bey ihnen die schönsten Arme, Hände und Finger, wie das Modell zur mediceischen Venus sie nicht schöner gehabt haben mag. Allein auch das Frauenzimmer geht mit blossen Füßen, die eben dadurch verunstaltet werden müssen. Unter den Mannspersonen, sind vorzüglich die Erihs fast durchgehends von ansehnlicher Statur, viele hatten eine Höhe von sechs Schuh und drey Zoll, und einer sogar von sechs Schuh und vier Zoll. Auch die gemeinen Mannspersonen sind nicht klein. Das Frauenzimmer könnte man eher klein nennen; die wenigsten kommen den Männern nahe; inzwischen sahe ich doch verschiedene große Mädchen, und besonders eines von sechs SchuhenDen Unterschied zwischen der Höhe der Manns- und Weibspersonen werden wir bey uns nicht gewahr, weil der Anzug, die hohen Absätz, der Kopfputz, uns täuscht. Im Grunde ist er wohl eben so groß als bey den Taheitiern, folglich sind die dortigen Frauenspersonen verhältnismäßig, nicht kleiner als sie seyn sollten. G. F..

Alle Einwohner der Societätsinseln haben ein lebhaftes heiteres Naturell, einen Hang zur Fröhlichkeit, die oft in schallendes Gelächter ausbricht; ein vertrauliches, gutartiges Gemüth, und einen hohen Grad von Leichtsinn, vermöge dessen sie nichts mit anhaltender Aufmerksamkeit betrachten können, sondern schnell von einem Gegenstände zum andern vorüber eilen. Die Hitze ihres Klima verursacht eine Erschlaffung der festen Theile, und macht sie träge, oder zu aller anhaltenden schweren Arbeit abgeneigt. Die Großen und Vornehmen, die gemeiniglich überaus starke Mahlzeiten thun, und ihren Magen nichts weniger als zusammen schrumpfen lassen, sind sogar bey dieser Beschäftigung unthätig genug, um sich nicht selbst zu bedienen; sondern laßen sich von andern die Speisen in den Mund stecken. Bey der reichlichen gesunden Nahrung, die sie geniessen, und in einem so herrlichen Klima, würken die Reitze des andern Geschlechts mit zwiefacher Macht, und daher überlassen sie sich sehr frühzeitig schon der zügellosesten Unzucht. Ihre Gesänge, ihre Tänze und Schauspiele – athmen Wollust. Dafür sind auf der andern Seite Gastfreyheit gegen den friedfertigen Fremdling, und Tapferkeit im Kriege, ihre Tugenden. Der Pöbel bestiehlt nur darum den Fremden, weil ihn der Anblick mancher Seltenheiten, die ihm unschätzbar sind, unwiderstehlich reitzt. Wenn ich nun dies alles zusammen nehme, eins gegen das andre aufgehen lasse, so dünkt mich, daß schwerlich ein Volk, ohne fernere Ausbildung zu erhalten, unter einer liebenswürdigern Gestalt aus den Händen der rohen Natur hervor gegangen sey.

2) Die Einwohner der Marquisasinseln machen diejenige Spielart aus, welche an Vorzügen den Einwohnern der Societätsinseln am ähnlichsten ist. Daß sie von etwas dunkelgelberer Farbe sind, rührt vermuthlich daher, weil ihre Inselgruppe um einige Grade dem Aequator näher liegt, und weil sie selbst, bis auf einen leichten Schurz, fast gänzlich nackend gehen. Inzwischen giebt es auch unter ihnen einzelne Personen von hellerer Farbe; und das Frauenzimmer, welches ganz bekleidet ist, kömmt dem taheitischen an Weiße bey. Fast durchgehends sind die Mannspersonen stark und wohlgebaut, jedoch nicht so fleischigt wie die Taheitier. Diesen Unterschied schreibe ich einem höhern Grade von Aktivität zu; sie wohnen größtentheils auf den Rücken und sogar auf den höchsten Gipfeln der Berge, woselbst ihre Wohnungen, gleich Adlersnestern auf den schrofsten Felsenspitzen, stehen. Die schärfere Luft auf diesen Höhen, welche oft, ja die mehreste Zeit in Wolken verhüllt sind, und die heftige Bewegung im Auf- und Absteigen, können schon das ihrige beytragen, den Körper etwas hagerer zu machen. Die Männer haben schwarze Bärte, und schönes Haupthaar. Auch hier sieht man schöne Körper, proportionierliche Gliedmaßen, und wallenden Umriß; allein der Gebrauch der Mannspersonen, sich über den ganzen Leib, das Gesicht nicht ausgenommen, auf die seltsamste Art zu punktiren, und mit sorgfältigst beobachter Symmetrie lauter Schnirkel, Kreise, Linien und rautenförmige Figuren, dicht neben- und in einander anzubringen, verunstaltet sie merklich, und benimmt der Schönheit der Bildung ihren ganzen Effekt. Ihre Jünglinge, die noch nicht so stark punktirt sind, können für Modelle zu einem Ganymedes gelten. Ihre Gesichtszüge, und so auch die des Frauenzimmers, sind schön und regelmäßig; das Gesicht selbst ist oval. Der zarteste Umriß, und die schönsten Extremitäten, sind auch hier das Eigenthum des andern Geschlechts. Fast durchgehends sind diese Insulaner mittler Statur; wir haben wenige oder gar keine kleine gesehen. Uns begegneten sie freundlich, gefällig, und nahmen uns sehr gastfrey auf. Neugierde schien ein hervorstechender Zug in ihrem Charakter zu seyn, und den Leichtsinn hatten sie mit den übrigen Völkern des heißen Erdstrichs gemein. Unser nur kurze Aufenthalt bey ihnen, verstattete uns keine nähere Erforschung ihres Charakters.

Aus Teaukea, einem der vielen flachen Eilande, zwischen den Marquisasinseln und O-Taheiti, fanden wir die Einwohner beyderley Geschlechts von dunkelbrauner Farbe, mittler Statur, starken Knochen, wohl proportionirt, und mit schwarzem Haar. Auf die Brust, den Bauch, und bey einigen auch auf die Hände hatten sie sich allerhand Figuren punktirt. Sie nahmen uns gut auf, überliessen uns um etliche eiserne Nägel, Kokosnüsse und Hunde, und versuchten es nicht, uns das mindeste zu Leide zu thun, ohnerachtet sie in ziemlicher Anzahl und wohl bewafnet waren. Indeß, da ihr Haufen mit jedem Augenblicke größer ward, so will ich es dahin gestellt seyn lassen, ob sie mit uns durchaus nichts als gutes im Schilde führten oder nicht.

3) Die Bewohner der freundschaftlichen Inseln, werden denen auf den Marquinasinseln an Schönheit wenig oder nichts nachgeben. Ihre Farbe ist unstreitig etwas dunkler als die gewöhnliche Schattirung der gemeinen Leute auf den Societätsinseln; sie ist aber nur hellbraun, und fällt ins röthliche oder kupferähnliche, kann folglich keinesweges für eine Schattirung von Schwarz gelten. Die Vornehmeren und die mehresten Weiber kommen ohnehin dem weisseren O-Taheitischen Colorit schon näher. Ihre Statur ist eher über als unter der Mittelgröße; ihre Züge sind regelmäßig und männlich. Den Bart lassen sie nicht lang werden, sondern bedienen sich gemeiniglich zwoer Muscheln, um ihn abzuschneiden. Jedes Ohrläppchen wird mit zwey Löchern durchbohrt, durch welche sie ein kleines Hölzchen in horizontaler Richtung stecken. So weiblich schön von Gestalt, wie die taheitischen Erihs, sind sie nicht; allein Festigkeit, Symmetrie, und Ausdruck von Stärke liegt allemahl in ihrer Bildung; nichts ist verzerrt, sondern jede Muskel erhält durch mäßige Anstrengung seine rechte Dimension. Die Statur der Weiber kömmt der des männlichen Geschlechts nahe: fette Leute wie in den Societätsinseln, wird man nicht gewahr. Bey einem runden Gesicht, mit regelmäßigen Zügen, und schönen, hellen, großen Augen, scheinen diese Brünetten durch ihre Farbe eher zu gewinnen, als zu verlieren. Ein gefälliges Lächeln und natürliche Ungezwungenheit in allen Handlungen, erhöhen den Reiz ihrer schönen körperlichen Bildung. Unter andern erregte hier, auf der Insel Tongatabu, ein Mädchen von zehn bis zwölf Jahren, in dem Gewühl der am Strande versammleten Menschen, unsre Aufmerksamkeit in vorzüglichem Maasse. Ihr länglichtes Gesicht hatte die schönsten, regelmäßigsten Züge, und eine unbeschreibliche Anmuth im ganzen Ausdruck; ihr helles munteres Auge schien lauter Leben zu seyn; ihr langes Haar fiel in ungekünstelten Locken herab, und war mit wohlriechenden Blumen besteckt; aus ihrem ganzen Betragen leuchtete Seele, Freyheit und Grazie hervor. Sie hatte fünf kugelförmige Früchte, die sie beständig in die Höhe warf, und mit bewundernswürdiger Geschicklichkeit und Behendigkeit auffieng.

Der Charakter dieses Volks ist in der That liebenswürdig; ihre Freundschaftsbezeugungen gegen uns, die wir ihnen doch völlig fremd waren, hätten einer gesitteten Nation Ehre gemacht. In den Häusern, bot man uns überall, mit wahrer patriarchalischer Gastfreyheit, Speise, und den kühlenden Trank aus der Kokosnuß, dar. Ihre Handlungen zeugten jederzeit von Gutherzigkeit und einnehmender Sitteneinfalt. Alle die kleinen Flecken, die wir im Charakter der Taheitier bemerkt hatten, fanden wir zwar bey diesen guten Insulanern, jedoch nicht in gleich starkem Grade, wieder. Erfindungsgeist und Zierlichkeit des Geschmacks offenbaren sich deutlich in ihren Geräthen, Waffen und übrigen Handarbeiten, so auch in ihrer Tonkunst und ihrem Ackerbau. 4) Zunächst an diesen Stamm, ordnen wir ein geringes Völkchen, welches kaum aus 900 Köpfen besteht, und allen bereits genannten Spielarten der ersten Hauptgattung, weit nachstehen muß. Ich spreche von den Bewohnern der Osterinsel. Diese Menschen sind mittler Statur, zwischen fünf und sechs Schuh hoch, hagern Körpers, von ziemlich symmetrischen Gliedmaßen, aber nicht allzu einnehmenden Zügen. Ihre Farbe ist gelbbraun, und zwar noch etwas dunkler, als wir sie bey den Einwohnern der freundschaftlichen Inseln bemerkt haben. Die Mannspersonen tragen selten eine andre Bedeckung, als ein Tuch, welches um den Unterleib gegürtet wird; das Frauenzimmer ist vollständiger gekleidet, etwas kleinerer Statur, und von angenehmerer Bildung. Die Männer sind über den ganzen Leib punktirt, haben schwarzes Haar, und einen dünnen Bart. In das Ohrläppchen ist eine große Oefnung eingeschnitten, dergestalt, daß auch ein Theil des äußern Randes durch einen Schnitt von dem Ohre abgelöset ist; in diese geräumige Oefnung stecken sie ein aufgerolltes Blatt vom Zuckerrohr. Uebrigens sind es gute, harmlose Menschen, die zum Theil die Gastfreyheit nach Vermögen ausübten, aber auch sehr fertig stehlen konnten. Bey aller Dürre und Unfruchtbarkeit des Bodens giebt es dort dennoch weitläufige Pflanzungen von süssen Bataten, Zuckerrohr, Pisangs und Aronswurzeln; Wasser und Holz aber sind äußerst selten. Einige Ueberbleibsel von ehemaligen Pflanzungen auf den Bergen, nebst einer großen Anzahl ungeheurer Bildsäulen von Stein, welche auf ihren Begräbnisplätzen das Andenken verstorbener Befehlshaber und Helden verewigen sollen, beweisen, daß die Bevölkerung dieser Insel und die nationale Größe ihrer Bewohner ehemals weit ansehnlicher gewesen seyn muß, als iezt. An einigem kleinen Schnitzwert, welches wir dorther erhalten haben, sieht man auch sichere Anzeigen von Kunst und angehendem Geschmack.

5) Fern von dieser, und allen übrigen Inseln des Südmeeres, welche von der ersten Hauptrasse bewohnt werden, finden wir noch eine Abart dieser Menschengattung auf den beiden Inseln von Neuseeland. Diese Leute sind gelbbraun, und sehen im Gesichte noch dunkler aus, weil sie es mit Punkturen, oder eigentlichen schneckenförmigen Einschnitten, über und über verunstalten. Oft hindern diese Punkturen den Wuchs des Barts, der sonst schwarz und zottigt zu seyn pflegt. Ihr starker, zu ermüdende Arbeiten gebildeter Körper, ist von großer Statur; ihre Gliedmaßen haben Festigkeit und Ebenmaas. Nur die Knie sind etwas unförmlich, und die Beine einwärts gebogen, welches von der Stellung herkommt, die sie in ihren Kähnen, auf den Fersen sitzend, annehmen müssen. Die Weiber sind mehrentheils hager, und die wenigsten haben ein hübsches Gesicht, sondern fast durchgehends widrige Züge, wenn schon der Wuchs des übrigen Körpers proportionirlich ist, bis auf die Knie, die so wie bey jenem Geschlechte viel zu dick sind. Die Männer behandeln ihre Weiber mit vieler Härte, und halten sie zu allerley mühsamen, harten Arbeiten an, wie solches bey allen barbarischen Völkern üblich istSTRABO lib. III. p. 114. n. Tacit. de morib. Germanor. c. XV. Auch die alten Bewohner von Spanien, Ligurien, Celtica und Germanien hatten diese grausame Sitte, und überließen den Ackerbau nebst allen schweren Arbeiten dem schwächern Geschlechte, um selbst Müssiggänger zu seyn.
Noch jezt findet man bey rohen Völkerschaften ähnliche Gewohnheiten. Am Orinokostrom hat ihn Gumilla wahrgenommen, (Gumilla, el Orinoco illustrado) in Californien der P. Venegas, (Hist. of California part I. sect. I.) Unter den Esquimos sind die Männer die ärgsten Faullenzer, und die Weiber die geplagtesten Geschöpfe. (Lieut. Curtis in den Philos. Transact. Vol. LXIV. part. 2 p. 385.) In Tscherkassien müssen die Weiber das Feld bestellen. Chardin. Voyag. en Perse. Der P. Boscowich fand die Bulgarischen Weiber mit der Anpflanzung der Weinberge beschäftigt. (Voyage de Constantinople p. 93 und 164.) In Afrika ist es überall gebräuchlich die schwersten Arbeiten den Weibern zu überlassen. So z. B. unter den Hottentotten, (s. Kolbens Beschreibung des Vorgeb. der guten Hofnung Theil 1. S. 127 u. 128) und la Caille Voyage au C. de B. E.) Keeling sahe die Negern Weiber um Sierraleona mit schwerer Arbeit belastet. (S. dessen Reise.) Die Giagas beschreibt man als ein äußerst fühlloses und gegen das andere Geschlecht grausames Volk. (Lord Kairne´s Sketches of the history of man, p. 187.) Falkner bemerkt, daß das Leben der Weiber unter den Pueltsches, Tehuelhets und andern patagonischen Stämmen eine ununterbrochene Folge von Arbeiten ist. Außer der Sorge für die Erhaltung der Kinder, werden ihnen alle Arten der Beschwerden zu Theil. (Descript. of Patagonia, p. 125).
. Uebrigens sind sie gastfreye, aufrichtige und grosmüthige Freunde, unerschrockne, kühne Krieger, grausame und unerbittliche Feinde. Ihre Rachgier ist nicht anders als durch Blut zu stillen, und geht gar so weit, daß sie ihre unglücklichen Gefangenen verzehren. Sonst scheint viel gesunder Menschensinn in ihrer Anlage; und daß sie auch von Erfindung und Geschmack nicht völlig entblößt sind, erhellet zur Genüge aus ihrem Schnitzwerk und übrigen Handarbeiten.

2. Zwote Hauptgatttung.

Die Abänderungen der zwoten Rasse von Menschen in den Südländern, trift man insgesammt auf den westlicheren, innerhalb der Wendekreise gelegenen Inseln an.

1) So nahe auch die große Insel Neukaledonien dem festen Lande von Neuholland liegt, so verschieden sind dennoch ihre Einwohner von den kleinen, unansehnlichen Menschen, die man auf diesem neuesten Continente angetroffen hat. Sie unterscheiden sich aber zugleich eben so merklich von den Bewohnern der östlichen Inseln, die zur ersten Hauptgattung gehören. Es giebt unter ihnen viele von langer Statur, und starkem Knochenbau, keinen aber unter der mittleren Größe; die Weiber hingegen, die auch hier zur Classe der lastbaren Thiere erniedrigt werden, sind gewöhnlich kleiner Statur. Die allgemeine Farbe ist schwärzlich (oder räucherigt,) ihr Haar ist kraus, doch nicht sehr wolligtDer Unterschied zwischen krausem Haar und Wollhaar ist so ungegründet nicht, als man vielleicht beym ersten Lesen denken möchte. Das Haar des Negers ist nicht blos kraus, sondern jedes einzelne Haar ist überaus fein, und sproßt aus einer ungleich kleinern Wurzel als bey andern Menschen; daher heißt es Wollhaar. Es ist wahrscheinlich, daß die übermäßige Ausdünstung eine Menge Säfte mit sich führt, welche zur Nahrung und zum stärkern Wachsthum der Haare beytragen sollten. Vielleicht hat also das Klima und die Lebensart selbst, einigen Einfluß auf die Beschaffenheit des Haares. Die Einwohner von Taheiti, den Societäts- Marquisas- und freundschaftlichen Inseln haben einerley Himmelsstrich mit den Bewohnern der neuen Hebriden, allein man wird an ihnen kein Wollhaar entdecken, weil die Gewohnheit, sich oft mit Kokosöl zu salben, die stärkere Ausdünstung zurückhält. Es ist aber auch nicht minder beobachtungswerth, daß diese Völkerschaften schon von weisseren Stämmen herkommen, wie in der Folge gezeigt werden soll. Noch gehört die Bemerkung hieher, daß mäßige Wärme den Haarwuchs befördert; denn im Sommer wächst das Haar bekanntlich stärker als im Winter: und die Bewohner heisser Länder gelangen eher zur Mannbarkeit, als die näher gegen die Pole wohnenden. ihre Bärte sind stark, und können oft in Knoten geschlagen werden; die Gesichtszüge sind grob und männlich, die Ohrenlappen, wie bey den Bewohnern von Ostereiland, ausgeschnitten und verlängert, so daß ich einen Mann bemerkte, der achtzehn Ohrringe von Schildkrötenschale trug, deren jeder einen Zoll im Durchmesser, und drey viertel Zoll an Breite hatte. Ihre Gliedmassen sind stark, und zur Anstrengung tauglich, jedoch wohlgebildet. Die Frauenspersonen haben grobe Züge; ihr rundes Gesicht, mit dicken Lippen und weitem Munde, hat nur selten einige Reize aufzuzeigen. Doch sind ihre Zähne, Augen und das lockigte Haar schön genug; so wie auch der Wuchs der Mädchen schlank und wohlgestaltet ist. Diese Insulaner sind fast durchgängig sanft, gutmüthig, und gegen Fremdlinge sehr dienstfertig. Ihr unfruchtbares Land bringt aber nach einer mühsamen Bearbeitung kaum genug für ihren nothdürftigen Lebensunterhalt hervor. Daher konnten sie uns keine Vorräthe dieser Art mittheilen, im Gegentheil empfingen sie von uns das erste Paar Hunde und Schweine, wodurch sie in der Folge vielleicht einen Zuwachs von neuen Lebensmitteln erhalten werden.

2) Die Einwohner von Tanna, einer unter den neuen Hebriden gelegenen Insel, sind fast eben so schwarz, als die eben erwähnten Neukaledonier. Nur wenige haben eine etwas hellere Farbe, und gelbbraune Haarspitzen, indeß bey allen übrigen der Bart und das Haupthaar schwarz und kraus, ja zuweilen gar wolligt sind. Die Tannesen sind gemeiniglich große, starke, wohlgestaltete, keinesweges aber corpulente Leute. Ihre Züge sind männlich und voll Kühnheit; selten fanden wir häsliche unter ihnen. Die Weiber haben mit den Männern einerley Farbe; die noch unverheiratheten sind zwar gut gebaut, aber fast alle Gesichter häßlich; einige in sehr hohem Grade. Ich habe nur zwey von sanfteren Zügen bemerkt, die eine frohe, lächelnde Miene annehmen konnten. Sowohl die Männer als die Weiber machen die Löcher in den Ohrlappen weit, und tragen mehrere große Ringe von Schildkrötenschale drinnen; so ist auch der Nasenknorpel durchbohrt, und ein cylindrisches Stöckgen, oder ein weisser Stein füllt die Oefnung aus. Das Haar wird auf eine eigne Manier gleichsam frisirt. So viel Haare als etwan die Dicke eines Taubenkiels betragen, werden mit dem Bast einer Art Zaunwinde (Convolvulus) umwickelt: und dergleichen kleine Zöpfe werden eine ungeheure Menge gemacht, bis alles Haar auf diese Art auf dem ganzen Kopfe verarbeitet ist. Wenn die Zöpfe kurz sind, kann man diese Frisur am besten mit den Stacheln eines sich sträubenden Stachelschweins vergleichen. Die Mannspersonen gehen ganz nackend, bis auf die Geburtstheile, die sorgfältig in Blätter gewickelt, und mit einem Bindfaden an den Strick befestigt werden, der anstatt des Gürtels um den Leib gebunden ist. Auf den Armen und auf der Brust sind Figuren eingeschnitten, die vermuthlich vermittelst Auflegung gewisser Kräuter, eine erhabene Narbe hinterlaßen. Ihr Naturell ist gutherzig, friedfertig und in hohem Grade gastfrey. Feinde, deren Waffen den ihrigen gleich sind, haben allem Anschein nach Ursach ihre Tapferkeit zu fürchten. Gegen uns, deren Feuergewehre sie nicht recht kannten, bezeigten sie solche dadurch, daß sich oft ein einzelner Mann mit seinem Wurfspies, oder seiner Schleuder, in einen Pfad stellte, und acht bis zehen der unsrigen wehrte, tiefer ins Land zu dringen. Anfangs äußerten sie Mißtrauen und Eifersucht gegen uns; nachdem wir aber einige Worte ihrer Sprache gelernt, und sie überzeugt hatten, daß wir nichts unbilliges im Sinne führten, ließen sie uns ungehindert hin und her gehen. So bin zum Beyspiel ich selbst in Begleitung zwoer, oder auch nur einer Person, etliche englische Meilen weit ins Land gegangen. Auch zum Stehlen sind sie meines Wissens nicht geneigt. Im Ganzen genommen, ist ihr Charakter etwas ernsthafter als bey den Societätsinsulanern; doch ließen sie mit unter nicht weniger Leichtsinn als jene blicken; sie sind lebhaft thätig, behend und dienstfertig, und belehrten uns williglich, wenn wir uns nur verständlich machen konnten.

3) Die Bewohner der Insel Mallikollo sind kleine, behende, hagere, schwarze, häsliche Geschöpfe, die unter allen Menschen, welche ich je gesehen, die mehreste Verwandschaft mit den Affen zu haben scheinen. Ihre Hirnschädel sind auf eine besondre Art von der Nasenwurzel aufwärts, mehr platt oder hinterwärts zurück gedrückt, als bey allen andern Menschen. Die Weiber sind häslich und übel gestaltet; sie müssen sich zur Arbeit und Dienstbarkeit bequemen, wie bey allen Varietäten, der zwoten Hauptrasse der Fall ist; sie tragen ihren müssigen Männern Lebensmittel nach, und bestellen in den Pflanzungen das Land. Das Haar der Mallikolesen ist mehrentheils wolligt und gekräuselt. Die Nase und Ohren sind durchbort; in jener tragen sie Stöckchen oder Steine, und in diesen große Ringe. Die Farbe ist schwarz, wie Ofenruß, die Gesichtszüge sind unsanft, die Backenknochen breit, und der Ausdruck des Ganzen unangenehm. Ihre Gliedmassen sind zwar nicht misgestaltet, aber dünn, und der Bauch insbesondere, wird mit einem Strick dergestalt zusammen geschnürt, daß es ein Europäer schwerlich aushalten würde. Die Geburtstheile sind, wie bey den Tannesen und Neukaledoniern eingewickelt und aufgebunden. An einem Arm befestigen sie in frühen Jahren ein Armband, welches hernach, wegen des zunehmenden Wachsthums der Gliedmaßen und Gelenke, nicht mehr abgezogen werden kann. Es giebt verschiedene unter ihnen, die über den ganzen Leib, auch sogar auf dem Rücken ziemlich stark behaart sind; jedoch habe ich diese Anomalie auch in Tanna und Neukaledonien bemerkt. Sie sind sehr behend, lebhaft und unruhig; einige scheinen boshaft und übelgesinnt, die mehresten aber friedlich und gutartig zu seyn. Frölichkeit, Musik, Gesang und Tänze sind bey ihnen sehr beliebt. Ihre vergifteten Pfeile thaten zwar keine Wirkung auf unsere Hunde, an denen wir sie versuchten, indessen folgt daraus nicht mit Gewisheit, daß sie ganz unschädlich sind. Nicht ohne Ursach würden diese Leute so ängstlich unsere Hand zurückgehalten haben, so oft wir es versuchten, die Spitzen dieser Pfeile nur mit dem Finger zu berühren; auch begreife ich nicht, in welcher Absicht sie sich sonst die Mühe geben sollten, diese knöchernen Pfeilspitzen mit einer harzigten Substanz zu beschmieren. Quiros, der ebenfalls dieses Volk besucht hat, hält ihre Pfeile auch für vergiftet. Ist dieses, so läßt sich wohl daraus schließen, daß sie in der Feindschaft grausam und unversöhnlich seyn müssen. Gegen uns äusserten sie jedoch ein Gefühl von Billigkeit und Menschenliebe. Der ungleich größere Theil von ihnen war vernünftig genug, mit der äussersten Sorgfalt alles zu vermeiden, was uns Mißvergnügen machen konnte. Sie schienen so gar die Ungerechtigkeit zu empfinden, die sie an uns durch den ersten Angrif begangen haben würden; denn sie verhinderten nicht nur alle Feindseeligkeiten, sondern gestatteten auch den ihrigen nicht einmal solche gleichgültige Handlungen, die wir übel hätten deuten können.

Medio vero terrae salubris utrimque mixtura, fertilis ad omnia tractus, magna & in colore temperies, ritus molles, sensus liquidus, ingenia foecunda, totiusque naturae capacia.
PLIN. Hist. Nat. L. II. c. 78.

Die Einwohner des Feuerlandes, als muthmaßliche Abkömmlinge der Südamerikaner, gehören zwar zu keinem von den obigen beiden Hauptstämmen der Südländer; indessen kann ich sie hier doch nicht mit Stillschweigen übergehen. Vorläufig wird es nicht überflüßig seyn, die von verschiedenen Schriftstellern und Reisebeschreibern oft so unter einander geworfenen Bewohner der Südspitze von Amerika, genauer zu bestimmen.

Der Capitain Wallis sahe die Einwohner der Gegend, welche an den Eingang der magellanischen Meerenge gränzt, und nahm das Maaß ihrer HöheS. Hawkesworths Sammlung der englischen Seereisen und Entdeckungen im Südmeere. Edition ln Quart. 1774 erster Theil. Seite 148. Edition in Octav. erster Theil. Seite 204.. Die mehresten waren 5 Schuh und 10 Zoll, bis 6 Schuh hoch; einige 6 Schuh 5 und 6 Zoll, und einer der größten 6 Schuh 7 Zoll. Herr von BougainvilleReise um die Welt etc. bemerkt, daß keiner weniger als 5 Schuh 5 bis 6 Zolle, Pariser Maaß, etliche aber 5 Schuh und 9 bis 10 Zoll hoch waren. Allein in einer vorhergehenden Reise des Schifs l'Etoile, hatte man etliche Menschen wahrgenommen, deren Länge 6 Pariser Schuh betrug. Nach englischem Maaß betragen die drey angegebenen Größen: die erste fünf Schuh zehn Zoll, die andre 6 Schuh 2 Zoll, und die letzte 6 Schuh 41 728/1000 Zoll. Herr de la Giraudais, Befehlshaber des Schiffs l'Etoile,Pernetty, Voyage aux isles Malounies. versichert, daß die kleinsten, die er 1766 gesehen, 5 Schuh 7 Zoll, Parisermaas, oder über 5 Schuh 11 Zoll (Englischen Maaßes) hoch waren. Herr Duclos Guyot in der Fregatte l'Aigle,Pernetty. l.c. berichtet, daß er die kleinsten, die er 1766 gesehn, 5 Schuh 7 Zoll, Parisermaas, (d.i. 5 Schuh 11498/1000 Zoll, Engl. hoch befunden habe; es seyen aber auch viele weit größer gewesen. PigafettaPigafetta ap. Ramusio. Vol.I. p.353. ) der den Magalhaens an Bord des Schiffs Victoria begleitete, sahe im Haven S. Julian Menschen, die acht spanische Schuh, oder 7 Schuh 4 Zoll Engl. hoch waren. KnivetS. dessen Reise. der 1592 den Ritter Thomas Cavendish begleitete, fand im Haven Desire Menschen, die sechszehn Hände hoch waren; rechnet man 4½ Zoll auf eine Hand (breit) so sind diese Leute 6 Schuh hoch gewesen. Richard Hawkinsdessen Reisen in der englischen Urschrift London 1622. spricht ebenfalls von großen Leuten im Haven S. Julian, die er 1593 gesehen, und die so gros gewesen, daß man sie füglich hätte Riesen nennen dürfen. Einige Spanier geben vor, daß im Innern von Chili (Tschile) zehn bis zwölf Schuh hohe Leute wohnen sollen. Allein eine so unbestimmte Nachricht, verdient ohne nähere und zuverläßigere Bestimmung keinen Glauben. Das Resultat aller hier angezogenen Zeugnisse, läßt uns inzwischen nicht mehr zweifeln, daß sich auf dem festen Lande von Amerika, ohnweit dem Vorgebirge der Jungfrau Maria, ein Volk von ungewöhnlich großen und robusten Menschen aufhält, deren keiner unter 5 Schuh und 10 Zoll, verschiedene über 6 Schuh, und einer 6 Schuh und 7 Zoll hoch befunden worden, und daß, wenn man Pigasetta Glauben beymessen will, einige sogar 7 Schuh und 4 Zoll hoch seyn müssen. Weiter landeinwärts giebt es ohnstreitig gewisse Stämme, die von noch ansehnlicherer Statur als jene von Wallis gemessene sind. Herr Falkner,Beschreibung von Patagonien. der sich mehrere Jahre unter jenen Völkern aufhielt, beschreibt den großen Caciquen Cangapol, dessen Residenz Huitschin am schwarzen Flusse (black River) belegen war, als einen 7 Schuh und einige Zoll langen Mann. Dieses Maaß hatte er dadurch bestimmt, daß er auf den Zehen stehend, mit seinen Fingerspitzen Cangapols Scheitel nicht zu erreichen vermochte. Dieser Cacique hatte einen Bruder der nur 6 Schuh lang war. Sie gehörten beyde zum Stamme der Pueltsches(Puelches). Herr Falkner erinnert sich nicht, je einen dortigen Einwohner gesehen zu haben, der den Cangapol um mehr als zwey Zoll an Höhe übertroffen hätte. Dieser Stamm der Pueltsches, und einige andre, ziehen selten nach der Seeküste, oder in der Nähe der magellanischen Meerenge; sie bleiben daher den wenigen Seefahrern, die jene unbewohnte Küste berühren, fast gänzlich unbekannt. Es möchte uns zwar problematisch scheinen, daß ein ganzes Völkchen sich in solcher auszeichnenden Leibesgröße erhalten könne, allein die Umstände können vieles dazu beytragen. Eine unaufhörliche Vermischung mit Fremden, ist bey uns eine Folge der höhern Gesittung; wir können nicht hoffen, die verschiedenen Rassen unvermischt zu erhalten; List und Trug, des einen, Neugier, Leichtsinn und Sinnlichkeit des andern Geschlechts, haben in unsern so aufgeklärten Ländern jene Nichtvermischung völlig unmöglich gemacht. War doch der Sittenverderb in England hoch genug gestiegen, um unter Damen von Stande, aus O-Mai einen Gegenstand thierischer Begierde zu machen! Die Pueltsches und andere Patagonische Stämme bewohnen ein Land, welches außer ihnen, fast von keinen andern Menschen betreten wird. Ihre Nachbarn, die Spanier in Tschile (Chili) und Rio de la Plata, haben mit ihnen wenig Verkehr, und sind froh, wenn sie von den Streitereyen so gefährlicher Feinde verschont bleiben. Sie leben fast ohne Mühe von der Jagd, und von großen Heerden, wozu ihr Land ihnen unermeßliche Weiden darbietet, die von einer Seite an das Meer gränzen, und von der andern, durch hohe Gebirgsketten von allen andern Gebieten abgesondert werden. Diese Lage ist in der That das beste Mittel, die Ausartung jener edlen, herkulischen Rassen von Menschen zu verhindern; sie verheiraten sich blos mit ihres gleichen, geniessen einerley Nahrung, leben stets unter demselben Himmel, und sind allesammt an mäßige Bewegung gewöhnt; lauter Umstände, die das ihrige beytragen, den Körperbau zu stärken und zu befestigen. Ihre Speisen, die sie reichlich von der Jagd erhalten, sind mannigfaltig und gesund. Das Klima ist gemäßigt, und ihre Kleidung von Pelzwerk schützt sie hinlänglich gegen die Strenge des Winters. Endlich ist noch ihre nomadische Lebensart, ihrer vollständigeren Ausbildung vortheilhaft; sie durchstreifen beständig die weitläufligen Gefilde von Südamerika; vom Platafluß bis an die magellanische Meerenge; die Jagd, das Reiten, die Uebung in den Waffen, stärken und bilden ihren Körper durch mäßige Bewegung; sie wissen nichts von jener anhaltenden, heftigen Anstrengung, die bey andern Völkern bereits im frühen Knabenalter beginnt, die Lebensgeister erschöpft, das Wachsthum erstickt, und alle Glieder verkrüppeltAnmerk.: Der obige Satz, daß die Rassen, auch des Menschengeschlechts, sich in ihrer Eigenthümlichkeit erhalten können, so lange sie nicht vermischt werden, bestätigt sich durch ein seltenes Beyspiel aus unsern nordischen Gegenden. Die Garden des hochsel. und des jetztregierenden Königs von Preussen, Leute von ungewöhnlicher Grösse, haben seit funfzig Jahren in Potsdam gestanden. Man hat daher bemerkt, daß eine beträchtliche Anzahl der jetzigen Einwohner dieser Stadt, hauptsächlich aber Personen weiblichen Geschlechts, von ansehnlicher Länge sind. Unfehlbar ist dieses merkwürdige Phänomen eine Folge der Vermischung oder Verheiratung jener großen Soldaten mit dem Potsdamer Frauenzimmer. Diese Beobachtung bin ich einem Gelehrten Freunde schuldig.. Mich dünkt, nicht nur die Wahrscheinlichkeit, sondern auch die wirkliche Existenz der großen Patagonier wird außer Zweifel gestellt, wenn man neben diese physischen Beweisgründe, jene Zeugnisse glaubwürdiger Schriftsteller setzt. Unbillig, und ich möchte fast sagen unartig war es immer, eines Mannes blos deswegen zu spotten, weil ihm die Existenz dieser großen Südamerikaner glaublich schien.

Im Feuerlande, welches das südliche Ufer der magellanischen Meerenge ausmacht, wohnen einige Familien von Menschen, die augenscheinlich von jenen auf dem festen Lande ausgeartet, und sehr von ihrer ursprünglichen Größe herabgesunken sind. Ihre dicken Köpfe, breiten Schultern und Brustknochen, ihre Gesichtszüge sogar, würden verrathen, daß sie von dem zunächst angränzenden Volke, den Yacannacunihs abstammen, wenn auch Herr Falkner nichts davon erwähnt hätteBeschreibung von Patagonien.. Merkwürdig ist es indessen, daß die großen Menschen, die der Admiral Byron, Capitain Wallis, Herr Bougainville, Hr. de la Giraudais und Hr. Duclos Guyot gesehen, durchgängig beritten waren; dahingegen die Yacannacunihs, deren Name schon Fußvölker bedeutet, keine Pferde haben. Auch diese Bemerkung, die sich von Herrn Falkners treflichen Buche herschreibt, wird durch die erste Cookische, und mehrere holländische und französische Reisen bestätigtS. Hawkesworths Geschichte der englischen See-Reisen etc. Edition in Quart. 2 Theil. S. – Recueil des Voyages pour l'établissement de la Comp. des Indes Orientales. Tome IV. – Bougainville, Voyage autour du monde, – , indem diese alle, auf dem Feuerlande unberittene Einwohner angetroffen haben, die in Kähnen von Baumrinde über die Meerenge hin und her schifften. Die Einwohner der westlichsten Inseln des Feuerlandes mögen indessen eher noch von den Key-yus, einem Stamme unter den Huillitsches, die zur Nation der Molutsches gehörenFalkners Beschreibung etc., Abkömmlinge seyn. Diese Kay-yus beschreibt Herr Falkner als Leute von kleiner, jedoch untersetzter Statur. Die wenigen Menschen, die wir im Christmeßsunde antrafen, hatten ohngefähr diese Bildung.

Sie waren kurz, untersetzt, dickköpfigt, gelbbrauner Farbe. Ihre Züge waren grob, das Gesicht breit, mit hoch hervorragenden Backenknochen, flacher Nase, weiten Nasenlöchern und Munde; und in der ganzen Gesichtebildung herrschte eine Leere, die keines andern Ausdrucks, als des Elendes fähig schien. Ihr schwarzes, schlichtgehendes Haar hing in eckelhafter Verwirrung um den Kopf, ihr Bart war dünn, und kurz abgestutzt. Der Obertheil des Leibes ist stark gebaut, die Brust und Schultern breit; der Bauch aber flach, und nicht hervorstehend, der Hodensack sehr lang. Die Füsse haben kein Verhältniß zu dem Oberleibe; die Schenkel sind dünn, und hager, die Beine gekrümmt, die Knie ausgedehnt, die Zehen einwärts gekehrt. Sie gehen fast ganz nackend, und tragen blos auf dem Rücken ein Stückchen Seehundsfell. Ihre Weiber sind ihnen an Bildung und Farbe ähnlich, und mit ihren hängenden Brüsten nur noch häßlicher. Ausser jenem Seehundsfelle auf dem Rücken, tragen sie (jedoch nicht alle) noch einen kleinern Lappen, oder den Balg eines Vogels, um die Schaam zu decken. Harmlose, friedfertige Menschen schienen sie zwar zu seyn, allein zugleich auch ungewöhnlich dumm. Sie waren nicht im Stande, irgend eines der Zeichen zu verstehen, die wir ihnen vormachten, und deren Bedeutung doch alle Insulaner des Südmeeres so leicht begriffen hatten. Wir hörten von ihnen kein deutliches Wort, ausser: Pesseräh! welches sie oft wiederholten, vielleicht um uns zu bezeugen, daß sie Freunde wären, vielleicht auch, daß sie dies oder jenes gut und schön fänden. Wenn sie unter sich sprachen, bemerkte ich, daß das r und l, hinter einem englischen th, also fast wie das wälsche ll öfters vorkam; auch hatten sie verschiedene andere Lispeltöne. Das Trahnöl womit sie sich beschmiert hatten, kündigte, durch einen höchstwidrigen Geruch, ihre Annäherung schon auf etliche Schritte weit an. Selbst an den heitersten Tagen ihres unfreundlichen Sommers, schauderten sie beständig vor Kälte. Mit einem Wort; die menschliche Natur erscheint nirgend in einem so herabgewürdigten, elenden Zustande, als unter diesen traurigen, verlassenen, sinnlosen Geschöpfen.


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