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Fragili & laboriosa mortalitas in partes ista (numina) digessit. Infirmitatis suæ immemor, ut portionibus quisque coleret, quo maxime indigeret. Iraque nomina alia aliis gentibus, & numina in iisdem innumerabilia reperimus.
PLIN. hist. nat. lib. II. cap. 7.
Der Gedanke an die gränzenlose Macht und Weißheit des Schöpfers und Weltherrschers, an den Urquell alles Guten, den Zeugen und den Richter alles unseres Thuns; das Gefühl eigener Schwäche und eigener Bedürfnisse; die Erfahrung endlich, daß die wichtigsten Auftritte des Lebens, Folgen einer Zusammenkettung von Ursachen sind, die man oft weder vorhersehn noch vermeiden kann: dies sind Bewegungsgründe genug Gott zu fürchten und zu ehren, dem Wohlthätigen zu vertrauen, ihn zu lieben, den Allbarmherzigen! Noch näheren Antrieb zur Anbetung, zur innigsten Neigung, zur herzlichsten Liebe gegen das höchste Wesen, giebt uns jeder tiefere Blick auf unsere physische und geistige Fähigkeiten, auf die Beschaffenheit des Genusses, der hauptsächlich von den letztern herfließt, auf den Durst nach Lebenedauer ohne Ende, und nach ewiger Glückseligkeit, den jeder, trotz der Vorurtheile seiner Erziehung, und trotz der Lockstimme der Leidenschaften, im Busen fühlt. Von diesem Gefühl durchdrungen, erkennt es der Mensch bald für seine Pflicht, die Vollkommenheit und Macht jenee Wesens näher zu erforschen, sein Verhältniß gegen dasselbe und gegen seine eigenen Mitgeschöpfe genau zu ergründen, um, nach dieser Einsicht, ihm ähnlicher zu werden, ihm näher zu treten, dem Inbegrif und Urquell aller Vollkommenheit und Güte! – Hierin besteht die Grundlage aller ächten Religionsbegriffe.
So deutlich und zugleich so erhaben können nun freylich die Begriffe des Insulaners in den Südländern nicht seyn. Indeß erkennt er bereits einen unsichtbaren, allmächtigen Herrn und Schöpfer des Weltballs, der die verschiedenen Theile der Schöpfung durch mehrere untergeordnete Wesen (Kräfte) vollendet hat. Er ist, auch in den Augen jener Menschen, allwissend und gut; er hört und sieht alle menschliche Handlungen, und ist ein Geber alles Guten. Diesen höchsten Gott, (Eatuá-rahai) beten sie daher auch, im Gefühl ihrer Bedürfnisse, an; ihm bringen sie, mit dankbarem Herzen, die besten Früchten ihres Landes dar.
Die Taheitier glauben ferner, daß in ihrem eignen Körper ein Wesen wohnt, welches sieht, hört, riecht, schmeckt und fühlt. Diese Seele nennen sie: E-Tihi. Nach der Auflösung des Körpers, glauben sie, daß dieses Wesen um den Leichnam schwebe, und daß es zuletzt sich in gewisse hölzerne menschliche Figuren zur Ruhe begebe, welche zu diesem Behuf um die Begräbnisplätze aufgestellt werden. Hiernächst sind sie auch von der Gewißheit eines glückseligen Lebens, in der Sonne, überzeugt, und erwarten, dereinst Brodfrucht und Fleisch welche keiner vorhergegangenen Zubereitung bedürfen werden, dort zu speisen. Das Volk zeigt bey müßigen Stunden viel Neigung und Anfmerksamkeit, etwas, sowohl die höchste Gottheit, als auch die untergeordneten Götter betreffendes, anzuhören, und hierin, und in der Befolgung ewiger allgemein erkannten Vorschriften zur Tugend, besteht das wesentliche ihres Gottesdienstes.
So allgemein diese ersten Grundsätze bey dem ganzen Menschengeschlechte überall anzutreffen sind, und so gewiß sie bey keinem Volke fehlen, welches überhaupt noch den Begrif einer Gottheit aufbehalten hat, so wahrscheinlich ist es auch, daß sie ehrwürdige Ueberbleibsel mündlicher Überlieferungen sind, welche vom festen Lande Asiens noch herstammen. Ohne hiemit entfernt behaupten zu wollen, daß alle Begriffe von Gott und Gottesdienst von der Beschaffenheit sind, daß sie nicht anders als durch Tradition fortgepflanzt werden könnten, bewegen mich mehrere Gründe jene Überlieferung doch im hier obwaltenden Falle anzunehmen. Einmal, ist es durch Sprache, Gebräuche, Sitten und Nebenumstände erwiesen, daß die Völker im Südmeere asiatischen Ursprungs sind; warum sollten sie folglich von dorther nicht auch ihre Religionsbegriffe mit sich genommen haben? Zweytens: in Ansehung der Dinge, die eine Anstrengung des Verstandes, Aufmerksamkeit und Ueberlegung fodern, und in lauter abgezogenen Begriffen bestehen, ist die Trägheit den Menschen so eigen, daß sie weit eher auf dem schon gebahnten Wege fortgehen, als selbst Bahn brechen, und ihre Seelenkräfte aus eignem Antriebe in Thätigkeit versetzen mögen. Natürlich ist es folglich, zu vermuthen, daß die Insulaner lieber den Meynungen ihrer asiatischen Vorältern haben treu bleiben, als, in eigner Kraft, ein neues Religionssystem erfinden wollen. Drittens: ist die Uebereinstimmung der taheitischen Religionsbegriffe, mit den östlich-asiatischen, so auffallend, daß man keinen Augenblick anstehen kann, jene von diesen herzuleiten. Doch, wir dürfen die Untersuchung nur etwas weiter fortsetzen, um bald überzugt zu werden, daß kein Land und kein Volk existirt, dessen Religion nicht Spuren einer Überlieferung enthält.
Indem wir solchergestalt allenthalben auf ein frühes Zeitalter zurückgewiesen werden, müssen wir gleichwol endlich einen Ort und einen Zeitpunkt annehmen, wo jene Begriffe ihrer ersten Quelle entflossen. Das Menschengeschlecht, im Ganzen genommen, verhält sich in seiner Kindheit, wie der einzelne Mensch. Der Begrif, daß ein höchstes Wesen vorhanden, und daß es Pflicht sey, dasselbe anzubeten, wird von dem Kinde nicht erfunden; allein ehe sich noch seine geistigen Fähigkeiten entwickeln, sind Aeltern oder Erzieher schon bemüht, die Lehre von Gottes Daseyn, und von dem ihm schuldigen Dienste, als ein allgemein anerkanntes Axiom, ihm beyzubringen. Hernach erst, wenn die Verstandskräfte durch Uebung und Erziehung reif geworden sind, giebt man dem Schüler Gründe an, und zeigt ihm die überzeugende Kraft der Schlüsse, auf denen jene Lehre beruht. Die göttliche Vorsehung, scheint das Menschengeschlecht in seiner Kindheit, auf ähnliche Weise behandelt zu haben. Den ersten Begrif von Gott, von seinem Daseyn, und seinem Dienste, gab Er selbst, als ein Axiom, als ein Gebot, welches dem kindischen Alter des Geschöpfs angemessen war; und so lange die Seelenkräfte, insbesondere die Vernunft, bey irgend einem Volke noch ungeübt bleiben, so lange beruht ihr Religionsbegrif auf Ueberlieferung und Gebot. Tritt aber das reifere Alter ein, so wird die Lehre, vom Daseyn Gottes, die in der Kindheit blos Sache des Gedächmisses war, nun auch Sache des Verstandes, weil dieser den Beweis dafür mit so lesbaren Zügen,in jedem Gegenstande der ihn umgiebt, nunmehr von selbst entdecken kann. Mit dieser großen, jetzt erst durch Ueberzeugung erwiesenen Wahrheit, geht der Mensch in sich zurück, erforscht sich selbst, erkennt die Pflichten gegen Gott, gegen sich selbst, und gegen alle sowohl vernünftige als unvernünftige und leblose Geschöpfe, welche theils mit, theils unter ihm, in einen gemeinschaftlichen Plan verwebt sind.
Die Taheitier und ihre Nachbaren stehen noch auf jener ersten Stufe. Ihre Begriffe von Gott und Gottesdienst sind blosse Ueberlieferungen, die ihr Verstand noch nicht zu prüfen weiß. Allem Anschein nach wird auch noch ein langer Zeitraum dazu gehören, ehe sie im Stande seyn werden, den hellleuchtenden Beweiß jener Wahrheiten einzusehen. Wir können also für diese guten Menschen, vor der Hand, nichts mehr thun, als bloß wünschen, daß sie, von der Religion der Natur und Vernunft, zum Empfang der christlichen Lehren bald gehörig vorbereitet werden mögen!
Ihr gegenwärtiges Religionssystem ist ein Polytheismus, jedoch einer der leidlichsten die bisher bekannt geworden sind. Denn das Wort Eatua, welches Gott bedeutet, ist von dem Umfange, daß es auch durch Genius überseht werden kann. Sie nehmen eine, über alle erhabene, höchste Gottheit an, und nennen dieses Wesen, Eatua-rahai (der große Gott). Taheiti, und jede der Societätsinseln, hat demnächst ihren eignen Gott, oder eigentlicher, ihren Schutzgott. Der von Taheiti heißt: Orua-hattu; der von Huaheine: Tane; von Raietea: Oru: von Q-Tahà: Orra; von Borabora: Tauttu; von Maurua: Otu; von Tabuamannu: Taroa. An diesen Schutzgott richtet der Hohepriester jeder Insel sein jedesmaliges Gebet, und der hiezu bestimmte Ort ist das Marai, oder der Begräbnisplatz des Königs. Von dem höchsten Wesen glauben sie, daß es der erste Hervorbringer aller, sowohl göttlichen als menschlichen, Wesenheiten sey. Da nun die Begriffe von der Zeugung diesen Insulanern so früh und so allgemein bekannt werden, so darf man sich nicht wundern, daß sie dieselben auch in die Götterlehre mischen, und folglich ihrem Eatua-rahai ein weibliches Wesen zugesellen, um aus dieser beyden Verbindung den Himmel mit untergeordneten Eatuas, und die Erde mit Menschen bevölkern zu können. In dieser Rücksicht heißt das höchste Wesen bey ihnen auch Ta-roa-t'eay-etumu, der große Stamm (Ursprung) aller Fortpflanzung. Sein Weib ist ihm aber keineswegs ähnlich; vielmehr haben sie, nach ihren rohen Begriffen, eine zugleich existirende feste, materielle Substanz für notwendig erachtet, welche sie O-te-Papa, den Felsen, nennen. Mit diesem Weibe zeugte der Eatua-rahai, die O-Hina, oder die Schöpferin des Mondes, die auch in dem schwarzen Wölkchen wohnt, welches man im Monde sieht; ferner, den te-Hwettu-ma-tarai, den Schöpfer der Sterne; Umarrìo den Gott und Schöpfer des Meeres; und Orre-orre,Orri bedeutet Wind. den Gott der Winde. Hiernächst steht die See noch unter dreyzehn besonderen Gottheiten, deren jede ein eignes Geschäft hat, wie ihre Namen, zum Theil auch uns, anzuzeigen schienen; sie heissen: 1.Uru-haddu, 2.Tamaùi, Z.Ta-Api, 4. Atu-Ariòno, 5. Tama, 6. Tahau-meonna, 7. 0-ta-MaauwiMa-au heißt ein Hayfisch., 8. OhwaiOhwai bedeutet einen Stein' oder Kiesel., 9. O-Hwatta, 10. Ta-Hua, 11. Tëu-t'EiyaEiya, ein Segel; auch ein Fisch. 12. Oma-huru, 13. 0-Hwaddu. Der große Gott, Taroa-t'eay-etumu, wohnt in der Sonne. Sie stellen ihn sich als eine menschliche Gestalt mit schönen langen Haar vor, welches bis zur Erde (zu seinen Füssen) reicht. Er gilt für den Urheber der Erdbeben, und heißt in dieser Bedeutung, O-Mauwe; auch hat er die Sonne erschaffen. Als Capt. Cook, bey seiner Anwesenheit in Taheiti 1769, diese Insel, zu Erforschung ihrer Küsten, in einem Boot umschifte, fand er diese Gottheit, als Mauwi, oder Gott der die Erde erschüttert, auf eine ziemlich unförmliche Art abgebildet. Diese Bildsäule, wenn man sie so nennen darf, war von Baumzweigen geflochten, und ausserhalb mit schwarzen und weissen Federn bedeckt. Uebrigens ist dieß der einzige Fall, wo bey den Taheitiern eine körperliche Vorstellung einer Gottheit vorkömmt, und Capt.Cook erwähnt auch überdem nirgends, daß diesem Bilde irgend eine Art von Verehrung erwiesen worden sey. Einer, unter den Insulanern angenommenen, Ueberlieferung nach, glauben sie, daß die oberste Gottheit, zuerst die untergeordneten Götter gezeugt, und diesen alsdenn auferlegt habe, gewisse Theile der Schöpfung hervorzubringen; als z. B. einem das Meer, andern den Mond, die Sterne, die Vögel, die Fische etc. O-Mauwi schuf die Sonne; und nahm hernach sein Weib, den unermeßlichen Felsen O-te-Papa, und schlepte ihn von Westen nach Osten durchs Meer; bey dieser heftigen Bewegung brachen die Inseln, welche diese Völker jetzt bewohnen, von der großen Masse ab, und diese blieb zuletzt, als ein großes festes Land, gegen Osten liegen, wo es noch jetzt vorhanden seyn soll. Die Schutzgötter der verschiedenen Inseln habe ich bereits hergenannt; nur ist dabey noch zu erinnern, daß der Gott Tane, vor den andern Gottheiten, seinen Brüdern, nichts voraus hat, und sich weder um menschliche Angelegenheiten mehr bekümmert, noch auch von den Einwohnern allgemeiner angerufen wird, als alle übrigen, ausgenommen in Huaheine, der Insel über welche er die besondre Aufsicht hat, und wo man ihn als Schutzgott verehrt. Dahin müssen also die Nachrichten, welche unsre Vorgänger auf dieser Reise, von dem vorzüglichen Ansehen des Gottes Tane mitgetheilt haben, berichtiget werdenS. Hawkesworths Geschichte der engl. Seereisen etc. Edition in 4 Band II, S.236.237. und in der Edition in 0ctav Band 3, S.355. Ausser den Göttern vom zweyten Range, giebt es aber noch einige geringere Wesen, die zwar ebenfalls mit dem Namen Eatua bezeichnet werden, jedoch ohngefehr nur das sind, was in der römischen Mythologie die Genii und dii minorum genitum waren. Ein solcher ist der Orometua, ein bösartiger Geist, der sich, ihrer Meynung nach, gemeiniglich um die Marais und Tupapaus (Begräbnißorte) in, oder um, die kleinen Kästchen aufhält, in welchen die Knochen der Verstorbenen aufbewahrt werden. Diese Kästchen heissen daher te-Hwarre-no-te Orometua, das Haus des Orometua. Die Taheitier glauben, daß dieser böse Genius, wenn ihn die Priester anrufen, denjenigen plötzlich umbringen, über den sie seine Rache herabfordern. Vielleicht sind diese Priester eben nicht die gewissenhaftesten Menschen, und wissen, gegen eine gute Bestechung, den zum Untergang bestimmten Menschen zu vergiften, seinen plötzlich erfolgten Tod aber dem Orometua zuzuschreiben. Dieses scheint mir um desto wahrscheinlicher, je feyerlicher mich die Einwohner versicherten, es sey gar nichts ungewöhnliches, daß das Gebet der Priester an ihren Orometua in Erfüllung gienge. Ich hörte noch von einem andern Genius, Orome-hauhauwi, der gleiche feindselige Gewalt gegen die Menschen ausübt, aber nicht mit Gebet, sondern nur durch Zischen verehrt wird.Merkwürdig genug ist es, daß diese Art von Verehrung einer Gottheit, oder eines Genius, durch Zischen, auch bey den ägyptischen Priestern gebräuchlich war. Nicomachus spricht davon in Harmon. Manual. L. H. (in Meibomii auctiborus antiau. Musicae vol. 1. p. 37.) Αρμονια αποτελει δρασικας δυναμεις και τελεσικας των θειων. δια οτ'αν μαλισα οι θε ινοι (lege θεοριμοι) το τοιουτον (lege το θειον) σεβαζονται σιγμοις τε και εναρθροις και ασυμφωνοις ηχοις συμβολικως επικαλουνται. Harmonia perficit potestates operatrices & divinorum effectivas. Quare Theurgici, cum sanctissime colunt numen aliquod, invocant illud sibilis & poppysmis, fonisque qui articulationes & confonas non habent. Die unterste Gattung von Geniis sind endlich die Tihi. Ich habe bereits erwähnt, daß die Insulaner mit diesem Namen das Ding nennen, welches in uns sieht, hört, riecht, schmeckt und fühlt, welches Gedanken bildetEs fehlt den Taheitiern der Ausdruck für abgezogene Begriffe. Gedanken, sind nichts körperliches; hier mußten sie sich also einer besondern Wendung bedienen, und durch die Umschreibung: Parau-no-te-obu, Worte des Bauches, den Begriff von Gedanken ausdrücken. (Anm. des Verf.) Da in allen Sprachen bey jedem Worte eln sinnlicher Begriff zum Grunde liegt, so werden die nicht körperlichen Dinge auch in allen Sprachen figürlich ausgedrückt. Unsere Vorältern haben vermuthlich schon so lange her zu denken gewußt, daß wir jetzt nicht mehr wissen, welchen sinnlichen Begriff sie bey diesem Worte zum Grünte legten. Wüßten wir ihn, so würbe er uns vielleicht jetzt eben so seltsam scheinen, als der taheitische. G. F. und nach dem Tode, abgeschieden vom Körper, noch fortdauert, sich in der Gegend des Begräbnißortes aufhält, um die Gebeine und Leichnamme herschwebt, und ebenfalls mit Zischen verehrt wird. Ausserdem erklärten sie uns noch, daß diese Tihis hauptsächlich in den hölzernen Figuren wohnen, welche an den Begräbnißplätzen aufgestellt werden. Sie sind, nach dem Geschlechte der verstorbenen Person, entweder männlich oder weiblich. Man fürchtet sich auch vor ihnen; denn die Insulaner glauben, daß sie, zur Nachtzeit, in ihre Hütten kriechen, und den Schlafenden das Herz und die Eingeweide aus dem Leibe fressen, folglich sie umbringen.Pausanias in Phocicis s. Lib. X. p. 663. beschreibt das Gemälde Polygnots, welches die Höllenfahrt des Ulysses vorstellte. Hiebey erwähnt er eines Dämons aus den Inferis, mit Namen Eurynomus, der das Fleisch von den Knochen der Leichnamme nagt. Die taheitischen Tihis und Eatuas vom letzten Range, scheinen eben solche Dämonen zu seyn, die von Leichen und auch von Lebendigen schmausen. Die Beschreibung des Eurynomus ist im Pausanias meisterhaft, und enthält Beweise von dem großen Genie Polygnots, der seine Kunst zu einer Vollkommenheit gebracht zu haben scheint, die den Werken der Neuern nur gar zu oft fehlt.
Die Verehrung der Götter besteht bey den Taheitiern in verschiedenen Stücken. Erstlich giebt es besondere ihnen gewidmete Oerter, welche zum Gottesdienste bestimmt sind, und Marài genannt werden. Sie haben selbige gemeiniglich am Strande, auf Landspitzen die sich etwas in die See erstrecken, angelegt, und sie bestehen aus einem großen Steinhaufen mit hohen Stufen, fast in Gestalt einer egyptischen Pyramide. Bisweilen findet man, an einer Seite dieser Pyramide, einen mit platten Steinen gepflasterten, und mit Mauern von Quaderstücken umgebenen Hof (area). Die Pyramide selbst ist nicht ganz von solchen Steinen erbaut, sondern das Inwendige derselben ist mit kleinen Bruchstücken von Korallfelsen ausgefüllt. Bisweilen sind, in geringer Entfernung vom Marai, ein oder mehrere kleine Schoppen errichtet, unter denen sich diejenigen aufhalten, die entweder bey dem Marai ihr Gebet verrichten, oder daselbst die Begräbnißfeyer ihrer verstorbenen Anverwandten begehen wollen. Bisweilen stehet unweit des Marais, eine Anzahl Pfähle in der Erde, welche mit Querbalken genau verbunden sind; auch trift man erhöhete, auf Pfeilern ruhende Bühnen, oder Gerüste, von verschiedener Größe daselbst an. Auf eine solche Bühne,(Hwatta) legen die Einwohner die Opfer, welche sie ihren Gottheiten darbringen, und welche in Schweinen, Hunden, Hünern und Früchten bestehen. Die größern Bühnen sind bisweilen dreyßig Schuh hoch und über zwanzig Schuh breit, und oft mit Pisangs ganz bedeckt, die zwischen Blumenkränzen und grünen Zweigen, als Opfer für die Götter aufgehangen sind.Die Pflanzen deren man sich zu solchen Verzierungen gemeiniglich bedient, sind Pura-au oder Epua-taruru, (Crataeva religiosa) Emotu (Melastoma malabathrica) und Awa-waidai (Piper latifolium). Endlich stehen, in der Nähe des Marai's, ohngefehr zwanzig bis dreyßig lange Pfäle, aufrecht und einzeln, in der Erde, die, an einer Seite, über und über ausgeschnitzt sind. Das Schnitzwerk stellt menschliche Figuren, jede achtzehn Zoll hoch, und wechselsweise männlichen und weiblichen Geschlechts, vor, ist aber von grober, unförmlicher Arbeit. An einem solchen Pfale sind zuweilen fünfzehn bis zwanzig dergleichen Figuren über einander angebracht, welche Tihi genannt werden, und die Wohnorte der abgeschiedenen Geister seyn sollen. Zur Zierde des Marais, und zum Zeichen der Verehrung die man, sowohl für die Götter als auch für die Verstorbenen, hegt, werden verschiedene Arten von Bäumen, um diese Gebäude her gepflanzt. Unter allen wird der Keulenbaum oder Toa (Casuarina equisetifolia)zu diesem Behuf vorzüglich gebraucht, und zwar nicht nur bey den Taheitiern sondern auch bey den Einwohnern aller übrigen freundschaftlichen Inseln. In den letztern haben wir überaus große Bäume dieser Gattung um ihre Gotteshäuser (Affayetuca) stehen geschen. Das Schönblatt oder Tamannu, (Calophyllum inophyllum), der Pappeleibisch, e-Miro, (Hibiscus populneus) der Pandang, e-Hwara (Pandanus odoratissimus) und endlich eine Art des Drachenbaums, Etih, (Dracæna terminalis) besonders die Spielart welche rothe Blüthen und roth geäderte Blätter hat, werden ebenfalls, nebst noch andern mehr, um den Marai hergepflanzt.
Die zunächst folgende Art der Gottesverehrungen bestehet in gottesdienstlichen, an bestimmten Tagen vorgenommenen, Handlungen. Zeit und Zahl der Festtage sind uns nicht bekannt geworden; allein, daß es dergleichen gebe, haben mir die Einwohner vielfältig versichert.
Zu dem Ende sind aber auch, drittens, gewisse Personen besonders ausersehen, welche die Gebete und Ceremonien verrichten. Der oberste Erih, oder König einer Insel, wählt unter den ihm untergeordneten Erihs oder Vornehmen, einen Mann von Einsicht, der sein Priester, oder Tahauwa wird, und, zur gesetzten Zeit, Gebete verrichten, die Opfer darbringen, kurz, alle erforderliche Feyerlichkeiten begehen muß. Diese Würde ist nunmehr vom Vater auf den Sohn erblich geworden. Jeder Provinzial-Erih hat ebenfalls einen Priester, und die unteren Klassen des Volks desgleichen. Diese letzteren können aber nicht für Personen von höherem Stande beten und opfern. In den vorigen ReisebeschreibungenS. Hawkesworths Geschichte der englischen Seereisen etc.. Edition in Quart Band II. S.239.u. in 8. B.IIl. S.559. findet man sogar angemerkt, daß die Priester der Mannspersonen nicht einmal für das Frauenzimmer ihre Gebete verrichten können. Jedes Geschlecht hat seine eigenen Marais, wohin das andre nicht kommen darf; nur gewisse Marais sind beiden gemein. Von allen diesen seltsamen Verfassungen haben zwar, wir selbst, während unseres Ausenthalts in Taheiti, nichts erfahren, sondern führen es blos nach Hawkesworths Zeugniß an, doch dünkt es uns gar nicht unwahrscheinlich.
Die gottesdienstlichen Handlungen sind verschiedener Gattung. Zuerst Anrufungen oder Gebete, an eine ihrer Gottheiten. Die Gebete werden vom Priester entweder laut hergesagt, oder stillschweigends dargebracht. Bey jeder Ceremonie bedienen sie sich kurzer, dazu bestimmter, Sentenzen. Die Sprache der Priester ist feyerlich, in kurzen Sätzen, und von der Art wie man sich im gemeinen Leben auszudrucken pflegt, fast gänzlich verschieden. Wir konnten wenigstens keinen einzigen Absatz ihrer Gebete verstehen, ohnerachtet wir von der gewöhnlichen Mundart beträchtliche Wörtersammlungen gemacht hatten, und diese ziemlich gut verstanden. Ausser den Gebeten, welche die Priester eines jeden Standes bey gewissen Gelegenheiten hersagen, ist es auch den Layen erlaubt, für sich zu beten, und gewisse gottesdienstliche Gebräuche zu verrichten. Der junge Taheitier der sich 1773 entschloß, mit uns nach Hua-heine zu gehen, sagte vor seinem Abendessen ein Gebet her, nahm hierauf von dem Fisch, der ihm vorgesetzt ward, ein kleines Stückchen, und legte es neben sich auf den Tisch, als ein Opfer für den Eatua. Die Insulaner bey denen ich mich, wegen der Art ihres Gottesdienstes erkundigte, antworteten mir, daß der Priester bisweilen so leise bete, daß kein Mensch es hören könne; demohngeachtet höre es der Eatua, welcher zu der Zeit nahe am Marai sey, und antworte dem Priester. Von dieser Antwort des Eatua, vernimmt die umherstehende Menge nicht das mindeste. Der Priester hingegen hört alles was die Gottheit spricht. Gottheiten geringerer Art werden, wie bereits erwähnt, blos durch Zischen verehrt.
Sobald der Einwohner der Societätsinseln sich einem Marai nähert, zieht er sein Kleid von den Schultern ab, und erzeigt also diesem Orte die nähmliche Ehre, die er seinem Fürsten schuldig ist. Ein sicheres Zeichen, daß er ihn für den Wohnort eines höheren Wesens hält, dem eine solche Ehrenbezeugung, von Rechtswegen, zukommt. Doch, nicht genug, daß sich diese Insulaner mit Worten und äusserlichen Gebärden zu ihren Göttern nahen, sie suchen auch noch thätigere Beweise der Verehrung, durch Opfer, an den Tag zu legen, und diese bestehen in den Landesprodukten aus dem Thier- und aus dem Pflanzenreiche. Ich habe oftmals, auf einer Art von Altären, die zu dem Ende am Marai errichtet war, gebratene Schweine, Hunde und Hüner, mit feinem Zeuge bedeckt, ausgestellt gefunden; der bereits erwähnten Bühnen nicht zu gedenken, die voller Pisangs und Plantanen hängen. Von andern Opfern, habe ich nie etwas gesehen, noch je gehört, daß, wie Capt. Cook erfahren haben will, zuweilen gar Menschen geopfert werden.Cook's Voyage towards the Southpole or round the World, Vol.I. p.185. Indessen scheint er die Sache so genau untersucht zu haben, daß sich, ohne eigene noch genauere Nachforschungen, nichts dagegen einwenden läßt.Fast alle Völker des Alterthums opferten Menschen, die Egyptier ausgenommen, denen diese grausame Gewohnheit fremd war. Wenn aber zuweilen in alten Schriftstellern von ihnen gesagt wird, daß sie Menschen geschlachtet hätten, um den Zorn ihrer Götter zu besänftigen, so ist dieses von den arabischen Hirtenvölkern zu verstehen, die ganz Egypten einst erobert hatten, und bey denen jene gräßlichen Opfer üblich waren. Ueber diese Art die erzürnten Götter mit Menschenblut zu versöhnen, hat Herr Bryant mit der größten Gelehrsamkeit geschrieben, in seinen Observations and Inquiries relating to various parts of ancient history; pag. 267 – 285. Vielleicht haben die Einwohner für gut gefunden, daß ein Verbrecher, als ein Schlachtopfer für die Götter, hingerichtet werde; und da wahrscheinlich, vor diesem, auch die Taheitier Menschenfresser gewesen sind, so können diese Menschenopfer wohl Ueberbleibsel jener gräßlichen Gewohnheit seyn, mit dem Unterschiede, daß Verbrecher den Göttern jetzt nur geschlachtet, nicht aber gefressen werden. Der Umstand, dessen man gegen Hrn. Cook erwähnte, nämlich »daß nur böse Menschen getödtet werden, um die Götter zu versöhnen« scheint dieses grausame Verfahren in etwas zu mildern, und, einer unheiligen Handlung ein gesetzmäßiges Ansehen zu ertheilen. Allein sie erscheint bald wieder in ihrer ganzen Abscheuligkeit, indem es weiter heißt, daß die Wahl des Opfers dem hohen Priester überlassen wird. Dieser kann also, bey einer solchen Gelegenheit, nicht nur ganz bequem seinem eignen Privathaß den Zügel schiessen lassen, sondern auch ungestört die allerfürchterlichsten Auftritte pfäffischer Politik veranlassen. Wenn das ganze Volk feyerlich versammlet ist, geht er ganz allein, in das Gotteshaus oder den Marai, verweilet daselbst eine Zeitlang, und meldet der Versammlung, indem er wieder herauskommt, daß der oberste Gott sich mit ihm unterredet, und ein Menschenopfer gefordert habe; jetzt nennt er den Menschen, den die Gottheit hiezu gewählt hat, der auch sogleich gegriffen, und zu tode geprügelt wird. Noch eine Bemerkung, daß man nämlich nur solche Verbrecher, die kein Lösegeld für ihre Verbrechen bezahlen können, zu diesem Tode verurtheilt, ist ein Beweiß, daß der Priester bey solchen Gelegenheiten zugleich seine Habsucht befriedigen kann. Wenn alles dieses seine Richtigkeit hat, so geben auch die Einwohner der Societätsinseln ein trauriges Beyspiel jener unseeligen Verirrungen ab, in welche sich die Menschen immer mehr vertiefen, je weiter sie sich in Religionssachen, ihrem eignen Dünkel überlassen, und von der Einfalt jener Anbetung im Geist und in der Wahrheit sich entfernen, welche die christliche Offenbarung auf das vollkommenste lehrt.
Die Taheitier scheinen indessen, dem so eben Erzählten zu folge, den Begrif anzunehmen, daß Gott dem Menschen seinen Willen durch ihre Priester zu erkennen gebe. In zweifelhaften Fällen von einiger Wichtigkeit, wird, wie man mir selbst versichert hat, die Gottheit von den Priestern unmittelbar um Rath gefragt, und diese bringen die Antwort derselben zurück an das Volk. Hieraus folgt, daß man dort die Marais zugleich als Orakel ansieht, wo Gottes Antwort, dem Priester nur hörbar, denenjenigen mitgetheilt wird, die dadurch belehrt und geleitet seyn wollen. Auch dieser Begrif ist unter den Menschen so allgemein, daß man, unter Alten und Neuern, schwerlich ein Volk antreffen wird, welches nicht daran gehangen, und geglaubt hätte, die Gottheit habe sich die Belehrung der Menschen in wichtigen Fällen, welche die nächste Beziehung auf ihre Glückseligkeit haben, unmittelbar selbst vorbehalten.
Um jedoch auf die Traditionen der Taheitier zurückzukommen, so erzählten sie ferner, daß, nachdem ihr oberster Gott, Taroa-t'eay-etumu, mit seinem Weibe O-te-Pappa viele Gottheiten von beyderley Geschlecht erzeugt, und diese zu Schöpfern und Regierern der verschiedenen Theile des Weltalls verordnet; nachdem er sodann die Inseln gebildet, indem er sein Weib O-te- Pappa durchs Meer geschleppt, so habe er endlich mit ihr einen Sohn, Namens O-Tea, erzeugt, und dies sey der erste Mensch gewesen. Die Volkssage setzt hinzu, seine Glieder wären anfänglich wie eine Kugel zusammengerollt gewesen; seine Mutter aber habe sie allmälig ausgebreitet, und ihnen die Gestalt ertheilt, die ihnen noch jetzt eigen ist. Von eben diesen Aeltern ward auch eine Tochter gebohren, welche O-te-Torro hieß, und das Weib des ersten Menschen, des O-Tea, ward. Von diesem Paare, ist ihrer Meynung zufolge, das ganze Menschengeschlecht entsprossen. Aus dieser Entstehungsgeschichte lassen sich nun folgende wichtige Folgerungen ziehen. 1) Sie glauben, der Mensch sey von Gott geboren; mithin müssen sie auch glauben, daß ihre Götter Menschen ähnlich sind. Dies bestätigt sich durch die Abbildung des Mauwi, welche Capt.Cook auf seiner ersten Reise gesehen hat. 2) Da sie, ohnerachtet ihrer Behauptung, daß Gott nicht gesehen werden könne, dennoch den Mauwi unter dem Bilde eines Menschen dargestellt haben, so folgt, daß sie damit nicht eine wahre Abbildung, sondern blos ein Symbol verstanden haben. 3) Da sie von dem im Menschen empfindenden, und denkenden Wesen glauben, daß es nach dem Tode, in einem abgeschiedenen Zustande, fortdauere, und obgleich unsichtbar, dennoch fähig sey, Handlungen zu vollbringen, welche denen, die es im Körper würkte, ähnlich sind; daß es nämlich sieht und hört, von seinen Freunden ergötzt werden, und sein Misvergnügen dadurch, daß es Leute ums Leben bringt, thätig erweisen kann; so folgt offenbar, daß sie sich hiebey ein unsichtbares, freyes Wesen, unabhängig vom Körper denken. Dies ist es was sie Tihi nennen, und selbiges, vermittelst einer hölzernen Figur, die selten über 18 Zoll hoch ist, durch ein ungestaltes Schnitzwerk, als einen Menschen, bald männlichen bald weiblichen Geschlechts, vorstellen. Offenbar ist also auch hier das Bild keine ächte und direkte Vorstellung der Seele, sondern nur ihr Emblem, ein Symbol, oder eine Hieroglyphe, bey welcher sie sich die Seele denken. 4) Der Mensch, von der obersten Gottheit entsprossen, muß demnach, ihrer Meynung zufolge, auch in einem gewissen Grade den Göttern homogen oder gleichwesentlich seyn. Behaupten sie nun, wie sie es gegen mich mehrmalen gethan haben, daß der große Eatua unsichtbar sey, so kann die Analogie doch nicht im Körper, d. i. in dem sichtbaren Theile des Menschen liegen, sondern jener innere Theil unsers Wesens, welcher empfindet und denkt, ist, auch nach den einfachen Begriffen dieses Volks, nach dem Bilde Gottes geschaffen, wie unsere Offenbarung es ausdruckt. Endlich 5) Da dem O-Tea, als dem ersten Menschen nur ein Weib zugesellet wird, so scheint dieses zugleich anzudeuten, daß die Insulaner selbst die Monogamie für die gesetzmäßigste oder vernünftigste Art der menschlichen Vermehrung halten.
Die Einwohner des Südmeers glauben, ihrer eigenen Aussage nach, ein künftiges Leben; allein ich muß gestehen, daß ich alle Hoffnung aufgebe, ihre Begriffe über diesen Gegenstand zusammen zu reimen. Sie erzählten uns zwar, wie ich bereits gesagt habe, daß das Wesen, welches denkt und empfindet, nicht mit dem Körper verfaule, sondern gesund (waura) bleibe, sich aber unweit seiner ehemaligen irdischen Wohnung, (dem Körper nämlich, der auf einer erhöheten Bühne ruht) oder auch bey den übrig gebliebenen Gebeinen aufhalte, nachdem diese in ein kleines Kästchen gesammlet worden sind. Diesem Wesen bringen sie Früchte und Speisen dar und lassen selbige, ohnweit der Begräbnißplätze, liegen; und das Gehäuse dieses Wesens, dieser Seele, wie wir, (oder Tihi, wie sie) es nennen, sind die kleinen, aus Holz geschnitzten Tihis, oder menschliche Figuren. – Ohnerachtet dieser so positiven und deutlichen Behauptungen, fügten sie noch gleichwohl in demselben Othem hinzu, daß die Verstorbenen, sich nach dem Tode, in der Sonne, um den Mauwi versammlen, und mit diesem Gotte, von Brodfrucht, Schweinefleisch und Hundefleisch schmausen, welches keiner Zubereitung bedarf; einige giengen in diesen Behauptungen noch weiter, indem sie hinzusetzten, daß sie dort unabläßig mit dem bekannten Pfeffertrank versorgt würden. Diesen Zustand nennen sie die Versammlung oder Zusammenkunft des Himmels, Te-rua-t'Erai.Terua bedeutet die Zusammenkunft ober Versammlung der Stände in O-Taheiti, worinn der König, die Provinzial-Erihs, die Priester, die übrigen Erihs und Manahaunes das Vorrecht haben, sich niedersetzen zu dürfen, indes die Hoa's, oder königlichen Begleiter, zwar zugegen seyn, aber stehen müssen. Inzwischen haben blos die Vornehmen Hoffnung, nach ihrem Tode in diese Versammlung zu kommen; eine Einschränkung, die vermuthlich ihren Grund in der Staatsverfassung der Insel hat, wo nur Standespersonen in den großen Rathsversammlungen sitzen dürfen. Die Tautaus, oder Leute von geringer Abkunft, versammeln sich, nach dem Tode, im Taya-hobu, ein Ort, oder ein Unterscheid, von welchem ich jedoch keine Erklärung zu geben weiß. Nur so viel weiß ich, daß sie den Aufenthalt an beiden Oertern, uns nie als einen Zustand der Bestrafung schilderten. Die Te-rua t'Erai scheint ein glückseliger Ort des Genusses, ohngefähr im Geschmack des Walhalla der nordischen Völker, zu seyn, wo die in der Schlacht gefallenen Helden sich in Odins Pallast versammeln, vom wilden Eber Serimner schmausen, und Bier und Meth aus den Schädeln ihrer Feinde zechenS. die Edda an mehreren Stellen, und I. G. Keysleri Antiquitares selectæ Septentrionales, p. 149 seq..
Nach dem hier mitgetheilten Begriffe von der taheitischen Lehre sollte es fast scheinen, daß die Insulaner vom Einfluß der Handlungen dieses Lebens auf die Zukunft nichts halten. Allein ich habe überzeugende Ursach zu glauben, daß die Furcht, den Unwillen der Götter auf sich zu laden, sie von vielen unmoralischen Handlungen zurückhält. Wenn ich bisweilen, in der Unterredung mit ihnen, die Frage aufwarf, warum sie dieses oder jenes nicht thäten, z. B. warum sie nicht jemand umbrächten, u. d. gl. so war die Antwort allemal: die Götter würden zürnen. Frug ich weiter, ob dieser Zorn ihnen Strafe zuziehen würde, so bejaheten sie dieses; und auf die Frage, ob der Zorn sich auch nach dem Tode an ihnen äussern könne, gaben sie dieselbe Antwort. Auf welche Art, wo, und wie lange, der Unwille der Götter wirkt, konnte ich von ihnen nie erfahren. Einst, als ich die Beyschläferin des Erihs von O-Tahà, die Teinamai, überreden wollte, das Kind, womit sie in kurzem niederkommen sollte, nicht zu tödten, bediente ich mich unter andern des bey ihren Landsleuten sonst üblichen Arguments: der Eatua würde zornig (wòriddi) darüber werden. Allein sie blieb bey ihrem Entschlüsse, und antwortete mir, mit kaltem Blute, das würde vielleicht der brittische Eatua thun, der von O-Raietea hingegen, wisse wohl, daß sie von einem Errioy schwanger wäre, dessen Kinder nicht am Leben bleiben dürften; er könne mithin darüber nicht zürnen. So viel scheint wenigstens hieraus wahrscheinlich zu werden, daß der Begriff des künftigen Lebens, auch bey diesen Insulanern mit dem Begriffe von Strafen und Belohnungen vergesellschaftet ist. Daher bezeigen sie dem Schöpfer Ehrfurcht, und beten ihn mit kindlicher Einfalt und Demuth, nach Maasgabe der geringen Erkenntniß an, welche sie von seiner Größe, Güte und Vortreflichkeit, und nach der Furcht, welche sie vor seinem mächtigen Zorn haben; Begriffe, die ihnen frühzeitig eingeflößt worden sind. Ihre Religion hat also auch Einfluß auf ihre Sittlichkeit, so sehr sie übrigens, gleich ihrer Vernunft, noch unausgebildet, noch in der Kindheit ist.
Bey der Geburt eines Kindes sind keine Feyerlichkeiten oder gottesdienstliche Ceremonien üblich; man drückt dem Neugebohrnen blos die Nase etwas platt, und giebt ihm einen Namen, von irgend einem Gegenstande, der in dem Augenblicke sich lebhafter darstellt, oder durch die Umstände merkwürdig wird. So heißt z. B. der jetzige König von Taheiti: 0-Tu, welches der Name einer Art aschgrauer Reiher ist; der König von der Insel St. Christina unter den Marquesas, hieß: Ahonu, Schildkröte; ein Erih in Taheiti, der ein naher Verwandter des O-Tu war, hieß Tihi, die Seele, oder auch das aus Holz geschnitzte Bild, welches die Seele symbolisch vorstellt; der Befehlshaber der Provinz Tittahà hieß Taumata-roa, großer Hut; u. s. f.
Die nächste Ceremonie, welcher sich hierauf die Knaben unterwerfen müssen, ist eine Art von Beschneidung. Zu diesem Ende wird ein glattes Bambusrohr unter die Vorhaut gesteckt, und diese Haut mit der scharfen Schneide eines andern, gespaltenen Bambusrohrs durchschnitten, damit sie die Eichel nicht wieder bedecken könne. Diese Operation verrichtet zwar der Priester; jedoch scheint dabey nur Reinlichkeit die Absicht zu seyn, und kein Religionsbegriff zum Grunde zu liegen; daher ist auch weder Tag noch Alter bestimmt, wenn sie vorgenommen werden muß; sondern dies geschiehet sobald der Knabe selbst im Stande ist Acht zu geben, daß die Haut sich, nach geschehenem Einschnitte, nicht wieder über die Eichel ziehen möge.
Eine andere Operation, zu welcher sich die Jugend beyderley Geschlechts bequemen muß, ist das Einpunktiren gewisser schwarzen Flecke auf den Lenden, bisweilen auch an den Armen und Seiten. Das Instrument womit diese Zeichen gemacht werden, hat, in Form eines engen Kammes, viele feine Zähne, und heißt: Euwi-tattatau; das zweite zu dieser Operation erforderliche Werkzeug ist ein hölzerner Spatel, dessen oberes Ende etwas keulenförmig, ohngefähr Fingersdick, zuläuft, und mit welchem auf das Kamm ähnliche Instrument sachte geklopft wird, um die Zähne desselben durch die Haut zu treiben. Dieser Spatel heißt Tatà-e, und dient zugleich zum Umrühren der schwarzen Farbe, oder Arahoà-tattau. Die Bogen, welche auf den Hinteren zu stehen kommen, werden Awari genannt, die große Masse von schwarzer Farbe, oder ein sehr breiter schwarzer Streif unter jenen Bogen, heißt Tanmarro; bey den Frauenspersonen werden die Bogen, welche zugleich die ehrenvollen Merkzeichen ihrer Mannbarkeit sind, Toto-Huwa genannt. Die Priester haben das ausschliessende Vorrecht, auch diese Operationen zu verrichten, und erhalten dafür eine Belohnung an taheitischein Zeuge, Hünern, Fischen, und, seitdem die europäischen Waaren gangbar geworden sind, auch wohl an Nägeln und Glaskorallen.
Ihre Heirathen werden zwar mit einigen Feyerlichkeiten vollzogen; allein es fehlt uns bis jetzt noch immer an glaubwürdigen Nachrichten davon, indem die einzige Beobachtung die wir über diese wichtige Sache mittheilen können, von einem Menschen herrührt, der theils die Sprache nicht verstand, mithin keine Erklärung alles dessen fordern konnte, was er sahe und hörte; theils auch nicht Wißbegier genug besaß, um sich deshalb die geringste Mühe zu geben, oder irgend einen seiner Reisegefährten herbeyzurufen. Wir schränken uns daher auf die mangelhafte Erzählung des nicht genugsam aufmerksamen Europäers ein, der Gelegenheit hatte eine Feyerlichkeit dieser Art mit anzusehen. Dem jungen Maheine aus Borabora, der eine Reise von acht Monaten auf unserm Schiffe gethan, gab nämlich der Provinzial- Erih von Mattawai, Namens Toperre, seine Tochter zur Ehe. Maheine sas neben seiner Braut, und hielt ihre Hand in der seinigen, indeß zehn bis zwölf Personen, meistens Weiber, umherstanden, und einige Worte in einem singenden Tone, als Recitative, hersagten. Zwischen den Absätzen dieses Gesanges antworteten Maheine und seine Braut durch kurze Formeln. Darauf setzte man ihnen Speise vor, wovon das neue Ehepaar, unter Hersagung gewisser Worte, einer aus des andern Hand etwas nahm, und zum Beschluß badeten sich beide im Flusse.
Schon seltsamer und umständlicher ist dagegen die Feyerlichkeit, welche bey dem Leichenbegängniß der vornehmen Taheitier vorgenommen wird. Sobald jemand von Stande gestorben ist, kommen seine Verwandten und Freunde, in seiner Wohnung, zusammen, und beklagen den Verlust des Verstorbenen den ganzen Tag und die Nacht, bis an den folgenden Morgen. Alsdenn wickeln sie den Leichnam in weisses Zeug, und tragen ihn in die Nähe desjenigen Marai, wo die Ueberbleibsel des Körpers in der Folge begraben werden sollen. Hiezu bedienen sie sich einer Bahre, über welche, nach Art einer kleinen Hütte, ein Dach von Palmblättern angebracht ist; liegt die Wohnung des Verstorbenen weit vom Marai entfernt, so führt man den Leichnam zu Wasser dorthin, indem die Marais durchgängig am Strande erbauet sind. In jedem Fall wird der Leichnam zuerst am Strande der See nieder gesetzt, und der Priester der ihn begleitet, sagt, von dem Augenblick an da der Todte weggetragen wird, bis zur Ankunft am Marai, beständig Gebete her. Nachdem er am Marai von neuem gebetet, und Sprüche hergesagt hat, sprenget er ein wenig Seewasser nach dem Leichnam hin, jedoch nicht auf denselben. Diese Ceremonie wird mehrmalen wiederholet, und der Leichnam jedesmal aufgehoben und einige Schritte weit zurückgetragen. Unterdeß hat man, ohnweit des Marai, ein kleines Gehäge mit einem Tupapau, d.i. einer Art von offenem Schoppen welcher auf sechs bis sieben Schuh hohen Pfosten ruhet, verfertigt, und unter diesen stellt man den Körper mit samme der Bahre, entweder auf Pfählen oder auf einen zu dem Ende errichteten bretternen Boden hin, woselbst er bleibt, bis das Fleisch von den Knochen abgefault ist. Während der Verwesungszeit bringen die Anverwandten, zu wiederholten mahlen, Fleisch, Früchte und Wasser dahin, und lassen diese Lebensmittel in einiger Entfernung von dem Tupapau zurück. Ueberdem wird die Grabstelle mit taheitischen Zeugen und Kränzen von e=Hwarra=Früchten (Pandanus) und Kokosblättern verzieret. Rings umher werden auch gemeiniglich einige Keulenbäume (Cafuarina equifetifolia) gepflanzt. Die weiblichen Anverwandten geben ihr Leidwesen dadurch zu erkennen, daß sie sich am Kopf mit Hayfischzähnen blutig ritzen. Das Blut aus diesen Wunden, und die Thränen, welche sie bey dieser feyerlichen Gelegenheit vergiessen, lassen sie sorgfältig auf kleine Lappen ihres Zeuges tröpfeln, und werfen diese, nebst dem Haar, welches einige junge Leute sich bey eben der Gelegenheit abschneiden, unter die Todtenbahre. Einige Tage nachher zieht einer der nächsten Anverwandten den oben beschriebenen Hiwa = Habit an, und nimmt in einer Hand die Klapper, welche aus zwey großen Perlmutterschalen besteht; in die andere aber einen hölzernen Stab, der oberhalb am Rande, oder längst der Schärfe, mit Hayfischzähnen besetzt ist. In diesem Aufzuge geht er, in feyerlicher Proceßion, durch einen weiten Umweg, vom Hause des Verstorbenen, bis nach dessen Grabstätte (Tupapau) hin. Vor ihm treten zwey oder mehr Leute her, die fast gänzlich nackend und über den ganzen Leib mit einer aus Holzkohle und Wasser gemischten Farbe, schwarz angestrichen sind. Diese heissen Nineva, d.i. unsinnige oder tolle, indem sie Personen vorstellen sollen, die vor Betrübniß wahnwitzig sind. Sollte der Leidtragende, der den seltsamen Trauerhabit trägt, jemand unterwegs antreffen, so würde er auf ihn losgehn, und ihn mit den an seinem Stabe befindlichen Hayfischzähnen empfindlich verwunden. Sobald folglich die, seine Ankunft verkündigende, Klapper ertönt, verläßt jedermann seine Wohnung, und verbirgt sich oder entläuft fern von dem Wege, den der Leidtragende zu nehmen pflegt. Dieser sagt allerhand Gebete her, sowohl wenn er sich dem Leichnam nähert, als auch wenn er bey den Wohnungen der noch Lebenden vorbeygeht. Diese Proceßion wird fünf Monden lang, zu gesetzten Zeiten, wiederholt; gegen das Ende aber weit seltner als im Anfange der Trauer. Die Verwandten lösen einander dabey ab; bisweilen geht, auf ihr Verlangen, der Priester mit, und betet und opfert den Göttern am Grabe. Nachdem das Fleisch verweset ist, schabt man die Knochen vollends rein, wäscht und begräbt sie, im Marai, wofern der Verstorbene ein Erih oder von der obersten Classe, ausserhalb demselben aber, falls er nicht von diesem Range war. Der Schädel eines Erih wird nicht mit den übrigen Gebeinen begraben, sondern in Zeug gewickelt, und in einen langen Kasten, oder einer LadeDie Begräbnißart der Taheitler scheint zwar, auf den ersten Blick, äusserst seltsam; allein bey genauer Untersuchung findet man doch bey vielen alten und neuern Völkern viel ähnliches. Bey meinem Aufenthalt in Rußland im Jahr 1765 sahe ich, in der großen Steppe an der östlichen Seite der Wolga, verschiedene Leichname der Kalmücken auf die nämliche Art zum Verwesen ausgesetzt. Einer lag in einer Hütte, in seiner Kleidung; um die Hütte herum standen etliche lange Stangen, mit Fähnlein von Seide und Kattun, worauf tibetanische Schriftzüge gedruckt waren. Ein andrer lag in einem kleinen hölzernen Behältnisse, welches 6 Schuh lang, und 2 Schuhe breit war. Als ich mich demselben näherte, lief ein Fuchs heraus, der von dem Leichnam gezehrt hatte. Um diesen Sarcophag standen noch, ausser den vorhin erwähnten Fahnen, auf eben solchen Stangen, einige Hölzer, welche in der Mitte, wo die Stangen durchgingen, durchbohrt waren, zu beiden Seiten aber wie Löffel ausgehölt, und sieben bis acht Zoll lang, auch in dem holen Theile mit tibetanischen Charakteren beschrieben waren. Da die Hölungen oder Löffel, zu beiden Seiten der Achse, nach entgegengesetzten Himmelsgegenden gerichtet waren, so bewegte sie das leichteste Lüftgen. Die Lamen oder kalmykischen Priester, behaupten, daß der Inhalt des Gebets, gleichsam mit jeder Umdrehung des Fähnchens zu Gott für die Seelenruhe des Abgeschiedenen hinaufgeschickt werde. In der Archæologia der Gesellschaft der Alterthümer zu London, steht eine Abhandlung (Vol. II. p. 233.) die ich 1767 schrieb, worinn ich die sechs Begräbnißarten beschrieben habe, welche unter den Völkern vom dalailamaischen Religionssystem üblich sind. Die erste Art ist, die Leichname der Lamen, Khane, Noyons, und anderer Standespersonen zu verbrennen, und ihre Asche, mit Weyhrauch vermischt, dem Dalai-Lama in Tibet zu schicken. Zweitens werden die Körper zuweilen in Särgen aufbewahrt, und endlich mit Steinhaufen bedeckt. Drittens werden einige auf die Gipfel der Berge getragen, und daselbst den Vögeln und wilden Thieren zur Speise überlassen. Viertens, trägt man andere in ein Gehäge, wo eine Menge Hunde gehalten werden; der Todtengräber füttert die Hunde mit dem Fleische, welches zuvor von den Knochen abgesondert worden ist, wirft diese letzten ins Wasser, und giebt den Anverwandten den Schädel, die ihn ehrerbietig nach Hause tragen. Fünftens wirft man einige Leichname ins Wasser. Sechstens werden einige zur Erde bestattet. Welche von diesen Begräbnißarten bey einem Verstorbenen statt finden solle, bestimmt der Priester, nach Maasgabe der Todesstunde. Die Bestätigung dieser Nachrichten findet man in Hrn. Pallas Reisen durch verschiedene Provinzen des russischen Reichs: I. Th. S. 362. 363 und zum Theil in Hrn. John Stewart's Nachricht vom Königreich Tibet in den Philos. Transact. Vol. LXVII. part 2. pag. 478. Auf der Insel Formosa, oder Tayovan, behalten die Einwohner die Leichname der Verstorbenen, auf eine erhöhte Bühne gelegt, in ihren Wohnhäusern, und machen ein Feuer unter denselben an, um sie auszudörren. Nach dem neunten Tage wickeln sie den Körper in Matten und Zeuge, und stellen ihn auf einer noch höheren Bühne aus. Wenn er daselbst drey Jahre lang gelegen, werden die Gebeine begraben. S. Candidius, Relation of the island of Formosa. Die Einwohner von Korea begraben die Ueberbleibsel ihrer verstorbenen Freunde nicht eher, als nach Verlauf von drei Jahren (Du Halde History of China.) Die Indianer am Fluß Oronoko lassen die Leichname ihrer Befehlshaber verwesen, und schmücken hernach das Knochengerippe mit goldenen Zierrathen und Federputz, und hängen es in einer Hütte auf. (S. Voyage of Sir Walter Raleigh, in Hackluy's Collection Vol. III. p. 644 edit 1598. Ney Appollonius Rhodius Argonaticor. Lib. III. p. 207.) und im Aelian (var. hist. Lib. IV. cap. 1.) ließt man, daß die Kolchier die Leichen in rohe Ochsenhäute zu nähen, und sie in Ketten an die Luft zu hängen pflegten. Die Einwohner von Chili (Tschile) geben ihren Todten die Stellung, welche das Kind im Mutterleibe hat, und legen sie alsdenn auf eine sechs Schuh hohe Bühne. Supplemens to Anfon's Voyage.) Die Moluches, Tatuhets und Diwihets, in Südamerika, Ilsen das Fleisch von den Knochen ihrer Todten, und verwahren das schön geputzte Gerippe in unterirrdischen Hölen; die Tehuelhets, eine andre Völkerschaft in derselben Gegend, verwahrt sie in kleinen Hütten, nahe an der Seeküste, manchmal 300 Seemeilen weit von ihrer Heimath. S. Falkner's Description of Patagonia. p. 118. 120. bestattet, welche auf taheitisch, bereits erwähntermassen, te-Hwarre no te Orometua heißt. Sogar nach Beerdigung der Gebeine, erneuern die Verwandten, bisweilen in Gesellschaft des Priesters, gewisse Ceremonien. Der Priester nimmt, z. B. einen Straus von rochen Papageyenfedern, (Ura) mit Kokosfasern umwunden, und befestigt ihn, auf einen kleinen spitzigen, in der Erde stehenden, StabDiese Federn werden, wie bekannt, von den Einwohnern sehr hoch geschätzt; hier sind sie gleichsam ein Sinnbild der Gottheit, und dienen eigentlich dazu, die Aufmerksamkeit wahrend der Ceremonie von andern Gegenstinden ab, und auf sich hinzulenken.. Gegen über wird ein junger Pisangstamm, als Sinnbild der Freundschaft, des Friedens und der Versöhnung, gestellt. Der Priester und die Verwandten stehen vor den rothen Federn, er betet daselbst, und legt hernach auf dem Grabe einige, während des Gebets auf verschiedene Art zusammengeflochtene, Kokosblätter hin; sie aber lassen allerhand Lebensmittel bey dem Grabe zum Opfer zurück.
Im O-Tahà sahe ich eine Frauensperson im Trauerhabit (Hiwa) umhergehen; es ward ein feyerlicher Tanz daselbst vorgestellt, und die Angehörigen des Verstorbenen waren wohlgekleidet dabey zugegen, und gaben den Trommelschlägern und Musikanten Geschenk von Zeugen.
Aus allen Umständen dieser Begräbnißfeyerlichkeiten scheint zu erhellen, daß die Einwohner von Taheiti und den nahgelegenen Inseln einen Zustand der Seele (Tihi) glauben, in welchem diese, auch geschieden vom Leibe, noch lebt. Wie lange, ihrer Meynung nach, die Seele bey den Gbeinen verweile, und wenn ehe sie dieselben endlich verlaße, um (falls es eine vornehme Seele ist) zum Mauwi in die Sonne zu gehen, und mit der himmlischen Versammlung (Te-rua-te-rai) das Fest zu halten? konnte ich nicht erfahren. Vielleicht giebt hier die so berüchtigte, und so übel verstandene Lehre der Aegyptier, von der Seelenwanderung, einigen AufschlußIm folgenden Abschnitte wird man die Seelenlehre, wie solche bey den Einwohnern der Carolinen Inseln angenommen ist, beschrieben finden. Sie kann zu Erläuterung der taheitischen Lehre angewendet werden.. Die Aegyptier glaubten nämlich, daß die menschliche Seele, nach der Auflösung des Körpers, bestimmt wäre, thierische Leiber, von vierfüßigen Thieren, Vögeln, Fischen zu beleben, bis sie, nach Verlauf von 3000 Jahren, wieder einen menschlichen Leib zu regieren bekämeHerodot. Lib. II. No. 123.. Um nun die Zerstörung und Verwesung des Körpers zu verhindern, pflegten sie ihn zu balsamiren, damit die Seele der mühsamen Wanderungen durch so viele thierische Körper überhoben, nach 3000 Jahren aus einem Menschen gleich in den andern übergehen mögteSo lange der Körper nicht zerstört war, blieb, nach der Meynung der Aegyptier, die Seele nahe bey demselben. In Memphis lag zwischen der Stadt und dem Begräbnißplatze ein See, und nahe daran eine schöne grüne Wiese, welche das Elysium war: denn so bemerkt Servius, ad Aeneid. VI: Viveta propre Memphin amoena sunt, in quibus Aegyptorium sepulcra sunt, haec Elysios campos vocant. Palus propre est, loto et calamis plena, et graviter olet; per hunc paludem vectantur cadavera; hinc dixit Orpheus vehi per Acherontem. Hom. L. IV. Oddysseae, ubi loquitur Proteus: sed re Elysium campum et ultimas terras Dii immortales mittent; etc. Homer nennt es in der Odyssee, Ω 13:
— — — — ασφοδελὸν λειμω̃να, Die grasigte Wiese, wo die Seelen wohnen. Die Wörter Αχερουσία und Elysium sind ägyptischen Ursprungs, und haben einige Beziehung auf Fruchtbarkeit, Gras und Schilf. Nahe dabey waren die ‘Ηλιοσόπυλοι, die Sonnenthore, d.i. ein Tempel des Serapis oder der Sonne, und λευκας πετρα oder derjenige Theil von Memphis, der beym Thucydides (Lib. I. c. 104) Leucotiche heißt. – Die taheitischen Marais liegen allemal am Seestrande, in einem angenehmen, schattigten und mit grünem Rasen bewachsenen Orte.
ένθα τε ναίουσι φυχαί: — — — —
Unsere Anwesenheit auf den freundschaftlichen Inseln war, beyde mahle, nur von so kurzer Dauer, daß wir, von ihren Religionsbegriffen und Gebräuchen, wenig befriedigendes einziehen konnten. Indessen haben wir auch von ihnen das Wort EatukaWie in Tahtiti Eatua, (Gottheit.) gehört; und einen ihrer Priester vor einem ihrer Begräbnißhäuser, welche sie AffayetukaDieser Name bedeutet ein Gotteshaus. Denn in jenen Inseln heißt Farre ein Haus, und Eatuka, Gott, woraus also e-Farre-tuka oder e-Faye-tuka, entstanden ist. nennen, ein langes Gebet verrichten sehen. In diesen Häusern begraben sie, ihrer eigenen Aussage nach, die Ueberbleibsel ihrer verstorbenen Freunde. Ein solches Haus, welches ich untersuchte, war inwendig mit Stücken von Korallfelsen angefüllt, und ich fand darum ein paar schlecht geschnitzte menschliche Figuren, welche den taheitischen Tihis ähnlich waren. Ich frug, ob dies ihre Eatuka wären? allein sie verneinten es gleich, und nannten sie auf mein ferneres Befragen, Tighi. Ich erkundigte mich weiter, ob sie diese Bilder anbeteten? allein auch dies verneinten sie, und stießen die Figuren mit dem Fuße, um anzuzeigen, daß sie ihnen nicht die geringste Ehrerbietung erwiesen.
Die Neuseeländer fanden wir in Religionssachen sehr unwissend; sie kannten indessen die Benennungen Eatuka und Tighi und legten denselben eben die Bedeutung bey, als die zuletzt gedachten Insulaner. Die Tighis schnitzten sie als menschliche Figuren, jedoch äußerst unförmlich und klein, aus einem grünen Nierensteine, und tragen selbige gewöhnlich, an einer Schnur hängend, am Halse. Zu dieser Gewohnheit scheint ihre nomadische Lebensart Veranlassung zu geben; indem die Figur eines Tighi, wenn sie an einer bleibenden Stelle unbeweglich fest gemacht wäre, gar zu leicht einer feindlichen Parthey in die Hände fallen und vernichtet werden könnte. Noch ein andrer Grund davon liegt vielleicht in dem Gebrauch daß sie ihre Todten nicht begraben, sondern, vermittelst einiger Steine, in die See versenken. Zum Andenken ihrer verstorbenen Freunde tragen sie auch die Zähne derselben an Schnüren um den Hals. Ich habe Personen, sowohl männlichen als weiblichen Geschlechts, gesehen, die einen ganzen Halsschmuck solcher Zähne trugen.
In Ostereiland begräbt man die Todten in der Nachbarschaft der riesenförmigen Bildsäulen, welche dort die Stelle der taheitischen hölzernen Tihis vertreten, weil auf dieser Insel das Holz äusserst selten ist. Die Einwohner erzählten mir, daß diese Bildsäulen ihre verstorbenen Befehlshaber oder Harikis vorstellen. Oben auf der steinernen Erhöhung, auf welche die Bildsäulen stehen, lagen viele Menschenknochen einzeln umher. Ich maas ein Hüftbein, und fand, daß es mit dem meinigen ohngefahr einerley Länge hatte.
In den Marquesasinseln erblickten wir nirgends Spuren von einer Grabstätte, vermuthlich waren sie aber auf den Gipfeln der Berge vorhanden; zwar erstieg diese keiner von uns, doch konnten wir, mit Hülfe der Ferngläser, vom Verdeck des Schiffs aus, mehrere lange, aufrechtstehende Pfähle daselbst wahrnehmen, die fast wie die Tihis in Taheiti aussahen, ob sie gleich von einigen unserer Reisegefährten für Vestungswerke gehalten wurden. Mendanna sahe im Jahr 1595 auf derselben Insel (St. Christina) nicht fern von dem Flecken, oder der Stadt, wie er es nennt, ein Bethaus mit Pallisaden umringt; der Eingang durch die Pallisaden lag an der Westseite, die Thüre des in der Mitte stehenden Hauses aber an der Nordseite. In dem Hause waren einige schlecht ausgeschnitzte hölzerne Figuren, und allerhand zum Opfer dargebrachte Lebensmittel, unter andern auch ein Schwein. Dieses nahmen die spanischen Soldaten herunter und waren im Begriff noch mehr weg zu nehmen, als die Indianer sie unterbrachen, und durch Zeichen zu verstehen gaben, sie möchten alles unberührt laßen, indem das Haus und die Figuren bey ihnen in Ehren, gewissermaßen für heilig, gehalten würdenDalrymple's Collects. of Voyages. Vol. I. pag. 68. Diese Nachricht läßt mir keinen Zweifel übrig, daß dieser umzäunte Ort zum Gottesdienst und zu Begräbnissen bestimmt, mit einem Wort, ein Marai gewesen ist. Eben so scheint auch die Uebereinstimmung der an beyden Orten dargebrachten Opfer, an Schweinen und andern Lebensmitteln, imgleichen die hölzernen Tihis, zu beweisen, daß der Gottesdienst hier zu Lande, mit dem in den Societätsinseln allgemein eingeführten, von gleicher Art ist.
In Mallikollo hielten wir uns nur einen Tag auf, und konnten folglich über die Religion der Einwohner keine Nachrichten einziehen. Die Hymnen, welche einige Einwohner von Tanna, jeden Morgen bey Tagesanbruch, sangen, waren ohne allen Zweifel eine Art von Gottesdienst, wie sich aus dem feyerlichen Ton der Stimmen, und aus der genauen Beobachtung des bestimmten Zeitpunkts deutlich abnehmen ließ. Von Begräbnissen fanden wir dort keine Spur.
In Neukaledonien sahen wir, auf dem Gipfel eines unfruchtbaren Hügels, einige Pfäle in die Erde gesteckt, und auf selbige einige Zweige nebst etwas trocknem Grase gelegt. Dieses war, wie sie uns zu verstehen gaben, eines ihrer Begräbnisse. Dicht am Seestrande bemerkten wir auch noch einen Zaun von Stäben, der einen vier Schuh hohen Grabhügel einschloß. Oben auf dem Hügel standen etliche Stangen in der Erde, an deren obersten Ende etliche grosse Schneckenhäuser (Turbines) befestigt waren; man bedeutete uns, dies sey die Grabstätte des Befehlshabers des dortigen Distrikts. Auf der Insel Balabia welche N. W. von Neukaledonien liegt, fanden unsere Leute, (die Cook dorthin geschickt hatte) einen grossen Grabhügel eines Befehlshabers der Eingebohrnen, der in einem Treffen gegen die Bewohner von Minda oder Mingha geblieben warDiese große Insel soll nördlich oder Nordwestlich von Ballabia liegen, und ihre kriegerischen Bewohner sind Feinde der Eingebohrnen von Ballabia.. Endlich so traf auch ich, einige englische Meilen weit von dem Ankerplatze unseres Schiffs, am Fuß der Gebirgskette, welche durch die ganze Insel Neukaledonien streicht, ein Haus eines Befehlshabers, und hinter demselben eine Reihe hölzerner Pfähle, ohngefähr zehn bis zwölf Zoll ins Gevierte dick, und acht bis neun Schuh hoch, an deren Spitze sich ein ausgeschnitzter Knopf befand, der einen menschlichen Kopf vorstellte. Der alte Mann, der in diesem Hause wohnte, gab mir durch Zeichen zu verstehen, daß dies seine Grabstätte wäre; allein, da wir blos in der Absicht dorthin gekommen waren, um den Hibai, einen Freund des Capitain Cook aufzusuchen, welchem dieser ein Paar Ferken (ein Männchen und Weibchen) schenken wollte; so blieb mir, zu näheren Erkundigungen über diesen Gegenstand, feine Zeit übrig; zumal da dies am letzten Tage vor unserer Abreise war. Indeß lassen diese Begräbnisse und die geschnitzten Köpfe einigermassen vermuthen, daß ihre Art die Leichen zu bestatten, und einen Tihi in der Nähe aufzurichten, dem in Taheiti eingeführten Brauch ähnlich seyn müsse.
Ich habe gesagt, daß der Polytheismus der Insulaner des Südmeeres einer der leidlichsten sey; und ich glaube diesen Satz, durch obige Darstellung ihrer Religionsbegriffe und gottesdienstlichen Gebräuche, erwiesen zu haben. Menschliche Erfindungen, menschliche Sätze und Arbeiten tragen, wie überall so auch hier, das Siegel der Unvollkommenheit und des Irrthums an der Stirne; allein hier ist wenigstens diese Unvollkommenheit nicht mit Grausamkeit befleckt, nicht mit Aberglauben in dem Grade geschändet, wie bey so manchen Völkern, die man für gesitteter und gebesserter hält. Die Religion der Taheitier fordert Anbetung Gottes, lehrt, ihn als den Geber aller guten Gaben kennen, der ihre Gebete erhört, der den Menschen die ihn anrufen gerne hilft, und die Guten belohnt. Und was sind diese Lehren anders, als die Quelle aus welcher Gerechtigkeit, Treue und Glauben, oder mit einem Worte, alle Pflichten und Tugenden des geselligen lebens herfliessen, ohne die kein Trost, und keine Glückseligkeit unter den Menschen möglich ist!
Asque hand scio, an pietate adversus Deos sublara, fides etiam et societas humani generis, & una excellentissima virtus, justitia tollasur.
CIC. de Natura Deor. L.I.p.7. Elzev.