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Inde Venus varia producit forte figuras:
Majorumque voltus, vocesque comasque.
LUCRET.
Die Lehre unserer heiligen Bücher, daß aller Menschen Ursprung ein einiges Paar gewesen sey, würde mich der Mühe überheben, den Grund der so verschiedenen Abstufungen des Charakters, des Körperbaues, der Farbe, Größe und Gesichtsbildung aufzusuchen, die ich im vorhergehenden an den Bewohnern der Südländer aufgezählt habe; ich würde den Knoten mit einem Schwerdtstreich lösen, und gerade zu entscheiden können, daß alle Varietäten im Menschengeschlechte bloß zufällig, keinesweges aber ursprünglich sind. Allein darf es in einem Zeitalter der allgemeinen Aufklärung und Erleuchtung hiebey sein Bewenden haben? Ich fürchte sehr, das Gegentheil! Wir leben in einem Jahrhunderte, welches zuweilen einen Beweis seiner höchsten Verfeinerung im kühnen Unglauben setzt; dessen angebliche Weisen aus eben jener göttlichen Schrift, die sie so keck verspotten, zwar oft ihre eignen Sätze vertheidigen, andern aber ein gleiches Recht absprechen wollen. Wir erblicken um uns her, neben dieser allgemeinen Verachtung alter Wahrheiten, ein noch allgemeineres Bestreben, neue, unerhörte Dinge zu sagen.
– – velut ægri somnia, vanae
Finguntur species –
Die neuesten Schriften unsrer Zeiten wimmeln von parodoxen Sätzen, und von ungereimten Meinungen. Bald theilt man das Menschengeschlecht nach seinen verschiedenen Farbenschattirungen in mehrere besondre Gattungen; bald zählt man einige Klassen von Menschen wirklich unter die Affenbastarte; bald gnügt es den Sonderlingen nicht, alle diese Schattirungen aus einer Quelle herzuleiten, sondern es wird noch eine Affenart, der Orang-Utang, zum Range eines Menschen erhoben.Lord Montboddo, Verfasser des Werks On the origin and progress of language, sagt, Vol. I. p. 175. 289. »Es ist mit, wie mich dünkt, unumstößlichen Gründen erwiesen, daß die Orang-Utangs zu unserer Menschenart (Species) gehören.«
So erweitert sich dann der Kampfplatz; wir sehen uns plötzlich von entgegengesetzten Meinungen bestürmt, und müssen darauf denken, die unsrige zu vertheidigen.
Wie leicht könnte ich mich auf Menschensinn und Vernunft, jene erhabenen Vorrechte unseres Wesens berufen, wenn es darum zu thun wäre, den Menschen von denjenigen Thierarten zu unterscheiden, denen man so fälschlich Seelenkräfte beyzulegen pflegt? Sollte nicht der Hülfbedürftige, wehrlose Zustand des neugebohrnen Kindes, die lange Kindheit, der Mangel des Instinkts, oder einer angebohrnen Fähigkeit sich gegen äussere Gefahren zu schützen, und die zuträglichste Nahrung aufzusuchen und auszuwählen; dies, und noch mehr, hinlänglich beweisen, daß der Mensch zum gesellschaftlichen Leben bestimmt, der Vorsorge anderer anvertraut, und eben deswegen auch mit jenem Keime der Vernunft begabt worden ist, der aus den verschiedenen Stufen der Kultur einer so mannigfaltigen Entwicklung fähig wird? Welch einen Beweis, daß der Mensch von allen Thieren sorgfältig abgesondert werden muß, giebt nicht das Werkzeug und der Gebrauch der Sprache, dieses erhabenen Geschenkes, welches die Vernunft begleitet, und ihm einzig eigen ist? Nicht einmal den Umfang der Stimme, nicht die Abwechselung der Töne, nicht die Stärke und Biegsamkeit, besitzt irgend eines der bekannten Thiere, denen die Natur zwar sinnliches Gefühl und leidenschaftliche Triebe zugetheilt, die Gaben der Vernunft aber, die Verbindung der Begriffe, die Sprache des Herzens, und die Ausbildung des sittlichen Gefühles vorenthalten hat.Court de Gebelin, Plan général du Monde primitif. p. 10.
Sind endlich die Aussagen aller berühmten Zergliederer der jetzigen und verflossenen Zeiten, eines Hallers, eines Hunters, eines Daubenton, eines le Cat, eines Meckel, eines Camper, nicht ohne alle Ausnahme entscheidend über den großen Unterschied des menschlichen von allen thierischen Körpern. Beweisen nicht die Gestalten der Theile des Hirns, und des Schädels, nicht das Hinterhauptsloch, (foramen magnum) die Verbindung, Bewegung, Gestalt und Länge der Nackenwirbel, die Kürze und eigne Figur des Beckens, die Breite des Hüftbeins, das schmale Gesäßbein, die Figur der Pfanne (acetabulum) und des Kopfs am Schenkelknochen, die Gestalt und Verbindung des Glutæus mit den Muskeln der Beine, die Bildung der Füsse und Hände, kurz, der ganze vielfache, wunderreiche Gliederbau; beweisen diese nicht, daß unter allen Säugthieren der Mensch nur ganz allein zum aufrechten Gange bestimmt ist?Blumenbach, de generis humani varietate nativa. Götting. 1776. 8vo. und J. Hunter de eodem Argumento. Edinburg. 1776. 8vo. Zufälligerweise sieht man zwar bisweilen einen Affen in einer aufgerichteten Stellung; doch ist ihnen dieselbe keinesweges natürlich, sondern sie laufen lieber auf allen vieren. Hingegen hat man bey Menschen, in einem ganz wilden Zustande, wenn solche den Thieren nachgeahmt, und einen vierfüßigen Gang angenommen haben, eine davon entstandene unnatürliche Geschwulst in den Weichen bemerkt.Tulpius, obs. IV. 10 Doch ich halte mich schon zu lange bey einer ernsthaften Widerlegung jenes verworffenen Satzes auf, daß Affen nur Abarten der Menschengattung sind, und es würde doch vergebens seyn, wenn ich alle hieher gehörige, den Gelehrten so bekannte, so entscheidende Beweisgründe aufzählen wollte, da deren Auseinandersetzung unsern witzelnden Zeitgenossen viel zu mühsam und gründlich ist. Dem lächerlichen Streite angemessener, wäre vielleicht jene ihnen eigne Art des Beweises, wozu ich mich der dichterischen Schilderung unserer ersten Mutter bedienen könnte, die Milton so reizend entwirft. »Wer ists, der das unvergleichliche Geschöpf der Meisterhand, das Weib,- - - So lovely fair,
That what seem`d fair in all the world, seem`d now
Mean, or in her summ`d up, in her contain`d
And in her looks, which from that time infus`d
Sweetnes into his heart, unfelt before,
And into allthings from her air inspir`d,
The spirit of love and amorous delight.
Grace was in all her steps, heav`n in her eye,
In every gesture dignity and love. so wunderschön gebildet, um den Reitz der ganzen Welt zu verdunkeln, oder vielmehr Inbegrif aller Schönheit zu seyn, durch den Zauber ihrer. Blicke dem Herzen des Mannes noch ungefühlte Süßigkeit einzuflössen, und den Geist der holden Liebe durch die ganze Natur zu athmen, – wer ists, sage ich, der diese Grazie daherschwebend, den ganzen Himmel in ihrem Auge, und in jeder ihrer Bewegungen die mächtige Liebe selbst erblickte, – und fähig wäre, sie mit einer häßlichen, eckelhaften Aeffin zu vergleichen?« Wer einen solchen Gedanken im Ernst vertheidigen wollte, verdiente von den glänzenden Kreisen wo Evens schöne Tochter erscheinen, gänzlich verbannt zu werden, und zur Strafe nur mit Orang-Utangs, der Liebe zu pflegen! Eine andre Klasse von Schriftstellern giebt die Einwohner von Grönland, von Senegambia, von Tscherkassen und von Europa als eben soviel verschiedene Gattungen an.Voltaire, Philosophie de l'histoire & Questions sur l'Encyclopédie Tom. IV. & VII. Zwar ist der Unterschied zwischen einem häßlichen Neger, und einer europäischen Schönheit so groß, daß, wenn man von dem einen, zur andern unmittelbar übergienge, jene Meinung, doch wenigstens dem Scheine nach, etwas für sich haben würde. Allein, bey genauerer Untersuchung der unmerklichen Abstufung, in Gestalt, Größe, Farbe und äusserlichen Verschiedenheiten, wird jener Unterschied nicht mehr so auffallend, und man lernt einsehen, daß er nicht hinreichend ist, um abgesonderte Gattungen zu bilden. Der Zergliederer findet völlige Uebereinstimmung in allen Haupttheilen ihres Baues, ja so gar in den kleinsten Umständen. Uebrigens ist ja die Vermischung derjenigen Stämme, die sich am unähnlichsten sind, jederzeit fruchtbar, und selbst die Abkömmlinge dieser Vermischungen, die ihren Aeltern ähnlich bleiben, sind zur Zeugung vollkommen geschickt. Die Nachkommenschaft der Mulatten (d. i. solcher Personen, die von Aeltern verschiedener Farbe, gezeugt worden sind,) wird aber durch bestündige Verheirathung mit weißen Personen zuletzt so weiß, daß kein Unterschied bemerkt werden kann, woran man sie von unvermischt gebliebenen Weissen unterscheiden könnte; umgekehrt schwärzt sie sich immer mehr und mehr, durch neue Vermischung mit Schwarzen, und wird nach einigen Generationen zu förmlichen Negern. Ohne Vorurtheil, ohne eingewurzelte hämische Feindschaft gegen die Offenbarung, wird man also hier allemal entscheiden müssen, daß die so sehr abstechenden Spielarten des Menschengeschlechts alle von einer Gattung sind. Sollte man auch das Ansehen der Schrift, welches Christen nicht in Zweifel ziehen können, dahin gestellt seyn lassen, so würde sie noch immer als die älteste historische Urkunde ihren Werth behaupten, und das obige philosophische Resultat durch ihr Zeugnis bestätigen.
Ist nun das ganze Menschengeschlecht eine einzige Gattung, von einem ursprünglichen Stamme entsprossen, woher ist doch der Neger in Senegal vom nordischen Europäer, und der Taheitier von dem Mallikollesen so verschieden? Welche Ursachen konnte, namentlich im Südmeere, zween so verschiedene Stämme hervorbringen?
Diese Frage zerfällt in zwey Theile; insofern sie nämlich die Verschiedenheiten des Körpers, und die des Gemüths in sich begreift. Von letzterer wird in der Folge weitläuftig gehandelt werden; hier betrachten wir vorerst die Varietäten am Körper, und zwar 1) dessen Farbe, 2) Größe, 3) Gestalt und Bildung, und 4) besondre Mängel, Auswüchse oder Umstaltung gewisser Theile.
1) Dreyerley Ursachen haben unstreitig ihren wichtigen Einfluß auf die Farbe des menschlichen Körpers, nämlich: die Luft, die Sonne, und die besondre Lebensart. Die Untersuchungen der sorgfältigsten Zergliederer haben erwiesen, daß der Grund der Farbe, die wir äusserlich am menschlichen Körper wahrnehmen, in der Beschaffenheit des Häutleins und des darunter liegenden Schleimes, (membrana mucosa, rete Malpighii) zu suchen ist. Das Häutlein (Epidermis) ist bey weissen Menschen, und überhaupt bey allen, eine sehr dünne, durchscheinende, erhärtete Lamelle, welche die Farbe der darunter liegenden schleimigten Netzhaut durchschimmern läßt. Wie nun letztere gefärbt ist, so zeigt sich auch die erstere unserm Auge. Wenn das Blut schnell sich in die feinerne Gefäße des Gesichts ergießt, werden wir das Erröthen gewahr. In der Gelbsucht, wenn gallichte Theile das Blut färben, erhält der Leib eine gelbe Farbe. In Westindien, erscheint ebenfalls bey denen, die das Gelbfieber haben, eine gelbe Farbe am Körper, weil alsdenn ein gelbes Wasser in die Hautgefäße tritt. Wenn die Taheitier sich tattowiren (punktiren), oder wenn ein Zufall, Schießpulver unter die Haut treibt, erhält der Körper davon eine schwarze, bläuliche Farbe. Bey Negern hat die Netzhaut, nach des verstorbenen Meckels Erfahrung, eine schwarze Farbe; die markiche Substanz des Hirns, die Zürbeldrüse, das Rückenmark, der Sehnerve, sind ebenfalls grau und schwärzlich.Mémoires de l`Acad. de Berlin 1753. So haben andre entdeckt, daß das Negernblut eine dunklere Farbe, als das Blut weisser Menschen hat.Towns, in den Philos. Transact. über das Negernblut. Den Alten war es nicht unbekanntHerodotus, Thalia N. CI. daß die Samenfeuchtigkeit der Negern eine dunkle Farbe hat, wie solches von den Neuern bestätigt wird.le Cat traité sur la couleur de la peau. Mit einem Worte, die Feuchtigkeiten im Körper der Negern haben einen dunklern Anstrich als die unsrigen, und von den festen Theilen sind die zartesten ebenfalls schwarz gefärbt. Meckel vermuthet, daß die bläuliche Feuchtigkeit, welche die markichte Substanz des Negerhirns färbt, und so leicht verfliegt, die nämliche sey, welche auch die dunkle Farbe der Schleimhaut unter dem Oberhäutlein verursacht, indem sie daselbst durch die Hautnerven abgesondert würde.
Eine der wirksamsten Ursachen dieser Erscheinung an den Negern, ist unstreitig der Einfluß der freyen Luft. Wir bemerken etwas ähnliches schon in unsern Gegenden. Unser Frauenzimmer, und alle diejenigen, die wenig in die freye Luft kommen, haben eine vorzüglich weisse, der gemeine Arbeitsmann hingegen eine bräunliche Farbe. Ja, an unserm eignen Körper erhalten sich die bedeckten Theile weisser und zarter, als die Hände, die der Luft stets blos gestellt sind. Das Klima der Negern gestattet ihnen wenige oder gar keine Bedeckung; die meisten gehen ganz nackend, und die Luft wirkt also gleichförmig auf alle Theile ihres Körpers, welcher davon unstreitig schwärzer wird. Im Südmeere gehen die weissesten Völker, z. B. die Taheitier, fast beständig gekleidet oder bedeckt, die ungleich schwärzeren Tannesen, Mallikolesen und Neukaledonier hingegen, gebrauchen keine Bedeckung.
Mächtig ist aber auch die Wirkung der Sonne auf den Körper. Daher findet man die Negern schwärzer, je näher sie der Linie wohnen. Diese allgemeine Regel leidet indessen nach Maasgabe der Umstände, manche Ausnahmen. Inselbewohner pflegen selten so schwarz, als die Einwohner des festen Landes zu seyn. In Afrika, wo zwischen den Wendkreisen der Ostwind herrscht, sind die Abyssinier nicht so schwarz, als die Völker am Senegal, weil jenen der Ostwind über das indische Meer kommend, kühl wehet, den letzteren aber, nachdem er über die brennenden Sandwüsten dieses großen Welttheils fortgestrichen, unleidliche Hitze zuführt. Die verschiedene Erhöhung einer Gegend über der Meeresfläche, bringt einen großen Unterschied in der Temperatur zu Wege. Die Einwohner von Quito in Peru wohnen unter der Linie, und sind weder schwarz, noch dunkler Farbe. Die Nähe des Meeres, und die daher rührenden kühlen Seewinde, mildern dort die gewaltige Sonnenhitze. Allein, die Inseln Taheiti und Mallikollo, die in Betracht des Klima gleiche Vortheile geniessen, werden doch von ganz verschieden gefärbten Menschen bewohnt; es muß also noch eine andre mitwürkende Ursach auf die Farbe des Körpers Einfluß haben, und diese finde ich zum Theil in den mancherley Lebensarten der verschiedenen Völker.
Die Taheitier sind jederzeit reinlich, waschen sich oft über den ganzen Leib, und erhalten dadurch die Weisse der Haut, ohngeachtet sie innerhalb der Wendekreise wohnen. Die Neuseeländer sind im gemäßigten Erdstrich, zwischen dem 34° und 47° S. Br. weit gelbbrauner, weil sie im höchsten Grade schmutzig sind, vor dem Bade gleichsam einen Abscheu haben, und in ihren Hütten beständig im Rauch, und andern Unrath sitzen.
2) Die Einwohner von Taheiti und überhaupt alle Insulaner, die mit ihnen zu einerley Rasse gehören, sind von den Mallikolesen an Statur sehr merklich unterschieden. Gleichwohl finden sich unter dieser schwärzeren Rasse, in Tanna und Neukaledonien, wie bereits erwähnt, ebenfalls viele große und starkgebauete Menschen. In O-Taheiti und den Societätsinseln zeichnen sich aber die Vornehmen und Häupter des Volks noch vor den andern Einwohnern besonders aus, und sind von ungewöhnlich körperlichem Umfang und Höhe. Auch hängen diese Abweichungen bekanntermassen vom Klima, von der Nahrung, und von der Bewegung ab.
Was das Klima betrift, so wird vermittelst der Hitze, die Bewegung des Herzens beschleunigt und gereitzt; die festen Theile des Körpers sind dabey mehr erschlaft, folglich findet das Blut der Pulsadern geringeren Widerstand, und dehnt die Theile des Körpers leichter aus, indem die Absonderung der verschiedenen Feuchtigkeiten, und die Mitwirkung eines jeden Gliedes überall schneller und besser von statten geht. Die Erfahrung lehrt daher, daß die Menschen in heissen Ländern am frühesten zur Reife und Mannbarkeit gelangen. Die Kälte nun besänftigt im Gegentheil jenen Reitz, zieht die Fibern zusammen, und haucht gleichsam Betäubung und Schwäche in den ganzen Mechanismus. Das Herz schlägt schwächer, und kann den Wachsthum nicht mit gehörigem Nachdruck befördern, vielweniger den größern Widerstand der gespannten festen Theile überwinden. Daher die kleine Statur der Feuerländer, die doch von wohlgebildeteren Stämmen, in den milderen Gegenden von Südamerika, entsprossen sind.
Der Ueberfluß an Lebensmitteln, dessen sich die Erihs, oder Personen vom Range in den Societätsinseln, und besonders in O-Taheiti, zu erfreuen haben, die Mannigfaltigkeit und Vortreflichkeit der Früchte dieser Länder, die verschiedenen Gattungen von Fischen, die Hühner, Hunde und Schweine die sie zuweilen geniessen, dies alles trägt zu ihrer größern Körpermasse und Stärke bey. Der gemeine Mann, oder Tautau, hat, was zu seinem nothdürftigen Unterhalte gehört; wenn aber unfruchtbare Jahre einfallen, leidet er Noth, indeß der Erih seines Bauchs wie gewöhnlich pflegen kann. Die großen Festtage, wobey die Vornehmeren das Schweinefleisch fast über Vermögen hineinfressen, kommen dem Tautau selten oder nie zu gut, dessen Nahrung blos vegetabilisch, und, wenn es hochkommt, ein Gericht Fische, Schnecken oder gallertartiges Seegewürm (Medusae) ist. Auf den Marquisasinseln ist dieser Unterschied zwischen Vornehmen und Geringen, schon nicht so merklich, auch ist daselbst die Statur der Einwohner überhaupt nicht vollends so athletisch, wie die der vornehmen Taheitier; denn weder animalische, noch andere Speisen sind dort in jenem Ueberfluß vorhanden. Eben so verhält es sich jedoch auch mit den Einwohnern der freundschaftlichen Inseln, ohnerachtet ihre Pflanzungen, wo jedes Eigenthum sorgfältig umzäunt und abgesondert ist, Früchte und Wurzeln in Menge hervorbringen, und auch an Schweinen und Hünern, den einzigen zahmen Thieren ebenfalls kein Mangel ist.Hier schiene also eine Ausnahme von der Reqel statt zu finden; allein ich zweifle nicht, daß der Mangel an frischem, fliessendem Wasser den Körper dieser Insulaner etwas mehr austrocknet. Dies ist nun so wahrscheinlicher, weil la Maire und Schouten, auf Horne und Kokoseiland, (die zu dieser nämlichen Gruppe gehören,) eben so dicke, wanstige Menschen angetroffen haben, als wir in Taheiti sahen; und diese beiden Inseln mit schönen Wasserströmen versehen sind. G.F. Die großen und starkgebauten Neuseeländer scheinen keinen Mangel an Lebensmitteln zu leiden; besonders ist dies in der nördlichen Insel der Fall, woselbst ihnen, neben dem ergiebigen Fischfang, ihre ansehnliche Pflanzungen von Bataten und Aronswurzeln, noch andern reichlichen Vorrath liefern. An vegetabilischer Speise, fehlt es auch den Tannesen und Neukaledoniern nicht, die animalische hingegen ist desto seltener; bey den letztern fanden wir sogar keine Hausthiere, indessen sind die rings um ihre Küste gelegenen Korallenbänke sehr fischreich; ein Umstand der über ihren ansehnlichen Wuchs hinlängliche Auskunft giebt. Allein unmerkbar scheint mir bis jetzt die kleine Statur der Mallikolesen, die doch mit allerley nahrhaften Gewächsen reichlich versorgt sind, und Fische im Ueberfluß, nebst einigen Schweinen und Hünern besitzen. Die Einwohner der westlichen Küsten des Feuerlandes haben unstreitig keine andre Lebensmittel, als solche, die ihnen die See liefert; und dies muß in einer so weit gegen den Pol hin belegenen, und so vielen Stürmen ausgesetzten Gegend, ein überaus ungewisser Unterhalt seyn. Aus dem Pflanzenreiche werden ihnen in ihrem öden Lande nur einige wilde Beeren zu theil. Nichts ist daher gewisser, als daß sie zuweilen, im eigentlichsten Verstande, Hunger leiden müssen. Der bloße Anblick ihrer Gestalt bekräftigt diese traurige Wahrheit; sie sind klein, und dünn an Beinen und Schenkeln; ihr Fraß ist halb verfaultes Robbenfleisch, welches weder gesund noch nahrhaft seyn kann, und wovon sie demohngeachtet mit einer Gierigkeit zehrten, die warlich keinen Ueberfluß an bessern Lebensmitteln vermuthen ließ.
Zur Stärkung des Körpers ist mäßige Bewegung unentbehrlich. Gänzliche Unthätigkeit hindert die Absonderung und den Umlauf der zum Wachsthum erforderlichen Säfte, und verursacht daher bey jungen Personen erschlafte Glieder und körperliche Schwäche. Auf einer andern Seite ist die heftige Anstrengung dem Wachsthum des Körpers ebenfalls nachtheilig, indem die Muskeln, durch zu lange anhaltende Spannung, unbiegsame Fasern bekommen, und die Lebenskräfte bald erschöpft werden. Die kleinsten unförmlichsten Menschen, mit verwachsenen oder disproportionirten Gliedern, sind unfehlbar solche, die von Jugend auf, in engen Wohnungen, zu harter Arbeit angehalten worden. Nur vermittelst des gleichförmigen mäßigen Gebrauchs aller Theile des Körpers, wird er gegen Krankheit und Abspannung geschützt, und in demselben Beweglichkeit der Glieder mit Festigkeit der Gelenke verbunden. Das lebhafte Temperament der erstern Rasse von Insulanern im Südmeere, läßt ihnen in der Jugend nicht viel Ruhe; ihr glückliches Klima, ihr fruchtbares Erdreich, gewähren ihnen die Befriedigung ihrer wenigen Bedürfnisse, ohne große Anstrengung; und auch dies trägt zur Ausbildung ihres schönen, langen Körpers etwas bey.
3) Die besondere Beschaffenheit und das eigenthümliche Ebenmaas des Körpers verschiedener Nationen, können gleichfalls blos durch jene drey Hauptursachen, das Klima, die Nahrungsmittel und die Bewegung abgeändert werden. Unstreitig dörrt die Hitze alle diejenigen Menschen aus, die ihr zu sehr ausgesetzt sind, und verursacht eine hagere Statur; wie man dies an den Mallikolesen, den Bewohnern von Oster-Eiland, den Einwohnern der flachen Eilande, und der Marquesas, imgleichen an den Tautaus oder dem gemeinen Volke in den Societäts- und freundschaftlichen-Inseln wahrnimmt, die mehrentheils unbekleidet, der Luft und Sonne blos gestellt sind. Die Erihs, oder Vornehmen in den letzt genannten Inselgruppen, hingegen, behalten einen fleischigen, oft sehr fetten Körper, weil sie die Hitze vermeiden, und sich beständig im kühlen Schatten aufhalten. Auch selbst die Neuseeländer und Feuerländer, weil sie in kälteren Gegenden leben, erhalten schwammigtes Fleisch, und dickere Knochen, indeß die vorerwähnten Völker zwar feste, harte, aber nicht so dicke Knochen haben.
4) Gewisse Mängel, unnatürliche Vergrösserungen, oder Verunstaltungen der Glieder, werden durch Localumstände verursacht,und hangen oft von besondern Gebräuchen ab, wovon der Grund sich nicht allemahl mit gleicher Zuverläßigkeit angeben läßt. Ich werde indessen hier dasjenige anführen, was wir über diesen Punkt bemerkt haben.
In Mallikollo hat der Hirnschädel bey den meisten Einwohnern eine sonderbare Gestalt, indem der Stirnknochen von der Nasenwurzel an, gleichsam niedergedruckt ist, und auf eine ungewöhnliche Art zurück geht. Dieser Zug war so auffallend, daß man durchgehends einige Aehnlichkeit mit Affen, im Gesichte dieser Insulaner fand. Ob den Kindern der Schädel in diese Gestalt angedruckt wird, oder ob es ein ursprünglich angebohrner Fehler ist, der sich von den Stammeltern dieses Volks bis jetzt fortgepflanzt hat, oder was sonst die Ursach davon seyn mag, läßt sich unmöglich bestimmen. Zuweilen lassen sich freylich dergleichen Erbstücke am menschlichen Körper ihrer wahren Anstammung nach, erkennen; wie z.B. die dicken Köpfe und breiten Schultern, der sonst so unansehnlichen Feuerländer, ihre Herkunft von den langen und starkgebauten Stämmen des südlichen Amerika mit vieler Wahrscheinlichkeit andeuten.Dicke Köpfe werden sonst auch gemeiniglich bey allen Zwergen bemerkt. Anm. des Verfassers. Dagegen haben die dünnen Beine dieses Volkes nicht das gehörige Verhältniß zu jenen Gliedmassen, und eben dies ist auch bey den Neuseeländern der Fall. Diese sitzen beym Fischfang oft ganze Tage lang in ihren Kähnen, ohne die Beine ausstrecken zu können; und in den Hütten ist ihre gewöhnliche Stellung, auf den Fersen zu sitzen, wodurch die Kniegelenke zuweit ausgedehnt, die Beine aber desjenigen Zuflusses der Säfte beraubt werden, den sie bey ordentlicher Bewegung erhalten müßten. Auf den Inseln des heisseren Erdstrichs sind die Einwohner starke Fußgänger, und haben daher große Füsse; allein die sitzende Stellung, welche sie mit den Neuseeländern gemein haben, bringt auch bey ihnen eine ähnliche Unförmlichkeit der Knie zu wege.
Der allgemeine und ursprüngliche Gesichtscharakter aller Völker der ersten Rasse in den Inseln des Südmeeres, besteht in stark gezeichneten Zügen, und großen aber breiten Nasen. Bey den Einwohnern der westlicheren Inseln, steht die Nase weniger hervor, der Mund ist größer, und die Lippen sind dicker; auch diese Züge sind ihnen wahrscheinlich von ihren Voreltern angestammt.
In Oster-Eiland, in Neukaledonien, und zum Theil auch in Tanna, wird das Ohrläppchen nicht nur eingeschnitten, sondern auch, vermittelst eines durchgesteckten Zuckerblattes beständig erweitert. Ohne diese Einschnitte zu machen, begnügen sich die Einwohner von Tongatabu und den übrigen freundschaftlichen Inseln, die Ohrläppchen lang zu ziehen, und durch zwey darin gebohrte Löcher ein Stöckchen, von der Dicke eines Federkiels, waagrecht durch zu stecken. Unter eben diesem Volke fehlt den meisten ein, oft sogar zwey Gelenke an beyden kleinen Fingern, die sie sich bey der Trauer um ihre Verwandten abzuschneiden pflegen.
In O-Taheiti und den Societätsinseln findet eine Art von Beschneidung statt; es wird nämlich ein glattes rundes Holz unter die Vorhaut gesteckt, und diese oben mit einem scharfen Bambusmesser zerschnitten. Nach der Operation werden die getrennten Theile von einander abgesondert, geheilt, so daß sie die Eichel nicht wieder bedecken können.
Die Weibspersonen in O-Taheiti und den Societätsinseln, (einige vom gemeinen Volk ausgenommen,) auch die Einwohnerinnen der Marquesas und freundschaftlichen Eilande haben keine so schlaffe herabhangende Brüste, als die Negerinnen, Neuseeländerinnen und die Weiber auf den westlichen Inseln des Südmeeres. Man hat diese große Ausdehnung der Brüste neuerlichBlumenbach de Generis humani varietate nativa. p. 73. der besondern Art die Kinder zu säugen, zugeschrieben, allein dieser Grund scheint mir nicht hinreichend, indem die vornehmen Weiber in Taheiti, deren Brüste nicht so lang gezerrt sind, doch keine eigne Art zu säugen haben. Daher glaube ich vielmehr, daß diese Theile bey den gemeinen Weibern, deshalb erschlaffen müssen, weil sie der Sonne und der Luft mehr ausgesetzt sind. Die Negerinnen sowohl, als die Weiber in Mallikolo, Tanna und Neukaledonien sind ebenfalls der Luft und Sonnenhitze blosgestellt, und mehrentheils bis an den Unterleib unbekleidet. Die taheitischen vornehmeren Frauenzimmer hingegen, hüllen sich in feine Zeuge, und vermittelst dieses gelinden Drucks, verliert ihr Busen seine Reitze nicht so leicht. Alte, aber sehr fette Personen unter ihnen, hatten zwar stark ausgedehnte, allein nicht lang gezerrte, und hangende Brüste.
Lange Nägel an allen oder wenigstens an einigen Fingern, sind der Stolz der taheitischen Oberhäupter; es sind redende Beweise ihrer Unthätigkeit, oder wenn man will, der Vorrechte ihres Ranges, der sie von aller Handarbeit losspricht. Inzwischen halten sie diese langen Nägel sehr sorgfältig rein, und putzen fleißig daran.
In Neuseeland, wo die Männer sich das Gesicht überall in Spirallinien punktiren, und in den Marquesas Inseln, wo das Gesicht ebenfalls mit allerhand tattauirten Figuren verunstaltet wird, verhindern die Narben, welche von diesen Operationen entstehn, den Haarwuchs; und daher kommt es, daß die gar zu stark punktirten fast gar keinen Bart halten.
Aus diesen Hauptzügen, durch welche die zwey großen Stämme der Südländer von einander abweichen, läßt sich der mächtige Einfluß erkennen, den Klima, Nahrungsmittel, und Sitten auf die Beschaffenheit des Körpers äußern; zugleich ist aber auch daraus mit Gewißheit einzusehen, daß diese dreyerley Ursachen nicht hinreichend sind, um alle hieher gehörige Erscheinungen zu erklären. Nur ein Beyspiel anzuführen, will ich der unveränderten physischen Beschaffenheit der Holländer am Vorgebürge der guten Hofnung, und ihrer seit 120 Jahren ungemischt beybehaltenen Weisse, und volkommenen Gleichheit mit den Europäern erwähnen. Könnte der Unterschied des Klima allein, auf die Farben des Menschen würken, so müsten diese Holländischen Pflanzer doch mit der Länge der Zeit ihren schwarzbraunen Nachbarn, den Hottentotten, ähnlicher geworden seyn, Aber dies ist so wenig der Fall, daß nicht einmahl die Mitwürkung übereinstimmender Lebensart und Speisen eine solche Umstaltung hat hervor bringen können. In der That darf man von einigen holländischen Bauern, die sich tief im Lande, mitten unter den Hottentotten aufhalten, behaupten, daß sie die Lebensart dieses einheimischen Volkes fast gänzlich angenommen haben, statt der Häuser, in elenden Hütten wohnen, nomadisch ihren Wohnort verändern, den ganzen Tag bey ihren Heerden zubringen, von dem Fleische und Milch derselben sich nähren,Auch die Jagd liefert ihnen Nahrungsmittel. und demohngeachtet den unveränderten europäischen Charakter behalten. Die Veränderung, welche allenfalls blos vermittelst des Klima verursacht werden könnte, müßte daher so unmerklich seyn, daß sie sich erst nach einer sehr entfernten Periode bestimmen liesse; allein unser Leben ist zu kurz, unsere historische Nachrichten von den Völkerwanderungen zu unvollständig, unsere physikalische Beobachtungen viel zu neuerlich erst angefangen worden, um uns hierüber sichere Entscheidungen zu erlauben. Einige Veränderung der Farbe, und der Leibesbeschaffenheit wird freylich an den weissen Einwohnern unsers Nordens gespürt, wenn sie in den heissen Erdstrich versetzt werden; allein so weit unsre Erfahrung reicht, bleiben sie allemahl von den ursprünglichen Einwohnern der heissen Länder sehr merklich verschieden. Von einer andern Seite ist unläugbar, daß letztere, wenn sie näher gegen den Pol versetzt werden, ihre angebohrne Schwärze unverändert beybehalten. Auf die verschiedenen Umstände, welche bey dieser Versetzung obwalten können, muß gleichwohl Rücksicht genommen werden, ehe man hier etwas festsetzen will. Wenn ein wohlgekleideter, und ein beynah nackender Europäer zu gleicher Zeit in dasselbe heisse Klima versetzt werden; wenn jener die Luft und die Sonnenhitze sorgfältig vermeidet, dieser aber auf freyem Felde arbeiten muß, so wird sich unfehlbar ein merklicher Unterschied der Farbe an ihnen äussern; und sollte ihre verschiedene Lebensart durch mehrere Generationen fortgesetzt werden, so würden beyder Nachkommen zuletzt ein ganz verschiedenes körperliches Ansehen erhalten.
In unserm Norden ist die weisse Haut, nebst blauen Augen und blondem Haar, den Dänen eigen. Alle slavische Völker hingegen, wie die Böhmen, Polen und Russen, deren einige unstreitig weiter gegen Norden als die Dänen wohnen, haben eine bräunliche Farbe, dunkle Augen, und braunes oder schwarzes Haar. An dieser Verschiedenheit kann also nicht das Klima, wohl aber die Wanderung der Völker schuld seyn. Die Gothischen Stämme waren unstreitig die ältesten Bewohner des Nordens; sie hatten also Zeit sich daselbst zu bleichen, und weisser als die übrigen europäischen Stämme zu werden; auch lebten sie von jenen südlichern Nationen abgesondert, und unvermischt, die braun von Farbe, und schwarz von Haar waren. Die Slavonier oder Sauromaten, sind spätere Abkömmlinge der ehedem in Persien wohnenden Meder.Diod. Sicul. lib. II. Plin. hist. nat. lib. Vl. c. 7. Ihre ersten Wohnsitze an der Nordküste des schwarzen Meeres, und nordwärts vom Caucasus, sind einer heftigen Sommerhitze blosgestellt. Im fünften Jahrhundert finden wir sie an der Donau, und aus der Gegend dieses Stroms verbreiteten sie sich allmählich in die, von ihnen jetzt bewohnten Länder; daher ist es kein Wunder, daß sie noch alle Kennzeichen eines südlichen Volkes beybehalten haben. Ihre Wanderungen aus dem Süden fallen in eine weit spätere Periode, als die der Gothen, und anderer deutschen Stämme; auch haben sie weit mehr Veranlaßung gehabt, sich mit den dunkler gefärbten Asiaten zu vermengen, als jene nordischen Dänen und Gothen.
Neger, und andere schwärzliche Völker, die in gemäßigte oder kalte Länder verpflanzt werden, verlieren ihre Farbe nicht gar leicht, so lange sie sich blos untereinander verheirathen. Man weiß es aus Erfahrung, daß auch nach vielen Generationen an solchen versetzten Schwarzen keine Veränderung merklich ist. Es scheint also, daß am menschlichen Körper die Verwandlung der weissen in die schwarze Farbe leichter als der entgegen gesetzte Fall erfolge. Das durchsichtige Oberhäutlein läßt nämlich die Sonne und Luft ungehindert auf die schleimige Netzhaut würken, die sich dann bald von der Hitze färbt; wenn sie aber einmahl dunkel geworden ist, die Farbe nicht leicht wieder fahren läßt. So lehrt die tägliche Erfahrung, daß wenn man nur einen Tag in der Sonnenhitze zugebracht hat, die unbedeckten Theile des Körpers sogleich braun, oder wie man spricht, verbrannt werden, und kaum durch sechs auch acht monathliches Enthalten von der Luft, ihre vorige Weisse wieder erhalten können. Wenn demnach zween verschiedene Stämme, nachdem sie auf ihren Wanderungen ganz verschiedene Himmelsstriche durchzogen haben, in ein und dasselbe Klima zusammen kommen, dabei aber ihre ihnen eigne Lebensart, und zum Theil verschiedene Speisen beybehalten, so können sie allerdings in Ansehung der Farbe, Größe, Bildung, des Temperaments und der ganzen physischen Constitution, sehr weit von einander verschieden bleiben. Dies auf den vor uns liegenden Gegenstand angewandt, führt uns auf die Vermuthung, daß die zwo verschiedenen Rassen in den Südländern ursprünglich ganz verschiedener Herkunft gewesen seyn mögen, und daß sie deshalb, auch noch jetzt, ohnerachtet sie in einerley Klima wohnen, doch so auszeichnend verschiedene Bildung, Züge und Temperamente haben.
Dieser Satz erhält noch dadurch neue Bestätigung, daß man gemeiniglich alle Völker, die eine gemeinschaftliche Sprache haben, als ursprünglich verwandte oder aus einerley Quelle entsprossene Stämme zusammen zu zählen pflegt; es wäre dann das ausdrückliche Zeugniß ihrer ältern Zeitgenossen, oder doch älterer Schriftsteller dawider. Wenn ich von einer gemeinschaftlichen Sprache rede, so verstehe ich aber auch darunter die verschiedenen Abänderungen der Mundarten. So gehören z.B. das Holländische, das Niederdeutsche oder Plattdeutsche, das Dänische, das Schwedische, Norwegische und Isländische, das Englische, in sofern es Worte Angelsächsischer Abkunft enthält, das Hochdeutsche, und die Ueberbleibsel des Gothischen, in Ulfilas neuem Testamente, zu einer und derselben allgemeinen Ursprache. Diejenigen Begriffe, welche ein jeder Stamm erst nach seiner Trennung von den übrigen, in seinem neuen Wohnsitze erhielt, drückte er unfehlbar mit neuen Wörtern aus, deren Gebrauch nicht mehr so allgemein werden konnte. Verbindungen mit andern fremden Völkern, Eroberungen, erwarben manchem ausländischen Worte nach und nach das Indigenat, und so entstanden Dialekte, die dem ersten Anschein nach sehr weit von einander entfernt sind; im Grunde aber, sobald man sie mit schärferen Blicken untersucht, noch immer die genaueste Verwandschaft haben.
In den Südländern sprechen alle zur ersten Rasse gehörige Menschen, dieselbe Sprache, in deren Mundarten man die auffallendste Uebereinstimmung antrift. Wo ich hinkam, sammelte ich überall so viele Wörter, als ich konnte, und entdeckte gar bald, daß die fünf Stämme, welche die Societätsinsel, die Freundschaftlicheninseln, die Marquesas, das Oster-Eiland und Neuseeland bewohnen, bis aus wenige Worte einerley Sprache hatten. Der Unterschied der Mundarten war sehr geringfügig, und bestand blos in der Abänderung ähnlicher Mitlauter oder Selbstlauter, so daß die Worte überall an ihrer Aehnlichkeit erkannt wurden, und viele durch alle Dialekte, nicht die mindeste Veränderung erlitten hatten. Gewisse Mitlauter fielen einigen in der Aussprache schwer, und wurden deshalb entweder durch leichtere ersetzt, oder gänzlich weggelassen. Mit einem Worte, ich durfte es nicht länger bezweifeln, daß alle diese Insulaner aus einem gemeinschaftlichen Stamme entsprossen wären, und daß der kleine Unterschied, den ich bemerkte, gröstentheils von den eigenthümlichen Vögeln, Fischen, und Pflanzen eines jeden Landes, ihren verschiedenen Eigenschaften, ihrer Bereitung zu Speise und Kleidung, und von andern ähnlichen Ursachen, herrühre.
Nicht nur gänzlich verschieden von dieser Sprache, sondern auch untereinander völlig fremd und unähnlich, sind die Sprachen der Insulaner von der zwoten Rasse, so daß man mit gutem Fug behaupten könnte, die Mallikolesen, Tannesen, Neukaledonier u.s.f. wären von ursprünglich verschiedener Herkunft, wenn nicht einige Aehnlichkeit der Farbe und Bildung, und einige, wiewohl wenige übereinstimmende Gebräuche, dieser Behauptung entgegen stünden.
Wenn man die Südsee, gegen Osten von Amerika, und gegen Westen von Asien, den ostindischen Inseln und Neuholland, begränzt sieht, und dann die herrschenden Ostpassatwinde in Erwägung zieht, möchte man in Versuchung gerathen, die ersten Ansiedler aus Amerika nach den Inseln des Südmeeres wandern zu lassen, zumahl sie sich in so schlechten kleinen Fahrzeugen, wie bey ihnen zum Theil gebräuchlich sind, nicht leicht gegen den Wind hinaufarbeiten können. Allein dieser erste Anschein blendet nur. Nicht gar lange vor Ankunft der Spanier ist Amerika selbst erst bevölkert worden. In diesem ungeheuren Welttheil fanden sich nur zwey Staaten oder Königreiche vor, die einigermassen volkreich und gesittet waren. Ihre Entstehung ist wohl kaum um vier Jahrhunderte früher als die spanischen Eroberungen erfolgt. Das ganze übrige Amerika ward von zerstreuten Familien so sparsam bewohnt, daß vierzig Personen oft einen hundert Meilen weiten Bezirk besaßen, und darin einsam und entfernt von einander umher irrten. Wenige Jahre nach der Eroberung von Amerika hingegen, fanden die Spanier, indem sie über das Südmeer hinschiften, verschiedene der dortigen Inseln bereits so volkreich, wie sie noch heut zu Tage sind. Ueberdies erblickt man auch nicht die allerentfernteste Aehnlichkeit, zwischen den Mexikanischen, Peruanischen, Tschilesischen, und andern amerikanischen Sprachen,S. Relandi Diss. Miscell. Vol. III. Hiernächst war der Herr von Pinto, portugiesischer Gesandter am Großbritannischen Hofe, der ehedem zu Matogrosso in Brasilien Gouverneur gewesen, so gütig, mir ein Wörterbuch der brasilianischen Sprache im Mspt. mitzutheilen. und den Südländischen. Auch sind Farbe, Gesichtszüge, die Beschaffenheit des Körpers überhaupt, und die Sitten der Amerikaner, von denen unsrer Insulaner ganz verschieden. Ja, die Entfernung von sechs hundert bis tausend Seemeilen (leagues), welche die östlichsten Inseln, und Amerika von einander trennt, scheint den Einwohnern dieses Continents, die von jeher elende Seeleute waren, und nur kleine, zu Seefahrten ganz unbrauchbare Kähne befassen, ein unüberwindliches Hinderniß gewesen zu seyn. Mehr bedarf es nicht, um darzuthun, daß die Inseln des Südmeeres, keinesweges von Osten her, bevölkert worden sind.
Auf der Westseite fangen wir mit Neuholland an. Dieses große feste Land, haben alle Seefahrer, Capitain Cook mit eingeschlossen, sehr wenig bewohnt gefunden. Die Einwohner daselbst sind kleiner Statur, und haben ganz andre Sitten und Gebräuche als die Insulaner im Südmeere; sie besitzen weder Kokosbäume, noch Pflanzungen von Pisangs, noch Schweine; auch ihre Hütten und Boote sind so schlecht gezimmert, daß man die Südseebewohner unmöglich von ihnen herleiten kann. Zum Ueberfluß erhellt aber ihre gänzliche Verschiedenheit, aus einer Sammlung von Wörtern, die Capitain Cook auf Neuholland gesammelt und mir mitgetheilt hat. Wir sehen uns also genöthigt, etwas mehr nordwärts zu gehen, wo die Inseln des Südmeeres mit den östlich-asiatischen gleichsam zusammen hangen. Diese letztere werden zu gleicher Zeit von zwo verschiedenen Menschengattungen bewohnt. So trift man in mehrern Moluckischen Inseln ein Volk, welches schwärzlicher, als die andern Einwohner, schlank und hoch von Wuchs ist, ein wollicht krauses Haar hat, seine eigne Sprache redet, und in den innern Gebirgsgegenden wohnt. Man kennt es auf verschiedenen dieser Inseln, unter dem Namen Haraforas oder Alfuris.S. Franc. Valentyn Beschryving van Amboina. II. Deel. p.71.-84. Dan. Beeckman´s Voyage to Borneo p.43. Letzterer nennt die ursprünglichen Einwohner auf Borneo die Byajos. S. ferner Forrest´s Voyage to New Guinea p. Auf der Insel Sumatra wohnen im Innern, verschiedene Völker, die sich von den Malayen, oder Küstenbewohnern, welche aus der Halbinsel Malakko herüber gekommen, gänzlich unterschieden. Ein Stamm dieser ursprünglichen Einwohner von Sumatra, sind die Battas oder Baddas S. Miller in den Phil. Trans. LXVIII.part I p.163.165. Die Küsten eben dieser Inseln werden dagegen von einem andern Volke bewohnt, welches zwar von schwärzlicher Farbe, allein von schönerer Bildung, mit langem, lockigtem Haar, und auch in der Sprache von jenen verschieden ist. Die Sprache derselben ist eigentlich eine Mundart des Malayischen. Der innere gebirgigte Theil der Philippinischen Inseln, wird von einem schwärzlichen Volke, mit krausem Haar bewohnt, welches hoher Statur, stark gebaut und kriegerisch ist, und ebenfalls eine, von der benachbarten verschiedene Sprache redet. An den Küsten hin, wohnen viel weissere Menschen, mit langem Haar, die ihre eigne Sprache haben, und unter mehrern Benennungen bekannt sind. Die vornehmsten Stämme sind die Tagales, Pampangos und Bissayos. Die Gebirgsleute sind vermuthlich die älteren Bewohner, die andern hingegen malayischen Ursprungs, indem die Malayen, lange vor Ankunft der Europäer in diesen Gegenden, sich über alle ostindische Inseln verbreitet hatten. In den Sprachen dieser Stämme findet man auch Spuren ihrer malayischen Abkunft.Hernado de los Rios Coronel, Relacion de las Islas Malucas. – Navarette Trattados historicos de la Monarchia de China. – Gemelli-Carreri, il giro del moudo. - Fr. Diego Bergano Vocabulario de Pampango en Romance; Manila, 1732. Fol. P. Juan de Noceda y el P. Pedro de S. Lucar Vocabulario de la Lengua Tagala Manila, 1754. Fol. Die Insel Formosa oder Taiovan, deren Küsten, besonders die nördlichen, im Besitz der Schinesen sind, hat in ihren innern Gebirgen ein braunes Volk, mit breiten Gesichtern und krausem Haar, welches eine ganz eigene Sprache hat. Verwandt mit jenen Schwarzen auf den Moluckischen und Philippinischen Inseln, sind wahrscheinlich die schwarzen Einwohner der nahgelegenen Inseln von Neuguinea, Neubrittannien und Neuirrland; deren Sitten, Gebräuche, Statur und Charakter ihnen überaus große Ähnlichkeit mit den Südländern der zwoten Rasse, nämlich den Einwohnern von Neukaledonien, Tanna, Mallikolo u. s. f. geben. Anderntheils sind die Einwohner der Diebsinseln, (Ladrones) und der neuentdeckten Carolineninseln, mit den Völkern unsrer ersten südländischen Rasse, genau verwandt. Ihre Größe, ihre Sitten und Lebensart, geben hievon hinreichende Beweise. Nimmt man hiezu das Zeugniß der Schriftsteller,P. Gobien, histoire des Isles Marianes, 12mo. Paris 1700.] die da versichern, daß sie in allem mit den Tagales in Luzon oder Mania übereinkommen, so läßt sich den Völkerwanderungen von Asien her, durch eine Inselreihe nachspüren, von denen selten zwo au 100. Seemeilen von einander entfernt liegen.
Zwischen einigen Wörtern der weisseren Rasse von Menschen in den Südseeinseln, und einigen malayischen Wörtern bemerkt man ebenfalls eine auffallende Aehnlichkeit. Gleichwohl darf aus der Uebereinstimmung einiger Wörter keinesweges gefolgert werden, daß die Insulaner des Südmeeres von den Malayen herstammen. Wer so unphilosophisch schliessen wollte, dürfte mit gleichem Rechte behaupten, daß auch Perser, Malabaren, Braminen, Singalesen, Javanesen und Malegassen, in deren Sprachen ebenfalls gewisse Wörter mit dem Malayischen übereinkommen, von den Malayen entsprungen wären.Reland Diff. Miscell. Vol. III. Allein ich kann mich hier des Gedankens nicht erwehren, daß jene in allen eben genannten Sprachen vorkommende gemeinschaftliche Wörter, die Ueberbleibsel einer älteren und allgemeinern Sprache seyn können, welche, erst in der Folge der Zeiten, in so weit abweichende Mundarten zerfallen ist. Dem sey nun wie ihm wolle, so beweiset die Verwandschaft der Sprachen hier wenigstens zur Genüge, daß die östlicheren Inseln im Südmeere von den östlich- asiatischen Eilanden her, sind bevölkert worden; die westwärts gelegenen Südseeinseln hingegen, ihre ersten Bewohner aus der Nähe von Neuguinea erhalten haben. Wären die Wörterbücher, aller der verschiedenen hieher gehörigen Sprachen vollständiger, so hätte man vielleicht den Ursprung der beyden südländischen Rassen, noch bestimmter von einzelnen asiatischen Stämmen herleiten können. Allein, gerade in diesem Fache findet man die größten Lücken. In der angehängten Tabelle habe ich die verschiedenen Sprachen, sowohl der von uns besuchten Inseln, als der gegen Osten und Westen angränzenden Völker mitgetheilt, um dem Leser die allgemeine Uebersicht zu erleichtern.