Georg Forster
Bemerkungen ... auf seiner Reise um die Welt ...
Georg Forster

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Vierter Abschnitt.

Eis, und dessen Entstehung.

Jene ungeheuren Eisklumpen, welche in der Nähe der Pole, auf dem Meere schwimmen, machen einen unbeschreiblichen Eindruck auf den Seefahrer; ich hatte im voraus viele Nachrichten von ihrer Gestalt, Größe und Entstehung gelesen, und ward dennoch völlig überrascht, als ich sie zum erstenmal erblickte. Das Große dieses Anblicks übertrift alle Erwartung. Eisinseln, eine, auch zwey Meilen lang, und über hundert Fuß hoch über dem Wasser, sind uns häufig vorgekommen.

Gesetzt ein Stück Eis mit parallelen Seiten, zeigte ein Zehntheil seines Inhalts über dem WasserBOYLE in den Philos. Transact. No 61. Diese Voraussetzung ist noch viel zu mäßig. MAIRAN, in seiner Abhandlung sur la glace p. 264. sagt, daß im frischen Wasser nur 1/14 des Eises hervorragt, und D. Irving (in Capt. Phipp's, (Lord Mulgravés) voyage towards the Northpole, Appendix141.) bemerkt, daß ein Stück des allerfestesten Eises bis auf 1/11 im Schneewasser versank., so enthält es, falls die Länge nur eine Englische Meile, die Breite eine Viertelmeile, und die Höhe über dem Wasser 100 Fuß betragen, 696,960,000 kubische Fuß, solides Eis, über dem Wasser, und neunmal so viel unter dem Wasser, oder zusammengenommen, einen Würfel von 6,969,600,000 Fuß.

Allein nicht nur die Größe, sondern auch die erstaunende Anzahl dieser Eismasse würkt auf den Zuschauer. Im Jahr 1773 am 23sten December wurden vom Mastkorbe 186 große Eismassen gezählt, worunter keine geringer als das Schiff war. Oft umringten sie uns auf allen Seiten, und oft mußten wir unsern Lauf ändern, weil ganze sogenannte Eisfelder ihn in der vorigen Richtung hemmten. Die Eisfelder waren jederzeit von aussenher mit kleinen Brocken eines durchlöcherten schwammmigten Eises umgeben, welches durch die stete Bewegung der Wogen schon in so weit zerstört war. Darauf folgten unabsehliche Flächen eines festen Eises, und dazwischen stehende, oder darinn eingefrorne ungeheure hohe Eisinseln, von allerhand seltsamen Figuren, wie Kirchthürme, Felsen, u.d.gl.

Die Lage dieses Eises ist nach den Jahreszeiten, und Meeresgegenden sehr verschieden. Am 10ten December 1772, fanden wir es zwischen dem 50. und 51sten Grad der südlichen Breite. Am 12ten December 1773 hingegen, erblickten wir das erste Eis im 62. Grad der Breite, und am 27sten Januar 1775 kam es uns im 60° zu Gesicht. Am 24sten Februar desselben Jahres kamen wir an die nämliche Stelle, wo wir vor 26 Monaten vor vielem Eise nicht hatten weiter südwärts gehen können, sondern den Lauf nach Osten richten müssen; bey unsrer diesmaligen Anwesenheit hingegen war keine Spur mehr davon vorhanden. Eben so wenig fanden wir Eis in der Gegend wo Hr. Bouvet sein Cap de la Circoncision gesehen haben will. Wir segelten über den ganzen Strich, wo er Land vermuthete, und hatten oft Gelegenheit, die Polhöhe zu bemerken, so daß das Land unmöglich unseren Augen hätte entgehen können, wenn es existirt hätte.

Alles Eis, welches im Meere schwimmt, giebt frisches Wasser, wenn man nur die Vorsicht gebraucht, keine schwammigte und vom Anspülen der Wellen durchlöcherte Stücken einzusammlen, indem das salzige Seewasser in deren Zwischenräume dringt, und nicht wieder davon abtraufet, wenn es auch noch so lange auf dem Verdeck liegen bleibt. Der Ort wo man diese Art des Eises antrift, (nämlich in der Nähe großer Eisfelder,) und dessen äusseres Ansehen geben es hinlänglich zu erkennen. Hingegen findet man unter dem Winde großer Eisinseln gemeiniglich eine Menge sogenanntes Treibeis in kleinern aber festen Stücken, welche gutes trinkbares Wasser geben. Man sammelt davon, was der großen Eismasse am nächsten liegt, besonders solche Stücke, die man bequem in das Boot heben kann, und legt diese auf dem Verdeck des Schiffs dergestalt übereinander, daß die Tropfen des Seewassers, welche ihnen äusserlich anhängen, davon abfließen können. Sobald durch die wärmere Luft auf dem Schiffe, und besonders durch die Wärme des Verdecks, das Eis zu thauen beginnt, wird es in den großen Schiffskessel gethan und vollends aufgelöset. Das übrige zerschlägt man in kleine Stücken, packt sie durch das Spundloch in Fässer, und füllt die Zwischenräume mit dem bereits geschmolzenen an. In kurzer Zeit ist alles zergangen.

Unter dem Winde von großen Strecken des TreibeisesDie Grönlandsfahrer nennen es gepacktes Eis, indem die Wellen oft die kleinern Stücken übereinander anhäufen. fanden wir jederzeit eine ungewöhnlich ebene SeeEbene See, in dem Sinne wie der Seemann es nimmt, möchte manchem Landmanne immer noch furchtbar seyn. Wenn bey heftigem Winde keine hohe Wellen gehn, weil Land oder Eis die Gegend schützt, und dem Schwung des Wassers entgegen steht, so nennt man dieses eine ebene See, sollte auch kein Segel mehr vor dem Sturme aussen bleiben können. G.F.. So bemerkten wirs am 17ten Januar 1773 in 67° 15' S. Br. als wir in das lose Eis kamen, da zu gleicher Zeit, an der dem Winde ausgesetzten Seite des Eises, hohe Brandungen schlugen, und die Wellen sehr hohl giengen.

Was die Grönlandsfahrer den Eisblink nennen, nämlich einen weißen Wiederschein am Horizonte, bemerkten wir so oft wir in die Nähe großer Eisstrecken kamen; ja wir konnten nach dieser Erscheinung jedesmal gewiß versichert seyn, daß wir nur wenige Seemeilen vom Eise entfernt wären. Gemeiniglich erblickten wir zu gleicher Zeit eine Menge schneeweißer Sturmvögel, (Procellaria nivea,) so groß wie Tauben, als sichere Vorboten des nahen Eises.

Große Eismassen erkühlen die Luft stark genug, um den Unterschied fühlbar zu machen. Am 11ten December 1772, an einem hellen, gelinden Tage, stand das Thermometer, welches an der Ankerwinde auf dem VerdeckFolglich in freyer Luft; das fahrenheitische Thermometer wird durchgehends verstanden. G. F. befestigt war, auf 41° ehe wir eine große Eismasse erreicht hatten. Kaum befanden wir uns unter dem Winde dieses Eises, so fiel das Quecksilber auf 37½° und ohngefähr um fünf Uhr Nachmittags, da wir das Eis hinter uns zurückgelassen hatten, stieg es wieder auf 41°. Die Eismasse mogte ohngefähr eine englische Meile lang, und hundert Fuß hoch seyn. Am 13ten December früh Morgens, stand das Thermometer auf 32°, indem es die ganze Nacht hindurch geschneyet hatte. Zwischen sieben und acht Uhr näherten wir uns einer Menge Eisinseln, davon einige von erstaunender Größe waren. Um acht Uhr zeigte das Thermometer schon 31½° indem wir uns in dem Augenblicke unterm Winde der größesten Masse befanden. Es stieg aber hernach nicht wieder höher, theils weil die Nässe des Verdecks von dem vielen Schnee, und die darauf erfolgte Ausdünstung, die Kälte erhielt, theils weil auch die ganze Luft um uns her, von der Menge der Eismassen abgekühlt ward.

Des Sommers zergeht das Eis allmählig, indem die Temperatur des Seewassers, worinn es schwimmt, in dieser Jahrszeit etliche Grade gelinder als der Gefrierpunkt ist. Schon im frischen Wasser, dessen specifische Schwere sich zur Schwere der Luft, wie 1.000 zu 0.001 oder 0.00025 verhält, wenn beyde gleich warm sind, schmilzt das Eis leichter als an der Luft, wegen der beträchtlicheren Schwere der Wassertheilchen die das Eis berühren; mithin muß das noch schwerere Seewasser, welches sich zum frischen Wasser wie 1.030 zu 1.000 verhält, noch heftiger darauf würkenNichtsdestoweniger erfordern große Eismassen lange Zeit, und ein warmes Klima, ehe sie sich ganz auflösen lassen. Im Atlantischen Meere sind Eisinseln bis im 40° N.Br. gesehen worden, und in der Meerenge von Belleisle, hat ein Offizier der sich mehrere Jahre in Neufundland aufgehalten, ein grosses Eiseiland beobachtet, welches dort auf dem Grunde sitzen geblieben, einen ganzen Sommer hindurch gelegen, und erst im folgenden Sommer ganz geschmolzen ist. F. Es ist bekannt, daß das Eis in einem vollen Eiskeller sich besser hält, als in einem der nur zur Hälfte gefüllt ist; die Masse des Eises, welche vor den Würkungen der Luft geschützt bleibt, und folglich die Kälte in ihrem innersten stets erhält, muß hier das richtige Verhältniß der Zeit, die zur Auflösung nöthig ist, von selbst an die Hand geben. G.F.. Oft waren wir Augenzeugen der Würkung des Seewassers auf das Eis; große Massen, welche unter dem Wasser allmählig angefressen waren, stürzten mit gewaltigem Krachen ein, und zerfielen in kleine Trümmer, oder schlugen um, und erhielten durch den Verlust eines Theils, einen neuen Schwerpunkt. Zuweilen geschah dieser Umsturz so nahe an unserm Schiffe, daß wir Gefahr liefen, davon beschädigt zu werden. Das Eis, welches man im 50°–67° oder selbst 71° S.Br. im weiten Meere findet, muß, dünkt mich, unstreitig noch ferner südwärts entweder in der Nähe eines Landes, oder aber im Meere selbst entstehen. Im erstern Fall, müßte das Land augenscheinlich noch jenseits unserer Fahrt liegen, indem wir noch kein Land in 6o° – 71° S. Br. gefunden haben, welches zur Entstehung einer solchen ungeheuren Menge von Eis hinreichend wäre. Letztern Falls aber, wenn nämlich Eis ohne Land entstehen kann, müßte dessen Geburtsort ebenfalls noch südlicher liegen, da wir es noch immer in Bewegung, und nicht an einem Orte unbeweglich stillestehend sahen. Wenigstens muß das schwimmende Eis zwischen 50° und 71° von festen Eismassen jenseits dieser letztgenannten Breite hergeflößt worden seyn. Andre SeefahrerDALRYMPLE'S Collection of Voyages chiefly in the southern Atlantick Ocean Capt. HALLEY'S Journal p. 34. and Capt BOCVET'S p. 4. haben ebenfalls im Frühling und Sommer, in ziemlich geringen südlichen Breiten, z. B. 49° 50° 51° und 52° Eis angetroffen. In der nördlichen Halbkugel sieht man fast jährlich das Eis herabwärts, aus Norden nach gemäßigteren Himmelsstrichen treiben, so daß es fast scheint, als würkten Strömungen, oder Anziehungskräfte, von jedem Pole nach dem Aequator zu, vermittelst welcher jene erstaunend großen Eismassen in eben dieser Richtung bewegt werdenSollte nicht vielleicht die stärkere Ausdünstung zwischen den Wendekreisen, wodurch die See dort merklich abnehmen muß, diese Strömungen verursachen, indem die nächstliegenden Wogen immer zuströmen, um den Abgang am Gleichgewichte zu ersetzen? F..

Die Meynung, daß das Eis nur an den Küsten, und zwar allein von frischem Wasser entstehen, oder gar auf Flüssen, z. B. in Sibirien und Hudsonsbay, ins Meer geführt werden könne, hat an den Herren v. Büffon,BUFFON Histoire Naturelle (ed. in 12mo) Tome I. p.313. 319. und Tome II p.91. 100. Lomonossof,Lomonossof Abhandlung von dem Eise in den Nordischen Meeren. Siehe Abh. der Königl. Akad. der Wissensch. zu Stockholm, (deutscher Ausgabe) XXV. Band. und CrantzCrantz Geschichte von Grönland. S.18. 42. ihre Vertheidiger gefunden. Dem zufolge erwartete ich in der That die nahe Entdeckung des südlichen Landes, als wir, im December 1772, des Eises solchen großen Vorrath erblickten. Diese Erwartung wurde aber damals, und hernach, da wir zweymal über 67° und einmal jenseit 71° S.Br. kamen, verschiedentlich getäuscht. Meine anderweitigen Zweifel am Daseyn des Südlandes stellten sich also wieder ein, und leiteten mich auf eine nähere Untersuchung der Gründe, auf welche sich die benannten Schriftsteller theils in Betracht der Entstehung des Eises, theils für die Nothwendigkeit eines SüdlandesBüffon, am angeführten Orte. gestützt haben. Ihr ganzes Argument läuft auf folgende wenige Sätze hinaus: »Das im Weltmeere vorhandene Eis besteht ganz aus frischem Wasser; Seewasser aber kann gar nicht gefrieren, oder dessen Eis würde immer Salztheilchen enthalten. Mithin (folgern sie) kann jenes Eis nicht in offener See entstanden seyn, sondern es muß ein Südland existiren, dessen Küsten, wie im Norden der Fall ist, den ersten festen Punkt (point d'appui) abgeben, an welchen sich die höhern Eismassen festsetzen; und dessen Flüsse das flache Eis in so unglaublicher Menge mit sich führen können.« Diesen Sätzen füge ich das Resultat meiner unpartheyischen Bemerkungen hinzu.

1. Ich stimme der Behauptung, daß das Eis, welches man im Meere treibend antrift, blos aus frischem Wasser bestehe, völlig bey, ohnerachtet Herr Crantz dieses nicht zugiebt, indem er ausdrücklich sagt, daß die flachen Stücken (woraus die sogenannten Eisfelder bestehen) salzig sind, weil sie aus gefrornem Seewasser bestehenGeschichte von Grönland, S. 31.. Das Eis, womit wir unser Schiff versorgten, war von allerley Art, theils flach, theils in Klumpen, allein es gab allemal reines frisches Wasser; mithin folgt entweder, daß sich von einer Halbkugel auf die andre in diesem Betracht nicht schließen läßtDiese Folgerung würde selbst für die benannten Herren zu viel beweisen. Zudem sieht man keinen Grund, jene Verschiedenheit zwischen beyden Halbkugeln, in Betracht des Eises anzunehmen. Crantz konnte vielleicht seine Bemerkung an dergleichen schwammigtem, halbaufgelöstem Eise gemacht haben, welches, wie oben bemerkt worden, in der That sehr viele äusserlich ihm anhangende Salztheilchen in seinen Hölungen enthält. G.F., oder daß Herr Crantz, der von salzigem Eise spricht, sich geirrt haben muß.

2. Der folgende Satz behauptet, daß kein Seewasser gefrieren könne, oder, wenn es ja geschähe, so müßte das Eis immer Salztheile enthalten. Hr. von BüffonAm angef. Orte. erzählt, »daß die See zwischen Nova Zemla und Spitzbergen unter dem 79° N.Br. niemals gefriere, weil ihre Breite daselbst schon zu beträchtlich ist: daher könne man unter dem Pole selbst, eine offene See gewärtigen, indem die Gefrierung des Meeres fern von den Küsten ganz ohne Beyspiel sey.«

»Das einzige Faktum, welches sich gegen diese Behauptung anziehen lasse, betreffe blos das schwarze Meer, welches eben nicht gar breit, und wegen seiner vielen von Norden her eisführenden Ströme, auch nicht salzig sey; daher gefriere es zuweilen so stark, daß die ganze Oberfläche mit dickem Eise belegt würde, und zu Constantin Copronymus Zeiten, (falls die Geschichtschreiber Glauben verdienten,) dreyßig Ellen dickes Eis gehabt habe, ohne den zwanzig Ellen tiefen Schnee zu rechnen. Das Faktum scheine zwar übertrieben, indessen gestehe das schwarze Meer fast jeden Winter, da doch andre Meere, die dem Pol auf tausend Meilen (lieues) näher liegen, nie gefrören, woran lediglich ihr Salz, und die geringere Zufuhr von Eis auf den Flüssen schuld seyn könne.« Ganz Recht, sagt Hr. von Büffon, daß das schwarze Meer oft gefriert. StraboSrtabo Geogr. L. VII. p, m. 212. berichtet, daß die Völker am Bosporus Cimmerius in Karren queer über dieses Meer von Panticapäum bis Phanagorea zu fahren pflegten, und daß Neoptolemus, ein General des Königs Mithridates Eupator, mit seiner Reuterey auf dem Eise eine Schlacht gewonnen habe, an eben der Stelle, wo er im vorhergegangenen Sommer mit seinen Schiffen, einen Sieg zur See erfochten hatte. Marcellinus ComesMarcell. Comes, in Scaligeri ed. Euseb. p. 37. erzählt, daß während des Consulats des Vincentius und Fravita, in der vierzehnten Indiction, im Jahr 401 nach Christi Geburt die ganze Oberfläche des schwarzen Meeres mit Eis belegt gewesen sey, welches im Frühjahr dreyßig Tage lang, durch die Propontis in Stücken wie Berge getrieben worden. ZonarasZONARAS in const. copronymo und NICEPHORUS Patr. p. 43.44. desgleichen THEOPHANES, p.365.366, melden, daß im Winter 762/3, das schwarze Meer beynah fünf Monate lang von Zichien (der Gegend zwischem dem Kuban und Aerchos) bis Chazarien, (der Krim) und Bulgarien mit dreyßig Ellen dickem Eise belegt gewesen sey. führt an, daß zu Constantin Copronymus Zeiten die See zwischen Constantinopel und Skutari so stark gefroren gewesen, daß man mit beladenen Wagen drüber gefahren ist. Prinz Demetrius KantemirDEMETRIUS CANTEMIR Hist. of the Othman Empire; und the Modern Universal History. Vol. V. p. 347. (Fol) bemerkt endlich noch im Jahr 1620/21 einen scharfen Frost, während dessen man von Constantinopel trocknes Fußes nach Iskodar habe kommen können.

Allein, wenn Herr von Büffon behauptet, daß nur allein das schwarze Meer ganz gefriere, sehe ich mich genöthigt von ihm abzugehen, indem, nach Caspar Schützen, auch die Ostsee bisweilen ganz gestanden istC. SCHÜTZ, Historia rerum prussicarum, Lips. fol. 1599. p. 114. 281. . Im Jahr 860 war auch das mittelländische Meer so hart gefroren, daß man zu Wagen und zu Pferde über das Ionische Meer nach Venedig kamHERMANN. CONTRACTUS ap. Pistor Script. Tom. II. p. 236.. Im Jahr 1234 traf dieser Fall abermal ein, so daß die venetianischen Kaufleute ihre Waare über das gefrorne mittelländische Meer, wohin sie wollten, verführen konntenMATTH. PARIS. p. 78.. Im J. 1426 fiel ein so kalter Winter ein, daß man, auf der Ostsee, von Danzig nach Lübek, und von Dänemark nach Meklenburg übers Eis reisete. Im J. 1459 war die ganze Ostsee dergestalt gefroren, daß man zu Fuß und zu Pferde von Dänemark nach den Windischen Hanseestädten, Lübek, Wismar, Rostock und Stralsund reisete, welches zuvor noch nicht geschehen war. Ja man gieng sogar ohne die mindeste Gefahr quer über die ganze Ostsee, von Reval in Esthland nach Dänemark und Schweden, und wieder zurück. Sämund Froden zufolgeSæmund Frode, apud Thormod Torsaeum, serie Dynast. Regum Daniae. Hafn. 4to. 170s. p. 41. war aber 1408 selbst die große Nordsee zwischen Dänemark und Norwegen gefroren, und die Wölfe liefen übers Eis aus dem einen Königreich in das andere. Das große nordische Eismeer gefriert bisweilen ganz unstreitig in beträchtlicher Entfernung von den Küsten, wie aus der von Hrn. Etatsrath MüllerSammlungen Ruß. Geschichte. 3. Band. S. 41. angeführten Reise des Kosaken Markof und seiner Gefährten erhellt. Dieser Kosake versuchte, auf Befehl der russischen Regierung, das Eismeer zu erforschen; weil aber das häufige Eis seine Sommerreise zu Schiffe vereitelte, so entschloß er sich, im Winter einen Versuch von anderer Art zu wagen, reisete in etlichen, nach Landesart, mit Hunden bespannten Schlitten ab, und legte mit diesem Fuhrwerk 80 bis 100 Werste (deren 105 auf einen Aequatorsgrad gehen) täglich zurück. Am 10ten März 1715 verließ er, in Begleitung neun andrer, die sibirische Küste an der Mündung des Yanaflusses, unter 71° N. Br. und fuhr sieben Tage lang immer nordwärts, bis er wenigstens 77° oder 78° N. Breite erreicht hatte. Hier fand er das Eis in so rauhen Bergen aufgethürmt, daß er nicht weiter kommen konnte. Er erstieg einen solchen Eisberg, allein so weit das Auge tragen wollte, war nichts als Eis zu sehen. Zudem war ihm das Futter für die Hunde abgegangen, weshalb er sich genöthiget sah, zurückzukehren. Auf der Rückreise blieben etliche Hunde vor Hunger todt, deren Fleisch den übriggebliebenen zum Unterhalt dienen mußte, bis sie endlich am 3ten April mit genauer Noth das Land wieder erreichten.Nachstehende historische hiehergehörige Fakta, deren einige noch stärker, als alles oben angeführte, sind, hat mir der verstorbene Professor Thunmann in Halle durch Hrn. Ober-Consistorialrath Büsching mitgetheilt.

Im J. 1269 war die Ostsee von Gothland bis Schweden gefroren, (Incerti auctoris Annales Denor. in WESTPHAL monument. Cimbr. T.I. p.1392)

1306. Lag Eis vierzehen Wochen lang auf der Ostsee zwischen allen dänischen und schwedischen Inseln. LUDWIG reliquiæ MSSTOR. T. IX. p. 170.)

1323. War für Fußgänger und Reiter sechs Wochen lang ein Weg über die Ostsee, (id. ibid.)

1349. Gieng man über Eis von Stralsund nach Dänemark. (Incert. auct. cit. apud LUDWIG. T. IX. p. 171.)

1408. War die ganze See zwischen Gothland und Oeland, auch zwischen Rostock und Gezör, gefroren, (id. ibid)

1423. Konnte man zu Pferde auf der See von Preussen nach Lübek kommen. (CRANZII Vandal. L. X. c. 40.)

Von Meklenburg bis Dänemark war die ganze See mit Eis belegt.(Incert. auct. ap. LUDWIG. T.IX. p.125.)

1461. (sagt NICOL. MARESCHALLUS in annal. Herul. ap. Westphal. T.I. p.261.) Tanta erat hyems, ut concreto gelu oceano plaustris millia passuum supra CCC*. merces ad ultimam Thylen (Ysland) et Orcades veherentur e Germania. tota pene bruma.

1545 War die See zwischen Rostock und Dänemark, auch zwischen Fünen und Seeland so gefroren, daß theils Fußgänger, theils Schlitten mit Ochsen und Pferden bespannt, über Eis giengen, (Anon. ap. LUDWIG T.IX. p.176.)

1294. War das Cattegat zwischen Norwegen und Dänemark gefroren, und man reisete darauf von Oxlo in Norwegen nach Jütland. (STRELOW Chron. Juthiland p.148.)

Die angeführten Stellen sind hinlänglich, jeden unbefangenen Leser zu überzeugen, daß nicht blos das schwarze, sondern auch andere Meere im Winter gefrieren. Auch bedarf es wohl keines Beweises, daß, da die Nordsee zwischen Norwegen und Dänemark gefror, solches nicht lediglich dem Eise, welches Flüße mit sich führen konnten, zuzuschreiben war; indem alle dorthin fallenden Flüße, im Verhälniß mit dem großen Ocean, klein und unbeträchtlich sind. Hiemit stimmen auch Herrn Wilkens halostatische Versuche überein, denen zufolge die Nordsee, selbst im Haven von Landskrona, dicht am Lande, sehr salzig ist.Abhandl. der Akademie der W. zu Stockholm. Deutsche Uebersetzung. 33.Band. S.66.

Der Ausdruck, daß die See fern von den Küsten nicht gefriere, ist freylich in Absicht auf die erforderliche Distanz sehr unbestimmt. Doch scheint mir Markofs Reise, da er sich sechs bis sieben Grade der Breite, (oder 360 bis 420 Engl. Meilen) vom Lande entfernte, und von dem Eisberge, den er erstieg, etwa noch 60 Meilen weiter sehen konnte, auch die allerweiteste Ausdehnung jenes Satzes zu widerlegen, und es höchst wahrscheinlich zu machen, daß das nordische Meer im Winter bis an den Pol gefriert. So wäre denn hiedurch, wie durch mehrere angeführte Beyspiele, erwiesen, daß die Breite des Meeres dessen Gefrierung nicht ausschließt.

Sollten wir aber dem Hrn. von Büffon beystimmen, wenn er jene ungeheuren Eismassen, welche die Polar-Meere anfüllen, blos auf Flüssen hinabtreiben läßt? Es ist der Mühe werth, ihn selbst zu hören: »Gesetzt, sagt er, wir nähmen, wider alle WahrscheinlichkeitTom.I. p.313. Das unwahrscheinliche sehe ich nicht ab. G.F., um die Pole einen solchen Grad der Kälte an, wodurch die Oberfläche des Meeres gefrieren könnte, so bleibt noch immer unbegreiflich, wie jene ungeheuren Eismassen entstanden sind, wenn kein Land vorhanden wäre, wo sie sich zuerst ansetzen, und davon sie im Sommer, vermittelst der Sonnenhitze, hätten abgesondert werden können. Die zwey Schiffe, welche die Ostindische HandlungsgesellschaftUnter Anführung des Herrn des Loziers Bouvet. 1739 auf Entdeckung ausschickte, fanden in 47° oder 48° S.Br. Eis, aber auch nicht weit davon schon Land, dem sie sich (blos wegen des Eises) nicht nähern konnten. Dieses Eis mußte also vom Innern des um den Pol gelegenen Landes auf dessen großen Strömen herabgekommen seyn, so wie es auf dem Ob und Jenisea, und andern großen Flüßen, in das nordische Weltmeer treibt, sich fast das ganze Jahr hindurch in der Waygats-Meerenge stopft, und den Zugang zum tatarischen Meere von dieser Seite versperrt.«

Vorausgesetzt, daß ein Südland vorhanden wäreWenigstens ist das Land nicht vorhanden, wovon hier die Rede im Texte ist; denn Herr Bouvet hatte sich sehr geirrt, und Eisberge für Land angesehen, wie theils aus unserer Fahrt, theils aus dem Lauf der Adventure erhellt. S. oben. G.F., so müssen wir zuförderst dessen Lage mit den Küsten von Sibirien vergleichen, ehe wir es wagen, von der Aehnlichkeit der Flüße jenes unbekannten Landes mit dem Ob, Jenisea, und andern nordischen Gewässern, zu urtheilen. Letztere entspringen, so wie alle sibirische Hauptflüsse, welche sich ins nordische Meer ergiessen, in 48° und 50°. N. Br. unter einem gemäßigten Himmelsstrich, wo allerley Erdfrüchte gezogen werden können. Mit ihnen vereinigen sich keine andere Flüße, als solche, die ebenfalls gelinderen Gegenden entflossen sind. Ihr Lauf bleibt ziemlich genau in der Richtung von Süden nach dem Pole hin, so wie die Küste von Sibirien, (Buchten abgerechnet,) von Ost nach Westen liegt. Die kleineren Bäche, die hoch im Norden entstehen, haben keine eigentliche Quellen, sondern führen blos im Frühlinge geschmolzenen Schnee, und in dem kurzen Sommer etwas Regenwasser: im Herbste sind sie größtentheils verschwunden. Auch ist es ganz wohl begreiflich, daß in einem ewig gefrornen Erdreich keine Quellen entstehen können. Schon im 62sten Grad N. Br. zu Yakutsk ist die Erde, mitten im Sommer, zwey oder drey Schuh tief unter der Oberfläche völlig gefroren. Man versuchte daselbst 1685 und 1686 einen Brunnen zu graben, erreichte auch mit großer Mühe und Arbeit in zween Sommern eine Tiefe von 91 Fuß; doch auch hier war der Boden noch gefroren, und schlechterdings kein Wasser vorhanden, weshalb die vergebliche Unternehmung liegen bliebGmelins (des ältern) Reise nach Sibirien. 2ter Band. S. 520. 523.. Giebt es ein Südland, so müssen dessen Küsten ebenfalls sich von Ost nach Westen, jedoch noch südlicher als unsre Fahrt, folglich allenthalben jenseits dem 60sten, und an einigen Stellen über den 71° Grad hinaus erstrecken. Die etwanigen Flüsse müßten aus dessen Innerem, mithin von Süden nordwärts laufen, um das Meer zu erreichen. Fanden wir nun bereits im 54° auf der Insel Südgeorgien, die kaum sechszig deutsche Meilen im Umfange hat, mitten im Sommer eine Kälte wobey das Thermometer 30°, 32°, oder höchstens 34° anzeigte, das ganze Land mit tiefem Schnee bedeckt, alle Häven mit festen Elsklumpen, welche 60 bis 80 Fuß aus dem Wasser hervorragten, gefüllt, und keine Spur von Flüssen oder Quellen; wie wenig Hofnung darf man sich machen, Flüsse jenseit des 71° Grad's oder gar um den Pol herum anzutreffen, woselbst sie doch entstehen müßten, wenn es möglich wäre, daß sie auf dem vorgeblichem Südlande existiren könnten. Hiemit fällt die Behauptung von selbst hin, daß auf den Flüssen des Südlandes Eis herabgeschwemmt werde.

Noch ein Umstand beweiset gewiß sehr einleuchtend, daß, wenigstens unter demjenigen Himmelsstrich, welcher noch Vegetation hervorbringt, kein Südland zu suchen sey. Alle Nordische Meere werfen eine so beträchtliche Menge Holz an die Gestade von Nova Zemla, Spitzbergen, Grönland, Berings-Eiland etc. daß die Unglücklichen, welche dort etwa überwintern müssen, sich hinlänglich mit Brennholz versehen können, ohnerachtet kein Baum auf allen diesen Küsten wächst. In allen südlichen Meeren hingegen, sieht man kein Treibholz. Die Franzosen fanden auf den Falklandsinseln kaum ein paar Stückgen angespült, ohnerachtet sie eine geraume Strecke sorgfältig darnach gesucht hatten. Und eben so wenig erblickten auch wir dergleichen an den Küsten von Südgeorgien.

Nach den vielfältigen Beyspielen, welche ich vom Gefrieren der See angeführt habe, bleibt mir nur die Richtigkeit des Satzes noch zu prüfen übrig, daß die See, wenn sie gefriert, nur ein salziges Eis geben könneWenn Crantz, S. 31. sagt, das flache Eis sey salzig, weil es aus dem Seewasser entstanden sey: so giebt er wenigstens zu, daß das Seewasser gefrieren könne.. Zuvor aber kann ich nicht umhin, ein paar entscheidende Fakta hier anzuführen, welche das Gefrieren der See ausser allem Zweifel setzen. Im Jahr 1596 bemerkte BarentzRecueil des Voyages qui ont servi à l'établissement de la Compagnie des Indes Orientales Vol. I. am 16ten September, daß die See zwey Finger dick gefroren war; und in der folgenden Nacht ward das Eis noch einmal so dick. Geschahe dies im September, wie muß nicht die weit durchdringendere Kälte einer Winternacht im Januar würken? In der Mitte Decembers 1631, da der Capitain James auf Charletons-Eiland überwintern mußte, gefror ebenfalls die ganze HudsonsbayHistoire des Voyages Vol. LVII (in 12mo) p. 421.. Dies also mit Gewißheit zum Grunde gelegt, daß die See gefrieren kann, bleibt nur die Frage, ob das solchergestalt entstandene Eis Salztheilchen enthalten müsse oder nicht? Die Schwürigkeit dieser Frage, wird noch dadurch vermehrt, daß während des scharfen Frostes im Winter 1776 zween verschiedene Versuche mit dem Seewasser angestellt worden sind, welche einander fast in jedem erheblichen Punkte geradezu widersprechen. Herr Edward Nairne, ein geschickter Optikus und Mitglied der königlichen Gesellschaft der Wissenschaften in London, ein Mann, dessen Scharfsinn und Genauigkeit im Beobachten bekannt sind, stellte den einen Versuch an; Herr O. Higgins, der in London chemische und physikalische Vorlesungen hält, den andernHr. Nairne beschreibt seine Versuche im 66sten Bande der Philosophical Transact. Hr. Higgins die seinigen in Barrington's second Supplement to the probability of reaching the Northpole, p. 121-141. .

Bekannt ist es aber in der Mechanik, Chemie und Physik, daß Erfahrungen, Maschinen, u. d. gl. im Kleinen oft die Probe halten, und hernach im Großen nicht gelingen; so wie auch im Gegentheil, daß sie oft im Kleinen fehlschlagen, da sie im Großen zuverläßig die erwünschte Würkung thun. Sollte dies nicht mit allem Rechte auch von den gegenwärtigen Versuchen mit dem Seewasser gelten, mithin die wenigen Higginschen Experimente, die in einer großen volkreichen Stadt (London), angestellt wurden, und ein loses schwammigtes, mit Salztheilgen gefülltes Eis lieferten, dennoch die Möglichkeit nicht ausschließen, daß im großen Weltmeere, hoch im Norden und bey strengerer Kälte, nicht nur festes, sondern auch von allem Salz befreytes Eis gefrieren könne?

Herr Nairne erhielt aus dem Seewasser ein sehr hartes, viertehalb Zoll langes, und zwey Zoll dickes Stück Eis, welches er in frischem Wasser abwaschen und die äußerlich daran hängenden Theilchen des Seewassers davon absondern konnte, ohne dadurch in seiner innern Textur die mindeste Veränderung zu bewürken. Das Wasser, welches er erhielt, nachdem er dieses Eis hatte zergehen lassen, war rein und frisch, specifisch leichter als ein Gemisch von Schnee und Regenwasser, und dem destillirten Wasser an Leichtigkeit am nächsten. Das übriggebliebene Seewasser, oder die Sohle, war aber specifisch schwerer als anderes Seewasser geworden, – eine sichere Anzeige, daß in dem Eise keine Salztheilgen geblieben seyn konnten, weil sie sich im residuo concentrirter, als zuvor, befanden. Ein merkwürdiges Faktum, dessen AdansonVoyage au Senegal. Paris 1757. 4to. p. 190. erwähnt, bestätigt diesen Versuch. Er hatte an zwo verschiedenen Stellen im Meere, eine Flasche mit Seewasser gefüllt, und beyde nach Frankreich gebracht, in der Absicht, bey mehrerer Muße den Grad der darinn enthaltenen Salzigkeit zu bestimmen. Auf dem Wege von Brest nach Paris, den er im Winter zurücklegen mußte, zerplatzten beyde Flaschen von der strengen Kälte, und das darinn gefundene Eis zergieng zu ganz frischem WasserSchwerlich wird man sich vorstellen können, daß ein so deutlich erzähltes Faktum sich aus Liebe zur Hypothese verdrehen ließe; indessen wird in the second Supplement to the Probability of reaching the North-Pole p.119. ohne Grund behauptet, »die Flaschen wären entweder gegen andre vertauscht worden, oder Herr Adanson habe doch vergessen anzuführen, wodurch das Seewasser, (oder vielmehr das daraus entstandene Eis) beym Zergehen, eine so große Veränderung erlitten habe.« Die Sache scheint sich ganz natürlich so zu verhalten. Das Wasser in den Flaschen gefror, und zersprengte die Flaschen; folglich lief die noch flüßig gebliebene Sohle mit allen Salztheilgen des Seewassers heraus, und ließ das reine Eis zurück, welches denn nichts anders als frisches Wasser geben konnte. F..

Herr Dr. Higgins erhielt aus dem Seewasser nur dünne Blättgen von Eis, welche sehr schwach aneinander hiengen. Diese nahm er sogleich aus dem Gefäße, in welchem er das Seewasser dem Frost aussetzte, und fuhr damit so lange fort, bis die übriggebliebene concentrirte Sohle anfieng, in Krystallen von Kochsalz anzuschiessen. Jeder Chemiker wird schon aus dieser Methode ersehen, daß die Erfahrung selbst das nicht beweiset, was Herr Higgins daraus folgern will. Anstatt so übereilt die dünnen kaum geronnenen Eisblättgen herauszunehmen, hätte er etwas geduldiger bis zu ihrer völligen Gefrierung warten müssen, da er denn gewiß, wie Herr Nairne, hartes, von allen Salztheilen befreytes Eis erhalten hätte, indem sich zwischen den vorigen Blättgen noch andre angesetzt, und jene fester verbunden haben würden. In einem andern Gefäße blieb zwar zuletzt ein etwas dickeres und festeres Eis; allein nachdem er die Sohle schon so stark concentrirt hatte, war es kein Wunder, wenn das Eis zuletzt mit Salztheilen durchdrungen werden mußte. So wenig läßt sich auf diese Versuche bauenEine ganz bekannte Art, Salzauflösungen zu inspissiren, damit sie desto leichter zu Krystallen schiessen mögen, ist diese, daß man sie im Winter der Kälte aussetzt und das sogenannte wilde oder überflüßige Wasser gefrieren läßt. Von dem Salze geht dabey nichts verloren. Die Leichtigkeit womit man in der Destillation (s. oben) von Seewasser frisches trinkbares Wasser erhält, müßte zum Ueberfluß zeigen, wie wenig das Salz im Meere vermögend ist, die Wassertheile an sich zu hallen. G. F..

Man hat es versucht, die Entstehung des Eises im Weltmeere, noch durch die zwey folgenden Einwürfe streitig zu machen. Der erste betrift die ungeheure Größe der Eismassen selbst, in dem Ocean, oder, wie Herr Higgins sich ausdrückt, in dem tiefsten aller bekannten Gewässer,Second Supplement a. a. Orte. welchem er eine gelindere Temperatur, als zum Gefrieren erforderlich ist, beymißt. Ich brauche mich aber blos auf die oben mitgetheilte Tabelle zu beziehen, woraus zur Gnüge erhellt, daß das Thermometer mitten im Sommer, in den südlichen Breiten, von 55°, 52° 26', und 64°, in der Tiefe von 100 Klaftern, den 34sten, 34½, und 32sten Grad anzeigte. In allen diesen Fällen betrug der Unterschied zwischen der Wärme an der Oberfläche, und in der Tiefe des Meeres nie über 4 Grade, und die Lufttempertur war ebenfalls von jener in der Tiefe von 100 Klaftern, kaum 5 Grade verschieden. Ueber 71° S. Br. hinaus, muß natürlicherweise die Kälte noch größer, und zumal im Winter scharf genug seyn, das Meer bis zum 28° zu erkühlen, welches der Gefrierpunkt für das Seewasser ist. Die Kälte hält dort sechs bis acht Monate mit ununterbrochener Heftigkeit an, daß also zur Gefrierung großer Eismassen Zeit genug vorhanden ist. Doch es giebt auch mehrere Entstehungsarten dieser Eisklumpen. Gesetzt das Eis, welches im Meere bey stillem Wetter entsteht, könnte auch nicht über 12 Schuh dick werden;Crantz S. 31. Und warum sollte es nicht 30 Ellen dick werden können, wie der vom Hrn. von Büffon angezogene Byzantinische Schriftsteller es bemerkt? G. F. so zerbricht der Sturm hernach dergleichen Eisfelder, deren eines, nach Crantzens Berichte, hundert und funfzig deutsche Meilen lang, und sechszig breit seyn kann; die Stücken wiegen einander nieder, werden übereinander geworfen, frieren bald wieder zusammen, und thürmen sich zuletzt in Meilen langen Massen, von zwanzig bis über sechszig Klaftern in der Dicke, hinan. MartensMartens, Voyage au Nord, Tome II. p. 62. sagt in seiner Beschreibung von Spitzbergen, daß der Zusammenstoß der Eisschollen ein so starkes Getöse verursache, daß man einander kaum dafür sprechen höre, und fügt hinzu, daß Eisberge aus solchen Stücken bestehen, welche übereinander geworfen worden sind. Augenscheinliche Kennzeichen einer ähnlichen Entstehung, nämlich Schichten, deren jede mehrere Schuh dick war, bemerkte ich 1772 und 1773 an vielen Eismassen. Was der Kosake Markoff über 100 deutsche Meilen weit von den Sibirischen Küsten von dem Eise des Nordischen Weltmeeres bemerkt, begünstigt eben diese EntstehungshypotheseEr fand die hohen Massen nicht dicht am Lande, unter den Klippen der Küste angesetzt, wie der Verfasser des Second Supplement to the probability of reaching the North-Pole S 143. und 145. ohne Grund vermuthet, sondern erblickte sie erst weit in See, und als er sie bestieg, war nichts als Eis, aber kein Land zu sehen. F.. Schnee, der oft viele Ellen tief fällt, und vom Regen aufgethauet, von neuem gefriert, und immer fester wird, trägt vieles dazu bey, die Eisberge endlich zu unglaublicher Höhe aufzuthürmen.

Ein zweyter Einwurf wider das Gefrieren der See, betrift die Undurchsichtigkeit des Eises, welches Herr Higgins aus dem Seewasser erhielt, dahingegen die größten Eismassen mehrentheils hell, wie Krystallen, und von schöner blauer Farbe sind, die vom Widerschein des Wassers entsteht. So scheinbar dieses Argument ist, so wenig kann es bey Leuten gelten, denen die Würkungen einer heftigen, anhaltenden Kälte bekannt sind. Wenn der Frost mit Schneegestöber eintritt, pflegt es gemeiniglich ein undurchsichtiges Eis auf Seen und Flüssen zu geben, welches vor der völligen Erhärtung fast wie ein weißer Teig aussieht. Im Frühlinge können ein paar Tage nasses oder Thauwetter, worauf wiederum kalte Nächte folgen, die Farbe und Consistenz des Eises dergestalt ändern, daß es durchsichtig wie ungefärbter Krystall wird. Ist das Thauwetter von längerer Dauer, so, daß es den Winter völlig beschließt, so wird das durchsichtige Eis weich und schwammigt, und ehe es ganz zergeht, wieder undurchsichtigMARTENS, Recueil des Voy. au Nord. Tome II. p. 62..

Endlich behauptet man noch wider die Entstehung des Eises in der See, daß das Land wenigstens als ein RuhepunktBUFFON, Tome I. p. 34., woselbst das Eis sich ansetzen könne, unentbehrlich sey. In Herrn Nairne's Versuchen entstand gleichwohl das Eis an der Oberfläche des Seewassers, und schoß seine Krystallen unterwärts an. Unstreitig entsteht also das Eis da zuerst, wo die Kälte am stärksten ist; weil nun die Luft zuerst auf die Oberfläche des Meeres wirkt, so muß sich das Eis von oben nach unten zu formiren, das Wasser immer tiefer hinab erkälten, und eines stärkern Grads der Gefrierung fähig machen. Ich setze voraus, daß die Gerinnung allemal bey stillem Wetter geschieht, welches letztere auf hohen südlichen Breiten, unserer eignen Erfahrung zufolge, nicht ungewöhnlich ist. Vielleicht ließe sich mit vieler Wahrscheinlichkeit annehmen, daß die ganze Gegend des Südpols bis zum 80sten Grade S. Br. ganze Zeitalter hindurch mit einer einzigen unzertheilten festen Eisscholle bedeckt bleibt. Der Rand dieses ungeheuren Eiscontinents, wäre alsdenn allein einigem Wechsel unterworfen, indem er des Winters, durch den frischen Ansatz im Umfange zunähme, bey Rückkehr der gelinderen Jahreszeit aber wieder von den Winden beschädigt würde, und seine abgerissnen Bruchstücke den Strömungen des Meeres, die sie Nordwärts führen, Preis geben müßte. Wie leicht können nicht große Eisfelder, und Massen, (zwischen denen das Meer mit unzähligen kleiner Eisschollen besäet ist, und wo der Wind keine Gewalt hat, hohe Wellen zu erregen,) bey wiedereintretendem Winter in eins zusammenfrieren, ohne daß man im geringsten nöthig hätte, ihnen einen festen Punkt, ein Land zu geben, an welches sie sich ansehen könnten? Selbst die Alten haben etwas hievon gewußt; Gallier und Britten, oder andere Nordische Völker, welche bisweilen eine lange Seereise unternehmen, mogten es ihnen erzählt haben. Bey ihnen hieß das Nordische Eismeer: das gefrorne, todte, träge, unbewegliche Meer; bald mare cronium, die geronnene See, bald morimarusa die todte SeeDionys. Periegetes. v. 32. 33.

Ποντον μεν καλεουσι ΠΕΠΕΓΟΤΑ τὲ, ΚΡΟΝΙΟΝ τὲ,
Αλλοι δ'αν καὶ ΝΕΚΡΟΝ εφεμισαν, εινεκ αφαυρου
Ηελιου.

Orpheus Argonaut. v. 1079. 1080.

Εμπεσε δ'Ωκεανω, ΚΡΟΝΙΟΝ δε επικλησκουσι
Ποντον ΥΠΕΡΒΟΡΕΗΝ μεροπες, ΝΕΚΡΗΝ τε θαλασσαν.

Strabo Lib. II. p. m. 71. schreibt dem Pytheas von Marseille nach, daß die See gegen Norden, bey Thule, weder Land, Wasser noch Luft, sondern ein Gemisch von allen dreyen, wie See-Zunge sey; welches doch beweiset, daß der berühmte Marseiller Reisende etwas vom Gefrieren der See gehört haben müsse. Vergleicht man seine Beschreibung mit den anderweitigen Nachrichten, die in alten Schriftstellern vorkommen, und mit den Namen, welche sie dem nordischen Weltmeere beylegten, so wird es desto zuverläßiger, daß sie diese Kenntnisse von Gallischen und Celtischen Völkern erhalten haben, deren Sprache die Bedeutung jener vom Plinius angeführten Benennungen noch aufbewahrt. So ist z, B. Morimarusa das todte Meer, weil Mor bey den Welschen (im Fürstenthume Wales) das Meer, und marw todt; mor-marw (wird ausgesprochen mor-marie) folglich noch heutiges Tages das todte Meer bedeutet. Im Irrländischen bedeutet muir-croinn die dicke, geronnene See. (S. TOLAND'S history of the Druids, in the Collection of several pieces. London 1726. 8vo. Vol. I. p. 149.) Mare cronium ward daher nicht vom Kronos oder Saturn, sondern von seinem geronnenen oder gefrornen Zustande genannt.

TACIT. de morib. Germ. cap. 45. Trans Suionas aliud mare pigrum ac prope immotum – quod extremus cadentis solis fulgor in ortus edurat, adeo clarus, ut sidera hebetet.

PLIN. hist. nat. L. IV. c. 13. Septentrionalis Oceanus; Amalchium eum Hecataeus appellat, a Parapamiso amne, qua Scythiam alluit, quod nomen ejus gentis lingua significat congelarum. Philemon Morimarusam a Cimbris vocari, hoc est mortuum mare usque ad promontorium Rubeas; ultra deinde Cronium. Et. cap. 16. A Thule unius diei navigatione mare concretum a nonnullis Cronium adpellatur. Diese letztere Stelle läßt mich vermuthen, daß es auch in der ersteren billig heissen sollte: ultra (Thulen) deinde Cronium. Vielleicht ist auch das: quod nomen ejus gentis lingua significat congelatum, hieher gleich nach dem Worte Cronium einzuschalten, und steht jetzt an unrechter Stelle. F.

. Was diese Benennungen treffender macht, ist die Bemerkung, daß der Frost in den Nordländern bisweilen so strenge anfängt, daß alle Gewässer schleunig zu einer Art Teiges oder Breyes gerinnen, und mit einemmal gefrierenGmelins (des ältern) Reise nach Sibirien.. In der Gegend um den Südpol thut die Kälte wahrscheinlich dieselbe Würkung, da ohnehin jene Halbkugel, in gleichen Graden der Breite, unstreitig kälter als die nördliche ist.

Herr von Büffon verwirft diese letztere BehauptungHist. nat. Tome I. p. 312. als ungegründet, und glaubt, die Seefahrer hätten das Südland aus keinem andern Grunde für kälter als die Länder um den Nordpol ausgegeben, als weil sie dort das Eis weiter vom Pole ab, angetroffen, welches doch vielleicht seine besondern Ursachen haben könne. Vergleicht man aber die Wetterbeobachtungen in den Falklandsinseln unter 51° S. Br.A Collection of Voyages chiefly in the Southern Atlantick Ocean, by Alexander Dalrymple, Esq. 4to. 1775. mit solchen, die in verschiedenen Theilen von Europa unter derselben (aber nördlichen) Polhöhe angestellt werden, so wird jeder unpartheyische Leser zugeben müssen, daß die Wärme in der südlichen Halbkugel merklich geringer ist, als unter gleichen Graden in der nördlichen. Die im SommerNämlich im December und Januar, welche unserm Junius und Julius entsprechen. mit beständigem Schnee und Eis bis an die Seeküste bedeckten Berge des Feuerlandes, Staatenlandes, der Insel Südgeorgien, und des Sandwichlandes, zwischen 54° und 59° S. Br. geben davon fernern Beweis, und lassen über dieses merkwürdige Faktum aus der Naturgeschichte der Erdkugel, keinen Zweifel übrig. Die Ursache jenes großen Unterschiedes in der Temperatur beyder Halbkugeln, muß nun meines Erachtens ohnfehlbar aus dem Mangel eines südlichen großen Landes entspringen. Darf ich gleich nicht hoffen, dieses im folgenden ganz überführend darzuthun, so wird doch manches dadurch in ein deutlicheres Licht gesetzt werden.

Um den Nordpol, vom 60 bis über den 66sten Grad hinaus, liegen viele Länder, als z.B. Island, Spitzbergen, das nördliche Schweden und Norwegen, ganz Lapland, der ganze nördliche Theil des europäischen und asiatischen Rußlands, und weiter ostwärts, über Kamtschatka hinaus, die zahlreichen Eilande, welche neulich von den Russen entdeckt worden sind, das feste Land von Nordamerika in der Gegend von Hudsons und Baffinsbay, und endlich das neue und alte Grönland. Diese Länder sind bewohnt, zum Theil sogar bebaut, und tragen Korn und verschiedene Früchte. In dem dortigen kurzen Sommer wird die Hitze zuweilen so heftig, daß sie der im heißen Erdstriche wenig nachsteht. In der südlichen Halbkugel hingegen fanden wir um den 6osten Grad der Breite und weiter Südwärts, ausser den beyden unbeträchtlichen Inseln, im Südatlantischen Meere, nirgends Land;Ihrer Lage zufolge, zwischen 54° und 59° S. Br. kommen sie ohnehin nicht innerhalb jener Bestimmung. und mitten im Sommer stand unter diesem kalten Himmel das Thermometer nie fünf Grade über dem Gefrierpunkt, wohl aber oft unter demselben. Häufig fielen Schnee und Schlossen, und bisweilen gefror des Nachts das Wasser in offnen Fässern auf dem Verdeck. Von solchen Sommernächten kann man sich nun leicht eine Vorstellung machen, wie strenge in diesen Gegenden der Winter seyn müsse. Die Spanischen,Amerigo Vespucci's dritte Reise. Garcia Nodal; – Sarmiento. Holländischen,Roggewein, im Recueil des Voyages pour l`établissement de la Compagnie des Indes Orientales; Tome 4. Französischende Bougainville, de Gennes, Frezier, Beauchesne Gouin, Bouvet. und EnglischenDrake. Cavendish. Scharp. Sir John Narborough. Wood. Woodes Rogers. Halley. Anson etc. Seefahrer bestätigen diese unsre Erfahrung. In den Falklandsinseln bemerkte man das ganze Jahr hindurch nicht zwanzig Grade Unterschied in der Temperatur der Luft, wie die thermometrischen Beobachtungen darthunDalrymple a.a. Orte, und Philos. Transact. Vol. 66.. Nichts gewisser also, als daß zwischen 6o und 71° S. Br. kein großes Land vorhanden ist, und daß die Inseln, welche dieser Lage am nächsten kommen, ungleich kälter sind, als alle Länder in eben denselben Graden nördlicher Breite.

Die Sonnenstrahlen dringen zwar in die See, als eine durchsichtige Flüßigkeit; allein der Widerstand dieses schweren Wassers bricht ihre Gewalt, und läßt sie nicht tiefer als 271 Fuß (Engl. oder 45 Klaftern) kommen, so daß eine jede Masse von Seewasser, welche sich unter dieser Tiefe befindet, vollkommen finster seyn,BOUGUER, Essai d'Optique, sur la Gradation de la Lumiere. keine Sonnenstrahlen zurückwerfen, sondern sie gleichsam verschlingen oder absorbiren muß. Die Luftwärme entsteht aber hauptsächlich durch das Zurückprellen oder Brechen und Kreuzen der Sonnenstrahlen; folglich kann es auf dem weiten Meere, welches fast durchgehends über 45 Klaftern tief ist, nie so warm als am Lande in eben dem Striche seyn; ja es läßt sich nach demselben Grundsatze erklären, warum kleinere Inseln nicht so heiß, als große feste Länder sind. Hieher gehört auch der berühmte Versuch mit dem Brennspiegel, dessen Brennpunkt auf das Wasser gerichtet, nicht die mindeste Hitze erregte, und gleichwol sonst alle Metalle augenblicklich schmelzte, verglasete, und verdunsten machte. Der bekannte Umstand, daß in den nördlichen Zeichen des Thierkreises die Sonne eigentlich acht Tage länger als in den südlichen weilt, verlängert ebenfalls den Winter der südlichen Halbkugel, um acht Tage, und kürzt den Sommer um eben so viel Tage ab, wodurch die Kälte um ein 22-13/16 oder beynahe um 1/23 größer, als in der nördlichen Hälfte unserer Erde, werden kann.

Cuncta gelu, canaque aeternum grandine tecta
Atque aevi glaciem cohibent, riget ardua montis
Aetherii facies, surgentique obvia Phoebo,
Duratas nescit flammis mollire pruinas.

SIL. ITAL. Lib. III. v. 480.


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