Georg Forster
Bemerkungen ... auf seiner Reise um die Welt ...
Georg Forster

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Zehnter Abschnitt.

Rekapitulation. Allgemeine Uebersicht des Glücks der Insulaner im Südmeere. Kurze Vergleichung ihrer Sitten und Gebräuche mit denen anderer Völker.

Nec solum in rectis, sed etiam in pravis actibus insignis est humani generis similitudo.
CIC. de legib. lib. I.p.305. ed. Elzev.

Zum Schluß unserer Bemerkungen über die Insulaner im Südmeere, fassen wir noch in einem Gesichtspunkt, alle Resultate der neun vorhergehenden Abschnitte zusammen, damit wir von ihrem gegenwärtigen Zustande, einen desto vollständigern und richtigen Umriß entwerfen mögen.

Die Inseln des Südmeeres, die wir besucht haben, sind, im Durchschnitte, ziemlich volkreich. Je weiter sie vom Aequator entlegen sind, desto geringer ist ihre Bevölkerung; und unter denen die zwischen den Wendekreisen liegen, haben diejenigen die größte Volksmenge, deren Einwohner am meisten gesittet sind. Ohne die Volksmenge von Taheiti genau zu bestimmen, welches bey den jetzt vorhandenen Datis nicht wohl möglich ist, läßt sich gleichwol ein ziemlich wahrscheinlicher Ueberschlag machen, indem man auf die Anzahl der Kriegskanots Rücksicht nimmt, und die daraus folgende Berechnung mit der Menge der Brodfruchtbäume auf der bewohnten Ebene, und mit der Anzahl dieser Bäume die zum Unterhalt jedes einzelnen Einwohners nöthig sind, zusammen hält. Aus diesen Angaben ergiebt sich denn, daß die Insel noch eine größere Menge Menschen ernähren könnte, als wir wirklich daraus vermuthen. Nach diesem Maasstabe ließe sich nun auch die Volksmenge auf den übrigen Inseln, nach der Analogie, beurtheilen, und so schätzen wir die Summe aller Einwohner auf den sämmtlichen von uns besuchten Südländern, über eine Million.

Wir haben ferner bemerkt, daß diese Insulaner, an Farbe, Gestalt, Bildung und Gemüthsart unter einander sehr verschieden sind; und daß die Einwohner von Taheiti und den Societätsinseln, nebst denen von den Marquesas, den freundschaftlichen Inseln, Neuseeland und Ostereiland, eine ganz andre Menschenrasse, als die auf Neutaledonien, Tanna, Mallikollo und den übrigen neuen Hebriden vorhandenen, ausmachen. Diesen Beobachtungen haben wir einige Nachrichten über die von uns besuchten Einwohner des Feuerlandes beigefügt, und zugleich den Beweis voran geschickt, daß in Südamerika, in der That, ein vorzüglich großer und athletischer Völkerstamm vorhanden sey, wenn gleich die Riesenmährchen, welche hievon so vielfältig erzählt worden sind, die Sache übertreiben. In dem nächst folgenden Abschnitt haben wir die Ursachen jener, unter den Bewohnern der Südländer wahrgenommenen, Verschiedenheit erörtert. Dies gab uns Gelegenheit die beiden hierüber vorhandenen, aber einander entgegengesetzten Nennungen, (wovon die eine mehrere wesentlich und ursprünglich unter sich verschiedene Menschengattungen annimmt, die andere hingegen sogar die Orang-Utangs unter die Menschenrassen zählt,) darzustellen, und das Ungereimte derselben zu zeigen. Gegen die letztere streitet nämlich der Gebrauch der Vernunft, die Entstehung und Verbindung der Ideen, die Empfindung des Herzens, die Veredlung des sittlichen Gefühls, und die Gabe der Sprache, welche auf der Stärke, dem Umfange, und der Biegsamkeit des Ausdrucks sowohl, als aus dem ganzen von allen Affenarten so sehr abweichenden Körperbau des Menschen beruhet. Die andere Meinung ist durch die Erfahrung wiederlegt, indem die verschiedenen Stämme des Menschengeschlechts, sie mögen sich unter einander vermischen wie sie wollen, dennoch fruchtbar bleiben, und Kinder, von zweierlei Eltern gezeugt, theils ihr Geschlecht weiter fortpflanzen, theils auch eine solche Nachkommenschaft hinterlassen, die, vermittelst einiger Mischung der Rassen in den folgenden Generationen, gänzlich alle Spur ihres ehemaligen gemischten Ursprunges in Ansehung der physischen Beschaffenheit wiederum verlieren kann. Diese Untersuchungen führten uns zur Nachforschung, worin wohl der Grund jener Verschiedenheit liegen möge? und da zeigte sich, daß sie bloß auf physischen Ursachen beruhetn Indessen erhellet zugleich aus denen bei dieser Veranlaßung angeführten Beyspielen, daß es, unter gleichen Umständen, leichter ist, eine weisse Rasse von Menschen, durch den blossen Einfluß des Himmelsstrichs, in eine schwarze, als umgekehrt, eine schwarze in eine weisse allmälig zu verwandeln.

Es folgt also, daß, wenn zwei Rassen, eine hellere und eine dunklere,(die nämlich auf ihren Wanderungen länger in heisseren Ländern gewohnt hat) unter einerlei Himmelsstrich sich mederlassen, beide einen Eindruck von dem Klima, welches sie zuletzt verlassen hätten, behalten würden. Auf diese Voraussetzung gründeten wir dann die Behauptung, daß die beiden in den Inseln des Südmeeres vorhandenen Rassen auf ganz verschiedenen Marsch-Routen dorthin gekommen, und, schon ehe sie in diese Weltgegenden zogen, von verschiedenen Stämmen entsprossen seyn müßten. Könnte man historische Beweise zur Bestätigung dieser Meynung anführen, so würde sie Thatsache seyn. Allein wie kann man historische Beweise von Leuten fordern, die keine Urkunden, keine Geschichten aufbewahren? Die fünf Völkerschaften, welche zur ersten (weisseren) Rasse gehören, scheinen indeß mit den Malayen verwandt, und von da über Borneo, die Manillen, Diebsinseln und Carolineninseln ins Südmeer gekommen zu seyn; dahingegen die schwarze Rasse, meines Erachtens, von den ursprünglichen schwarzen Bewohnern der Molucken herstammt, die sich dort, bey der Ankunft der Malayen, ins Innere ihrer Ländereyen zurück gezogen hat. Die Sprache beyder Rassen bestätigt gewissermassen diesen Satz, indem die fünf Stämme der ersten Rasse sich nur blosser Mundarten einer gemeinschaftlichen Sprache bedienen, in welcher noch verschiedene malayische Wörter vorkommen; hingegen von den drey uns bekannt gewordenen Stämmen der zwoten Rasse jeder seine eigne ganz verschiedene Sprache hat. Endlich haben wir hieben noch angemerkt, daß keine von allen diesen Sprachen, mit irgend einer Sprache der an den westlichen Küsten von Amerika wohnenden Völkerschaften, die mindeste Aehnlichkeit hat.

In dem Maasse wie die Inseln, ausserhalb des warmen Erdstrichs, den Polen näher liegen, sind ohne Zweifel ihre Einwohner, so viele wir deren gesehen haben, minder glücklich, und ärmer am Genuß aller Art. Die traurige Verfaßung der Pesserähs und der Neuseeländer, verglichen mit der weit glücklicheren Lage der Taheitier, beweißt schon sonnenklar, daß jene beiden Völker von einem vormaligen besseren Zustande ihrer Vorfahren herabgesunken und ausgeartet sind, wobey das unfreundliche Klima zuerst auf den Körper, und dann auch auf Verstand und Herz gewürkt zu haben scheint. Halten wir aber auch die Einwohner der westlichern Inseln im Südmeere gegen die Taheitier, so bleibt der Vortheil, der Aehnlichkeit des Himmelsstrichs ohnerachtet,dennoch auf Seiten der letztern; ein sicheres Merkmal, daß das Klima nicht die einzige Quelle der Volksglückseligkeit ist, sondern daß Erziehung einen wenigstens eben so mächtigen Einfluß darauf haben müsse. Daher vergleicht man die auf verschiedenen Stufen der Kultur befindlichen Völker, ganz richtig, mit den verschiedenen Stufen des menschlichen Alters, vom Knaben bis zum Manne, mit diesem einzigen Unterschiede, daß der gemeinschaftliche Fortschritt eines Volkes, vom bloß thierischen Leben (animality) durch die Stufen der Wildheit und Barbarey hinauf, zur Vollkommenheit einer gesitteten Gesellschaft, die hinwiederum verschiedener Grade der Veredlung fähig ist, ungleich langsamer von Statten geht. Eben deshalb läßt sich auch nicht erwarten, daß der kurze Aufenthalt der Europäer unter jenen südländischen Völkern, eine merkliche Veränderung in den Sitten der letzteren bewürkt haben sollte. Nach dieser Digreßion stellten wir zwischen den Eskimos und Pesserähs einen Vergleich an, der ganz zum Nachtheil der Letztern ausfiel und es zeigte sich, daß die Neuseeländer bereits einen Schritt vorwärts gethan haben. Hierauf wagten wir einen Blick ins Feld der Wahrscheinlichkeiten, um ein Mittel anzudeuten, welches die armen Feuerländer aus ihrer jetzigen unglücklichen Lage in eine bessere empor bringen könnte.

Es dürfte nemlich, bey heranwachsender Volksmenge, nur der Mangel an Lebensmitteln, einen Stamm oder ein Völkchen zwingen das andre zu unterdrücken. Die Vereinigung der Bedrängten unter einander, zu desto stärkerem Widerstande, oder gar zu Bezwingung ihrer Feinde, würde sie alsdenn auf alle Fälle glücklicher machen. Der Barbar fühlt seine physische Stärke und den Keim auflebender Verstandkräfte; so wild und unbändig er ist, so muß er doch auf die Bewegungen der Feinde aufmersam seyn, sich mit andern in ein gemeinschaftliches Bündniß einlassen, und solchergestalt früher oder später sanftere Sitten annehmen. Seine grausame Gewohnheit, das Fleisch seiner Nebenmenschen zu vezehren, die nur Wirkung der übertriebenen Rachgier und nicht des Hungers ist, fällt in der Folge, als eine widernatürliche Gewohnheit, von selbst weg.

Um hierauf das Glück dessen die Insulaner im Südmeere jetzt fähig sind, und dessen sie würklich geniessen, desto einleuchtender zu schildern, schickten wir, von den verschiedenen Stufen der Glückseligkeit deren der Mensch nach seiner verschiedenen Kultur fähig ist, allgemeine Begriffe voran. Da die körperlichen Bedürfnisse: Nahrung, Kleidung und Wohnung, unter allen die dringendsten sind, so ist ein leichter Erwerb derjenigen Mittel, durch welche diese befriedigt und die Gesundheit erhalten werden kann, d. i. »eine von schmerzhaften Empfindungen ungestörte Existenz« der Grund physischer Glückseligkeit. Zur sittlichen Glückseligkeit führen: Anwendung und Ausbildung der Vernunft, und Unbeschränktheit des freyen Willens, in so weit dieser mit der Freyheit andrer bestehen kann. Die Vortheile welche aus der geselligen Vereinigung, und aus dem gemeinschaftlichen Genuß physischer und moralischer Glückseligkeit, herfliessen, verschaffen uns endlich bürgerliche Glückseligkeit. Eine jede Verbindung unter den Menschen beruhet aber auf gewissen Pflichten, ohne deren Beobachtung keine Glückseligkeit zu erlangen steht, und, je nachdem die Quellen des Genußes vermehrt oder vermindert werden, je nach dem sie früher oder später versiegen, mehr oder weniger auf das Glück anderer Menschen Einfluß haben, in dem Grade ist die daraus entspriessende Glückseligkeit mehr oder minder vollkommen. In gewissen Himmelsstrichen hat die Natur dem Menschen, ohne andre Beyhülfe, einen gewissen Grad von Glückseligkeit bescheeret; in andern thut sie es erst alsdenn wenn die Kunst ihr zu Hülfe kommt; und noch in andern, kann eben diese Würkung nur durch schöpferisches Genie und physische Gewalt erzwungen werden.

Auf Inseln von mittler Größe, machte die starke Vermehrung der Einwohner es ihnen zum Bedürfniß, sich, zu gemeinschaftlichem Schutz und Beystande, unter einander zu vereinigen, eine Art von Staat unter sich einzurichten. Auf diese Weise entstanden Eigenthum und Ackerbau; daraus folgten Gesetze, und zu Beobachtung derselben wurden endlich besondere Wächter bestellt. Bey rohen Völkern herrscht indeß die Anarchie, bey den kultivirteren hingegen, die näher an den Orient gränzen, Despotismus. Der Anbau macht die Menschen des höchsten Glückes fähig und hat Vorzüge vor dem herumirrenden Hirtenstande, noch mehr aber vor dem wilden Zustande der Völkerschaften, die bloß von Fischerey und Jagd leben. Annäherung zur Vollkommenheit beruht auf Wahrheitsliebe und Menschlichkeit; folglich, auf Verfeinerung der sittlichen Begriffe und des sittlichen Gefühls. Beyspiele davon hat uns die Beschreibung der Südseevölker reichlich an die Hand gegeben. Die Sitten dieser Völker, d.i. ihre charakteristischen Handlungen, der Grad ihrer Verfeinerung, ihr Luxus, ihre Errioysgesellschaften; das Schicksal des weiblichen Geschlechts, welches unter den Wilden und Barbaren in der niedrigsten Sklaverey, hingegen bey der andern, weisseren Rasse von Menschen in jenen Inseln, auf einem anständigeren Fuße lebt; – diese Gegenstände gaben uns Stof zu weiteren Betrachtungen. Bey allen jenen Völkern, welche wir in der Monogamie lebend antrafen, hat die Ehe ihre heiligen Rechte. Die Polygynie, oder Vielweiberey, scheint, nach den von uns aufgestellten Beyspielen, die Folge zu haben, daß eine größere Anzahl Kinder weiblichen, als männlichen Geschlechts gebohren werden. In Ostereiland, sonst nirgends, bemerkten wir Spuren von Polyandrie, deren wahrscheinliche Ursach wir zugleich angeführt haben. In Taheiti ist das junge Frauenzimmer vor der Ehe nicht unter genauer Aufsicht; bey verheiratheten hingegen wird strenge auf Keuschheit gehalten.

Erziehung ist, Fortpflanzung der Kenntnisse unserer Vorältern, und Hinzufügung eigner Entdeckungen. In Europa zerfällt diese Kenntniß in mehrere Zweige, und kann nicht leicht verloren gehen, seitdem die Buchdruckerkunst erfunden ist und mit so gutem Erfolge angewandt wird. Unsre Insulaner hingegen, müssen ihre mechanischen Künste, jedem einzelnen Gliede ihrer Gesellschaft, vom Fürsten bis zum Sklaven, beybringen. Historische Urkunden besitzen sie nicht, einige Verse abgerechnet, in welchen sie die Namen und Thaten ihrer großen Männer verewigen. Die schönen Künste, Toukunst, Tanzkunst und Dichtkunst sind ihnen nicht ganz fremd; sie haben sogar eine Art des Drama. Nächst diesem schildern wir ihren Fortgang in der Heilkunde, ihre gewöhnlichen Krankheiten, die hauptsächlich in Aussatz und in der Lustseuche bestehen, wobey wir, über den Ursprung der letztern, eine beträchtliche Anzahl historischer Thatsachen anführen. Von der Geographie, Sternkunde und Schiffarth haben sie einige Begriffe, worüber Tupayas Charte, und die dazu gehörige Erklärung, ihre Eintheilung der Stunden, Tage und Monden, nebst den Benennungen der Himmelsgegenden und einiger Sterne, hinreichende Auskunft geben. Endlich gehören noch ins System der Erziehung, ihre Religionsbegriffe, nämlich ihr Polytheismus, nebst den Namen und Verrichtungen ihrer Götter und Genien, die Anbetungsarten, die Gedanken von Entstehung der Welt und des Menschengeschlechts, und vom zukünftigen Leben; die Gebräuche bey der Geburt, der Hochzeit, und dem Begräbniß, welches alles wir umständlich anführen.

Nach dieser allgemeinen Uebersicht können wir nun den Grad der Glückseligkeit schätzen, den diese Inselbewohner geniessen. Wir finden sie, auf jeder Insel, bey jedem von uns besuchten Völkchen, verschieden, und sie steigt, im fortschreitenden Verhältniß, von der elenden Existenz des Feuerländers, zum nomadischen Leben der südlichen Neuseeländer; dann zur etwas gemächlicheren Lebensart der nördlichen Neuseeländer, (welche bereits die Vortheile des Anbaues kennen und benutzen, auch gegen die Macht und Unterdrückungen ihrer Nachbarn Sicherheitsverträge errichtet haben)zum glücklichern Zustande der Neukaledonier, und der Bewohner der Neuen Hebriden, die noch mehr vom Anbau leben, und nicht ganz so wild sind; zu den Einwohnern der freundschaftlichen Inseln, die den Anbau aufs höchste getrieben haben, übrigens aber unter dem Druck des Despotismus seufzen; zu der bessern Lage der Marquesas-Bewohner, die, bey einer etwas geringern Kenntniß vom Anbau, eine bessere Staatsverfassung haben, und endlich zur höchsten Stufe des Glücks, wohin die Natur ohne Hülfe führen kann, in Taheiti; wo ein temperirtes Klima, und ein glücklich gemischtes Regierungssystem, mit der Größe und Fruchtbarkeit der Insel, der sanften Gemüthsart der Einwohner, ihren gut-artigen Sitten, und ihren ausgebreitetern Kenntnissen, sich vereinigen, um das wahre Wohl der Nation auf eine dauerhaftere und vollkommnere Art zu befördern.

Der unpartheyische Beobachter findet, gleich auf den ersten Blick, die Vorzüge welche die Taheitier und ihre nächsten Nachbaren auf den Societätsinseln vor andern voraus haben. Sie sind durchgehends gutmüthig, aufgeräumt, und fröliches Herzens; im ganzen Volke bin ich nicht einen finsteren, unzufriedenen Menschen gewahr worden. Einfalt der Sitten ist bey ihnen, auf die glücklichste Art, mit Höflichkeit gemischt. Der Leichtsinn ihrer Jugend reift mit dem Alter zur Gefälligkeit, die sich in jeder Miene und in jeder Handlung äussert; und ihre von Natur glückliche Anlage, durch Erfahrung entwickelt, ist der Klugheit und Ueberlegung fähig, womit sie sich in allen Vorfällen ihres Lebens durchhelfen können.

Sie besitzen entweder Ländereyen als Eigenthum, oder haben an den Früchten und Wurzeln, welche sie auf den Ländern ihrer Befehlshaber anbauen, hinreichenden Antheil. Ihrer Bedürfniße, in einem so fruchtbaren und temperirten Klima, sind wenige; und diese werden leicht befriedigt. Speise im Ueberfluß, reichliche Kleidung, und bequeme Wohnung kosten ihnen nur geringe Mühe. In Europa kennt der wohlgemästete Wollüstling nicht die hunderterley Ingredienzen seiner erkünstelten Speisen, und am Ende reitzen die Leckerbissen aller Welttheile seinen verwöhnten Gaumen dennoch nicht mehr; er weiß nicht einmal wo jedes wächst oder herkommt, und wie es zubereitet wird. Glücklicher dagegen der Taheitier, der seinen Brodbaum pflanzt, und dessen Frucht mit eignen Händen pflücken kann; dem der Pisang mit dem schönen Stamme, den malerischen Blättern, und den treflichen Früchten, jährlich seine Mühe und Sorgfalt lohnt; der, selbstgezogene Jams- Arons- Takka- und andre Wurzeln speißt, und für seinen eignen Mund die schönsten Fische fängt; dem sein Weib, den Hund, das Schwein und das Huhn, zur festlichen Mahlzeit grosfüttert; der, mit einem Worte, nichts genießt, was nicht durch seinen Fleiß entstand. Auch was die Kleidung betrift, ist der Taheitier glücklicher als der Europäer, für den so viele Zeit, Arbeit und Erfindungsgeist verschwendet wird, dem die Mode und die Thorheit das unbrauchbare oft nochwendig macht. Das Kleid des Taheitiers ist leichter gemacht, zierlich, einfach und seiner Lage völlig angemessen. Eben dieses gilt von seiner netten, reinlichen Wohnung. Ich will damit nicht sagen, daß diese drey Bedürfnisse: Speise, Decke und Obdach, dort besser und vollständiger als bey uns befriedigt werden; im Gegentheil haben unsere Wohnungen, unsere Kleider und Lebensmittel die Vorzüge einer bequemeren Einrichtung, einer größern Abwechselung, und eines genaueren Verhältnisses mit den Jahreszeiten, und den Ständen. Allein, wer wird läugnen können, daß der Taheitier dagegen einen Grad der Glückseligkeit genießt, dessen alle seine Mitbürger fähig sind? Dort gab es noch nie ein Beyspiel, daß ein Mensch vor Hunger und Blösse umgekommen wäre, weil der Schwelger ihm von seinem Ueberfluß nichts mittheilen mochte; dort wird niemand von einem fühllosen Herrn zu unaufhörlicher schwerer Arbeit angehalten, die ihn zu beständiger Anstrengung zwingt und entkräftet. Vielmehr ist dort eines jeden Arbeit mehr eine dem Körper zuträgliche Bewegung, als eine harte Bedingung unter der allein er sein Leben kümmerlich fristen kann. Einer hilft dem andern, und, bey müßigen Stunden, theilen die Aeltern der heranwachsenden Jugend, ihre Kenntnisse und Erfahrungen, nicht im Ton des ernsten Unterrichts, sondern gemeinschaftlicher Erholung mit. Gesänge verherrlichen die Thaten ihrer ehemaligen Helden, und empfehlen sie einer dankbaren Nachkommenschaft, die solchergestalt im frühen Alter schon, zu Redlichkeit und Menschenliebe, zu Wahrheit und Tugend angeführt wird. Ihre Staatsverfassung ist gut eingerichtet; die Befehlshaber lieben ihre Untergebenen, und suchen ihr Wohl recht väterlich zu befördern. Dafür ist auch, jeder überzeugt, daß das gemeine Beste, und das Glück jedes einzelnen Menschen das Ziel sey, dem diese Anführer nachstreben; und diese anerkannte Liebe erwiedert das ganze Volk mit wahrhaft musterhafter Zuneigung und Ehrfurcht, und mit willigem Gehorsam. Die Laster die unter ihnen bekannt sind, sind weder so zahlreich, noch dem gemeinen Wesen so nachtheilig, als in andern gesitteten Ländern; ja es läßt sich behaupten, daß die Sitten weniger Völker so einfach und so unschuldig sind. Indeß die Knaben und Mädgen mit Tanz und Gesang sich ergötzten, und die reifere Generation an ihren Freuden thätigen Antheil nahm, entdeckten wir oft im sanften, freudigheitern Blick des ehrwürdigen Alten, ein stummes Zeugniß ihres und seines Glücks. Daher sind wir auch völlig überzeugt, daß diese Insulaner einen Grad von Zufriedenheit geniessen, den man, bey mehr gesitteten Völkern, selten bemerkt, und der desto schätzbarer ist, je allgemeiner er sich auf jeden Mitbürger erstreckt, je leichter er erreichbar ist, und je genauer er mit der gegenwärtigen Verfassung des Volks zusammenstimmt, welches, für höhere Stufen der Glückseligkeit, noch nicht empfänglich ist.

Die Gebräuche der südländischen Völker haben wir zwar bereits im vorhergehenden, wo Gelegenheit dazu vorhanden war, mit ähnlichen Zügen andrer Völker verglichen, allein es sind demohngeachtet noch viele Aehnlichkeiten unbemerkt geblieben, die ich jetzt nachholen will; nicht als möchte ich damit behaupten, daß diejenigen Völker, die sich in ihren Gebräuchen ähneln, von einander entsprossen sind, sondern, im Gegentheil, zum Beweise, daß dergleichen Uebereinstimmungen keinen hinreichenden Grund zu einer solchen Vermuthung geben. In einigen besondern Fällen läßt sich indessen allerdings aus der Aehnlichkeit der Sitten auf einen gemeinschaftlichen Ursprung der Völker schliessen.

Die Gewohnheit, die Haut vermittelst gewisser Werkzeuge, welche in eine Mischung von Wasser und Ruß getaucht werden, mit allerley Figuren zu punktiren, ist aus den Inseln des Südmeerts überall einheimisch, mit dem Unterschiede, daß einige, z.B. die Neuseeländer, vorzüglich das Gesicht, andere, nämlich die Einwohner der Marquesas, den ganzen Leib, und noch andre, z.B. die Taheitier und die Einwohner der Societätsinseln, vorzüglich den Hintern, mit Linien, Figuren oder großen Flecken zu zeichnen pflegen. Die neuseeländischen Weiber haben nur einige schwarzbraune Flecken auf den Lippen. So seltsam diese Mode scheinen mag, so häufig findet man sie doch bey andern Völkern wieder. Die TungusenGmelins Sibirische Reise. I Band S. 77. u. 2B. S.648. und die GrönländerCrantz Beschreibung von Grönland 1 Theil S. 138. nähen, mit einem in schwarze Farbe getunkten Faden, den Kindern allerley Figuren ins Gesicht. Die Hunnen des AlterthumsAmmianus Marcellinus, L. XXXI. c.2. und Jordanes, Hist. Ger. pflegten sich die Backen zu zerfetzen, um das Wachsthum des Barts zu hindern. Dies war vielleicht nicht die Absicht der Neuseeländer, bey ihren tief eingeschnittenen Spirallinien, womit sie sich vermuthlich nur ein schrecklicheres Ansehen geben wollten; inzwischen haben ihre Punkturen doch zugleich auch jene Wirkung gehabt, und den Bart größtentheils verdrängt. In ganz Amerika punktiren die Wilden irgend einen Theil des Leibes mit schwarzen Figuren. Pietro della Valle bemerkte ähnliche Punkturen an den Arabern; und die Beduinenweiber, in den Wüsten von Tunis uud Tremessen, punktiren ihre Lippen, wie Boullaye-le Gouz bezeugt. D'Arvieur und la Roque sprechen von einem ähnlichen Gebrauch unter den Arabern in Palästina.– Ausser den schwarzen Spirallinien hatten die Neuseeländer oft verschiedene tiefe Furchen und Narben, welche senkrecht über die Stirn herabliefen. Sie ritzen sich auf diese Art mit scharfen Muscheln, wenn sie, im Paroxysmus der Trauer, über den Verlust eines Freundes oder nahen Anverwandten, in Wehklagen ausbrechen. Auf eben die Art verwunden sich die taheitischen Weiber die Scheitel mit Hayfischzähnen, um ihrem Leidwesen ein desto ernstlicheres Ansehen zu geben. Aber auch die alten Hunnen zerfetzten sich die Backen, so oft sie ihre Trauer um einen Angehörigen, oder einen ihrer Großen, zu erkennen geben wollten.Agathias lib. V. Menander Protector lib. VIII. und Sidonius in Penegyrico ad Avitum.

Die Einwohner der Insel Tanna haben auf den Armen und dem Bauche erhabene Narben, welche Pflanzen, Blumen, Sterne und allerhand andere Figuren vorstellen. Zu dem Ende schneiden sie die Haut mit einem Bambusrohr ein, und legen eine Pflanze auf, welche die Narbe über der Haut erhöht. So machen sich auch die Einwohner von Formosa, oder Tanovan, allerley Figuren von Bäumen, Blumen und Thieren vermittelst sehr schmerzhafter Einschnitte in die Haut.Relation of Candidus. Die vornehmen Herren in GuineaPrevot Hist. des Voyages tom. I haben eine wie Damast geblümte Haut; und im Königreich Dekan in Indien, lassen sich die Weiber, auf der Stirne, auf den Armen und Brüsten allerley Blumen einschneiden, und bemalen die erhöhten Narben mit Farben, welches ebenfalls wie geblümter Damast aussehen soll,Taverniers Reise.

Die Einwohner von Mallikolo und Tanna tragen einen cylindrischen Stein im Nasenknorpel. Eben diesen Knorpel durchbohren auch die Neuholländer, nach Hrn. Banks und Cooks Zeugniß, stecken aber durch die Oefnung, anstatt des Steines, einen fünf bis sechs Zoll langen, und fingerdicken VogelknochenS. Hawkesworths Geschichte der englischen Entdeckungen im Südmeere, Edition in Quarto Band III. S. 171. und in Octav, Band lV. S. 469.). Bey den Einwohnern von Neubrittanien ist, nach Dampiers Angabe, unter den Männern diese Sitte ebenfalls eingeführt.Dampier's Voyages. Vol. III. p. 203. 205.) In den freundschaftlichen Eilanden durchbohren sich die Einwohner das Ohrläppchen zweymal, und tragen ein kleines Stöckchen durch beyde Löcher gesteckt. Eben diese zweyfache Oefnung, mit einem etwas längeren Stöckchen, findet man an den Einwohnern der Insel Gerard de Nys auf der Küste von NeuguineaDampier, am angeführten Orte; die Insel nennt er daselbst Garret Dennis.). Die Einwohner von Tanna, Irromanga und Mallikolo, tragen große Ohrringe von Schildkrötenschale, welche 3 viertel Zoll breit sind, und im Durchschnitt über einen Zoll halten. An den Armen haben sie Spangen von Kokosschalen mit kleinen darin verflochtenen Schnecken. Die Einwohner der freundschaftlichen Inseln pudern sich das Haar entweder weis, orangegelb oder blau. Der weiße Puder ist weiter nichts als Muschelkalk, der rothe ist gepulverte Gelbwurz (Curcuma); die Substanz des blauen hingegen konnten wir nicht erkennen. Die Papuer in Neuguinea tragen Ringe nicht nur in den Ohren, sondern auch in beyden Nasenläppchen, und im Nasenknorpel; und Armbänder, über den Elnbogen, imgleichen über der Faust; auch pudern sie sich mit MuschelkalkJacques le Maire, dans la Coccection des Voyages qui ons servi pour l'établissement de lan comp. des Indes; Tome IV. p. 648.. Capitain Carterel führt an, daß die Einwohner der von ihm benannten Admiralitälsinseln, und von Neuirrland, sich sowohl das Haupthaar als auch den Bart pudernS. Hawkesworths Geschichte etc. Edition in Quart Th. I. S. 379 und 385. und in Ictav B. II S.. Andre haben bemerkt, daß die Einwohner der Insel Gerard de NysDampier, a. a. O. ihr Haar roth, weis oder gelb färben. Die Damen von Tripoli in Afrika bestreuen das Haar ihrer Kinder mit ZinnoberEtat des Royaumes de Barbarie. . Die alten Gallier erhöhten die rothe Farbe ihres Haars, durch Hülfe der Kunst, und ihre Heerführer bestreuten es mit Goldstaub;Diod. Sic. L. V. p. 305. ed. Wechel. eine Art des Luxus die auch bey dem jüdischen Frauenzimmer im Schwange giengJosephus. Der heilige Hieronymus ermahnt sogar eine römische Dame, in einem seiner Briefe, ihrer Tochter die Mode-Thorheiten der damaligen Zeit zu verbieten, und sagt unter andern: ne irrufet crines, et sibi anticipet ignes Gehennae!

Einige Völker beschmieren sich das Gesicht mit Farben, um entweder ihre Feinde zu schrecken, oder ihren Freunden zu gefallen. Die trägen, bedaurenswürdigen Feuerländer bedienen sich hiezu einer mit Tranöl angemengten Ockererde, wodurch die Dummheit und der Stumpfsinn ihrer leeren Physiognomie um desto sichtbarer wird. Die neuseeländischen Mädgen legten eben dergleichen Schminke auf, wenn sie zu unsern Matrosen an Bord des Schiffs kamen, und ihre ekelhaften Gunstbezeugungen feil boten. Herr Hodges, der eben eine dieser sauberen Dirnen abzeichnen wollte, und bemerkt hatte, wie viel sie sich auf ihre schmierige rothe Farbe zu gute that, mischte etwas Zinnober mit Leinöl zusammen, und bemalte ihr das Gesicht damit. Sie war über diese Verbesserung vor Freuden ausser sich; und ihre Landsleute, sowohl Männer als Weiber, bewunderten ihre dadurch erhöheten Reitze. Die Schminke verrieth aber nachher alle diejenigen, welche mit dieser Nymphe zu vertraut geworden waren. Die neuseeländischen Mannspersonen, sind schier noch mehr in die rothe Farbe verliebt als die Frauensleute. Die Einwohner von Tanna aber bleiben vollends bey dieser einen Farbe nicht stehen; sondern bedienen sich noch einer glänzend schwarzen Farbe, von einer Art Wasserbley, (Molubdaenum plumbago Linn.) und einer weißen, von Muschelkalk zubereiteten, welche, in abwechselnden, breiten, schräg über das Gesicht laufenden Streifen, aufgetragen werden. In den Admiralitätsinseln, zeichnen sich die Einwohner ebenfalls mit weißen Streifen im GesichtS. Hawkesworths Geschichte etc. Edition in Quart B.I.S.

Die Ostereiländer und die Neukaledonier dehnen sich die Ohrläppchen so ungeheuer aus, daß sie auf die Schultern hinabhängen: sie bedienen sich hiezu der elastischen Blätter des Zuckerrohrs, welche sie ausrollen und durch das Loch stecken. Verschiedene amerikanische Völker, desgleichen die Einwohner von Siam, verfahren auf die nähmliche Weise. Eben so ist dieser Gebrauch auch in Afrika bekannt, wo die Weiber große schwere Ohrgehänge, von sechs Zoll im Durchschnitt, tragenVoyage de Brue.. Die Mongolischen Völker, im Norden von Asien, haben Ohrgehänge, die vollkommen einen Schuh lang sind. An der malabarischen Küste haben die Einwohner so große Löcher in den Ohrläppchen, daß eine Mannsfaust bequem hindurch gesteckt werden kann; und dies ist kein Wunder, da ihre Ohrringe manchmal mehr als zwey Unzen wiegenDillon´s Voyage to the Estindies (English transl.) London 8vo, 1698. p. 107..

Die Vornehmen in Taheiti laßen ihre Nägel sehr lang werden; dergestalt, daß der Theil der über den Finger ragt, manchmal so lang als ein Gelenk des Fingers ist. Die Tänzerinnen, (welches allemal Personen von Stande sind) haben ebenfalls lange Nägel. Den nehmlichen Brauch findet man unter den Negerweibern, auf der afrikanischen GoldküstePrevôt, Hist. des Voyages. Tom. IV.. Auch die schinesischen Mandarinen halten auf lange Nägel, als auf einen Beweis ihres Adels und Ranges, so sorgfältig, daß sie des Nachts kleine Futterale vom Bambù darüber ziehen, um allen Schaden daran zu verhütenOsbecks Reise. (Engl. ed.) Vol.I.p.270.. In Siam tragen die Tänzerinnen falsche lange Nägel von MeßingDe la Loubere, Voyage au Siam. und in Magindanao, (oder Mindanao) beschneidet man den Nagel des linken Daumens nie. Endlich wird auch von den Javanern gesagt, daß sie langes Haar, und lange Nägel habenVoyages faits pour l`Etablissement de la C. des Indes Tome I. p.392. (ed.d`Amsterd. 1702.).

Den taheitischen Hebammen ist es nicht gleichgültig, was für eine Gestalt die Nase des neugebohrnen Kindes hat; eine zierliche Nase muß, nach ihren Begriffen von Schönheit, breit, und einigermaßen plattgedruckt seyn, zu dem Ende drucken sie solche an neugebohrnen Kindern sogleich ein, und wiederholen den Druck so lange die Kinder noch im zartesten Alter sind, einigemal, wie wir an seinem Orte erwähnt haben. Diese seltsame Gewohnheit findet man auch unter den Hottentotten, die den Kindern die Nase mit dem Daumen eindrückenKolbens Beschr. des Vorgeb. der guten Hofnung. I. Theil; und unter den Makassaren aus Celebes, die den Kindern die Nase plattdrücken, und die Operation etliche mal des Tages wiederholen, indem sie zu gleicher Zeit die Nase mit Oel oder warmen Wasser erweichenGomara, historia general de las Indias..

Bey den Taheitiern ist der Luxus eingeführt, sich das Haar mit wohlriechendem Oel zu salben. Die nämliche Gewohnheit hat man bey den Einwohnern der Maldivischen Eilande bemerktVoyage de F. Pyrard Vol. I. p. 30.. Die Tannesen sind am ganzen Leibe ausserordentlich stark mit Haar bewachsen, unter andern bemerkte ich einen, der sogar auf dem Rücken ganz rauh war. Dies hat Pyrard ebenfalls an den Einwohnern der Maldivischen Inseln wahrgenommen, die weit stärker behaart seyn sollen als die EuropäerEbend. I. p. 81.).

Unter den Krankheiten sogar finden sich einige Aehnlichkeiten zwischen den verschiedenen Völkern. In Tanna bemerkten wir einige Männer und Kinder,S. weiter oben. welche die Augenlieder nicht aufziehen konnten, sondern den Kopf zurücklegen mußten, um ein Objekt gewahr zu werden, welches mit der Gesichtslinie in gleicher Höhe war, und eben dieses Gebrechen fand Dampier unter den NeuholländernVoyages. Vol. I. p. 464.. So ist auch das dicke Elephantenbein eine Beschwerde mit welcher verschiedene von den Einwohnern der Societätsinseln und von Neukaledonien geplagt waren, bey den Nairen in Calicut und Ceylon nicht ungewöhnlichVoyages de Francois Pyrard. I.p.280..

In Mallikolo trugen die Einwohner anfänglich Bedenken in ihren Kanots an unser Schiff heran zu kommen; als sie aber nirgends feindliche Anstalten sahen, und endlich wohl vermuthen konnten, daß man ihnen nichts zu leide thun würde, nahmen sie ein wenig Seewasser in die hole Hand, und gossen es sich auf den Kopf. Bey unserer hernachmaligen Landung auf ihrer Insel verlangten sie, daß wir es eben so machen möchten, indem sie es als eine Freundschaftsbezeugung auslegten. In eben dieser Bedeutung findet man den nehmlichen Gebrauch bey den Einwohnern von Pulo Sabuda in NeuguineaDampier, III. Theil, S.186. Doch ist es auch wahrscheinlich genug, daß die Mallikolesen von irgend einer Völkerschaft auf Neuguinea entsprossen sind. Allein, auch bey einem Volke welches sicherlich keine Gemeinschaft mit diesen beiden hat, trifft man dieselbe Gewohnheit an. Die Neger an der guineischen Küste in Afrika nemlich kommen nicht an Bord eines Schiffs, wofern der Capitain desselben nicht heraussteigt, seine Hand ins Seewasser taucht, und sich den Kopf damit besprengt, welches bey ihnen nicht blos ein Friedenszeichen, sondern sogar eine Art eidlicher Betheurung, oder eine abergläubische Ceremonie seyn sollVillauld de Bellefond, Relasion des Côtes d' Afrique appellées Guinée. Paris 1669. 8vo..

Capitain Cook und Hr. Banks haben, sowohl in o-Taheiti als auf den übrigen Societätsinseln, bemerkt, daß die Unterkinnladen der erschlagenen Feinde als Trophäen aufgehangen werden; und gerade derselbe Brauch ist in Guinea eingeführt, wo der Sieger diese Knochen vor seinem Hause aufhängt, zum Zeichen daß er sich Ruhm erfochten, und den ersten Schritt zur Erlangung der Vorrechte des Adels gethan habeAtkins Voyage to Guinea 8vo. 1737. p. 80. it. Villauld de Bellefond. I.c.. Die Nation der Battas in Sumatra pflegt, nach dem Siege, von dem Fleisch ihrer erschlagenen Feinde, einen Schmaus zu halten. Die Schädel werden hernach als Trophäen Haufenweis in den Häusern aufbewahrt, wo die unverheiratheten Männer und Knaben speisen und schlafenCharles Miller in phil. Trans. Vol. LXVIII. pt. I. pag. 166..

Wir haben es an seinem Orte, und seitdem bereits mehrmahlen erwähnt, daß die Völker der ersten Rasse in den Südseeinseln, welche Ostereiland, die Marquesas, Societäts und freundschaftlichen Inseln, imgleichen Neuseeland bewohnen, höchstwahrscheinlicherweise von den Einwohnern der, ostwärts von den Philippinen belegenen, Carolineninseln entsprossen sind. Es dürfte folglich einige Nachricht von den Sitten und Gebräuchen dieser letztgedachten Insulaner hier nicht am unrechten Orte angebracht seyn, weil dadurch der Leser sich von dem hohen Grade der Aehnlichkeit selbst überzeugen, und die Wahrscheinlichkeit des gemeinschaftlichen Ursprungs daraus abnehmen könne.Diese Nachricht von den Einwohnern der Carolineninseln ist ein Auszug aus Des Broffes, Histoire des Navigations aux terres australes, Tome II. pag. 445 - 511. Um Weitläuftigkeit und Wiederholungen zu vermeiden, verweisen wir die Leser, der Vergleichung halber, auf die verschiedenen Stellen dieses Werks, auf Cooks Reisebeschr. und auf G. Forsters Reise.

Die Einwohner der zu den Carolinen gehörigen Insel UleeDa ich die Rechtschreibung, welcher Des Broffes gefolgt ist, nicht beurtheilen mag, so habe ich alle Namen so stehen lassen, wie sie in der Urschrift geschrieben sind, obgleich die Analogie mlt den südländischen Sprachen darinn gänzlich vermißt, wird.
G. F.
und ihres Bezirks, sind nicht von einerley Farbe. Einige sind heller als die übrigen, wie die Mestizen, die einen spanischen Vater, und eine indianische Mutter haben; andre sind den Indianern auf den Philippinen an Farbe ähnlich, und noch andre sehen aus wie Mulatten, die von einem Neger und einer Indianerin entsprossen sind. Die dunkelsten gehören zu der niedrigsten Klasse, und dienen als Gesinde. Sie nähren sich durchgehends von Fischen, die sie in grosser Menge fangen, von Kokosnüssen, und von sieben Arten von Wurzeln, von den nämlichen Gattungen die auf den Marianen (Diebsinseln) gewöhnlich sind. Sie haben Hüner, und wissen allerley Geflügel, besonders aber Wasservögel, zu fangen und zur Speise zu bereiten. Vierfüßige Thiere hingegen, fehlen ihnen ganz und gar. Die Wohnungen des gemeinen Mannes sind kleine Hütten mit den Blättern einer Palmenart (wahrscheinlich des Pandangs) gedeckt: die Anführer, oder Tamoles, hingegen wohnen in großen Häusern, welche inwendig bemahlt, und verziert sind. Ihre Kähne laufen vorn und hinten hoch hinauf. Die Planken daran sind zusammen genähet. Auf einer Seite des Boots befestigen sie einen Ausleger mit einem langen Balken, der dem Boote parallel liegt, und das Umschlagen desselben verhindert. Am Vordertheil, sowohl als am Hintertheil, desgleichen an jedem Ende des Auslegers, sind kleine Cajütten angebracht. Die Segel bestehen aus Matten von Palmblättern.

Die Mannspersonen beschäftigen sich gemeiniglich mit dem Anbau der verschiedenen Wurzeln wovon sie sich nähren. Zu dem Ende müssen sie den Boden von Bäumen reinigen, welches mit ihren steinernen Aerten eine sehr mühsame Arbeit ist; wenn alsdenn das gefällte Holz recht ausgetrocknet ist, so verbrennen sie es auf der Stelle, wovon man den Rauch und das Feuer oft zur See in großer Entfernung vom Lande sieht. Die Fischerey kostet ihnen viele Zeit; unter andern bedienen sie sich dabey einer Art von Fischreusen von geflochtenen Zweigen. Der Bau der Häuser und der Kähne, und die Verfertigung der Waffen ist ebenfalls das Werk der Männer. Die Weiber helfen ihnen bey der Aussaat und Verpflanzung des Wurzelwerks, bereiten die Speisen, und verfertigen Zeuge aus der Rinde einer Art des Ahorns (Platanus)Höchst wahrscheinlich ist der vermeinte Platanus der Papiermaulbeerbaum, dessen zackigte Blätter man leicht mit dem Laube des Ahorns verwechseln kann.. Auch verarbeiten sie die Rinde eines Baumes, den sie Balibago nennen, zu gleichem Behuf.

Ihr häusliches Leben ist mäßig und einfach. Sie stehen mit der Sonne auf, und legen sich schlafen, wenn sie untergeht. Ihre Mahlzeiten sind an keine gesetzte Zeit gebunden, sondern wenn sie Appetit haben, und Speise vorräthig ist, so essen sie. Daher machen sie mehrere Mahlzeiten des Tages und essen jedesmal nur wenig. Sie baden dreymal des Tages und sind überhaupt sehr reinlich und sauber. Ihr König oder oberster Befehlshaber wohnt auf der Insel Illee, und ein anderer auf der Insel Lamurec, die übrigen Anführer, oder Tamoles, der benachbarten Eilande sind Vasallen dieser beiden Könige. Auf jeder Insel sind eine große Anzahl Tamoles, oder Edle, von der Familie des Königs, wohnhaft; einer aber regiert die Insel. Es giebt auch, ausser den Tamoles, noch eine angesehene Mittelklasse, und auf diese folgt die unterste Classe, die in noch größerer Unterwürfigkeit lebt. Doch bezeugen alle Stände ungemein viel Ehrfurcht gegen die Befehlshaber.

Wer einen Befehlshaber besuchen will, bezeugt ihm seine Ehrerbietung unter andern dadurch, daß er sich den ganzen Leib mit einem gewürzhaften gelben Teige oder Brey bemaltIn den freundschaftlichen Inseln, in Ostereiland und allen neuen Hebriden, färben die Einwohner zuweilen ihre Kleidung, und ihren Leib, mit einem gelben gewürzhaften Pulver, welches von der Gilbwurz bereitet wird.. Eben dies geschieht auch bey großen Feyerlichkeiten; die Anführer aber gehen fast beständig so bemalt einher. Die Kleidung des gemeinen Volks ist ein Lappen von ihrem Zeuge, den sie um die Lenden und Hüften schlagen, und zwischen den Beinen aufziehen. Die Weiber sind auf die nämliche Art gekleidet, nur daß ihr Anzug bis auf die Waden reicht, dahingegen die Männer kaum bis an die Kniee bedeckt sind. Die obere Hälfte des Leibes ist nackend; bisweilen wirft man jedoch noch eine Art Mantel mit einer Art Kappe oder Kapuzze, über die Schultern. Die Anführer tragen ein Sück des dortigen Zeuges, mit einem Loche in der Mitte, wodurch der Kopf gesteckt wird, so daß die eine Hälfte des Anzugs vorn über die Brust bis an die Knie, und die andere hinten, längst dem Rücken, eben so weit hinabreicht. Die Weiber tragen oberhalb des Ellenbogens Armbänder, und in den Ohren Ringe, beydes von Schildkrötenschaale; statt der Ohrringe tragen sie auch bisweilen wohlriechende Blumen, oder kleine aus Kokosschalen geschnitzte Knöpfe in den Ohren. Bey den Mannspersonen ist ein Stirnband üblich, welches aus geflochtenen Fasern besteht, und mit aufrechtstehenden Federn besetzt ist. Auf der Haut zeichnen sie sich mit verschiedenen Linien, welche Felder von mancherley Figur vorstellen; Weiber und Kinder aber haben dergleichen Zeichen nicht.

Diese Insulaner sind durchgehends wohl proportionirt, die Anführer aber vorzüglich groß und corpulent; sie haben langes schwarzes lockigtes Haar, starke, buschigte Bärte, breite Nasen, grosse, lebhafte, durchdringende Augen. Ihre Gemüthsart ist lautere Gutherzigkeit; daher es bey ihren Streitigkeiten auch nie zu heftigen Ausbrüchen von Leidenschaft, und am wenigsten zum Todtschlag kommt; sondern die äußerste Rache die sie sich erlauben, besteht in Faustschlägen. Sobald die Zuschauer dem Streite Einhalt thun, so hat es mit ihrem Zorn ein Ende, und sie vertragen sich bald wieder, zumal wenn der Beleidigte einige Geschenke erhält. Sollte sich jemand eines groben Verbrechens schuldig machen, so wird er auf eine der benachbarten Inseln verbannt.

Die Verletzung der ehelichen Treue, wird zwar bey ihnen unter die großen Verbrechen gerechnet, doch ist Verzeihung dafür zu erlangen. Gegen eine billige Entschädigung pflegt sogar der Mann die in solchem Fall ihm zugefügte Beleidigung zu vergessen, ohnerachtet es ihm frey steht, sich deshalb von seinem Weibe zu scheiden. Auf der andern Seite hat auch die Frau das Recht, sich, unter dem unbedeutenden Vorwande einer Beleidigung, oder Unzufriedenheit, vom Manne zu trennen. Hiernächst haben sie noch einen seltsamen Brauch, (wovon wir in den von uns besuchten Südländern kein Beyspiel wissen,) nämlich, daß ein Mann die Witwe seines verstorbenen Bruders heirathet, wofern dieser ohne Kinder zu hinterlassen gestorben ist. Die gemeinen Leute begnügen sich mit einer Frau, wiewohl mehrere nicht verboten sind; die Anführer und Edlen hingegen halten dafür, es sey ihrem Stande angemessen mehr denn eine Frau zu haben, und der König von Cittac, der auf der Insel Huogoleu oder Torres residirt, hat deren neune. Unter sich sind diese Leute sehr redlich; nur von Fremden pflegen sie zu stehlen, und vor allen Dingen auf Eisen erpicht zu seyn. Wer Eisen habhaft werden kann, es sey durch den Tauschhandel mit Europäern, oder von verunglückten Schiffen, oder durch Diebstahl, der ist in jedem Fall verbunden solches dem Befehlshaber einzuhändigen, welcher daraus Werkzeuge machen läßt, je nachdem die Größe und Gestalt des Eisens ist, und dieses verleihet er an seine Unterthanen um einen gesetzten Preis.

Bey ihrer gutmüthigen, friedfertigen Gemüthsart leben sie untereinander in einträchtiger Freundschaft. Vergnügungen und Spiele sind ihrem aufgeweckten, frölichen Temperament willkommen. Sie lachen recht herzlich und oft, und hören überaus gern kleine drollige Geschichtchen. Im Umgange sind sie höflich und gesittet; können auch über allerley Gegenstände sehr vernünftig und zur Sache sprechen. Ihr weiches Herz wird schon bey der blossen Erwähnung irgend eines Unglücks oder Elendes sehr gerührt, und bey dem wirklichen Anblick desselben preßt das Mitleid ihnen Thränen aus. Wenn sie untereinander, bey feyerlichen Gelegenheiten, versammelt sind, wird viel gesungen und getanzt. Ihre Frauenzimmer setzen sich oft in Haufen neben einander, und singen im Chor schmachtende Lieder, wobey sie zu Verstärkung des Ausdrucks, in eben dem Maaße, Kopf und Hände bewegen; diese Lieder heissen bey ihnen Tanger-faisil, d. i. WeiberklageDiesen Ausdruck haben wir bereits vorhin angeführt, und daraus für die Abkunft der Einwohner des Südmeeres (von der ersten Rasse) von den Einwohnern der Carolineninseln einige Wahrscheinlichkeit hergeleitet.). Ihre Lieder sind nicht ohne Takt und Harmonie; den Takt schlagen sie mit der Hand auf die Lenden. Beym Tanze stehen die Mannspersonen gegen einander über in zwo Reihen, am Kopf mit Federn und Blumen geschmückt, auch stecken sie sich, zur Zierrath, wohlriechende Kräuter in die durchbohrten Nasenknorpel, und Gehänge von geflochtenen Kokosfasern in die Ohrlöcher. Die Tänze bestehen hauptsächlich in abgemessenen, einförmigen Bewegungen des Kopfs, der Aerme, Hände und Füsse. Zuweilen hält der Befehlshaber ein Stück Zeug empor, welches, im Wettlauf, demjenigen zu Theil wird, der es am ersten erreicht.

Für die Beleidigungen auswärtiger Völkerschaften wissen sie sich im Kriege zu rächen. Lanzen und Wurfspieße, mit Spitzen von Menschenknochen versehen, sind ihre Waffen, mit welchen sie, ausser dem Kriege, sich üben, nach der Scheibe zu werfen. Sie marschiren in drey Linien auf; die erste besteht aus jungen Leuten, die zwote aus Männern in den besten Jahren, und die dritte aus alten Leuten. Sobald einer in der ersten Reihe fällt, tritt gleich ein andrer aus der folgenden in seine Stelle. Schutzwaffen kennen sie nicht; sondern begnügen sich, allen Würfen durch Behendigkeit auszuweichen. Ihre Kriege sind nichts weniger als grausam; der Tod von zwey oder drey Leuten entscheidet den Sieg, und die triumphirende Parthey verkündiget ihren Vortheil mit lautem Siegesgeschrey, und mit Verhöhnung des Feindes.

Sie haben Begriffe von der Unsterblichkeit der Seele, und von einem künftigen Zustande, wo die Guten belohnt, und die Bösen bestraft werden. Die Leichen der gemeinen Leute werden in die See geworfen; die der Vornehmen hingegen mahlt man gelb an. Das versammelte Volk schneidet sich, vom Bart- und vom Haupthaar, Locken ab, und wirft solche, zum Zeichen der Trauer, auf den Todten; sodann wird das Lob des Verstorbenen mit lautem Geschrey verkündigt, und der Tag übrigens mit Fasten beschlossen. Der Leichnam wird hierauf, entweder in einem kleinen steinernen Sarge, im Hause, aufbewahrt, oder, in einiger Entfernung von demselben, begraben, und das Grab mit einer steinernen Mauer umgeben. Von Zeit zu Zeit legen sie Früchte und andere Speisen in der Nähe der Grabstätte hin, damit der Verstorbene, nach ihrer Meynung, sie aussaugen möge. Sie glauben nämlich, daß die Seelen derer, die gen Himmel gehen, am vierten Tage wieder kommen, und, unsichtbarer Weise, unter ihren Verwandten und Freunden wohnen. Diese Seelen hält man für gute Geister. Bey allen ihren Unternehmungen werden sie um Beystand und glücklichen Erfolg angerufen, und die Priester sollen Umgang mit ihnen haben.

Diese sowohl als andere Überlieferungen werden von gewissen Lehrern der Jugend, sowohl den Mannspersonen als dem Frauenzimmer, in eigen dazu bestimmten Häusern beygebracht. Die Knaben müssen die Namen und die Richtung der zwölf Hauptwinde, die Namen und Bewegungen der hellesten Sterne, die Lage und Namen der nahgelegenen Inseln, und wie man dorthin segeln müsse, erlernen. Die Lehrer theilen ihnen auch die religiösen Traditionen mit. Ohnerachtet sie von einem allgemeinen Schöpfer Himmels und der Erden nichts wissen, so glauben sie doch an einen großen und guten Geist, der ein Herr des Himmels und Oberhaupt vieler guten und bösen Geister ist. Diese Geister sind himmlische, von denen die auf Erden wohnen verschiedene, Wesen, die aber doch einen Leib haben, und, so wie die Anführer unter den Insulanern, mehr als eine Frau nehmen.

Der älteste unter ihnen bekannte Geist, ist Sabucoor und seine Frau heißt Halmelul. Der Sohn aus dieser Ehe, wird Eliulep (d.i. großer Geist) und die Tochter Ligobuud genannt. Eliulep heirathete Leteuhieul, eine Frauensperson aus der Insel Ulee gebürtig; er zeugte einen Sohn mit ihr, Lugueiling d.i. der mittlere Himmel, genannt. Leteuhieul starb in der Blüthe der Jugend, und ihr Geist flog auf gen Himmel. Eliulep adoptirte einen Jüngling, der auf der Insel Lamurec geboren war, und Reschahuileng hieß. Dieser, des Erdenlebens müde, stieg gen Himmel, um die Freuden seines Vaters zu genießen. Seine Mutter aber lebte noch in Lamurec, und er kam zu ihr in die mittlere Luft zurück, und lehrte sie die Geheimnisse des Himmels. Die Schwester des Eliulep, Ligobuud genannt, fand sich in der Mittlern Luftregion schwanger, und kam auf Erden mit drey Kindern nieder. Zu ihrer Verwunderung war die Erde unfruchtbar und dürre; auf ihr mächtiges Wort aber, bedeckten Kräuter, Blumen und Obstbäume das Erdreich; sie kleidete die Erde in Grün, und bevölkerte sie mit vernünftigen Menschen. Dazumal starben die Menschen noch nicht; sondern statt des Todes fielen sie, am letzten Tage des Mondes, in einen kurzen Schlaf, und erwachten wieder bey dessen erster Erscheinung über dem Horizont, als vom angenehmsten Schlummer geweckt. Allein Erigerigers, ein böser Geist, dem die Glückseligkeit der Menschen mißfiel, bewirkte die Todesart, wogegen keine Hülfe ist, und seit der Zeit ist, wer einmal stirbt, auf immer gestorben. Dieser böse Genius heißt Elus melabut (d.i. feindseliger Geist); die andern heißen Elus Melafirs, gute Geister. Morogrog, ein böser, aus dem Himmel verstoßener Geist, brachte zuerst das Feuer auf die Erde. Lugueiling, der Sohn des Eliulep, heirathete zwey Frauen, eine, himmlischer Abkunft, die ihm zwey Kinder, Carrer und Meliliau, brachte; die andere, irrdischen Ursprungs, zu Falalu in der Provinz Huogoleu geboren, mit der er einen Sohn, Oclefat, erzeugte. Als dieser Jüngling hörte, daß sein Vater ein himmlischer Geist wäre, versuchte er es, gen Himmel zu fahren, allein er fiel herunter, und weinte. Darauf zündete er ein großes Feuer an, und gieng im Rauche Rauche hinauf zu seinem himmlischen Vater, den er umarmteEine entfernte Aehnlichkeit mit diesen wunderseltsamen Begriffen hat die javanische Mythologie im Sadjara Radja Djawa, einem geschriebenen javanischen Geschichtbuche. S. Verhendelingen van Bataviaasch Genootschap. – I. deel. (G. F.).

Auf der Insel Falalu ist ein Teich mit frischem Wasser, dem die Einwohner nicht nahe kommen dürfen, weil sie glauben, daß die Götter sich darinn baden. Die Sonne, der Mond, und die Sterne, haben, ihrer Meynung zufolge, eine vernünftige Seele, und werden von zahlreichen himmlischen Nationen bewohnt. Man findet bey diesen Insulanern weder Tempel noch geschnitzte Bilder; nur wenige unter ihnen halten Opfer für nöthig, und diese scheinen solche ihren verstorbenen Freunden darzubringen. In der Insel Pap oder Panlog beten die Einwohner einen Krokodil an, und machen Beschwörungen zu dere Behuf sie, in Palmblätter, gewisse geheimnißvolle Knoten schürzen. Ostwärts von den fünf Inselgruppen, die man unter dem gemeinschaftlichen Namen der Carolinen begreift, liegen noch viele andre Inseln, und namentlich die Insel Falupet, deren Einwohner den Hayfisch (tiburon) anbeten.

Diese Inseln sind sehr zahlreich, und ihre Einwohner sind braun, wie die Küstenbewohner der Philippinen; hingegen sind die Leute auf den Panleu- oder Paloosinseln neger-ähnlich, wild, und grausam; gehen nackt, und fressen Menschen. Die Einwohner der Carolinen verabscheuen sie deswegen, und halten sie für Feinde und Teufel unter den Menschen, mit denen es gefährlich ist, etwas zu thun zu haben.

Den Anführern, oder Befehlshabern, begegnet man in den Carolineninseln mit großer Ehrerbietung. Sie tragen lange Bärte, und sitzen, wenn sie Audienz geben, auf einer Erhöhung, die wie ein Tisch gestaltet ist. Wer mit einem Befehlshaber sprechen will, bückt sich sehr tief, küßt ihm zuweilen die Hände oder die Füße, oder nimmt den Fuß des Befehlshabers ganz behutsam in die Hand, und reibt sich das Gesicht damit. Auch ist es ein Zeichen der Ehrerbietung gegen die Anführer, oder Tamoles, daß die Geringern sie, mit Liedern, in Schlaf singen.

Aus diesen Bemerkungen über die Sitten, Gebräuche und Meynungen der Einwohner der Carolineninseln erhellet zur Genüge, daß sie, mit der ersten Rasse von Menschen in den Südseeinseln, ungemein viel Aehnlichkeit haben, und diese erstreckt sich zu sehr bis auf die kleinsten Umstände, als daß man sie für das bloße Werk des Zufalls halten könnte; zumal wenn man die Nähe jener Inselgruppen, die gleiche Farbe, Statur, Leibesbeschaffenheit und Gemüthsart der Einwohner, und die wahrscheinlich allmälige Wanderung der Stämme, von einer Insel zur andern, bedenkt. Dies zusammengenommen, setzt es beynahe gänzlich ausser Zweifel, daß diese Menschen untereinander nahe verwandt, und zwar, daß die Einwohner der östlichen Inseln des Südmeeres, in einem entfernten Zeitalter, von den Einwohnern der Carolinen entsprossen seyn müssen. Wir bemerken nur noch, daß es, aus Mangel historischer Urkunden und Denkmäler, unmöglich ist, vom Ursprunge und den Wanderungen dieser Nation etwas gewisses zu erfahren, ja daß nicht einmal entfernte Muthmaßungen darüber möglich gewesen wären, wenn man nicht ihre Sitten und Gebräuche, imgleichen ihre Sprache dabey hätte zu Hülfe nehmen wollen. Von den erstern haben wir so umständliche Nachricht ertheilt, als wir nur immer davon zusammenbringen konnten; die letztere empfehlen wir künftigen Seefahrern zu sorgfältigerer Untersuchung. Eben in der Ungewißheit, in welcher sich die von uns besuchten Insulaner über ihren Ursprung befinden, liegt, meines Erachtens, ein großer Beweis für die Vorzüge der Cultur, der wir die bessere Erkenntniß des unsrigen allein zu verdanken haben. Daß wir im Stande sind, über den ihrigen wahrscheinliche Muthmaßungen anzustellen, selbst dies ist das Werk der Cultur, ohne die unsre Seelenkräfte nicht entwickelt, unsre Beurtheilungskraft zur Erforschung der Wahrheit nicht geschärft worden wäre. Dank also der Vorsehung, daß sie uns den Segen einer höhern Aufklärung und Erziehung, und mit ihm so große Vorzüge über jene Völker, daß sie uns eine so erhabene Stelle in der Reihe vernünftiger Geschöpfe zu Theil werden ließ! aber auch mehr als leeren Dank müße die Erkenntniß unseres vorzüglichen Glückes in uns bewürken; wir müssen unsre besseren und vollkommneren Einsichten zweckmäßig und werkthätig anzuwenden, mit einem Wort, wir müssen suchen, durch Tugend und Menschlichkeit, unseres bessern Looses werth zu seyn!

Quum natura hominis imbecillior fit quam caeterorum animalium, quae vel ad perferendam vim temporum vel ad incursiones a fuis corporibu5 arcencdas naturalibus munimentis providentia coelestis armavit; homini autem quia nihil istorum datum est, accepit pro istis omnibus miserationis affectum, qui plane vocatur humanitas, qua nosniet invicem rueamur.
Lactant. lib.III. c. 17.


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