Georg Forster
Bemerkungen ... auf seiner Reise um die Welt ...
Georg Forster

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Dritter Abschnitt.

Abnahme der See und des Wassers überhaupt.

Der Zeitpunkt scheint noch nicht gekommen zu seyn, wo diese wichtige Frage entschieden werden könnte. So viele Vertheidiger auch die Meynung, daß die See allmählig zurücktrete, unter den Neuern, besonders unter den schwedischen Gelehrten, gefunden hat; so genau Herr Dalin, nach der vorausgesetzten Abnahme von 45 schwedischen Zollen45 schwedische machen 37 13/100 englische Zolle: die Verminderung des Wassers nach obiger Berechnung wäre also jährlich 0,45. oder 0,37. eines Zolls, d.i. nicht völlig ½ Zoll. in hundert Jahren, berechnen will, wenn Schweden zuerst wohnbar geworden sey und so sehr ers übertreibt, indem er diesen Zeitpunkt sogleich für denjenigen annimmt, in welchem es bewohnt worden ist; – so vieles läßt sich auf der andern Seite dawider einwenden; die Orte lassen sich in Menge aufführen, wo die See dem Lande Abbruch thut, und man dürfte, nach richtiger Vergleichung, wahrscheinlich entdecken, daß auf einer Seite nur gewonnen werde, was auf der andern verloren geht. Zudem müßten, im Fall der würklichen Verminderung des Meeres, doch nur die reinen Wassertheilchen verschwinden, die Salztheile hingegen, die nicht flüchtig sind, zurücke bleiben, und den Ocean von Jahr zu Jahre salziger machen. Fische und Seethiere überhaupt würden sich bald in einer so dicken Flüßigkeit befinden, die ihren Bedürfnissen nicht mehr angemessen seyn, ihre Bewegungen hemmen, und in kurzem ihre gänzliche Vernichtung zuwege bringen würde. Zuletzt müßte das Meer zu Salzkrystallen anschießen; Regen, Thau und Dünste aber würden immer seltner werden und endlich gar aufhören; das Thier- und Pflanzenreich könnte keine Nahrung bekommen, und somit würde der ganze Erdboden wüste und unbewohnt werden.

Auf unserer großen Reise habe ich nur an einem einzigen Orte wahrgenommen, daß der Boden wirklich in Ansehung der Wasserfläche etwas gewonnen zu haben schien. Man kennt bereits die Würmer in den Lithophyten, die fast überall im Meere, vorzüglich aber in der Südsee, ihre wunderbaren Gehäuse von steinigter Substanz erbauen. Diese sogenannten Korallenfelsen sind gewöhnlich unten am Boden des Meeres schmal, und stehen gleichsam auf einem Stiele; breiten sich aber oberwärts dergestalt aus, daß Bäume, die bis fünfzehn Schuh hoch, und im Stamme kaum drey Schuh dick sind, am Gipfel bis achtzehn Schuh im Durchmesser hatten. Außerhalb Wassers aber, können die Thierchen, welche diesen Bau führen, nicht leben; daher wird er nie bis über die Meeresfläche, wie sie zur Ebbzeit steht, fortgesetzt. Gleichwohl fanden wir (am 3ten Julius 1774.) auf dem Rief, welcher das Turtle-Eiland (Schildkröteneiland) umgab, etliche Lithophyten von eben erwähnter Größe, welche völlig über dem Wasser standen, und worauf man außerhalb dem Gebiet der Meeresfluth bereits einen Anfang von Vegetation erblickte. Die Hälfte der Insel mit ihren Wäldern und Wohnungen müßte zugleich überschwemmt werden, wenn die Fluth jene Felsen erreichen könnte. Entweder müssen sie also aus dem Meere gehoben worden, oder das Meer selbst muß zurückgetreten seyn. In beyden Fällen ließen sich schwerlich die würkenden Ursachen dieser Veränderung bestimmen. Am wahrscheinlichsten ist es wohl, wenn man eine allmählig fortschreitende Verminderung des Wassers nicht annehmen will, daß Erdbeben und unterirdische Feuer diese Korallfelsen, nebst der anliegenden Gegend des Eilands aus dem Meere aufgeworfen haben.


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