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Jahnsfelde ist seit 1449 in der Pfuelschen Familie, also noch elf Jahre länger als Gielsdorf. Die hübsche Inschrift über der Tür des Herrenhauses nimmt Bezug darauf und lautet:
Glück herein, Unglück heraus,
Dies ist der Pfuel ritterlich Haus Seit vierhundert Jahren – Gott wolle bewahren Geschlecht und Haus. |
Dies Herrenhaus selbst ist neu, doch ruht es auf den Fundamenten eines alten Gebäudes, das hier stand. Der Park, der das Herrenhaus von allen Seiten malerisch umschließt ist eine Neuschöpfung. Auch der unmittelbar angrenzende Friedhof konnte mit in den Park hineingezogen werden, da die Herstellung eines neuen Begräbnisplatzes ohnehin geboten war. War doch schon seit 1244 an derselben Stelle begraben worden. Grab über Grab.
Der gegenwärtige Besitzer von Jahnsfelde hat, voll historischen Sinnes und zugleich in Pietät gegen die ruhmreiche Vergangenheit seines Geschlechtes, die untren Räume des Hauses nach Art eines Familienmuseums eingerichtet. Erinnerungsstücke aller Art, Wappenschilde, Waffen, besonders aber Bildnisse, finden sich hier auf engstem Raume zusammen. Sie alle namhaft zu machen liegt außerhalb der Zwecke dieses Buchs, und nur der ältesten und interessantesten möge kurz Erwähnung geschehen.
1. Anna von Pfuel. Ein interessantes Bild aus der Garziner Kirche. Es stellt eine junge, reichgeschmückte Frau dar, lebensgroß, ganze Figur. Im Haar scheint sie eine Brautkrone zu tragen. Ort und Jahreszahl lauten: Garzin, 1594. Dies ist das älteste Bild der Sammlung. Die Behandlung, besonders der Gewandung, ist noch steif und faltenlos.
2. Heino von Pfuel im Jahre 1602. Aetatis suae 58. Eine kriegerische Gestalt in Eisenrüstung und hoher Halskrause, dazu rot und weiße Schärpe. Die Unterschrift des Bildes, vom alten Maler selbst herrührend, lautet:
Heino von Pfuhl ich ward genannt,
Ein Obrister über Reuter und Knecht, In Ungarland Und mannigen Orts sonst wohlbekannt. |
Es heißt von ihm, daß er ein brandenburgisches Hülfscorps gegen die Türken kommandiert und sich überhaupt im Felde wie bei Hofe ausgezeichnet habe. Auch er hat ein Schild in der Jahnsfelder Kirche und auf demselben einige Fouquésche Reimzeilen.
3. Erneste Friedrich von Phull. Wenn ich nicht irre, ebenfalls aus der Garziner Kirche nach Jahnsfelde gebracht. Stellt einen ältren Mann mit weißem Bart, von ernstem, fast schwermütigem Gesichtsausdruck, dar. Auf dem Bilde das Pfuelsche und Bismarcksche Wappen. Spruch:
Wer Gott allezeit vertrauen kann,
Der bleibt ein unverdorbner Mann. |
Dann folgende Unterschrift: »Der edle, feste Erneste Friedrich von Phull, ein Bruder Heinonis auf Garzin, Trebnitz und der Neuen Langenwische Erbherr, starb allhier den 8. Oktober Anno 1613 früh, seines Alters vierundsechzig Jahr. Ward den folgenden 4. Novembris in das Begräbnis gesetzet und wartet der fröhlichen Auferstehung.«
4. Melchior von Phull. Ein vortreffliches Bild, das einen Mann in besten Jahren, in schwarzer Kanzler- oder Geheimeratstracht, darstellt mit großem, schönem Spitzenkragen, Handmanschetten und Kanzlerkette. Links oben das Pfuelsche Wappen, rechts das Wappen der alten Familie von Menlishoff. Unter dem Pfuelschen Wappen lesen wir: »Melchior von Phull, Consilarius Brandenburgensis. In Garzin, Garzo, Hasenholz et Trebnitz. Pie obit. 18. November Anno 1609.« Unter dem Menlishoffer Wappen steht: »Ist Gott mit uns, wer mag wider uns sein.« Melchior selbst legt seine rechte Hand auf ein aufgeschlagenes Buch mit rotem Rand; auf der weißen Seite steht: »Wer meine Gebote hat und hält etc. Johannes 14, Vers 21. Anno Domini 1610.« An andrer Stelle nochmals: »Melchior von Phull. Aetatis suae 35. Anno 1609. Discite mortales fugitivam noscere vitam.« Dieser Melchior von Pfuel ist derselbe, der sich auch als Nekromant einen Namen machte.
5. Adam von Pfuel. Brustbild. Ein älterer Mann, ernst, prononciert martialisch. Er zählt zu den bekanntesten Mitgliedern der Familie. Adam von Pfuel wurde 1604 geboren. Er folgte 1620 seiner Schwester, einer Hofdame Marie Eleonorens, bei Vermählung dieser mit Gustav Adolf, nach Stockholm. Diese Schwester heiratete später den berühmten Banér und wurde die Ahnmutter des gleichnamigen Geschlechts. Ihr Bruder, unser Adam von Pfuel, trat als Page bei Gustav Adolf in Dienst, begleitete ihn nach Deutschland und brachte, nach der Lützener Schlacht, des Königs Leiche von Weißenfels nach Stettin, von wo sie nach Stockholm eingeschifft wurde. Seine nahen, schon angedeuteten verwandtschaftlichen Beziehungen zu Banér machten es, daß er auch in der Folge der Partei dieses wüsten, aber genialischen Feldherrn zugehörte. 1634 führte er zuerst, als Kommandeur eines Regiments, einen selbständigen Zug nach Thüringen hin aus und deckte die Flanke des Heeres. Auf diesem Zuge war es, wo sich der damals noch jugendliche Derfflinger seine ersten Sporen im Pfuelschen Regiment verdiente. Später stieg Pfuel zum Avantgardenführer des schwedischen Heeres auf und eroberte sich als solcher den allerdings zweifelhaften Ruhm, 800 böhmische Dörfer niedergebrannt zu haben. Nach Banérs Tode war es Pfuel, der, in Gemeinschaft mit einigen andern Kriegsobersten, die Schlacht bei Wolfenbüttel schlug. Er stand damals hoch genug in Ansehn, um hoffen zu dürfen, das Oberkommando werde ihm übertragen werden. Er scheiterte aber, weil er Ausländer war, und Torstenson (ihm freilich hoch überlegen) erhielt den Oberbefehl. Als ihm auch Lilienhoek vorgezogen wurde, nahm er den Abschied. Dies war 1642. Wo er von da ab bis 1652 war, ist unbekannt. In spätren Jahren kaufte er sich die Güter Helfta und Polleben im Mansfeldischen und gründete eine neue Linie. Auf seinem Bilde in Jahnsfelde trägt er die goldne Kette, die ihm Gustav Adolf geschenkt hatte. Er starb als schwedischer Generallieutenant 1659 zu Polleben. Hat auch in der Jahnsfelder Kirche Schild und Spruch.
6. Kurt Bertram von Pfuel. Brustbild. Dieser Kurt Bertram war kurbrandenburgischer General-Kriegskommissar während des Dreißigjährigen Krieges und wurde von seiten George Wilhelms mehrfach zu diplomatischen Sendungen verwandt, namentlich an Wallenstein, als dieser zuerst an den Grenzen der Mark erschien. Unser Kurt Bertram war damals »Kammerjunker«. Seine erste Mission an Wallenstein fällt in das Frühjahr 1626. Es scheint, daß er den Friedländer in Halberstadt traf und ihn, im Auftrage des Kurfürsten, zu bitten hatte, nicht in die Mark einzurücken. Wallenstein antwortete: »So wahr ich ein ehrlicher Mann bin, will ich dem Kurfürsten kein Widriges erweisen, nur bitte ich ihn um Gottes willen, die Mansfeldsche Armee (die in der Prignitz hauste) auszuschauen, sonst muß ich nachrücken, um den Feind zu suchen, wo ich ihn treffe.« Im August traf Wallenstein mit sechzehn Regimentern in Cottbus ein. Der Kurfürst hatte den später so berühmt gewordenen Konrad von Burgsdorf zum Marschall bei ihm bestellt, und es verlautet nicht, daß unser Kurt Bertram bei dieser Gelegenheit weitere Verhandlungen mit Wallenstein gehabt habe. Er war indessen einige Wochen vorher in Cottbus gewesen, um, gemeinschaftlich mit einem von Rochow, die Empfangsvorbereitungen zu regeln. Kurt Bertram sah den Friedländer erst später wieder und, wie es scheint, unter ziemlich mißlichen Umständen. In Prag, als er dem Gefürchteten eine Vorstellung zu überreichen hatte, fuhr ihn dieser an: »Ich werde schiefericht (etwa das, was wir heute »nervös« nennen würden), wenn ich solche Schriften sehe«, und im Juni 1628 berichtete Pfuel von Frankfurt a. O. nach Berlin: »er habe den General nicht sprechen können, denn dieser habe just seinen Schiefer gehabt und nicht nur kurz vorher den Secretair, den Kammerdiener und Edelknaben abprügeln lassen, sondern auch das Glockenläuten verboten und zugleich befohlen, alle Hunde von der Gasse zu schaffen«. Diese Missionen, wie wir hieraus genugsam ersehen können, waren verantwortungsvoller Natur und forderten ihren Mann.
Kurt Bertram, dessen Bruder (Adam) und Neffe (Georg Adam) direkt in schwedischen Diensten standen, gehörte selbstverständlich der Anti-Schwarzenbergschen Partei zu. Schwarzenbergs Einfluß setzte es schließlich durch, daß Kurt Bertram seiner Ämter enthoben und seine Güter eingezogen wurden. Nach dem Tode Kurfürst George Wilhelms aber wendete sich das Blatt; er erhielt seine Güter zurück und wurde ausersehn, den Adam Schwarzenberg gefangenzunehmen. Später kaufte er sich in Sachsen an und wurde, durch weitere Verzweigung, der Stammvater der noch blühenden württembergschen Linie. Das Bild Kurt Bertrams befindet sich in Jahnsfelde. Er ist ein schöner Mann, blühend, noch jung, voll klugen und energischen Ausdrucks. Seine Tracht, in Koller und Klapphut, ist im wesentlichen die eines schwedischen Kriegsobersten.
Was der Jahnsfelder Portraitgalerie einen Reiz verleiht und ihr unterscheidendes Merkmal bildet, ist, daß sie das Frostige eines sogenannten »Ahnensaals« vermeidet. Man steigt nicht erst treppauf, man zieht nicht erst die verschossenen Gardinen zurück, man sorgt nicht erst, abstaubend und Fenster öffnend, für Luft und Licht, in Jahnsfelde lebt man mitten unter ihnen. Diese alten Herren in Rüstung oder Perücke, hier sind sie nicht zu steifer Repräsentation da, sind nicht Fremde am eigenen Herde, nein, man hat sich häuslich-familiär mit ihnen eingerichtet, kennt sie und liebt sie. Ein täglicher Verkehr hat Platz gegriffen zwischen denen, die waren, und zwischen denen, die sind; Ältestes und Neustes reichen sich die Hand, und wie ein ununterbrochener Strom wandert das Leben weiter von Geschlecht zu Geschlecht. Wohl mahnen auch hier die Bilder berühmter Ahnen an das Vergängliche alles Irdischen, aber sie predigen zugleich auch den Sieg des Geistes über den Leib und entfalten still die Fahne, auf der als Zuruf und Richtschnur das Dichterwort geschrieben steht:
»Und ein berühmter Name nach dem Tode!«