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Und welchen Gott so reich bedacht
Daß er ein Held ist in der Schlacht Und hat dazu ein gläubig Herz, Dem kann man trauen allerwärts. |
Otto Roquette |
Kunersdorf ist Nachbargut von Kloster Friedland und gehört, wie dieses, der Itzenplitzischen Familie an. Es ist zunächst, ohne seinem eignen Ruhme zu nahe treten zu wollen, nicht zu verwechseln mit dem berühmteren Schlachten-Kunersdorf (zum Unterschied gewöhnlich mit einem K geschrieben [Heute werden beide Namen mit K geschrieben; Fontane schrieb noch Cunersdorf]), das, weiter östlich, eine halbe Meile jenseits Frankfurt gelegen ist, während unser Kunersdorf diesseits der Oder, zwischen Wriezen und Seelow liegt.
Um über Kunersdorf zu schreiben, ist es nötig, noch einmal auf Kloster Friedland und das Jahr 1763 zurückzugehen, in welchem Jahre – wie schon früher hervorgehoben – die bis dahin Markgraf Karlschen Güter Quilitz und Friedland an die Krone zurückfielen. Sie blieben aber, um auch das zu wiederholen, nicht lange bei der Krone, indem der König, im selben Jahre noch, beide Güter als Dotationsgüter an zwei seiner Lieblingsoffiziere verlieh. Quilitz schenkte er an den damaligen Obristlieutenant von Prittwitz; Friedland erhielt der Major (oder Obristlieutenant) von Lestwitz. Und noch einmal sei hier das Wort zitiert: » Prittwitz a sauvé le roi, Lestwitz a sauvé l'état.«
Lestwitz besaß nun Friedland. Wie aber kam er zu Kunersdorf? Das geschah so.
Lestwitz war in Zweifel darüber, ob er Friedland als Lehn oder als Allod erhalten habe, und scheute sich doch, bei dem Könige deshalb anzufragen. War es Lehn, so fiel es, da er keinen Sohn hatte, nach seinem Tode an die Krone zurück. In dieser Verlegenheit – einerseits von dem lebhaften Wunsche erfüllt, seiner einzigen Tochter ein Gut als Erbe zu hinterlassen, und andererseits von der berechtigten Vorstellung ausgehend, daß es mißlich sei, ohne ausdrückliche Erklärung des Königs, Friedland als Allodium und freien Besitz anzusehen – entschied er sich dafür, das benachbarte, vormals von Barfussche Gut Kunersdorf anzukaufen und sich dadurch in die Lage zu bringen, seiner Tochter, wie immer späterhin auch die Ansicht des Königs sich herausstellen möge, jedenfalls einen Landbesitz hinterlassen zu können. Er kaufte also Kunersdorf.
Bald darauf sah Lestwitz die Notwendigkeit ein, sich auf einem seiner Güter standesgemäß einzurichten, daß heißt ein Schloß zu bauen. Da ihm der dauernde Besitz Friedlands, dauernd über seine eigene Lebenszeit hinaus, immer noch zweifelhaft war, so entschied er sich selbstverständlich dafür, das Schloß in dem neu erworbenen Kunersdorf In Kunersdorf war zwar, noch aus der Barfus-Zeit her, ein Herrenhaus, aber weder geräumig genug noch standesgemäß in seiner Einrichtung. Dies alte Barfussche Herrenhaus existiert noch (es steht dem Schloß gegenüber) und veranschaulicht sehr gut, wie der Adel vor 200 Jahren lebte. aufführen zu lassen. Als der Bau halb fertig war, kam der König auf einer seiner Inspektionsreisen des Weges. » Lestwitz, warum baut Er denn in Kunersdorf und nicht in Friedland?« Jetzt war der Moment der Erklärung gekommen. Lestwitz antwortete, daß er keine Söhne und nur eine Tochter habe und davon ausgegangen sei, daß Friedland nach seinem (Lestwitz') Tode an den König zurückfallen werde. »Ich weiß ja, daß Er keine Söhne hat«, antwortete der König gnädig, » es soll alles Seiner Tochter verbleiben.«
So kamen Kunersdorf und Friedland an die Familie Lestwitz, Friedland als freier Besitz aus Königs Hand, Kunersdorf durch Kauf. Friedland, das einst eine glänzende Zeit gehabt hatte, verlor mehr und mehr. Nur Kirchdorf blieb es. In Schloß Kunersdorf aber lebten die Lestwitze und nach ihnen die Itzenplitze, von denen beiden ich in nachstehendem zu erzählen haben werde.