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Der 6. November 1730
Der nächste Morgen war für die Hinrichtung bestimmt. Eine Relation des Majors von Schack, die derselbe dienstlich an den Feldmarschall von Natzmer richtete, enthält eine genaue Schilderung aller Vorgänge von dem Augenblick an, wo Katte am 5. nachmittags am Küstriner Tore eintraf. Es ist aus dieser Relation, daß ich nachstehendes entnehme.
»... Als wir um zwei Uhr«, so schreibt von Schack, »an das Tor kamen, fanden wir daselbst den Kommandanten. Er hielt uns an und ließ uns aussteigen. Danach nahm er den seligen Herrn von Katt bei der Hand und führte ihn die Treppe zum Wall hinauf, allwo über dem Tor« (es ist das Tor zwischen Bastion König und Bastion Königin; vergleiche die Festungsskizze) »eine Stube mit zwei Betten, eines für Katt und das andere für den Feldprediger, präparieret war. Der Kommandant sagte mir danach, daß wir den Herrn von Katt auch an dieser Stelle noch in Verwahrung zu halten hätten, und zeigte mir die Punkte, wo unsre Posten am besten auszusetzen wären. Gleicherzeit wies er mir die königliche Ordre, aus der ich ersah, daß die Hinrichtung am andern Morgen um sieben Uhr stattfinden und mein ganzes Kommando (aber zu Fuß) den Herrn von Katt in einen durch 150 Mann von der Küstriner Garnison zu bildenden Kreis hineinführen solle.
Als ich alles dieses erfahren, ging ich zu dem seligen Herrn von Katt, nicht ohne Wehmut und Betrübnis des Herzens, und sagte ihm, ›daß sein Ende näher sei, als er vielleicht vermute‹. Er fragte auch unerschrocken, ›wann und um welche Zeit?‹ Da ich ihm solches hinterbracht, antwortete er mir: ›Es ist mir lieb; je eher, je lieber.‹
Darauf hat ihm der Gouverneur von Lepel Essen, Wein und Bier geschickt, wovon er auch gegessen und getrunken.
Etwas später schickte der Herr Präsident von Münchow auch Essen und ungarischen Wein, wovon er auch genossen. Dann aber nahm unser Feldprediger Müller den dasigen Garnisonprediger Besser mit zur Hülfe und blieb in beständiger Arbeit mit ihm. Von acht bis neun Uhr war ich mit den anderen Offiziers bei ihm, und wir sangen und beteten mit. Weil aber die Prediger gern mit ihm allein sein wollten, gingen wir weg. Um zehn Uhr ließ man ihm Kaffee machen, davon er nachgehende drei Tassen getrunken; meinen Kerl (Burschen) ließ ich die ganze Nacht bei ihm, ihm an die Hand zu gehen.
Um elf Uhr ging ich wieder zu ihm; ich konnte nicht schlafen; aber wenn ich noch so bekümmert und beängstet war und sah ihn nur, so richtete und munterte seine Standhaftigkeit mich wieder auf. Und ich betete und sang mit bis um ein Uhr morgens. Von zwei bis drei Uhr sah man an der Couleur des Gesichts wohl einen harten Kampf des Fleisches und Blutes. Um diese Zeit hat der Prediger ihn gebeten, sich ein wenig aufs Bette zu legen, um für sein Gemüt neue Kräfte zu erlangen, welches er auch getan und von drei bis fünf Uhr geschlafen, wo ihn das Ablösen des Postens aufgewecket. Darauf er kommunizieret. Wie das vorbei, ging ich wieder zu ihm. Da sagte er mir, sein Zeug, so er bei sich hätte, sollte mein Kerl haben, seine Bibel schenkte er dem Korporal, welcher sehr fleißig mit ihm gesungen und gebetet, insonderheit das oben benannte Lied, sooft er ohne den Prediger allein gewesen.
Wie kurz vor sieben das Kommando der Gensdarmes da war, fragte er mich: ›ob es Zeit wäre‹. Wie ich solches mit Ja beantwortet, nahm er Abschied von mir, ging hinaus, und das Kommando nahm ihn in die Mitte; der eine Prediger ging zur Rechten, der andre zur Linken und beteten und sprachen ihm immer vor. Er ging ganz frei und munter, den Hut unter dem Arm, nicht gezwungen noch affektiert, sondern ganz naturell weg.
Er war ein paar hundert Schritte längs dem Wall geführet und waren die Zugänge des Walles militärisch besetzt, so daß wenig Menschen oben waren. Im Kreise ward ihm nochmals die Sentenz vorgelesen, ich kann aber hoch versichern, daß ich vor Betrübnis nichts gehöret habe, und wußt auch nicht drei Worte zusammenzubringen. Bei Vorlesung der Sentenz stund er ganz frei; wie solches vorbei, fragte er nach den Offiziers von den Gensdarmes, ging ihnen entgegen und nahm Abschied. Hernach ward er eingesegnet. Darauf gab er die Perruque an meinen Kerl, der ihm eine Mütze darreichte, ließ sich den Rock ausziehen und die Halsbinde aufmachen, riß sich selbst das Hemd herunter, ganz frei und munter, als wenn er sich sonsten zu einer sérieusen Affaire präparieren sollen, ging hin, kniete auf den Sand nieder, rückte sich die Mütze in die Augen und fing laut selbst an zu beten: ›Herr Jesu! dir leb ich‹ etc. Weil er aber meinem Kerl gesagt, er sollt ihm die Augen verbinden, sich aber hernach resolvieret, die Mütze in die Augen zu ziehen, so wollte der Kerl, der schrecklich konsternieret, ihm immer noch die Augen verbinden, bis von Katt ihm mit der Hand winkte und den Kopf schüttelte.
Darauf fing er nochmalen an zu beten: ›Herr Jesu!‹, welches noch nicht aus war, so flog der Kopf weg, welchen mein Kerl aufnahm und wieder an seinen Ort setzte.
Seine présence d'esprit bis auf die letzte Minute kann nicht genug admirieren. Seine Standhaftigkeit und Unerschrockenheit werde mein Tage nicht vergessen, und durch seine Zubereitung zum Tode habe vieles gelernet, so noch weniger zu vergessen wünsche.«
Außer dieser Relation des Majors von Schack liegt auch ein Bericht des Garnisonpredigers Besser vor, der, wie vorerwähnt, in Assistenz des Feldpredigers Müller, den von Katt auf seinem letzten Gange begleitete. Auf die Angaben dieser beiden »Augenzeugen« (von Schack und Besser) werden wir auch in der Folge bei Lösung schwebender Fragen in allen Hauptpunkten angewiesen sein. Alles andere steht erst in zweiter Reihe. Hier zunächst der Schluß des Besserschen Berichts im Wortlaut.
»... So trat er seinen letzten Gang zum Vater an mit solcher freimütigen Herzhaftigkeit, die jeder bewundern mußte. Seine Augen waren meistens zu Gott gerichtet und wir erhielten sein Herz unterwegens immer himmelwärts durch Vorhaltung der Exempel solcher, die im Herrn verschieden, als des Sohnes Gottes selbst und des Sankt Stephanus wie auch des Schächers am Kreuz, bis wir uns unter solchen Reden dem hiesigen Schlosse näherten. An andern, die solchen Gang gehen, habe ich sonst wohl Alteration und Betrübnis ihrer Sinne gemerket, wenn sie dem entsetzlichen Gerichtsplatz nahe kamen, daß ihnen auch öfters der freudige Mut entfallen ist. Ich hatte daher auch meine Obacht, ob der Wohlselige auch etwa eine verborgene Hoffnung in seinem Herzen hege wegen Linderung seines auszustehenden Urteils, wenn solche aber fehlschlagen möchte, daß ja nicht Kleinmütigkeit und schüchterne Blödigkeit entständen. Allein Gott sei gedanket, der ihn mit seinem Freudengeist in seiner letzten Stunde stärkte und unsträflich behielt. Er erblickte endlich, nach langem sehnlichen Umhersehen, seinen geliebtesten Jonathan, Ihro Königliche Hoheit den Kronprinzen, am Fenster des Schlosses, von selbigem er mit höflichen und verbindlichen Worten in französischer Sprache Abschied nahm, mit nicht geringer Wehmut. »Mon cher Katte«, rief ihm der Kronprinz zu, nachdem er ihm mit der Hand einen Kuß zugeworfen, »je vous demande mille pardons.« Worauf Katte mit Reverenz antwortete: »Point de pardon, mon prince; je meurs avec mille plaisirs pour vous.« Er hörte ferner seine abgefaßte Todessentenz durch den Herrn Geheimrat Gerbett unerschrocken vorlesen. Da solche geendiget, nahm er vollends Abschied von denen Herren Offiziers, besonders von dem von Asseburg, von Holzendorf, und dem ganzen Kreise, empfing die letzte Absolution und die priesterliche Einsegnung mit großer Devotion, entkleidete sich selber bis aufs Hemd, entblößte sich den Hals, nahm seine Haartour vom Haupte, bedeckte sich mit einer weißen Mütze, welche er zuvor zu dem Ende bei sich gesteckt hatte, kniete nieder auf den Sandhaufen und rief: ›Herr Jesu, nimm meinen Geist auf!‹ Und als er solchergestalt seine Seele in die Hände seines Vaters befohlen, ward das erlösete Haupt mit einem glücklich geratenen Streich durch die Hand und Schwert des Scharfrichters Coblentz vom Leibe abgesondert; ein Viertel auf acht Uhr, den 6. November 1730. Dabei mir einfiel, was stehet 2. Makkabäer 7, Vers 40: ›Also ist dieser fein dahingestorben und hat seinen Trost allein auf Gott gestellt.‹ Ich nahm ferner nichts mehr wahr als einige Zuckungen des Körpers, so vom frischen Geblüt und Leben herrührten. Wenig zusammengelaufene Leute sah man außer dem Kreise, auf dem Walle und in denen Fenstern, und noch weniger von Extraktion waren zugegen, weil viele teils solches nicht geglaubet, teils nicht gewußt, teils es anzusehen Bedenken getragen.
Der Körper und Haupt ward mit einem schwarzen Tuch bedecket, bis er von denen besten und vornehmsten Bürgern dieser Stadt aufgehoben, in einen beschlagenen Sarg geleget und auf hiesigem Gottesacker in der sogenannten ›Kurzen Vorstadt‹ neben einen andern Offizier von hiesiger Garnison, so nicht lange vorher beerdigt ward, eingesenket wurde. Nachmittags um zwei Uhr.«
Dieser Gottesacker, vom »Hohen Kavalier« aus sichtbar, liegt in erheblicher Entfernung von der Stadt, jenseits der Warthe. Hier ruhte der Tote, bis der Familie zugestanden war, ihn wieder ausgraben und auf dem Rittergute Wust, in der Nähe von Jerichow, bestatten zu lassen. Wann dies geschah, ist nicht bestimmt ersichtlich. Der Sarg aber wurde nach dem genannten Gute (Wust) hinübergeführt und steht daselbst bis diesen Tag in der Familiengruft der Kattes.
Über diese Gruft selbst habe ich an anderer Stelle berichtet.
Wo stand Kronprinz Friedrich?
Wo fiel Kattes Haupt?
Diese Fragen, hundertfältig erhoben, sind bis in die neueste Zeit hinein keineswegs auch nur mit annähernder Sicherheit beantwortet worden. Erst Divisionsprediger Hoffbauer zu Küstrin ist in einer 1867 erschienenen Publikation diesen zwei Fragen gründlich nähergetreten, gründlicher als irgendwer vor ihm, und glaubt, auf die Frage 1: »Wo stand der Kronprinz?«, eine fast absolut richtige, auf die Frage 2 aber: »Wo fiel Kattes Haupt?«, eine wenigstens mit hoher Wahrscheinlichkeit richtige Antwort gefunden zu haben.
Wo stand der Kronprinz? An dem letzten Hochparterrefenster der Schloßfront, wenn man von Bastion König auf Bastion Brandenburg zuschreitet. Diese große »Front des Schlosses«, immer am Wasser hin, ist aber ein ziemlich kompliziertes Ding und besteht aus einer eigentlichen und uneigentlichen Front. Die eigentliche Front gehört dem corps de logis an. Und in dieser eigentlichen Front oder dem corps de logis befindet sich das historische Fenster nicht.
An das corps de logis lehnt sich indessen rechtwinkelig noch ein architektonisch unvermittelter Seitenflügel, dessen Giebel nunmehr den Eindruck macht, als gehöre er mit in die große Wall- und Wasserfront des Schlosses hinein. Dieser Eindruck würde noch entschiedener sein, wenn erwähnter Seitenflügelgiebel nicht um ein paar Schritte zurückträte, so daß wir, in ein paar Linien ausgedrückt, nebenstehendes Bild gewinnen.
An der offengelassenen und mit einem F. (Fenster) bezeichneten Stelle dieses Seitenflügelgiebels oder, was dasselbe sagen will, dieses uneigentlichen Teiles der gesamten Schloßfront stand der Kronprinz.
Dafür, daß es gerade dieses Zimmer und kein anderes war, sprechen – neben der in Küstrin lebendig gebliebenen Tradition – einerseits die Angaben des Generals von Münchow ( Sohnes des vorgenannten Kammerpräsidenten), der als etwa siebenjähriger Knabe jene Schreckenstage miterlebte, andererseits, wenn auch nur mittelbar, die Worte des Prediger Besserschen Berichtes: »Er erblickte endlich, nach langem sehnlichen Umhersehen, seinen geliebtesten Jonathan am Fenster des Schlosses.« Hieraus ergibt sich mit einiger Gewißheit daß er an einem der letzten Fenster gestanden haben muß. Es war aber das allerletzte.
Das Zimmer selbst wurde später in eine Kasernenstube, noch später, unter Hinzulegung eines Nachbarraumes, in den Offizierspeisesaal der Küstriner Garnison verwandelt.
Jetzt ist es Casinosaal. Eine Inschrift fehlt ihm noch. Dafür aber ist als historisches Erinnerungsstück ein aus der Neudammschen Mühle stammender Lehnstuhl aufgestellt worden, derselbe, auf dem König Friedrich, achtundzwanzig Jahre später, die Nacht vor der Schlacht bei Zorndorf zubrachte.
Wo fiel Kattes Haupt?
Diese Frage bietet viel größere Schwierigkeiten, denn es streiten sich sieben Plätze darum. Ich schicke auch hier ein Bild der Lokalität voraus. Es ist dasselbe wie das schon vorstehend gegebene, nur erweitert.
Weißkopf: Etwas über mannshoher Unterbau eines ehemaligen Rundturmes. Auf demselben jetzt ein Pavillon. – Steinwürfel: Nicht mehr vorhanden. Befand sich unmittelbar rechts neben einer von der Stadt beziehungsweise von der »Mühlenpforte« her auf den Wall hinaufführenden Treppe. – Mühlenpforte: Läuft noch jetzt unter dem Wallgang hin und von der Stadt auf den Fluß zu. Ein gewölbtes Tor. Ein Tunnel. Hat Bedeutung für die Ortsbestimmung. – Kanzlei: Hart am Wall gelegenes Haus, aber noch innerhalb der Stadt. Seine oberen Stockwerke ermöglichten »von denen Fenstern« aus, von denen der Bessersche Bericht spricht, einen bequemen Blick auf den Wall. Jetzt stehen da, wo 1730 die » Kanzlei« stand, das »Blockhaus« (Gefängnis) und das Salzmagazin. – F.: Fenster, wo der Kronprinz stand. – † v. K.: Stelle, wo (nach Hoffbauer) Kattes Haupt fiel.
Nach dieser Lokalbeschreibung lasse ich nunmehr die sieben rivalisierenden Plätze beziehungsweise Hypothesen folgen:
1. Die Hinrichtung fand statt an der Stelle, wo jetzt der »Weißkopf« steht.
2. Die Hinrichtung fand auf dem »Weißkopf« statt, und zwar auf dem zum Schafott hergerichteten Turmunterbau, der damals (1730) noch keinen Pavillon trug.
3. Die Hinrichtung fand statt auf dem schmalen Raume, der zwischen dem »Weißkopf« und dem »historischen Fenster« liegt.
4. Die Hinrichtung fand statt auf einem »innerhalb des Festungs- oder Schloßhofes errichteten schwarzen Schafott«. So schreiben Pöllnitz und die Markgräfin.
5. Die Hinrichtung fand statt auf dem Hof von Bastion Brandenburg.
6. Die Hinrichtung fand statt (von der Stadt aus gerechnet) rechts neben der Treppe, die von der Mühlenpforte aus auf den Wallgang hinaufführt. Also da, wo früher der Steinwürfel stand.
7. Die Hinrichtung fand statt links neben der ebengenannten Treppe, unmittelbar – wieder von der Stadt aus gerechnet – hinter der »Kanzlei«, an der mit † v. K. bezeichneten Stelle.
Die vier ersten Ansprüche sind leicht zu beseitigen.
Ad 1. Von einer bloßen Weißkopf- Stelle zu sprechen ist untunlich. Der Weißkopf stand dort schon 150 Jahre, als die Hinrichtung stattfand.
Ad 2. Von einem Schafott auf dem Weißkopf kann ebensowenig die Rede sein, denn von Schack erzählt: »Er kniete auf einen Sandhaufen nieder.« Also nichts von Schafott.
Ad 3. Der Raum zwischen »Weißkopf« und »historischem Fenster« hat nur ungefähr sechs Schritt im Durchmesser und bot keinen Raum zur Aufstellung von 200 Menschen. Auch hätte der Prinz den Hergang nicht vor dem Auge gehabt, sondern auf diesen Hergang von oben her hinuntersehen müssen, wie in einen Topf hinein.
Ad 4. »Schloßhof« und »mit schwarzem Tuch ausgeschlagenes Schafott« ist ganz unstichhaltig und konnte nur von Personen aufgestellt werden, die, wie Pöllnitz und die Markgräfin, die Lokalität nie gesehen hatten.
Ad 5. und 6. räumt Prediger Hoffbauer ein, daß beide Hypothesen etwas für sich haben, ist aber nichtsdestoweniger der Ansicht, daß nur seiner
Ad 7. angegebenen Stelle († v. K.) alle gleichzeitigen Angaben, will sagen die Angaben Major von Schacks, Prediger Bessers, General von Münchows und Konrektor Georg Thiemes, unterstützend zur Seite stehen. Und zwar ist diese unter 7. näher bezeichnete Stelle:
erstens von dem »historischen Fenster« aus sichtbar; bietet
zweitens Raum genug zur Kreisaufstellung von 200 Mann; liegt
drittens ungefähr dreißig bis fünfzig Schritt, wie von Münchow schreibt, hinter dem »historischen Fenster«; und liegt
viertens, wie die handschriftlichen Aufsätze Georg Thiemes angeben, unmittelbar »hinter der Kanzlei«.
Niemand, der sich mit dieser Frage längere Zeit beschäftigt und gleichzeitig, was ganz unerläßlich, in Küstrin selbst Kenntnis von der Lokalität genommen hat, wird der Hoffbauerschen Beweisführung Gründlichkeit und Berücksichtigung aller in Betracht kommenden Punkte absprechen können. Dennoch bin ich persönlich geneigt, mich mehr für Annahme 5, will sagen für »Bastion Brandenburg«, zu erklären. Allerdings beträgt die Entfernung bis dahin nicht dreißig oder fünfzig, sondern achtzig Schritt, aber auch »Bastion Brandenburg« liegt noch »hinter der Kanzlei«, und jedenfalls war nur hier Raum und Gelegenheit zu bequemer Aufstellung von 200 Mann gegeben. Dies ist nicht unwichtig, denn der von Hoffbauer bevorzugte Platz 7 ist noch immer sehr eng und zu solcher Aufstellung nur gerade notdürftig ausreichend.
Unter allen Umständen bleibt die Wahl nur zwischen 5, 6 und 7 oder irgendeinem anderen zwischen dem Kreuz († v. K.) und »Bastion Brandenburg« gelegenen Punkt.
Und so darf man denn, wie eingangs bemerkt, auch diese Frage als wenigstens annähernd entschieden ansehen. Absolute Sicherheit wird freilich auch dann nicht gewonnen werden, wenn das Staatsarchiv die den Katte-Prozeß behandelnden Aktenstücke jemals zu freier und ganzer Verfügung stellen sollte. Denn Lokalfragen pflegen in amtlichen Verhandlungen, wenn nicht die Lokalität selbst den Gegenstand des Prozesses bildet, immer als etwas Nebensächliches angesehen zu werden.