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»Tapferster Führer der Heere.
Hoch als Gesetzbegründer berühmt; mit dem Arm und dem Rate treuer Wahrer des Vaterlands, nicht aber des Glaubens, Abgefallen von Gott, doch getreu bis zum Tode dem Reiche.«
Prudentius, christlicher Dichter des V. Jahrhunderts.
Wo der Rheinstrom, der gewaltige, an Breite fast einem See vergleichbar, sich oberhalb der Batavischen Insel in zwei Arme spaltet, da saßen damals auf beiden Ufern in dem von Urwald und Ursumpf durchzogenen Lande die salischen Franken, jene Bataver, die dereinst unter Claudius Civilis sich in dem Freiheitskampf gegen Rom erhoben hatten, einen Hauptbestandteil gestellt zu dieser Gruppe von Völkern, die sich seit vier, fünf Menschenaltern unter jenem Namen der »Freien« zusammengeschlossen.
Auf dem batavischen Eiland, ziemlich nahe der Abzweigung des »Rheines«, das heißt des nördlichen Armes von dem südlichen: der »Waal«, krönte, einen Pfeilschuß weit von dem Strom, den höchsten Hügel das stattliche Gehöft eines Gaukönigs.
Einige Zeit bevor der neue Cäsar auszog, in dem unbekannten Lande eine unbekannte Aufgabe zu lösen, war in der Halle dieses Königshofes eine Anzahl von Gaukönigen und Edelingen der salfränkischen Völkerschaften zur Beratung versammelt, aber auch weither gereiste Gäste – aus anderen Germanenstämmen – waren erschienen.
Den Hochsitz nahm der Herr des Hauses ein, der greise König Nebisgast, dem das in einer breiten Woge bis auf die Schultern wallende silberweiße Haar und der lange gleichfarbige Bart hochehrwürdiges Aussehen gaben. Da sein Augenlicht schwach war, half ihm sein auf der Bank gegenübersitzender Sohn, wenn der Alte mit unsicherer Hand nach dem Becher auf dem Rundtisch tastete. Liebevoll folgte des jungen Mannes Auge jeder Bewegung des Vaters.
Die andern Fürsten, die Gäste, saßen auf den halbkreisförmigen Bänken, die rings um den Trinktisch gereiht waren; die aufwartenden Knechte waren entlassen, denn wichtige Beschlüsse sollten nunmehr gefaßt werden.
Den Ehrenplatz zur Rechten des Hauswirtes erfüllte eine riesige Gestalt, ein gewaltiger Mann von etwa vierzig Jahren, von dessen Mantel, dem schwarzen Fell des Urstieres, der brandrote Rauschebart sich grell abhob. Der Eichentisch dröhnte, als der Riese den schweren, in Erz getriebenen, doppelhenkeligen Mischkrug darauf niederschlug. »Bei Tius und beim roten Donar«, rief er, »schenk wieder ein, Merowech. Zu winzig ist der Walen größter Krug für alemannischen Durst.«
Der Königssohn lächelte, wie er mit dem leergetrunkenen hohen Krug aus einem weitbauchigen Tongefäß, das auf dem Estrich stand, den stark, ja streng duftenden, tief dunkelroten Wein schöpfte: »Und doch, König Chnodomar, diente dies, dein Becherlein da, dem Imperator Constantin als gewaltigster Mischkrug. Darin ward der Wein mit Wasser gemischt für neun Gäste.«
»Bah, waren eben Walen, wenige Wichte, leibarme Lotter«, rief der Alemanne, den mächtigen Krug wieder mit beiden Händen zu dem bärtigen Munde führend. »Aber guten Haustrunk führst du, Bataver! Wo hast ihn her?« – »Der Imperator Constantius sandte ihn dem Vater – zugleich mit mir, als er mich freigab.« – »Wie lange«, fragte der Gast, der neben Chnodomar saß – der suebische auf dem Oberhaupt zusammengeknotete Haarwirbel bezeichnete auch ihn als Alemannen –, »wie lange, Merowech, warst du gefangen bei den Römern?« – »Nicht doch gefangen, König Ur«, erwiderte da der Vater des Gefragten unwillig. »Von freien Stücken gab ich den Knaben – fünfzehn Jahre zählte er – dem großen Constantinus hin als Unterpfand des Friedens. Dieser Friede allein rettete mein Volk. Allbezwingend stand der Augustus in meinem Gau; jeder Widerstand war unmöglich, ausmorden hätten uns die Legionen können in wenigen Tagen. Der Friede ward uns gewährt gegen Vergeiselung von einigen Söhnen der Edlen und – von des Königs Sohn. Ich gab ihn hin, den blondgelockten. Ich entbehrte seither des Sonnenstrahls in der Halle. Meine Augen wurden trüb, und die Mutter hat ihn nicht mehr wieder hereinhüpfen sehen über die Schwelle. Aber dieser Preis hat meinem Volke den Frieden erkauft, den unentbehrlichen, für fast zwanzig Jahre. Wir Bataver hatten Ruhe, während all unsere Nachbarn, die zur Unzeit wider den großen Imperator sich erhoben, unter den Schwertern der Übermacht bluteten. All diese Jahre hab ich den einzigen Sohn vermißt, wie einen Toten. Erst seit kurzem hab ich ihn wieder.« Und er weidete die müden Augen an dem Anblick der jungen Heldengestalt.
»Nun«, lachte Chnodomar, tief in den Mischkrug blickend, »er ist ihm aber gut bekommen, dieser römische Tod, dem Buben. Der schlaue Fuchs, Constantius, den du den großen Imperator nennst – möge er zwischen Schwertern und Schlangen im Eisstrom Hels sich wälzen –, hat ihn erziehen lassen mit vornehmsten Edelingen seines Reichs. Latein und Griechisch hat er gelernt und die Bücher von dem gekreuzigten Sohn Allvaters und, wie man sagt, alle Geheimlehren der Zauberer Ägyptens. Zum Priester eines ägyptischen Gottes ward er geweiht, und einen ägyptischen Namen hat er deshalb geführt; wie klang's doch noch?« – »Serapio heiß ich den Römern, nach Serapis, dem größten Gotte der Ägypter.« – »Ja, er lernte auch dessen Weihen und Geheimnisse«, sprach der Vater mit Stolz. »Aber ein batavischer, ein salischer Held ist er geblieben«, rief ein Graubart, der neben dem Königssohne saß, und schlug ihn auf die Schulter. »›Merowech‹ haben wir dich nach einem großen Ahnen, nach des Claudius Civilis Sohn, genannt bei der Wasserweihe, der Namensgebung. Nach jenem Merowech, der, des sterbenden Vaters Auftrag gemäß, die zersplitterten Gaue unserer Völkerschaften zusammenschloß unter dem großen Namen der ›Franken‹, anfangs geheim, den lauernden Römern verborgen, bis endlich – vor einem Großhundert von Wintern etwa – der fünfte Sproß von jenem Merowech der Franken Namen laut verkündete; und hell wie Donnerkrach fuhr er bis Rom!« – »Ja, 's ist richtig«, bestätigte der alte König, nachrechnend. »Ich bin im achten Glied, mein Merowech im neunten verenkelt jenem Claudius Civilis.« – »Wir Sugambern«, fuhr der Graubärtige fort, und sein blaues Auge blitzte mit noch jugendlichem Feuer, »wir vor allen Söhnen Wodans haben den ältesten Span mit Rom: Unsere Ahnen zuerst hat Rom auseinandergerissen, einen Teil vertrieben, den andern hierher verpflanzt, mit Gewalt, aus der alten Heimat und verknechtet; aber die Rache verjährt nicht. Und darum sage ich: Ihr Könige der Franken, tut nach dem Vorschlag der eberkühnen Alemannen! Seht diesen König Chnodomar: dem Donnergotte gleicht er, seinem Ahn. Schon haben sie halb Gallien erobert. Brecht den Frieden, den Rom uns aufgezwungen, schließt Bündnis mit den Alemannen und teilt euch mit ihnen in das gallische Land. Tot liegt lange schon der Imperator Constantin, vor dem euch so bangte. Schwache Hände nahmen ihn auf, seinen goldnen Stab. An der Donau mit den Jazygen, fern in Asien mit den Persern kämpfen die Legionen. Das Land vom Rhein bis an die Loire liegt schutzlos; es gehört dem Starken. Greift zu! Siegvater will's euch schenken.« Und er hob das Wisenthorn, das, auf silbernem Fußgestell ruhend, vor ihm stand, und tat einen tiefen Zug.
»Nicht also, Mälo, Mälfrids Sohn«, begann sein Nachbar zur Linken, den Kopf mit dem schwarzbraunen kurzkrausigen Gelock schüttelnd. »Ich warne! Wie oft haben – nicht wir freilich – aber unsere Nachbarn im Norden und Osten, den Frieden gebrochen, den sie mit Rom geschlossen. Plündernd und raubend brachen sie ein, der blinden Gier folgend. Aber kurz war jedesmal die Freude! Mochten die Räuber im Anfang mit Glück geheert haben, alsbald kamen immer wieder die Legionen unter ihren Adlern, den unbezwinglichen . . .« – »Die sind jetzt abgeschafft«, warf Merowech kurz dazwischen. »Und unter unbesiegbaren Feldherren.« – »Hohohohoh«, lachte Chnodomar, daß die Halle dröhnte. »Nun, schließlich sind sie doch noch immer Sieger geblieben, die Cäsaren. Und« – hier stieg ihm heiß das Blut in das Antlitz – »eins vergeßt ihr immer, ihr Ungestümen. Ihr sitzt in euren Wäldern und Sümpfen, ihr andern, ihr . . .« – »Ihr Barbaren, willst du sagen«, ergänzte Merowech ruhig. »Ihr Ärmeren, darf ich sagen. Rücken die Kohorten heran, den so oft wiederholten Treuebruch zu strafen, ihr weicht in Wald und Sumpf . . .« – »Wohin der Legionär nicht gern nachdringt«, lachte Mälo. »Weiber, Kinder, Vieh und die geringwertige Fahrnis nehmt ihr mit in den meilentiefen Wald. Wenig schadet's euch, wirft der Centurio die Fackel in das leere Holzgehöft. Bald zieht der Südling ab, weichend vor den kalten Regenschauern eures Herbstes schon, und derselbe Wald, dessen Versteck und Verhau euch Zuflucht geboten, bietet euch die Balken, das neue Gehöft emporzuzimmern. Wir aber, wir haben etwas zu verlieren zu Köln an unsern schönen römischen Steinhäusern, an unserer reichen Habe . . .« – »Und an Wohlleben. Aber nicht an Freiheit, die habt ihr längst verloren«, lachte Chnodomar. »Freiheit!« meinte achselzuckend der Ubier. »Ihr habt die Freiheit, zu darben und zu frieren.« – »Und zu leben, wie wir wollen«, rief Mälo. »Oder vielmehr: wie wir müssen«, sprach Merowech nachdrucksam. »Nach unseres Stammes, unserer Ahnen uns vererbter, uns unsagbar teurer Art. Freiheit ist, meine ich«, schloß er nachdenklich, »seine Eigenart ausleben zu können. Die Gallier sind zu Römern geworden. Und ihr zum Teil.« – »Ist Römerart schlechter? Meine Mutter war Römerin.« – »Meine nicht, Dank den Göttern.« – »Was will das sagen?« fuhr der Ubier hitzig auf, die Hand am Schwert. »Das soll sagen, o Spurius«, erwiderte Merowech gelassen: »Die Fehler meines Volkes sind mir lieber als die Vorzüge der Fremden. Ich habe in diesen achtzehn Jahren gar vieler Völker Söhne und Sitten gesehen zu Rom, zu Byzanz, zu Antiochia, zu Alexandria; nichts fand ich, was mir besser gefiel als Germanenart. Klüger sind manche, nicht edler und nicht stärker. Die Welt aber gehört nicht den Schlauesten: den Stärksten und den Edelsten. Und das sind wir.« – »Heilo!« rief Chnodomar und trank ihm zu. »Der kann reden wie fechten. Er führt das Wort wie den Speer.« – »Denken kann er vor allem«, meinte der Ubier. »Und das hat er von den Römern und Griechen, von ihren Philosophen gelernt. Und die Welt? – Noch gehört sie dem Imperator. Also muß der wohl der Stärkste und Edelste sein.« – »Constantius!« lächelte Merowech. »Das glaubt er selbst nicht von sich. Und wem die Welt gehört, das wird sich noch darweisen.« – »Nun«, lachte Chnodomar dröhnend, »das schöne Stück Welt zum Beispiel, das Gallien heißt, das gehört ihm schon nicht mehr, sondern zum großen Teil uns! Und bald, wenn ihr uns helfen und dann die Beute teilen wollt, was noch daran fehlt, das Ganze euch und uns.« – »Hm«, murrte der vierte der Gäste, der bisher geschwiegen, ein hagerer Mann mit finsterem Ausdruck des Gesichtes. »Euch helfen – mit euch teilen! Das ist es gerade, was wir nicht wollen, wir Chatten. Uralter Grenzstreit scheidet unsere Gaue von euch, ihr gewalttreibenden Alemannen. Und Blutrache habe ich noch zu suchen an einem eurer Königsgeschlechter; vor drei Menschenaltern fiel einer meiner Ahnen durch alemannischen Jähzorn.«
»Und wie viele deiner Gesippen, Adgandester, fielen durch das Schwert der Legionen?« fragte Merowech. »Oder verbluteten, gefangen, im Zirkus, zerrissen von wilden Tieren? Ich meine doch, unter den gefangenen Königen und Edlen, die der fromme Constantin zu Trier in der Arena von Bären zerreißen ließ, war dein eigener Vater? Hast du das vergessen?«
»In dem Eisstrom Hels will ich schwimmen«, fuhr der Chatte auf, »vergeß ich's jemals. Aber die Römer sind Fremdlinge. Bitterer trennt unter Volksverwandten der Haß; die Alemannen sind Wodans Söhne wie wir. Lieber den Uferfranken als den Alemannen, diesen schlimmen Nachbarn, neigen wir zu. Wenig freute es mich, die hier zu treffen in der Halle der Franken. Helfen? Teilen! Ich mag nicht! Kämpft es allein aus, ihr Alemannen, mit den Römern. Dem Sieger nehmen wir dann, wir Chatten und ihr Salier, das Ganze ab.« Haßvolle Blicke schoß er auf die beiden Alemannenkönige.
»Nun«, lachte Chnodomar, »aufrichtig wenigstens ist deine Staatskunst, Chatte. Geradeso aufrichtig sei meine Abwehr: Auf dem gemeinsamen Heimritt schlag ich dich tot.«
»Staatskunst!« rief Merowech, laut klagend. »Ja, das ist sie, unsere uralte Staatskunst der Torheit, des Neides, der Zwietracht, des Nachbarnhasses und des Stämmezwists! Soll's denn so fortgehn in alle Zukunft? Was hatte die Römer unbezwinglich gemacht diese Jahrhunderte lang? Der eine Wille, der sie alle lenkte. Was erschüttert jetzt ihre Macht und neigt sie zu Fall? Die Zwietracht, der Neid der Cäsaren!«
»So rätst auch du, mein lieber Sohn«, forschte bedächtig der alte König, »wir sollen den Frieden mit Rom brechen, sollen den kühnen Alemannen uns verbünden? Bedenk es wohl! Genauer als wir alle kennst ja du die Stärke Roms! Dich reißt auch nicht Raubgier und Kampfeslust dahin, wie andere Jünglinge; du bist ein junger Weiser mir zurückgekehrt. Was du sonst gelernt hast, von Bischöfen, von Priestern des Apollon, des Serapis, des Moses, ich weiß es ja nicht! Aber eines hast du nun gelernt: Rom, seine Größe und seine Krankheiten. Und dich selbst beherrschen hast du gelernt . . .« – »Und andere durchschauen und dadurch auch beherrschen«, bestätigte Mälo nickend. »All das nur wenig«, sprach Merowech, die langen Locken schüttelnd. »Aber eins hab ich gelernt: Mein Volk lieben über alles mit heißer Liebe und mit ganzer Seele.« – »Seltsam«, spottete Spurius. »Stand das in den Schriftrollen der Serapispriester zu lesen?« – »Nein, Ubier. Und auch nicht in dem heiligen Buche der Christen. Da steht gar nichts von der Liebe zu dem eignen Volk. Der Sohn des Judengottes sah sein Volk doch schwer leiden unter dem Joche Roms. Nicht ein Wort hat er darüber gesagt: ›Er gab – und ließ – dem Imperator, was des Imperators war‹ – auch seine verknechteten Stammgenossen. Nein. Nicht Bücher haben mich das gelehrt, den Knaben, der, fern der Heimat, zum Jüngling, zum Manne heranwuchs; sondern die Not des Herzens. Und des Herzens Stolz. Seht, ich war so jung! Und die Verführung lockte so stark. Von allen Seiten. Ich meine nicht die Verführung zu den Lastern, den unglaublichen, die auf meine Jugend eindrangen. Nein, die Verführung zu dem Abfall von mir selbst, von meiner Eigenart. Ich sah täglich, wie andere, Römer und Barbaren, die nicht stärker, tapferer, klüger waren als ich, rasch emporstiegen. Gold, Ehren, Macht, schöne Weiber, Genuß jeder Art erlangten sie, indem sie sich selbst aufgaben, so falsch und selbstisch und tückisch und kriechend und lügend und – nach erlangtem Sieg – so tödlich grausam wurden, wie . . . nun, wie der Imperator Constantius selbst und seine Bischöfe und Patricier. Und oft flüsterte es in mir: ›Mach's doch wie die, und du bringst es weiter als sie alle! Lüge! Spinne Ränke! Verführe die Weiber deiner Feinde und deiner Freunde, beider Geheimnisse zu erkunden. Schmeichle und heuchle! Nimm die Taufe – vor allem –, und du kannst alles werden, was dein Herz begehrt in diesem Reich, an diesem Hof!‹
Aber da trat das Bild der Heimat, unseres Hauses, unseres Volkes vor meine Seele, und ich schämte mich, abzufallen von meines Volkes altvererbter Edelart. Ich sah den Vater in dem Silberhaar, der in Krieg und Frieden nur für die Seinen lebte. Ich sah der Mutter gütevolles Antlitz und ihr fraulich Walten im Gehöft. Ich sah die schöne Schwester in dem Goldgelock, die Braut des Nordlandkönigs, und verglich die Keusche, rein wie der Morgentau, mit den römischen Mädchen, in der Knospe vor dem Aufblühn schon verderbt. Ich sah die Volksgenossen tagen im Thing unter der alten Esche, ein Wort fester bindend als in Rom alle Eide auf heilige Knochen und als ellenlange Vertragsurkunden. Ich dachte – nein, ich fühlte anfangs nur –, wie bei uns das alles schlicht war, treu, rein, ehrenfest, wahrhaftig, ob rauh, ja roh und zuweilen blutig wild. Und siehe da, mich ekelte des Glanzes um mich her: morsches, faules Holz, das da leuchtet vor eitel Fäulnis! Und ich sagte zu mir unter den Eunuchen zu Mailand und unter den gemalten Freundinnen der Patricier und unter den meuchelmörderischen Großen des Palastes und unter den näselnden Christenpriestern und unter den gaukelnden Magiern Ägyptens: ›Nein, Merowech, Nebisgasts Sohn‹, sprach ich zu mir, ›du wirst nicht wie diese. Du bleibst ein Franke, bleibst deines Volkes Sohn und dessen wert.‹ Siehst du, Spurius Romanus, so hat mich mein Volk – mein Volk allein – gerettet vor der Fäulnis. Soll ich's nicht lieben? Soll ich ihm nicht vergelten? Ich hab's geschworen: Auch ich rette mein Volk. Oder ich sterbe.«