Ludwig Tieck
Fortunat
Ludwig Tieck

 << zurück weiter >> 

Anzeige. Gutenberg Edition 16. 2. vermehrte und verbesserte Auflage. Alle Werke aus dem Projekt Gutenberg-DE. Mit zusätzlichen E-Books. Eine einmalige Bibliothek. +++ Information und Bestellung in unserem Shop +++

Sechste Szene

Straße.

Andalosia verkleidet, an einem kleinen Tischchen.

Andalosia: Es scheint, daß keiner mich erkennen wird,
Denn schon seit lange streicht der Bengel Dietrich,
Der Müßiggänger, linksch um mich herum.
Nun, holdes Glück! steh deinem Sohne bei.

Agrippina und Margarethe sehn vorüber.

Agrippina: Sieh, Margarethe. – Sind das echte Steine?

Andalosia: Durchlauchtige Prinzeß, ich schmeichle mir,
Daß alle von dem reinsten Wasser sind.
Ich komm aus fernen Landen, treibe Handel,
Der Ruf nur Eurer Schönheit, Eures Reichtums,
Und Eures edlen höchst freigebgen Sinns
Zog mich hieher, sehr wünscht ich, solche Dame
Geruhe sich mit diesem Glanz zu schmücken.

Agrippina: Ich gehe in die Kirche, kommt zu mir. Ab.

Andalosia: O gnädges Fräulein!

Margarethe:                                   Meint Ihr mich, mein Herr?

Andalosia: Nehmt gütigst diesen Ring von mir zur Gabe,
Er ist der schlechtste nicht auf diesem Tisch,
Und denkt dabei des Euch ergebnen Manns,
Damit Ihr die holdselige Prinzeß,
Die Eure Freundin scheint, erinnern mögt.

Margarethe: Ein hübscher Mann, von artig feinen Sitten,
Präsente macht er – scheint recht gut erzogen –
Je nun, das Ausland ist ja lang und breit,
Da kann ja mancher auch Manieren lernen. –
Ja, lieber Herr, ich tu, was ich nur kann,
Und nach der Messe sehn wir uns wohl wieder. Ab.

Dietrich kömmt.

Dietrich: Mein guter fremder Herr Juwelenkrämer,
Ich muß Euch sagen, ich bin auch gut Freund
Mit einem Ausbund eines großen Herrn,
Des reichsten, mächtigsten, freigebigsten
Im Lande hier, es ist ein' Art von Dienst-
Verhältnis zwischen uns, ich tu ihm manches,
Seht, zu Gefallen, wofür er denn wieder
Erkenntlich ist.

Andalosia:               Ihr seid wohl sein Bedienter?

Dietrich: Wollt Ihr Euch an Provinzialismen hängen? –
Ich meine nur, für solch ein Ringelchen
Könnt ich ihn auch vielleicht durch meinen Einfluß
Bereden, mit Euch Handel einzugehn.

Andalosia: Im Palast hoff ich alles abzusetzen.

Theodor und Lady Dorothea kommen.

Theodor: Ihr geht so langsam, kuckt Euch immer um,
Wir kommen, wenn der Gottesdienst zu Ende.

Lady Dorothea: Wir kommen, wenn es mir beliebig ist.

Theodor: Was machst du hier, du Tagdieb? Fort, nach Hause!

Dietrich: Ich geh nur noch ein wenig in die Kirche.

Theodor: Was hat solch Volk bei Gott dem Herrn zu tun,
Wenn unsereins, Leute von Ton und Welt
Sich ihm zu präsentieren suchen? Marsch!
Du kannst zur Frühmeß her dich scheren! Geh!

Dietrich: Ich wollte hier nur –

Andalosia:                                 Ja, er sprach mit mir,
Welch zartes Freundschaftsbündnis Euch verknüpft.

Dietrich ab.

Lady Dorothea: Seht doch hieher! Welch prächtger Schmuck! Der Ring
Mit diesem Solitär muß meine werden,
Kauft ihn, mein Freund, indes geh ich zur Kirche. Ab.

Theodor: Wieder was Neues! – Hört mal, fremder Mensch,
Sind auch die Waren echt? Seid Ihr kein Schelm?

Andalosia: Mein gnädger Herr, laßt hiesge Juweliere
Die Steine prüfen, wenn Ihr zweifeln wollt,
Auch dräng ich mich zu niemand überredend,
Ich hoffe mit dem Könige zu handeln.

Theodor: Man kann doch fragen, bärbeißiger Mensch,
Vom Ansehn werden auch die Diamanten
Nicht Graupenkörner werden. Sans façon,
Was kostet dieses Ding da kurz und gut?

Andalosia: Wenn die Prinzeß ihn nicht belieben sollte,
So laß ich ihn Euch wohl für tausend Pfund.

Theodor: Nehmt nicht das Maul so voll, die tausend Pfund
Pflegt man hier von den Bäumen nicht zu schütteln.

Andalosia: Auch wohl so edle, reine Steine nicht;
Prinzessin Agrippina wird ihn kaufen.

Theodor: Prinzeß! Prinzeß! Was soll die Ziererei?
Dem Kaufmannsvolk muß jeder Beutel Geld,
Ob aus des Königs, ob aus Lumpenhand,
Ein gleiches gelten, das ist Narretei
Sich vornehm dünken, weil mit großer Welt
Man Handel pflegt: Kurzum, wollt Ihr zweihundert?
– Er tut, als hört er nicht: – dreihundert geb ich
Und bleib Euch dann noch hundertfunfzig schuldig,
Das ist der letzte Pfennig, den ich biete.

Andalosia: Ich habe nicht die Ehr den Herrn zu kennen.

Theodor: Ich heiße Theodor, bin Kammerherr,
Mein Alter ist der wohlbekannte Herbert,
Schurrt der mal ab, bin ich der einzge Erbe.

Andalosia: Ich lasse nur den Ring so wie gesagt.

Theodor: Verdammter Eigensinn!

Margarethe kommt.

Margarethe:                                     Ihr sollt, mein Herr,
Sogleich aufs Schloß zu der Prinzessin kommen.

Lady Dorothea kömmt.

Lady Dorothea: Der Kaufmann räumt ja seinen Kram zusammen.

Theodor: He! Mann! da drüben, seht, in dem Palais,
An welchem überm Tor der Affe sitzt,
Da wohn ich, ich verlaß mich drauf, daß Ihr
Noch heute zu mir kommt.

Andalosia:                                 Euch aufzuwarten. Geht ab.

Theodor: Er wird schon kommen Schatz, sei nur getrost;
Mir fehlt's etwas an Geld, sonst hätt ich ihm
Den großen Stein gleich mit Gewalt genommen.

Lady Dorothea: An Geld und an Verstand ist immer Mangel
In Eurer Wirtschaft.

Theodor:                         Still! er muß mir kommen,
Sonst laß ich ihn mit Wache zu mir holen;
Darüber ist die Messe nun versäumt,
Was sich nicht schickt; denn seinen Gott und König
Muß unsereiner niemals negligieren.

Gehn ab.

 


 << zurück weiter >>