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Einsamer Wald.
Fortunat allein.
Hier will ich sterben. Jede Aussicht, Hoffnung,
Ist nun auf ewig hin, nur Wunder kann
Mich retten, und um diesen jammervollen
Armselgen Staub wird nicht die Erde gähnen,
Der Himmel nicht sein ewges Tor eröffnen,
Um mich durch Geisterhand von hier zu führen.
Ich kann nicht mehr, die Brust versagt den Othem,
Das Herz will nicht mehr schlagen, das Bewußtsein
Verläßt mich schon, und nur ein matter Schwindel
Dreht sich in meinem Hirn. O Vaterland!
O liebste Eltern, Luft der Heimat, Freunde,
Die mein gedenken, fahrt nun ewig wohl. –
So ward ich denn in England nur errettet,
In Wäldern von Bretagne zu verschmachten?
Mit welcher Lust sah ich die fremden Ufer,
Bald schwand das wenige, was ich besaß,
Ich eilte weiter, ohne Ziel und Zweck,
Und endlich führte mich mein bös Gestirn
In dieses Waldrevieres endlos Dunkel.
Seit dreien Tagen sah ich keinen Menschen,
Seit dreien Tagen hab ich nichts genossen,
Als gestern an dem Quell den frischen Trunk;
In Nächten hör ich Wolf und Bär um mich
Mit gräßlichem Geheul, ich darf nicht schlafen,
Unsichre Stätte beut mir dann der Baum;
Den Weg verlor ich, tiefer, immer tiefer
Zieht sich hinab der Wälder Labyrinth,
Kein Köhler, keine Hütte, nirgend, nirgend –
Ja wenn ich auf den grimmen Mörder stieße,
Er wäre Rettung mir. Was such ich Wege?
Der Fuß gehorcht nicht dem Gebot des Willens,
Die Sehnen all entstrickt, und jedes Glied
Zum Tode matt: – so end auch hier der Wille! –
Sanft, sanft – schläft sich's,
Still, still – stirbt sich's,
Ruhe, Ruhe – weit umher.
Ach, wie gut, wie froh – nur weckt mich nicht!
Willst du was von mir, strahlend Gebild?
Siehe, ich lande, betrete den güldnen Boden,
Wo der Träume kindisch Gespinst zur Wahrheit wird,
Meiner alten Amme Lieder, die lieben Geschichten,
Die wohnen, wie seltsam, in diesem, diesem Wald!
Da fliegt mit goldnem Gelock, mit blauem Schleier,
Frei die Brust und frei die Schultern und Arme,
Ein süß Gebild, und rings erglänzen die Tannen
Und schütteln sich rauschend in frohem Gelag, entzückter Eichbaum
Braust sich verwundernd in allen Zweigen.
Nun bin ich zur Stelle, so gebt mir Trank und Speise,
Da, Wirt, nimm hin mein Leben, und gib dafür den vollen Becher!
Fortuna tritt auf.
Fortuna: Erwache, Jüngling!
Fortunat: Sieh! ich wache! doch wozu?
Fortuna: Mich treibt die Macht der Sterne zwingend zu dir her.
Fortunat: Ja, Sterne sind's, die unsers Lebens Wagen ziehn,
Vernunft genügt der fremden Rosse Lenkung nicht.
Fortuna: Ergreif im schnellen Augenblick Gelegenheit,
Fortuna bin ich, Göttin alles Menschenstamms,
Zu mir ertönt der Flehenden Gebet wie sehr:
Mich zwingt kein Wunsch und kein Verdienst, nur Eigensinn,
Mein Wankelmut lacht diesem hold und jenem nicht;
Ermanne dich, und wähle rasch dir ein Geschenk,
Daß ich am Zweig sechsfache Frucht dir bieten darf,
Gesundheit, Weisheit, langes Leben, Schönheit auch;
Verlangst du lieber Herrschermacht, des Goldes Kraft:
Nur schnell! denn bald sucht dein Gestirn ein andres Haus.
Fortunat: Du willst es, und des Herzens Wunsch sei ausgesagt:
Gib Gold mir! Schönheit ward mir, ebenso Verstand,
Dem Armen wird des Lebens Läng nur längre Schmach,
Und was soll mir die Herrschaft, da ich längst gesehn
Daß Gold allein in jedem Land den Szepter führt?
Fortuna: Nimm diesen Säckel, jeder Griff gibt dir des Golds
Zehn wichtge Stück, im Lande gültig, wo du weilst,
Solange du, der Deinen einer leben mag
Behält die Wunderkraft der Säckel, länger nicht:
Doch überall der Wohltat auch gedenke, Sohn.
Fortunat: Was kann ich tun, dir Dank zu zeigen, hohes Bild?
Fortuna: Alljährlich gib am heutgen Tag vierhundert Stück
Des Golds, als Mitgift einer Jungfrau, die verarmt. Verschwindet.
Fortunat: Wo blieb sie? War es Traum? War's Wirklichkeit?
Der Säckel ist in meiner Hand, und gleich
Greif ich hinein. – Zehn Goldstück find ich hier –
Und wieder – wiederum! ei, wie so schnell
Münzt mir das Beutelchen von Leder dies!
Doch halt, da seine Wirkung so erprobt,
Will ich mich ohne Not mit Gold nicht schleppen.
Es fällt vom Geist wie eine Binde mir,
Ich fühle mich um zwanzig Jahre älter,
Die Torheit, Unbesonnenheit der Jugend
Weit hinter mir. – Auch hebt sich nun vom Auge
Der Schleier, reiche Landschaft liegt vor mir,
Ich sehe Burgen, Städte in der Ferne,
Klöster, Kapellen in der Morgensonne,
Da breitet sich ein Weg hin durch den Wald,
Erneuten Muts betret ich diese Straße. Geht ab.