Ludwig Tieck
Fortunat
Ludwig Tieck

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Fünfte Szene

Saal.

Leopold tritt auf.

Leopold: Ums Himmels willen! gnädger – gnädger Herr!

Fortunat kömmt im Nachtkleide.

Fortunat: Was fehlt dir, Freund? Du bist verwirrt? Siehst bleich?

Leopold: All unsre Fenster auf, mein Geld entwandt,
So auch den Knechten, die etwas besaßen –
Seid Ihr denn auch beraubt?

Fortunat:                             O weh! mir schwindelt!
Ich sinke – reich mir schnell den Sessel her

Leopold: Ich hole etwas, Euern Sinn zu stärken. Ab.

Fortunat: So ist mein Glück dann wie ein Traum verschwunden?
Es war, es ist nicht mehr – ich bin verloren!
Ich kann nicht mehr – dies ist die Todesstunde.

Leopold kömmt zurück mit Dienern.

Leopold: Hier, gnädiger Herr, braucht diesen starken Geist –
Nehmt auf den Schreck hier diesen Becher Weins –
So habt Ihr auch, wie's scheint, Verlust erlitten?

Fortunat: Mein Freund, ich habe alles eingebüßt –
Ja, Weisheit, Göttin, hätt ich wählen sollen,
So wäre mir Verstand nicht mit dem Geld
Entwichen – ja, ich sehe noch den Blick,
Halb höhnend, halb in Mitleid eingetaucht,
Mit dem sie von mir schied – hätt ich gewählt
Nicht nach dem Schein, nein nach dem innern Wert,
So hätte mich kein Dieb berauben können.

Leopold: Er phantasiert, lauft schnell zu einem Arzt –

Fortunat: Was sprach ich, Freund? Ich weiß nicht, wo ich bin,
Hört nicht auf meiner Rede leeren Klang –
Nicht weiß mein Geist, was meine Zunge spricht.

Leopold: Vor allem, gnädger Herr, beruhigt Euch,
Zwar weiß ich nicht, wie viel Ihr habt verloren,
Doch haben wir noch Pferde, reich Geschmeide,
Wir suchen zu verkaufen, und entlassen
Von Dienern, was Ihr nicht höchst nötig braucht,
So trau ich es mit Gott noch zu vollbringen
Euch in die Heimat, und zu Euren Gütern,
Mit Ehren, ungefährdet, heimzuführen,
Ich bin wohl schon in größrer Not gewesen.

Fortunat: Du weißt nicht, Leopold – du kannst es nicht
Begreifen noch verstehn, wozu der Worte?
Ich bin verloren, laß mich nun verzweifeln!

Leopold: Soviel ich weiß, mein gnädger Herr, beträgt
Doch der Verlust nur wenige Zechinen,
Ihr wolltet morgen eine große Summe
Aus freier Gunst verschenken, unterwegs
Habt Ihr auf Gut und Geld nie sehr geachtet,
Wie faß ich's, daß Euch dies so niederwirft?

Abel kömmt.

Abel: Was muß ich hören, mein erlauchter Herr?
In meinem Hause? Wie nur war es möglich?
Wer war so nachlässig in seinem Dienst,
Daß nur der Dieb die Fenster öffnen konnte?
Das bringt in üblen Ruf mein redlich Haus.

Leopold: Seid still, der Herr ist völlig außer sich.

Fortunat: Mein Säckel – hier am Wamse trug ich ihn –
Wo kann er sein? Wer kann ihn wiederschaffen?

Abel: Sucht, Leute, denn vielleicht mag er sich finden.

Ab mit Dienern.

Fortunat: Mein Leopold! vorüber Glück und Heil –
Jetzt seh ich, daß du nicht ein Diener bloß,
Daß du ein Freund mir bist – wie schmerzt es mich,
Daß ich nicht deine Liebe kann belohnen!

Leopold: Wenn Ihr Euch mir nur ganz vertrauen wolltet.

Abel kömmt mit Dienern.

Abel: Da unter Eurem Bett fand ich den Säckel
Von simpeln Leder – ohne Zier, und leer –

Fortunat: Gib her! Er ist's! Gib her!

Abel:                                                   Da, gnädger Herr –
Wie seid Ihr nur so eifrig nach dem Dinge?

Fortunat: Weil du's nicht weißt; weil drin ein großer Wechsel,
Den mir am Morgen soll ein Kaufmann zahlen. –
Bringt mich hinein, ich lege mich zu Bett,
Und laßt mich nun noch einge Stunden ruhn,
Der Schreck hat mich nur zu sehr angegriffen.

Mit Leopold und Dienern ab.

Abel: Der Beutel! Hm! Der Beutel! Etwas mehr
Muß es mit diesem Säckel auf sich haben.
Welch Vieh war ich, ihn gleich so abzugeben,
Nicht erst zu untersuchen! – Drin ein Wechsel?
Ich fühlte nichts. – In nächster Nacht erfahr ich's.
Will er als Narr sein Geld nur so hinaus
Zum Fenster werfen, bin ich ihm der nächste,
Der ihn beherbergt, speist, und für ihn sorgt,
Und hat er Geld, so wird es auch das meine. Ab.

 


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