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Hütte.
Isidore öffnet die Tür, Alexis tritt ein.
Isidore: Ach! bist du es, mein lieber Alexis? Du weißt ja, du darfst nicht hier sein, geh mein Lieber; wenn dich die Eltern finden sollten, wie würden sie schmähn!
Alexis: Also das ist dein Empfang? Das deine Liebe? Ich konnte nicht länger leben, ohne dich zu sehn. Aber du kannst mich wohl vergessen, du kannst ohne mich vergnügt sein. Nun, so lebe wohl, Gefühllose, du sollst mich nie wiedersehn.
Isidore: Nein, bleib, mein Liebster, bleib und höre: bleib und gib mir einen herzlichen Kuß. – So im Zorn darfst du nicht von mir gehn. Wie kannst du glauben, daß ich dich weniger liebe?
Alexis: Ich kann dies Leben nicht länger ertragen, zu Hause nichts als Elend, ohne Freund und Hoffnung und Beistand; dich soll ich nicht mehr sehn, was noch Sonne und Frühling in meinem dunkeln Gefängnis war, so muß ich wohl untergehn.
Isidore: Aber, Liebchen, du weißt es ja, daß es nur meine Eltern deshalb nicht wollen, daß du unser Haus besuchst, weil wir uns doch nicht heiraten können, und weil die Nachbarn gar zu gern klatschen und alles ins Böse drehn, sonst haben sie ja nichts gegen dich – und ich – o Gott! daß ich an dich denken kann, ist mir ja Speise und Trank, wenn du vorbeigehst ein hoher Festtag.
Alexis: Wo sind sie denn, die Alten?
Isidore: In die Messe gegangen.
Alexis: Da wundert's mich, daß du hast zu Hause bleiben dürfen, so fromm der Vater ist.
Isidore: Ich – weint. O laß mich, lieber Alexis.
Alexis: Was ist dir? Warum weinst du? Nein sprich, sage mir, was dich mit einem Male so überfällt. Kann ich dir helfen?
Isidore: Ach nein, nein! – sieh nur, ich habe wohl zu Hause bleiben müssen, weil ich nun gar nichts mehr, auch keinen Schleier mehr habe – ach! ich schäme mich ja, mich selbst vor dir in diesen zerrissenen Lumpen sehn zu lassen. Wenn man eine Stelle zunäht, reißen drei neue wieder auf. Das ist doch wohl der größte Jammer auf der Welt.
Alexis: Nur nicht weinen, mein Kind, nicht so sehr – es greift mir zu sehr durchs Herz. Vielleicht ist bald Hülfe da.
Isidore: Nein, Lieber, so werden wir verkommen, vergehn und verschmachten. – O Himmel, meine Eltern! Sie kommen dir entgegen, du darfst nicht hinaus! versteck dich hier, schnell in meine Kammer hinein.
Alexis ab.
Wasmuth und Helena kommen.
Isidore: Schon wieder zurück, lieber Vater?
Wasmuth: Wie immer, der Gottesdienst ist geendigt. – Ist niemand hiergewesen?
Isidore: Kein Mensch.
Wasmuth: Fahr mich nur nicht so an, ich glaub's wohl, daß niemand sich nach unserm Elend umschauen mag. – Wer klopft? Herein!
Abel und Fortunat kommen.
Abel: Hier ist der edle Herr, von dem ich euch sagte, er hat sich selber bis zu euch bemüht, um euch und eure Tochter kennenzulernen, und wenn ihr es wert seid –
Fortunat: Laßt mich selber sprechen, Herr Wirt.
Wasmuth: Vor allem, gnädiger Herr, nehmt diesen Schemel an, und geruht Euch niederzulassen. Ihr tretet in eine arme Wohnung, aber unter ehrliche Menschen, und da Ihr Euch nicht zu groß dünkt, zu uns zu kommen, so wollen wir, so elend wir auch immer sind, uns nicht schämen, uns vor Euch zu zeigen.
Fortunat: Diese da ist Eure Tochter? Warum tritt sie nicht vor? Warum verbirgt sie sich?
Helena: Ach, gnädger Herr, sie scheut sich, ihre Kleider, ihre Armut, sie ist so wenig und so schlecht angezogen –
Fortunat: Diese Tracht, schönes Kind, macht Euch Ehre; denn in dieser Stadt könnte es Euch wohl an Putz nicht fehlen, wenn Ihr den Anträgen der Schlechten Gehör geben wolltet.
Isidore: Ihr beschämt mich, edler Herr.
Fortunat: Sagt mir aufrichtig, liebt Ihr diesen Mann? Sprecht ohne Scheu, denn wenn Ihr ihn erwählt habt, so sei er der Eurige, und die Eltern hoff ich, geben in diesem Falle meinen Bitten nach.
Isidore: Ich wünsche freilich imstande zu sein, meinen Eltern in ihrer Armut zu helfen, aber, da ich frei sprechen soll, ich bliebe lieber zeitlebens unverheiratet, als daß ich diesen nähme.
Wasmuth: Nein, gnädger Herr, sie kann ihn (nehmt's nicht übel, Herr Abel) nicht ausstehn, er hat ihr schon genug nachgestellt.
Abel: Nun, nun, wir wollen darüber keine Geschichten erzählen, Freund.
Fortunat: Nennt mir einen andern Mann oder Jüngling und meine Vorsprache und Hülfe soll Euch nicht fehlen.
Isidore: Lieber, gnädiger Herr, Ihr seid so edel und freundlich – ach! ich muß sagen –
Helena: Sprich heraus, Kind, scheue dich nicht; sie hat einen Liebsten, edler Herr, sie hätte ihn auch schon geheiratet, wenn der arme Bursche nicht in demselben Elende lebte wie wir.
Fortunat: Ruft ihn, ich will euch geben was ihr braucht, um eure Wirtschaft einzurichten.
Abel: Wenn Ihr befehlt, so will ich den Knecht sogleich holen.
Wasmuth: Ruhig, ich bin der nächste dazu.
Isidore: Laßt es noch, lieber Vater, ich bitte.
Wasmuth: Was soll denn die Ziererei? Gib mir den Hut her, Frau.
Alexis tritt hervor.
Alexis: Es wird nicht nötig sein, Vater, da bin ich schon.
Wasmuth: Wie? Was? Solche Streiche gehn hinter meinem Rücken vor? Solche Schande macht Ihr mir vor dem fremden Herrn? Nun gleich zum Hause hinaus, und nun wird aus der Heirat in Ewigkeit nichts!
Isidore: Liebster Vater –
Wasmuth: Schweig, ungeratene Dirne! Ihr seht, mein würdiger Herr, wir können, wir dürfen Eure Wohltaten nicht annehmen, denn wir sind es nicht wert!
Alexis: So laßt Euch doch nur bedeuten, guter alter Werwolf.
Isidore: Sieh, Alexis, was du angerichtet hast. Sagt ich's nicht?
Wasmuth: Nichts will ich hören!
Fortunat: Laßt den jungen Menschen reden, alter Mann, Ihr dürft gegen Eure Kinder nicht ungerecht und grausam sein.
Helena: Das ist auch wahr, Herr fremder Graf, er möchte sie lieber gleich umbringen, weil sich die jungen Leute gern sehn, was doch vor Gott und Menschen keine Sünde ist.
Alexis: Hört an, Vater: ich kam, um Eure Tochter nach der langen Zeit nur auf einen Augenblick wiederzusehn, und weil wir so in Angst vor Euch waren, da Ihr mir das Haus verboten habt, sprang ich, wie wir Euch kommen hörten, hier hinein. Wollt Ihr mir nun darum Eure Tochter nicht geben, da uns der Himmel doch so unverhofft einen edlen Wohltäter zusendet, wofür wir ihm mit Freudentränen danken sollten, seht, so seid Ihr ein rechter alter –
Wasmuth: Was, du Range? Ich will nicht hoffen, Bösewicht –
Alexis: Nun ja, so seid Ihr ein rechter alter böser unvernünftiger Mensch und kein Vater; aber nein, Ihr seid zu gut, Ihr nehmt gewiß Vernunft und Euer und unser Glück an.
Isidore: Vergebt mir, lieber Vater, wir dachten nicht Euch zu beleidigen.
Wasmuth: Wenn der fremde Herr glaubt, daß ihr seine Wohltaten noch verdient, so will ich euch vergeben.
Fortunat: Vereinigt in meiner Gegenwart eure Hände und der Himmel möge euer Bündnis segnen. Empfange, du gutes armes Mädchen, von mir zur Aussteuer diese vierhundert Goldstücke, und möge das Glück euren Hausstand nie verlassen.
Abel: Vierhundert!
Alexis: O Herr – ich möchte danken – möchte sprechen – aber es würgt mir so in der Kehle – ich kann nicht.
Isidore: Nehmt unsre Tränen, unsre Gebete an.
Helena: Es ist zu viel, mein teurer, gnädiger Herr.
Wasmuth: Mir ist, als wenn ich nur im Traume läge. Isidore, Kind, wie haben wir so großes Glück verdient?
Fortunat: Aber es fehlt euch an Kleidern, an Gerät, an Handwerkszeug, teilt euch mit den Eltern noch diese zweihundert und seid glücklich. Kommt gleich mit mir zur Kirche, und laßt mich ein Zeuge eures Bündnisses sein.
Wasmuth: Kommt, kommt Kinder, tut alles, alles, was der Herr befiehlt! Springt und tanzt und jubiliert und betet zu Gott für diesen wundervollen Tag!
Helena: Drüben, bei der Gevatterin, Mann, können wir uns schnell einen bessern Anzug kaufen.
Isidore: Ja, liebe Mutter, denn so könnt ich unmöglich über die Straße gehn.
Wasmuth: Schnell, und dann in die Kirche! O laßt Euch die lieben teuern Hände küssen, Ihr unser Wohltäter! Kommt, Kinder.
Alle gehn ab.
Abel: So kann ich doch sagen, ich habe nun etwas gesehn, was gewiß zu dem Allerseltensten und Wunderlichsten auf der Welt gehört, und das ich nicht glauben würde, wenn es mir ein andrer erzählen wollte. Sechshundert Goldstücke! Verrückt ist der gute Mensch, das leidet keinen Zweifel, ist mir auch gleichgültig; nur woher, woher er das viele Geld nimmt, daß er es so wegschmeißen darf, darauf kommt es an, und dahinter muß ich kommen, noch diese Nacht. Hat er es bar, so entgeht mir's nicht, ist mit dem Beutel, wie ich beinah abergläubisch werde zu glauben, Hexerei oder Wunder im Spiel, so weiß ich den auch zu finden. Ich habe wohl bemerkt, daß er ihn seit der letzten Geschichte sorgfältig im Busen verwahrt und nicht mehr am Wams trägt. Er wird mein, und hilft nichts anders, so wird ein Messer, wenn er schläft, seine Dienste tun, daß er nicht mehr erwacht. Sie wollen bald reisen; wie es auch sei, mein muß werden, was er an Schätzen hat. Geht ab.