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Wirtshaus.
Fortunat, Betty, Felix, Anne, Antonio, Walther, Kellner, ein Schiffer treten ein.
Fortunat: Tretet unterdessen hier herein, meine Freunde, und laßt uns einige Gläser Wein genießen. – Ihr habt Eure Barke eingerichtet, wie ich befahl?
Schiffer: Vollkommen, gnädiger Herr.
Fortunat: Mit Teppichen und Polstern belegt? die Speisen und die Weine stehn bereit?
Schiffer: Alles so, wie Ihr es gewollt.
Fortunat: Wenn das Schiff mit den Musikanten da ist, so ruft uns, sie sollen vor uns hin und in einiger Entfernung neben uns auf dem Wasserspiegel schwimmen, damit wir in aller Lust des heitern Tages genießen können. Nun geht. Schiffer ab. Das ist anders, mein Felix, nicht wahr, als zu Hause hinter dem Rechentische sitzen, die Geldsorten aussuchen, und die falschen Heller ausschießen, um sie Handlangern und Tagelöhnern aufzuheften?
Felix: Ja wohl, und anders, Antonio, als im Gewölbe auf und ab spazieren, wie ein wildes Tier hinter seinem Käfig und jeden Vorübergehenden anzurufen: befehlt Ihr vom neusten, feinsten, echten Tuch? oder andre Waren?
Antonio: Ihr habt gut sprechen, Freunde, zwei so hübsche Freundinnen sitzen neben euch und auf eurem Schoß –
Betty: Bist du darum verlegen, alberner Tropf! Meine Schwester wird sich freuen, dich kennenzulernen. Da trink, Einfalt, auf ihr Wohlsein!
Antonio: Wenn das ist, so laß ich ihr ein ebenso schönes Kleid und Haube machen, auch solchen goldnen Schmuck, als Ihr vom Fortunat bekommen habt. Was der Mensch unterwegs muß für Glück gemacht haben, daß er so viel Geld kann aufgehn lassen.
Fortunat: Sagt ich's Euch nicht zu Hause schon? einem Menschen wie mir, kann es niemals fehlen.
Betty: Da hast du recht, schöner Junge; und darum lieb ich dich.
Fortunat: Liebst du mich denn recht von Herzen?
Betty: Zweifelst du noch? Sterben könnt ich für dich. Wenn du so frägst, wirst du mich zum Weinen bringen.
Anne: Sie erkennen es niemals, die wilden Landstreicher, wie die schwachen gutherzigen Mädchen sich ihnen mit Leib und Seele ergeben. Singt:
Nein, nicht lieben,
Nur betrüben
Können sie,
Und wir Toren
Sind verloren,
Finden nie,
Was mit Tränen
Und mit Sehnen
Wir gesucht,
Denn die Männer
Bleiben immer
Herb, verrucht:
Zeit vertreiben
Wollen sie,
Treu verbleiben
Nimmer nie.
Felix: Da trink, schönes Kind, für dein Lied.
Fortunat: Sing ein anderes, Betty, deine Stimme ist noch schöner.
Betty singt:
Ach! Liebe, groß ist deine Macht
Und peinigend dein Schmerz,
Ich lieb ihn treu, der mich verlacht,
Das bricht mein armes Herz.
Fortunat: Nein, das soll es nicht, beim Himmel über uns! Sag, Engel, was willst du? Befiehl, sinne, erdenk doch nur etwas! Nein, sei nicht so zurückhaltend, vergib mir meinen gestrigen Scherz; zeige, daß du mir vergeben hast und fordre jetzt etwas von mir.
Betty: Weiß ich doch, daß du großmütiger bist, als ein Prinz. Nun so gib mir den Diamant von deinem Finger.
Fortunat: Da nimm ihn, mein Herz; den hab ich in Flandern im Lanzenstechen gewonnen, und die schönste Gräfin von der Welt hatte ihn zum Preise ausgesetzt.
Walther: Aber bei wem, ihr Burschen, schmause ich denn heut? Soll denn meine Kehle ganz trocken bleiben, ihr Grünschnäbel?
Fortunat: Bei mir, wie gewöhnlich.
Walther: Mir ist's recht, du Königlichgesinnter, laß geben, reichen, du Bube mit dem Feuerauge! Nur, Kavalier, da du ein Edelmann bist, nichts Gewöhnliches, kein dünnes Getränk, laß vom besten feurigsten Spanischen bringen, wie es sich für einen Kavalier schickt, Euer saures Gesöff kann mein Magen nicht vertragen.
Felix: Morgen mußt du mit mir trinken, Alter.
Walther: Wenn ich muß, muß ich, sonst halt ich mich da zu meinem Goldlockigen. Seht, wie dem Flegel die rubinroten Lippen so himmlisch zu Gesichte stehn, als hätte er sie eigen beim Juwelier dazu bestellt! Und die Saphiraugen! Küfer, sagt selbst, Maulaffen, habt ihr schon jemals ein solches Gesicht hier an euren Wänden sitzen gehabt? Sprecht!
Kellner: Der gnädige Herr ist ein Ausbund von Schönheit, Großmut und Freigebigkeit.
Walther: Da, Fortunat, trink einen Becher mit mir. Nicht von jedem laß ich mich bewirten, nicht mit jedermann trink ich aus einem Becher, aber du bist nicht wie die übrigen Erdenklöße, du edle Range du! Ich sterbe darauf, daß er der Bastard vom Witzigsten, Schönsten und Vornehmsten auf seiner Insel ist.
Fortunat: Ihr seid heut närrisch, Alter.
Walther: Kellner, da, leer, ein frisches. – Närrisch? Ich glaube, der Pinsel nimmt's übel, daß ich ihm so viel Ehre erzeige. Närrisch, du Baumwollengespinst? Soll mich doch der Henker holen, daß mich, so ein alter Kerl ich auch bin, noch nie jemand in meinem Leben mit solchen Augen angeschaut hat, so daß ich, als ich dem Jungen zum erstenmal begegnete, meinte, das Herz müßte mir vergehn; und ich bin doch nicht einer von denen, die sich leicht bange machen lassen, und habe wohl schon Rittern und Grafen derbe Grobheiten gesagt. Aber du bist anders, du Seidenraupe du! Man sollte meinen, seine Mutter hätte sich an der schönsten Bildsäule aus dem Altertume versehen.
Andrea tritt ein.
Andrea: Schnell ein Glas Klarett, vom besten, ich habe Eil!
Kellner: Ei, Herr Andres! Herr Andres! Seid Ihr denn auch wieder da?
Andrea: Wie du siehst, Narr. Nun, Herr Walther, wie geht's?
Walther: Mir geht's, wie immer; aber ein Abenteurer, wie Ihr, ein herumirrender Junker von der leeren Tasche, muß seitdem manches erlebt haben.
Andrea: Immer noch das lose Maul? Ist Euch denn keiner seitdem drübergekommen, altes Fell?
Fortunat: Laßt das, der liebe Alte ist unser Freund, und wir dulden es nicht, daß man einem so würdigen Manne schimpflich begegnet.
Andrea: So? seid Ihr sein Vorkämpfer? Er säuft wohl von Eurem Wein, und hofiert und rüffelt Euch abwechselnd? Nun, wohl bekomm's, Ihr werdet ihn schon noch kennenlernen.
Fortunat: Wir verbitten uns dergleichen ein für allemal.
Andrea: Ich sage kein Wort mehr. – Da ist der Wein; gib, ich bin durstig.
Antonio: Ihr tut auch am klügsten, Mensch, denn seht, seht – ich kann mich kaum fassen, daß ich Euch nicht beim Kragen nehme: Blut müßte eigentlich fließen, weil Ihr dem verehrten Herrn so schnöde begegnet.
Andrea: So? – Da, nimm dein Geld, Kellner, und nun lebt wohl, auf Wiedersehn, ihr jungen unflücken aus dem Ei gekrochnen Nestlinge, die der alte Uhu da ausbrüten soll. Geht ab.
Betty: Der unverschämte Gesell! Aber, du kleiner Dicker, ich hätte dich nicht für so tapfer gehalten.
Antonio: O mein Seel, mir tut's leid, daß ich ihn so habe gehn lassen, ich habe mich noch zeitlebens mit keinem herumgeschmissen, und der kam mir nun so gerade in den Wurf, der Flegel der!
Walther: Gib dich zur Ruhe, Kurzbeiniger, du bist noch jung, du kannst in deinem Leben noch Schläge genug davontragen, wenn dir das Fell so sehr juckt. Der Pinsel, der von uns ging, hatte immer nur für zehn Dukaten Verstand, er hat aber etliche hundert in jämmerlicher abgeschmackter Liederlichkeit durchgebracht, nun ist er ganz dumm und schuftig, und kann niemand, am wenigsten mich beleidigen; wenn man ihn umstürzt, fallen ihm nur Kupferpfennige aus der Tasche, und schüttelt man sein Gehirn, so gibt es nur noch verschimmelte Sentenzen, Sprichwörter und längst vergessene Anekdoten-Schwänke von sich. Er ist schon krepiert, und damit gut, er ist unter euch: du, Fortunat, mußt dergleichen armen Schubjack nicht einmal mit betrunkenen Augen anblinzeln und mit dem Glanz deiner Blicke vergolden, er wird dadurch wieder auf vier Wochen zum würdigen Mann.
Betty: Ja wohl. Laß dich küssen, Fortunat, mein liebster, liebenswürdigster Jüngling.
Schiffer tritt ein.
Schiffer: Die Musikanten sind da!
Fortunat: Komm, alter Herr.
Antonio: O wenn uns unsre Väter doch nur auf ein Viertelstündchen so sehn könnten!
Felix: Schweig, erinnre mich nicht an das armselige Leben zu Hause.
Antonio: Ich denke nur, sie sollten sich auch einmal recht über uns ärgern, da wir bisher den Verdruß immer haben einschlucken müssen.
Walther: Heut abend müßt ihr euch wieder einmal in der Großmut sehen lassen, ihr jungen Wildfänge, die Freunde kommen zum Würfelspiel, die Fräulein Betty gibt einen Schmaus, getanzt muß werden und gezecht, und so genießt des Lebens und lernt Weisheit und Anstand, ihr Jungen! Auf, marsch!
Alle ab.