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Hier enden die Aufzeichnungen des Paters, und auch aus den Chroniken jener Zeit ist gar wenig noch über die Letzten des edlen Röttler Geschlechtes gesagt.
Hast du aber, freundlicher Leser, bis hierher die Schicksale des mächtigen Grafenhauses mit Interesse verfolgt, so wird es dir auch wohl nicht unlieb sein, noch das Letzte von ihm zu vernehmen.
Graf Otto scheint ein schweres Geschick getroffen zu haben. Es scheint, als habe er alle seine Kinder bis auf den ältesten, Walter, begraben müssen, wir finden nur noch diesen in den späteren Chroniken genannt.
Otto lebte noch um 1303; von da an erscheint Walter in den wenigen noch vorhandenen Urkunden. Auch er ist ohne Erben etwa um 1311 gestorben.
Von Lutold erzählt uns die Basler Geschichte, daß er schon 1281 Archidiakonus oder Erzpriester war, 1291 hatte er die Würde eines Dompropstes erlangt. Zu verschiedenen Malen vertrat er die jeweiligen Bischöfe in ihrem Amt, sobald sie von Basel abwesend sein mußten, und endlich wählte ihn das Domkapitel nach dem Tode des Bischofs Otto von Grandson auf den Bischofssitz von Basel. Nur eine Urkunde ist von ihm als Bischof noch vorhanden, unterzeichnet am 13. Oktober 1309, worin er die Handveste von Klein-Basel bestätigt und sich nennt: »Lutold von Rötteln, erwelter Bischof zu Basile«.
Diese Wahl Lutolds mag nicht ganz nach allem Recht vor sich gegangen sein; um 1313 finden wir ihn wieder als Dompropst in Basel, und als solcher starb er nach dem Jahrzeitenbuch des Münsters am 19. Mai 1316 und wurde neben seinem Ohm begraben in der Kapelle der Maria beim alten Glockenturm. Sein und Bischof Heinrichs Grabmal kann man heute noch im Münster sehen.
Mit Lutold erlosch das edle und reiche Grafengeschlecht derer von Rötteln, und der Besitz fiel an die nächsten Verwandten, die Sausenberger. Bis zum Jahre 1503 hatten diese ihren Sitz auf der stolzen Burg im Wiesetal, und es war eine glanzvolle Zeit, die die starken Mauern sich entfalten sah. Dann starb auch der letzte der Sausenberger, Philipp, und sein Herz fand in der Erde des Röttler Friedhofes die letzte Ruhe.
Nun war Röttelns Glanzzeit vorüber. Markgraf Christoph von Baden erbte die Grafschaft, doch überließ er einem Landvogt das Regiment in derselben. Ebenso taten es später auch seine Nachkommen.
Anno 1356 wurde Basel und die ganze Umgegend von einem heftigen Erdbeben heimgesucht, von welchem die Schweizer Chronik von Tschudi folgendes berichtet: »Am St. Lukastag (18. Oktober) im Weinmond um Vesper Zit kam ein großer Erdbidem, und demnach etliche kleine, und do es ward um die Zechne vor Mitternacht, do kam noch ein größerer und gar grausamer Erdbidem, der viel Stett, Schlösser, Kilchen und Kilchthürme niederfällt. Die kaiserliche Statt Basel am Rhin verfiel gar mit einander, – und ging in der verfallenen Statt Fhür uff, und kont etlich Tag niemand gelöschen vor dem steten Erdbidem. Im Basler Bisthumb verfielen 46 Schlösser; im Costanzer Bisthumb 38 Schlösser; und anderswo auch vil, dero etlich Namen hier verzeichnet sind: Brombach, Ottlikon, Reichenstein, Bärenfels, Pfeffingen ...«
Dieses furchtbare Erdbeben hat auch an Röttelns Mauern gerüttelt, wunderbarerweise ohne der Burg ernstlich Schaden zu tun.
1525 wurde die Burg von den rohen Scharen der Bauern genommen, im Dreißigjährigen Kriege abwechselnd von den Schweden und den Kaiserlichen.
Aber alle Feinde waren schonend bisher mit ihr verfahren. Da kamen die Franzosen unter Ludwig XIV. im Niederländischen Kriege 1678; sie belagerten die Burg, stürmten sie, und am 29. Juni lohten die hellen Flammen empor! Ein Gedicht, das dieses Ereignis schildert, möge hier Platz finden. Es erschien in Nr. 46 von »Feldbergs Töchterlein« im Jahre 1875.
»Beutegierig überschritten
hat der Franzmann unsern Rhein;
Plündrung folgte seinen Schritten,
und der Brände heller Schein.
Drum von Röttelns höchstem Turme
tönte plötzlich Notsignal,
Feinde nahen sich zum Sturme;
Feinde ringsum, überall!
Mannschaft, auf! Es geht zum Kampfe!
Nun gilt's Leben oder Tod!
Bald steht man im Pulverdampfe;
groß ist unsrer Streiter Not!
Abgeschlagen sind die Stürmer,
Ruhe herrscht im weiten Schloß!
Mannschaft ruht nun, wie der Türmer,
denn die Müdigkeit ist groß!
Schon entflammt die Sonn' im Osten,
bricht hervor auf ihrer Bahn,
als der vorderste der Posten
wieder sah die Feinde nahn.
Fluchbeladen ein Verräter
führte, pflichtvergessen ganz,
werdend so zum Missetäter,
Feinde in die stärkste Schanz.
Hier nun, von der Schanze Höhe,
richtet er sein schwer Geschütz
auf das Schloß, ob's fest auch stehe,
und es folgte Blitz auf Blitz.
Bald stand es in hellen Flammen,
leuchtete ins Tal hinein.
Stürzte krachend dann zusammen;
doch – wo wird die Mannschaft sein?
Eine Pfort' an busch'ger Halde
hat der Feind nicht aufgespürt!
Dort hinaus zum dunklen Walde
Burgwart Reif die Seinen führt.
Dort rief er mit Trauermiene:
›Ach, daß ich nun scheiden soll!
Lebe wohl, du Burgruine!
Liebes Rötteln, lebe wohl!‹«
Obgleich man jetzt nichts mehr von einem geheimen Gang weiß, geht doch die Sage, daß ein solcher vorhanden war und daß Burgwart Reif die Seinen auf diese Weise rettete.
Was noch zu zerstören übrig blieb, verwüsteten die Franzosen im Jahre 1702 nach der Friedlinger Schlacht.
Mit der Burg zusammen sank Rötteln, der Ort, in Trümmer. Im Lauf der Jahrhunderte war das ursprüngliche Dörfchen zu einem stattlichen Flecken emporgewachsen, – jetzt wurde alles ein Raub der Flammen, – nur die Kirche und wenige umliegende Gebäude blieben verschont. Die Einwohner und die markgräflichen Beamten zogen sich nach Lörrach hin, auch die öffentlichen Anstalten, die Rötteln gehabt hatte, wurden dorthin verlegt. Heute ist Lörrach ein fleißiges, freundliches Städtchen, – im Dorfe Rötteln sind nur wenige Häuser, in ihrer Mitte das schlichte Kirchlein, ... traurige Reste versunkener Herrlichkeit!
Auf dem Waldberg thronen ernst und majestätisch die Ruinen von Rötteln, und niemand, der nach Basel kommt, sollte versäumen, diese nach dem Heidelberger Schloß schönste und größeste Ruine des Schwarzwaldes zu besuchen. Jeder wird für die kleine Mühe des Weges sich reich belohnt finden!
Der Burgwart führt gerne herum, doch kann man wohl sehr gut selbst erkennen, welchen Zwecken die Gebäude gedient haben. Wo Ottos Wohnhaus früher stand, haben spätere Geschlechter eine Kapelle errichtet; noch findet man eine kleine, geborstene Säule dort liegen mit der Jahreszahl 1581.
Aus den tiefen Fensterhöhlen des Rittersaales schweift das Auge entzückt über das liebliche Wiesetal, und schaudernd sieht es vom Altanzimmer in die Tiefe, in die Walters Todessprung führte. Doch geradezu überraschend großartig ist der Blick vom Söller übers Land.
Auf einer Treppe steigt man im großen, viereckigen Turm hinauf; die Plattform oben ist mit einer hohen Brustwehr umgeben. Dort grüßen dich im Norden und Nordosten die tannenbestandenen, dunklen Schwarzwaldberge mit ihren Riesen Belchen, Blauen und Hornberg, und auf einer fernen Anhöhe kann ein gutes Auge sogar die Sausenburg erblicken. Im Westen und Nordwesten zeigt sich dir ein Stück des stolzen, deutschen Rheines, ein Stück des Elsaß und in matten Umrissen die Vogesen, vom Süden her aber winken und locken die schneebedeckten Alpenfirnen des Berner Oberlandes. Scharf und zackig heben sie sich am Horizont ab, der Mönch und Eiger, die Jungfrau, das Finsteraarhorn und alle die übrigen majestätischen Zeugen der Größe Gottes!
Dir das Bild auszumalen, mein lieber Leser, wäre vergeblich, – ich kann dir nur zurufen: Geh' selbst und sieh!
Doch möchte ich dein Auge noch auf einen Punkt alsdann besonders lenken und dich bitten: Hast du mir bisher Gehör geschenkt, so tue es noch jetzt für wenige Zeit!
Bitte, sieh hinüber nach Südwesten. Da zeigt sich dir ein kleines Kirchlein, mit seinem Turm aus dem Walde hervorragend, der die niederen Berge krönt, die das Wiesetal an der anderen Seite begrenzen. Das ist die Kirche der heiligen Chrischona! Zwar heute nicht mehr ein Wallfahrtsort wie einst in alten Zeiten – das war es freilich noch bis ins Mittelalter hinein. Was aber Antonius, der fromme Einsiedler, in seiner Vision sah, ist geschehen: Das helle Licht des Evangeliums leuchtete in der Reformation durch die Finsternis und das Menschenwerk der römischen Kirche, mit seinem glänzenden Strahl alles Dunkel bannend. Da wurde auch das Kirchlein gut evangelisch, und heute findest du neben den altehrwürdigen Mauern eine Missionsschule errichtet. Jährlich wallfahrten auch heute noch viele dorthin, freilich in anderem Sinne wie damals! Eine Pflanzstätte des Evangeliums ist dort geworden, und gleich einer Fackel strahlt es von dort hinaus in alle Lande bis hinüber über die Ozeane.
So ist auch Pater Rubertus Wunsch und Bitte erfüllt worden!
Menschengeschlechter sind aufgestanden und wieder zum Staub gesunken, und was Menschenweisheit erfunden, ist hochgerühmt – – – und von einer späteren Zeit als minderwertig beiseite gelegt worden! Burgen und Mauern, schier für die Ewigkeit errichtet, sind in Trümmer gesunken, – – eines ist geblieben: das Wort Gottes! Und ob man an Stelle des reinen Lichtes viel anderes Licht setzen wollte durch die Heiligen und menschliche Fürsprecher, ... »das Wort sie sollen lassen stahn!«
Mit seinem reinen, glänzenden Strahl leuchtet es immer wieder hell auf, unauslöschbar!
Das ruft uns auch ernst und liebreich das Kirchlein vom Chrischonaberge zu, während wir auf den Trümmern und traurigen Überresten versunkener Pracht und Größe in den Ruinen von Rötteln stehen!
Und noch auf die kleine Kirche in Rötteln müssen wir einen Blick werfen. Ihr Altar kündet uns die Überschrift: »Ich, Markgraf Rudolf, macht disi Kirchen in dem Jar do man zahlt von Gottes Geburt vierzehnhundert Jahr und ein Jar.«
Dieser Rudolf regierte von 1384-1428 und starb in einem Alter von vierundachtzig Jahren. Er und seine Gemahlin Anna von Freiburg ruhen in einer Seitenkapelle der Kirche, wo sie zwei Grabsteine haben.
Hast du auch dieses Gotteshaus besucht, so ruhe dich, mein freundlicher Leser, in dem hübschen Gasthaus »Röttlerweiler«, schaue hin zur Ruine und denke noch einmal mit Wehmut der »Letzten von Rötteln«.
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670 Ebo und Odalsinde von Rötteln.
898 Graf Wolfun zu Rötteln, Graf im Breisgau.
938 Walter von Rötteln beim Turnier zu Magdeburg.
1083 Dietrich von »Röttinleim« (Rötteln). Schirmvogt über die Güter vom Kloster Sankt Alban zu Basel.
1135, 1138 und 1139 Etliche Herren von Rötteln in verschiedenen Urkunden, so in der Übergabe der Kirche zu Wolfenweiler an das Kloster Sankt Peter.
1205-1213 Berthold von Rötteln, Bischof zu Basel.
1213-1215 Walter von Rötteln, Bischof zu Basel.
1218-1262 Kunrad von Rötteln, vermählt mit Edelgundis von Welsch-Neuenburg.
1262-1316 Walter, Otto, Lutold von Rötteln.
1273 Walter stirbt.
1308? Otto stirbt.
1311 Sein Sohn Walter stirbt.
1315 Lutold stirbt.
1316-1503 Die Herren von Sausenberg.
1503 Die Markgrafen von Baden.
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