Anzeige. Gutenberg Edition 16. Alle Werke aus dem Projekt Gutenberg-DE. Mit zusätzlichen E-Books. Eine einmalige Bibliothek. +++ Information und Bestellung in unserem Shop +++
Im Sitzungssaale des bischöflichen Palastes hatte sich eine glänzende Versammlung zusammengefunden. Da standen die von Eptingen, die Pfaffen, die Vitztume, die von Ramstein, von Kraffen, von Neustein, von Reichen, von Kriß und andere edle Herren auf der einen Seite des Saales und warfen finstere Blicke hinüber zu der anderen. Dort war an der Wand eine weißseidene Fahne mit grünem Sittich darin befestigt; unter ihr standen die Herren von Rhyn, die Kammerer, die Neuenburger am See, der Schenk von Usenberg, der Herr von Hasenburg, von Bärenfels und Rich von Richenstein, der Herzog von Teck, die Herren von Rötteln und andere Vertreter edler Geschlechter.
In der Mitte des Saales stand ein Tisch, mit golddurchwirkter Decke bedeckt; daran hatte Heinrich, der Bischof, Platz genommen und leitete die Verhandlungen. Er war ein Mann in mittleren Jahren; sein Haar war stark ergraut, aber in ungebeugter Kraft trug er das Haupt auf den Schultern; Energie und eiserne Entschlossenheit prägten sich in den scharf geschnittenen Zügen aus.
Heftige Reden waren da und dort erklungen; murmelndes Geräusch vieler Stimmen drang durch den großen Raum; mehr denn ein Auge blickte finster oder forschend auf den Bischof, der in stolzer Ruhe am Tisch saß und sich leise mit Karl von Neuenburg am See, seinem Schwager, unterhielt.
Jetzt trat dieser zurück; Heinrich erhob sich, mit der Hand Schweigen gebietend. Tiefe Stille trat ein, und laut und vernehmlich drangen seine Worte an die Ohren eines jeden.
»Ihr Herren vom Stern«, wandte er sich zu der Vereinigung von Adelsgeschlechtern, die diesen gemeinsamen Namen angenommen hatten im Gegensatz zu der Partei derer vom Sittich, »Klage ist erhoben worden wider euch hier zu Basel, daß ihr nimmer Frieden zu halten verstehet. Allerorten bändelt ihr an. Heute in der Morgenstunde ist mir sogar zu Ohren gekommen, daß einer der euren, ein Kraff, mit einem der Marschalke Streit angefangen und diesen niedergestochen hat, also, daß er lange Zeit gebrauchen wird, ehe denn er die alte Kraft wieder erhält. Ich frage euch nun, was ist's, daß ihr nimmer Frieden halten könnt?«
Da trat auf der Seite, wo die blutrote Seidenfahne mit dem weißen Stern im Feld an der Wand hing, ein Herr von Matzerell hervor. Finster schaute er den Bischof an, und drohend klang seine Stimme: »Ich geb' Euch die gleiche Frage zurück, Hochwürden! Was ist's, daß die vom Sittich nimmer Frieden halten können? Was ist's, daß sie sich immer so aufspielen, als ob die lieben Heiligen sie mit besonderer Fürsprach im Himmel beehrten? Was ist's, daß sie immer verlangen, allüberall den Vortritt zu haben, grad als ob bei uns keiner wär', der so edel sei denn sie, wo doch bei uns gar mancher ist, der sich kühnlich über die alle dort drüben stellen könnt'?«
»Ihr umgehet geschickt meine Fragen, Herr von Matzerell«, entgegnete mit ruhiger Stimme der geistliche Herr. »Ihr wisset so gut als ich, daß zu denen vom Sittich sich die ältesten Adelsgeschlechter zählen, desgleichen die Schaler von Basel, und vor allem die Mönche, deren geistlich Amt schon den Vortritt bei allen Gelegenheiten vor allen anderen fordert, und –«
»Und denen soll der Vortritt werden, wir weigern ihn nicht«, rief Herr von Matzerell dazwischen, »den anderen aber nimmer, und wär' ihr Adel zehnmal älter denn der unsere!«
»Schweigt, Herr«, fuhr der Bischof auf und winkte abwehrend Walter von Rötteln, der in heftigem Zorn bei des Ritters Worten nach dem Schwert gegriffen hatte. »Ihr redet erst, so ich schweige. Vergesset nimmer, daß ich der Bischof bin! Gleichwie jetzt habt ihr vom Stern immer dazwischen zu reden, wenn ich, der Bischof und Herr von Basel, etwas bestimme. Das ist die Klage, so ich persönlich gegen euch erhebe. Es kann auf diese Weise nimmer weiter gehen in unserer guten alten Stadt Basel, und derhalben stelle ich euch folgenden Antrag:
Zum ersten, in der heiligen Messe, desgleichen bei sämtlichen kirchlichen und weltlichen Festlichkeiten haben die Mönche und Schaler und nach ihnen alle anderen Mitglieder derer vom Sittich, die Grafen, Ritter und Herren, den Vortritt vor euch.
Zum zweiten, so ich etwas befehle oder verordne, habt ihr zu gehorchen. So einer meinet, etwas besser zu wissen, hat er's in aller Bescheidenheit, wie denn es sich der Kirche und ihren Häuptern gegenüber ziemet, zur rechten Zeit zu sagen und nicht, wie bis anhero, mit viel Geschrei allem entgegen zu sein, bloß, um sich zu widersetzen.
Zum dritten, ihr müßt den Ritter von Kraff ausliefern, der dem Herrn von Marschalke solche Verwundung beigebracht hat, auf daß er nach Recht und Gerechtigkeit die Straf' erleide, die er verdienet hat.«
Kaum hatte der würdige Herr geendet, so brach ein ungeheurer Sturm los. Die vom Sittich jubelten ihm zu; aber die vom Stern schrien durcheinander: so etwas dürfe nimmer geschehen – das könnten und dürften sie sich nicht bieten lassen, – das sei Hochmut und Ungerechtigkeit, eins größer denn das andere, – bis Herr von Matzerell als der Sprecher derer vom Stern wieder an den Tisch trat und wild rief: »Höret, Herr Bischof, was Ihr begehret, wird nimmer geschehen, – nimmer, höret Ihr? Den Schalern und Mönchen lassen wir den Vortritt, keinem anderen. Dem, was Ihr bestimmt, werden wir uns fügen, solange wir solches für gut befinden, und den Kraff, den bekommt Ihr nicht heraus, so wahr ich Matzerell heiße. Wollen die Marschalke Genugtuung, sollen sie sie sich holen. Das ist unsere Antwort auf Eure Rede.«
Totenstill war's bei seinen Worten im Saal geworden, jetzt scholl nur gedämpft ein Beifallsmurmeln der Seinen zu ihm herüber; mit verhaltener Wut griffen die vom Sittich nach ihren Schwertern, aber aller Augen waren erwartungsvoll auf den Bischof gerichtet.
Er erhob sich langsam von seinem Platz, seine Gestalt schien noch zu wachsen; mit eiserner Ruhe ließ er den Blick über die aufrührerischen Edlen gleiten und sprach, jedes Wort schwer betonend: »Da ihr euch nicht fügen wollt, auch auf meinen Versuch, mit euch Frieden zu halten, nicht eingehet, vielmehr erneuten Haß zeiget, so weise ich euch, kraft meines Amtes als der Stadt Basel geistlich und weltlich Oberhaupt, mit euren Weibern und Kindern aus den Grenzen der Stadt. In vierundzwanzig Stunden seid ihr hinaus.«
Die Wirkung dieser Worte war unbeschreiblich; es war, als wäre der Blitz zwischen die Versammelten gefahren. Auch die vom Sittich standen überrascht; das hatten sie noch nicht erwartet, wenngleich Graf Karl von Neuenburg am See und der Markgraf von Hochberg in der am Morgen in der Wohnung des Bischofs stattgehabten Versammlung eifrig dafür gesprochen hatten.
Bei denen vom Stern aber malten sich Überraschung, Staunen, Schreck, Ärger, Grimm auf den Gesichtern, bis der Zorn die Oberhand behielt und ein wildes Geschrei den Saal durchbrauste. Auch in die Gestalt des Herrn von Matzerell kam jetzt Leben. Totenbleich zwar war sein Antlitz; aber mit fast wuterstickter Stimme schrie er, vor dem Bischof mit der Faust auf den Tisch schlagend: »Das soll Euch bitter gereuen, Bischof von Basel, und euch, ihr vom Sittich, desgleichen! Habt wohl vergessen, daß der Graf von Habsburg mit Euch in Fehde liegt und einer der unseren ist! Der erhält anjetzo Hilfe, ihr Herren. Wir werden der verdammten Gesellschaft zeigen –«
Aber er kam nicht weiter. Mit wahrer Donnerstimme rief der Bischof in den tobenden Lärm: »Schweigt, und hinaus mit allen.« Er winkte den Dienern; die öffneten weit die Türen.
Aber die Ritter vom Stern zeigten nicht die Absicht, zu gehen; bissige Schmähreden flogen zu den Sittichen und blieben von dort nicht unbeantwortet, – schon flogen zu den Worten auch hüben und drüben die Schwerter aus den Scheiden, – da trat der Bischof zwischen die Parteien, erhob die Arme und rief beiden zu: »Wer von euch, dort oder hier, das Schwert wider den anderen zückt, wird mich zuerst treffen! Und nun, ihr Herren vom Stern, verlasset den Saal.«
Da sanken die Schwerter; allmählich begann der Raum sich zu leeren. Als letzter verließ Herr von Matzerell den Saal und murmelte im Hinausgehen: »Ihr werdet unserer und des heutigen Tages gedenken!«
Als sich die Türen hinter ihm geschlossen hatten, wandte sich Bischof Heinrich zu den Zurückgebliebenen.
»Das war eine schwere Stunde«, sprach er hochaufatmend, »und manche schwere Stunde wird sie im Gefolge haben; solches dürfen wir uns nimmer verhehlen. Gehet nun heim, ihr liebwerten Herren und Freunde, und betreibet die erneuten Rüstungen aufs beste. Ihr wisset, wie es stehet, wisset auch, daß der Waffenstillstand zwischen dem Habsburger und mir nur vorübergehend sein kann. Noch folgt kein Friede, aber dafür haben wir noch mehr Feinde! Doch, was auch komme, wir stehen zusammen, fest wie ein Mann!«
»Wie ein Mann«, hallte es durch den Saal; alle umdrängten den geistlichen Herrn, jeder wollte ihm die Hand reichen, und aufs neue durch Manneswort fest verbunden, verließen auch sie den Versammlungssaal.
*
Am 18. April, nachmittags.
Schier wolkenlos wölbt sich heute der Himmel über der Erde; in frischem Grün prangt die Natur. Ein leichter Wind streicht durch die Bäume am Waldberg und Föhrenbühl. Die Schlüsselblümchen und Anemonen blühen, die Veilchen duften, und ist die Erde wonnig schön geschmückt. Ich war nach dem Mittagsmahl in den Garten gegangen, hatte mich in eine versteckte, dem Sinnieren geeignete Laube gesetzt und wollte über die Epistel an die Korinther nachdenken. Als ich den schmalen Weg entlang schaute, gewahrte ich Elisabeth, die langsam daherkam. In ihrem weißen Gewand paßte die schlanke Gestalt mit den blonden Flechten auf dem Haupt recht in die Frühlingswelt hinein; aber ich sah allsogleich, daß sie traurig war und daß Tränenspuren auf ihren Wangen waren.
Erschreckt trat sie zurück, da sie meiner ansichtig wurde, aber ich bat sie: »Bleibet, Herrin, und so Ihr allein sein wollt, will ich gehen, – aber vielleicht lasset Ihr mich teilnehmen an Euren Kümmernissen.«
Dankbar schaute sie mich an, schlug die Hände ineinander und sagte seufzend: »So vieles drückt mich, Herr Pater!« Und sie sprach zu mir von ihrer Sorge um die Zukunft, die ja freilich durch die Geschehnisse heute drunten in Basel um vieles dunkler geworden ist, sprach von ihrer Sorge um die Burg, um die Mutter, um die Brüder, besonders um Otto. Erstaunt fragte ich: »Warum gerade um diesen?« Mit Tränen erklärte sie mir seinen jetzt oft so finsteren Ausdruck, – Barmherziger, also nicht das Herz treibt ihn zu seiner Braut, sondern die Pflicht! Nimmer ahnte ich solches! Armer Mann – – und armes Weib! Aber doch müssen alle Dinge uns zum besten dienen, – solches sagte ich ihr und fügte hinzu: »Wisset, vieledle Jungfrau, daß Ihr selbst, Eure Mutter, Eure Brüder, die Burg Eurer Väter und auch die bevorstehende Heirat des Grafen Otto unter der Obhut des Höchsten stehen! Wisset, daß seine starke Hand alles Ungemach abwenden kann. Nichts kann uns geschehen, denn was er für gut befindet; wollt Ihr das glauben, Herrin?«
Sie neigte das Haupt: »Ich will's glauben, Hochwürden.«
»Sehet, Herrin«, fuhr ich fort, »in den starken Händen des Allmächtigen sind wir geborgen, er führet uns und bewahret uns!«
»O Herr Pater«, rief sie, »daran will ich gedenken, so mich wieder die Angst anwandeln will, wenn meine Mutter zu den von der Seuche Befallenen im Dorfe geht – und Ihr, Pater Rubertus, mit ihr!«
Ihre Stimme war ganz leise geworden; besorgt schaute sie mich mit den blauen, klaren Augen an, – – es hat mich seltsam durchzittert, so fragte niemand seit meiner Kindheit mehr nach mir – – ich blickte zu Boden und sagte leise: »Wir sind alle in Gottes Hand; sorget Euch nicht, Herrin! Nehmet das eine Wort des Hochgelobten mit Euch, das tröstet besser denn mein schwach Wort: ›Alle eure Sorge werfet auf ihn; er sorget für euch.‹ Und mit dem ›er‹ ist nicht einer unserer lieben Heiligen gemeinet, sondern unser Erlöser selbst. Denket darüber nach, solches bringt Euch den besten Trost.«
Sie erhob sich und reichte mir die Hand: »Ich danke Euch, Pater Rubertus!«
Ich hielt einen Augenblick ihre Hand, dann wandte sie sich zum Gehen. –
An einen unserer klaren, blauen Bergseen gemahnen mich ihre Augen, ... mir ist zu Sinn, als läge ein gar köstlicher Schatz in seiner Tiefe, den zu heben nur einem Auserwählten und Glücklichen gelingen könne und beschieden sei, – – o Rubertus, wohin irren deine Gedanken.
Ich will hinab zum Dorf, das Licht des reinen Gotteswortes in die Herzen tragen, die im Dunkel des Schmerzes sind, und Auferstehungshoffnung dorthin, wo der bittere Tod eingekehrt ist.
Am Abend des gleichen Tages.
Nach dem Nachtessen bat mich Gräfin Edelgundis, ihr ins Wohngemach zu folgen. Wir setzten uns an den Kamin, in dem ein helles Feuer flackerte. Sie sah bleich aus, wie sie den Kopf mit dem vollen, weißen Haar anlehnte, und tiefe Trauer lag auf ihrem feinen Gesicht. Und nun sprach sie zu mir über die Entstehung jenes Heiratsplanes zwischen Graf Otto und Gräfin Odalsinde. Ein Mönch kam einst in die Burg und bat um Nachtherberge. Sie ward ihm gewähret. Da er fortziehen wollte – gen Einsiedeln, wie er sagte –, sah er die drei Knaben im Zwinger spielen. Er schaute sie lange an, wandte sich zum Grafen Kunrad, der mit Gräfin Edelgundis dabei stand, und sagte: »Nur auf dem zweiten steht die Hoffnung, Euer Geschlecht zu erhalten. Sorget aber beizeiten für ein Gemahl, sintemalen zu befürchten stehet, daß er den Pergamenten besserer Freund wird denn den Weibern.« Da der Mönch fort war, brachte ein Bote von der Sausenburg Kunde, daß ein Töchterlein geboren sei. Die Sausenhardter Gräfin war eine Schwester des Rötteler Grafen, mithin die nächsten Verwandten die Sausenhardter. Graf Kunrad nahm solches als einen Wink der Heiligen, ritt gen Sausenburg und schloß den Vertrag. Also verhält sich die Angelegenheit.
Schier wandelte mich das Lachen an, da ich an ein Aussterben des edlen Geschlechtes dachte, aber unmöglich ist es wohl auch nicht. So war es gut, daß der gräfliche Vater der Warnung acht hatte, – – man soll auf warnende Stimmen hören! Doch hätte man dem Vertrag hinzufügen müssen: so sich die Herzen finden! Solches ist nun nicht geschehen, – – doch der Allmächtige kann auch aus dem unguten Tun der Menschen Gutes machen!
Das sagte ich der edlen Frau; sie aber hatte noch eine andere Sorge: »Wahr ist es, was Ihr saget, und es mag ja auch insofern zum Guten gereichen, als sie im Bewußtsein, recht zu handeln, friedlich dahin leben. Wie nun aber, so in ihren Kreis einer oder der andere tritt und dann vielleicht beide die zwingende Macht der Liebe kennenlernen, die sie nicht zueinander, nein, zu Fremden hinzieht?«
»Das möge Gott verhüten«, rief ich betroffen, »daran dachte ich nimmer! Da laßt uns das einzige tun, edle Herrin, was getan werden kann: in treuer Fürbitte eine Mauer um die beiden aufführen, daß ein solcher Feind nimmer in den Garten des Ehefriedens eindringen kann.«
Sie reichte mir bewegt die Hand. Es war lange still in dem Gemach. Im Kamin fielen einige Holzstücke zusammen; die Gräfin hob den Kopf. Ich wollte mich entfernen, sie aber bat: »So Euch nicht ein Pergament rufet oder ein ander Ding, dem Ihr Eure Zeit widmen möchtet, Hochwürden, so bitte ich Euch, bleibet und erzählet mir von Eurem Leben im Kloster zu Einsiedeln.«
»Gern«, entgegnete ich und hob an, von der frommen Brüder Leben und Treiben zu erzählen, von dem Gang der Gottesdienste, von den Künsten und Wissenschaften, die sie im Kloster üben, und von dem, was sie der Menschheit durch dieses und vor allem durch ihre medizinische Gelehrsamkeit Gutes und Nützliches erweisen.
»Des besonderen zeichnet sich in der Kunst des Malens einer unserer älteren, der Pater Hieronymus, aus«, schloß ich endlich; »er ist darin wohlbewandert, und gar manch lieblich Bild ist unter seinen Händen entstanden; gar manch Werk in der Bibliotheka ist mit farbigen Buchstaben und Verzierungen von seiner kundigen Hand prächtig geschmückt. Er ist einer der tüchtigsten im Kloster, und mit hoher Freude darf ich's sagen, daß er mein Freund im besonderen geworden ist.«
Die Gräfin hatte sich aufgerichtet und lauschte; ein Zug tiefer Wehmut ruhte auf ihrem Antlitz. »Da habt Ihr einen gar guten Freund, Herr Pater«, sagte sie jetzt leise.
Überrascht sah ich auf. »Kennt Ihr Pater Hieronymus?«
Eine feine Röte stieg in ihre Wangen. »Ich kannte ihn, ja. Ein andermal müßt Ihr mir mehr von ihm erzählen. Heute verzeihet, so ich mich zurückziehe; ich bin sehr müde.«
Sie reichte mir die Hand und schritt hinaus.
War's Wirklichkeit, oder hatte es mir nur bei dem flackernden Feuer so geschienen, daß ihr Antlitz nicht so ruhig denn sonst gewesen, auch in ihrem Auge es feucht geschimmert hatte? Wundersame Gedanken kamen mir; ich gedachte des ernsten Freundes und seiner seltsamen Bewegung, da er von Rötteln hörte, – – fast will es mir scheinen, als zöge sich ein unsichtbar Band zwischen dem stillen Kloster und der stolzen Burg.