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Wir sind gewohnt, die Zeit des Rokoko als die Zeit höfischer Etikette, Grazie und Prätiosität zu empfinden. Aber es ist doch einmal nötig, diese Meinung unserer Väter mit unseren eigenen Augen nachzuprüfen und unsere eigenen Gefühle und Ansichten als Maßstab an die Menschen des absolutistischen Zeitalters in Europa zu legen. Das absolutistische Zeitalter deckt sich ja etwa mit der Zeit, die so voll schöner Förmlichkeit und Würde gewesen sein soll.
Der Hof Ludwigs XIV., des Sonnenkönigs, war das glänzendste und vollendetste Beispiel. Und wie sah es da aus? Die krasseste Sittenlosigkeit konnte von allem Pomp und aller Etikette nicht verdeckt werden. Von Louis XIV. und seinen Mätressen weiß man mehr als genug. Und seine Hofleute gaben ihm nichts nach. Herzoginnen dinierten nackt in Herrengesellschaften und legten sich in öffentlichen Räumen ihren Geliebten in den Schoß. Vom Bruder des Königs schrieb eine an den französischen Hof durch Heirat verschlagene ehrliche deutsche Prinzessin:
»Er ist mehr auf Buben verpicht, als nie; nimmt Lakaien aus den Vorsälen ... Außer meinem Sohn noch drei oder vier andere, sonst ist kein einziger, so nicht mit diesem Laster behaftet ist, verkaufen sich alle um Geld. Das Parterre von der Oper ist wie ein Pferdsmarkt. Da wählen sie, wen sie wollen. Man find't allerhand Preis.«
Die Schwester des Prinzen Eugen ließ alle Abend das Theater nach wohlgebildeten Männern durchsuchen und gebar in jedem Jahr einen Bastard.
Das alles waren Dinge und Vorkommnisse, die durchaus nicht als skandalös auffielen. Sie waren einfach alltäglich und durchaus nicht vereinzelt. Man braucht nur irgendein Memoirenwerk oder Briefsammlungen und Reiseschilderungen aus jenen Jahrzehnten aufzuschlagen, um zu sehen, wie verderbt und mißleitet das Triebleben der Männer und der Frauen jener bewunderten Hofgesellschaften war.
Fast könnte man meinen, daß die Etikette und Eleganz eigentlich nur erfunden waren, um all die Widerwärtigkeiten zu übertünchen. Und selbst die Tünche hielt nicht überall dicht.
Da war es nur zu natürlich, daß die Fürsten, die dem Sonnenkönig seine Herrscherallüren abgeguckt hatten, ihm auch im Hofleben nacheifern wollten. Und so sehen wir denn am Hofe des ersten Preußenkönigs auch die Mätresse auftauchen.
Friedrich I. war kein großer Geist und machte alle Beschränktheiten seiner Zeit mit. Er war abergläubisch und ließ sich von einem italienischen Goldmacher düpieren – den er dann allerdings auch in Küstrin aufhängen ließ. Zwischen den Kriegen beschäftigten ihn hauptsächlich hohle Lustbarkeiten. Und seine Frau Sophie Charlotte, die Freundin von Leibniz, diese geistvolle, lustige, ja gern zu tollen Streichen aufgelegte Person, sah er fast nur öffentlich. Während sie in Charlottenburg ein heiteres Hoflager hielt und mit ihrem reichen Geist manchen bedeutenden Kopf zu fesseln wußte, gab sich der König mit eitlem, selbstgefälligem und verschwenderischem Gepränge ab.
So ist es denn wohl auch denkbar, daß er nur zum Schein, aus Repräsentationsgründen, eine Mätresse hielt. Und doch muß hier ein leiser Zweifel gestattet sein, denn die Gräfin Wartenberg konnte manches bei ihm durchsetzen. Auch war er sehr häufig und meist lange Stunden mit ihr zusammen; das deutet doch auf eine größere Intimität. –
Die Gräfin Wartenberg hatte der König auf ihrer Hochzeit mit dem Grafen kennengelernt. Der Graf hatte den ehrlichen und bedeutenden Kanzler Danckelmann, der wohl die Verschwendungssucht des Fürsten nicht mehr dulden wollte, in den höchsten Ämtern des Staates abgelöst. Pöllnitz berichtet von ihm und der Wartenberg auf folgende erbauliche Weise:
»Dies war Johann Casimir, Freyherr von Colbe, nachheriger Graf von Wartenberg. Er war schon bey Lebzeiten des Churfürsten Friedrich Wilhelm im Gefolge der Pfalzgräfin von Simmern, einer Tante Friedrichs I. am Hofe erschienen. Colbe war damals noch jung, schön und wohlgewachsen. Seine angenehme Gestalt, sein Anstand, seine Manieren zogen Friedrichs Aufmerksamkeit auf sich. Er wünschte ihn an sich zu ziehen. Allein Colbe stand damals mit der Prinzessin von Simmern in Verbindungen, die ihm nicht erlaubten, sich von ihr zu trennen. Er kehrte also mit ihr nach der Pfalz zurück. Friedrich Wilhelm ernannte ihn zum Staatsrat, und nach dieses Fürsten bald nachher erfolgten Tode machte ihn Friedrich I. zum Schloßhauptmann und ersten Stallmeister. Colbe war immer demütig und einschmeichelnd, und stellte sich dabei, als ob er sich ganz und gar nicht in Staatssachen mische. Dadurch erwarb er sich bald die Freundschaft des Oberpräsidenten, der viel zu seiner Erhebung beitrug. Es war damals gerade die erste Stelle bei Hofe durch den Tod des Oberkämmerers, Grafen von Dönhoff erledigt. Der junge Günstling erhielt sie. Mit dieser Stelle verband er in der Folge noch die Stellen eines Premierministers, Oberstallmeisters, Oberhofmeisters und Curators aller Universitäten und Akademien. Er bekam soviel Pfründen, daß er allein ein Jahresgehalt von 123 000 Talern bezog. Er erhielt ferner die Oberaufsicht über die prächtigen Bauten, die der Kurfürst ausführen ließ, das Schloß, das Zeughaus usw. Hätte seine Gemahlin weniger Ehrgeiz oder er für sie weniger Gefälligkeit gehabt, würde er allgemein geliebt worden sein. Diese Frau spielte damals am Hofe eine zu große Rolle, als daß ich sie hier so ganz mit Stillschweigen übergehen könnte. Sie war aus Emmerich im Herzogtum Cleve gebürtig. Ihr Vater hieß Ricker und war ein Schiffer. Er hielt eine Winkelschenke, wohin seine zwei Töchter die Gäste anlockten. Der Kammerdiener des Kurfürsten, namens Biedekap, hörte in Cleve von der Artigkeit dieser beiden Mädchen sprechen, und war neugierig genug, sie zu besuchen. Er verliebte sich bald in die Aelteste, Katharine, und heiratete sie. Als er sie nach Berlin brachte, gefiel sie dem Herrn von Colbe. Er erklärte ihr bald seine Liebe und ward erhört. Sie bekam hierauf zwei Kinder, einen Sohn und eine Tochter, die Biedekap gutherzig auf seine Rechnung nahm. Dieser gute Ehemann starb endlich.
Der Herr von Colbe ersetzte hierauf bald seine Stelle. Seine Vermählung ward im Beisein des Kurfürsten im Hause des ersten Kammerdieners desselben gefeiert. Ich weiß nicht, durch welche Reize die Neuvermählte sich die Gnade des Kurfürsten zu erwerben wußte. Soviel aber ist gewiß, daß er von diesem Tage an eine gewisse Achtung für sie hatte, aus welcher man schließen wollte, daß sie ihm nicht so ganz gleichgültig sei. Ich hingegen kann mit Gewißheit versichern, daß er nie wahre Zuneigung zu dieser Frau gefühlt hat. Ich will die eigenen Worte hier anführen, die ich ihn einmal selbst in Ansehung dieser Frau habe aussprechen hören. Es war in einem von den Augenblicken, wo der Kurfürst auf den Herrn von Colbe übel zu sprechen war, und wo er sich gar nicht verstellen konnte.
›Ich weiß es recht gut,‹ sagte er, ›daß man in dem Wahne steht, als lebte ich mit der Gräfin von Wartenberg in heimlichem guten Vernehmen; aber ich beteure es hier vor Gott, daß es falsch ist, und daß sie mich auch selbst nicht ein einziges Mal in Versuchung geführt hat.‹
Auch sprach ich einst mit der Gräfin von Wartenberg im Haag von den verflossenen Zeiten. Ich zählte ihr im Scherze alle ihre ehemaligen Verehrer her, und führte darunter auch den König Friedrich I. auf. Allein sie fiel mir gleich ins Wort und sagte: ›O, was den König betrifft, da irren Sie sich. Es ist nie etwas zwischen ihm und mir vorgefallen. Da ich Ihnen die übrigen eingestehe,‹ setzte sie hinzu, ›so würde ich Ihnen dieses umso weniger leugnen, da es unstreitig wohl die ehrenvollste Eroberung gewesen wäre.‹«
Wenn auch Pöllnitz meint, die Wartenberg sei nicht schön gewesen, so muß sie doch irgendeinen Reiz gehabt haben, der die Männer bezwang. Sonst hätte sie der Kammerdiener Biedekap, der sie doch auch gewiß so haben konnte, nicht aus der Schenke ihres Vaters weggeheiratet. Und sonst wäre ein Mann, dessen Manieren und Geschmack besonders gerühmt werden, wie Graf Wartenberg, nicht auf sie hereingefallen – ebenso wie zahlreiche andere Männer und wie auch bis zu einem ziemlich kompromittierenden Grade der König – der allerdings nicht durch große Geistesgaben angezogen zu werden brauchte, denn selbst die sprühende Intelligenz seiner Frau fesselte ihn nicht.
So müssen denn wohl andere Gründe mitgewirkt haben, die Wartenberg so begehrenswert zu machen, daß der sonst so prätiöse Fürst sich mit der Wartenberg so angelegentlich beschäftigte, und daß die Schenkmamsell aus einer Schifferkneipe so viele höfische Männer und deren Adelsstolz bezwang.
Sie wird eben eine Frau mit großem sexuellen Trieb gewesen sein, die ja immer ihrer Wirkung sicher sind – sicherer als Schönheiten und sicherer als kluge Frauen. Gerade so veranlagten Frauen werden die Männer viel leichter untertan als anderen, feiner organisierten weiblichen Wesen. Gerade sie sind es, die zu Mätressen der Fürsten – und damit zu deren Herrschern werden.
Und die Wartenberg hat den ersten preußischen König beherrscht. Sie konnte mehr bei ihm erreichen als seine eigene Frau.
Sophie Charlotte nahm das alles mit dem gesunden Humor einer Frau von Welt auf. Sie fühlte sich nicht sonderlich gekränkt durch die Intimität ihres Mannes mit einer anderen. Allerdings äußerte sie im Jahre 1700 in Brüssel zu dem durch seine Ausschweifungen berüchtigten Kurfürsten Max Emanuel von Bayern:
»Ohne mir schmeicheln zu wollen, darf ich glauben, daß ich mich besser dazu geschickt hätte, Ihre Frau zu sein, als die Kurfürstin (Therese Sobiesky, eine sehr launenhafte schöne Polin). Sie lieben das Vergnügen, ich hasse es keineswegs. Sie sind galant, ich bin nicht eifersüchtig. Mich würden Sie nie böse sehen, und ich glaube, wir hätten eine gute Ehe miteinander führen können.«
Man sieht, sie war wie geschaffen, die Frau eines Fürsten zu sein, der sich Mätressen hielt. Sie wußte auch ihren Vorteil aus der Mätressenwirtschaft zu ziehen. Als sie einst mehrere Höfe bereiste um die Anmerkung der Königswürde des bisherigen Kurfürsten von Brandenburg durchzusetzen, ging ihr das Geld aus. Sie ließ nun vom Grafen Wartenberg, der die Geldangelegenheiten des Hofes besorgte, mehr fordern. Er machte ihr bei dieser Gelegenheit die Bedingung, seine Frau bei der Cour anzunehmen, wo sie bis jetzt noch nicht hatte erscheinen dürfen, indem damals diese Ehre bloß den Personen von Geburt vorbehalten war. Die Königin, die sich von dieser Reise viel Vergnügen versprach, willigte darein, die Gräfin von Wartenberg bei sich zu sehen, machte sich dabei aber aus, daß ihr in ihren Ausgaben nichts vorgeschrieben, ihre Einkünfte für die Zukunft auf 20 000 Taler erhöht und ihr überdem noch 150 000 Taler ausgezahlt würden, um ihre Schulden damit tilgen zu können. Dieser Vergleich wurde von dem Oberkämmerer und der Frau von Pöllnitz, die das ganze Vertrauen der Königin besaß, unterzeichnet. Die Gräfin von Wartenberg erschien nun am Hofe, und einige Tage darauf reiste die Königin unter dem Vorwande, die Bäder in Aachen gebrauchen zu wollen, mit der Kurfürstin von Hannover, ihrer Mutter, ab.
Die Wartenberg war überhaupt herrschsüchtig. Sie benutzte jede Gelegenheit, sich aufzuspielen.
Der Tod der Königin (1705) brachte große Veränderungen in der gewöhnlichen Lebensart bei Hofe hervor. Die steife Etikette und das traurige Hofzeremoniell verbannten alle Freuden und Ergötzlichkeiten davon. Da die Gräfin von Wartenberg jetzt niemanden mehr zu fürchten hatte, ließ sie ihren Launen freien Lauf und machte durch ihren Stolz, mit dem sie den übrigen Damen begegnete, den Hof wüst und leer.
Wie sie es fertig brachte, sich unbeliebt zu machen, und wie sie ihren ziemlich ordinären Charakter zeigte, mag folgende amüsante Episode lehren:
Eine Taufzeremonie gab Anlaß zu einem Rangstreite zwischen der Gräfin von Wartenberg und der Frau von Lintlo, Gemahlin des holländischen Gesandten. Die Gräfin von Wartenberg ging bei allen feierlichen Gelegenheiten unmittelbar hinter den Prinzessinnen von Geblüte, seitdem ihr nämlich die Herzogin von Holstein den Vortritt gegen 10 000 Taler eingeräumt hatte, die der König ihr hatte zahlen lassen. Beim Zuge zur Taufkapelle machte die Frau des holländischen Gesandten den Versuch, vor die Gräfin Wartenberg zu kommen. Sie sprangen voreinander her und gerieten sich in die Haare. Sie würden noch mehr Ärgernisse gegeben haben, wenn nicht der Zeremoniemeister, Herr von Besser, die Kämpferinnen auseinandergebracht hätte. Die Gräfin behauptete das Schlachtfeld und trug ein Stück vom Kopfputze ihrer Feindin als Siegeszeichen davon.
Diese Szene führte zu diplomatischen Händeln.
Eine Weibereitelkeit hätte beinahe dazu geführt, dem jungen preußischen Staat Ungelegenheiten zu machen. Denn es ist sehr die Frage, ob er gut gefahren wäre, sich von den gegen Frankreich Verbündeten zu trennen. Jedenfalls zeugte diese Affäre von dem beschränkten weibischen Hochmut der Wartenberg, die um so eifersüchtiger auf ihre Stellung bedacht war, als man sie an ihre gerade nicht empfehlenswerte Herkunft erinnerte. Doch nicht immer liefen ihre Affären so glänzend ab. Friedrich I. hatte eine zweite Frau geheiratet, die nicht so weitherzig und diplomatisch wie die erste war. Als die Gräfin auch zur neuen Königin unbotmäßig wurde, wollte diese sie aus dem Fenster werfen lassen. Die Gräfin mußte sich schleunigst fortbegeben.
Bei einer andern Gelegenheit mußte die Gräfin erfahren, daß sie auch beim König nicht alles durchsetzen konnte. Eine russische Ministersfrau kam nach Berlin und lud neben andern hervorragenden Personen auch die Gräfin ein. Die Gräfin wollte wieder den Vorrang. Da aber Rußland zu mächtig war, mußte die Gräfin eine Abbitte bei der Russin leisten.
Als der König, den die Demütigung der Gräfin mehr schmerzte als sie selbst, sie am folgenden Tage bei der Königin antraf, machte er ihr Vorwürfe darüber, daß sie ihm solche Unannehmlichkeiten zuziehe, und erklärte ihr zugleich, daß sie für die Zukunft ihr Betragen ganz abzuändern und niemanden mehr zu beleidigen habe, widrigenfalls er andere Maßregeln ergreifen würde. Da die Gräfin eine solche Sprache von Seiten des Königs gar nicht gewohnt war, so hielt sie sich schon für ganz verloren. Sie ging daher ihren Mann an, den Hof zu verlassen. Dies war vielleicht der einzige kluge Rat, den sie ihm jemals gegeben hatte, aber auch der einzige, den er nicht befolgte.
Der Kronprinz, der spätere König Friedrich Wilhelm I., entlarvte im Jahre 1711 die Mißwirtschaft des Grafen Wartenberg, der durch sein Beispiel das preußische Beamtentum stark korrumpiert, und der auch die Umschaffung des Landes aus einem rein mit Leibeigenen besetzten in ein wohlhabendes Bauernland verdorben hatte. Doch ließ ihn der König nicht in Haft nehmen, wie er es vorher mit dem verdienten Danckelmann getan, sondern wies ihm Frankfurt am Main als Wohnsitz an, bewilligte ihm auch eine Pension von 24 000 Talern, die auch auf die Gräfin übergehen sollte, wenn sie ihren Mann überleben würde.
Graf Wartenberg und seine Frau packten schleunigst ihre Möbel und Effekten, deren sie eine ungeheure Menge besaßen. Die Gräfin nahm allein für 500 000 Taler Diamanten mit sich; das übrige hatte einen Wert von Millionen – die wahrscheinlich recht trüben Ursprungs waren.
So endete die Episode der Mätresse des ersten preußischen Königs. Das famose Ehepaar Wartenberg hatte immer einander unterstützt. Und wenn der Graf auch anfänglich schon die Gunst des allerdings nicht mit Menschenkenntnis begabten Fürsten genoß, so wußte sich die Gräfin eine noch größere Gunst zu erringen und so ihren Mann wesentlich zu unterstützen. Es muß doch seine Gründe gehabt haben, daß Friedrich I. täglich stundenlang mit dieser Gastwirtstochter zubrachte. Sonst hätte wohl auch Schlüter sich nicht einen der beliebten Architektenscherze erlauben dürfen. Über einem Fenster an dem Portal, das zu den Zimmern führte, in denen sich der König mit der Gräfin aufzuhalten pflegte, ließ der berühmte Baumeister ein Basrelief anbringen: Venus, auf einem schlafenden Löwen ruhend, in der Hand die Keule des Herkules haltend, mit der ein Liebesgott spielt.
Als ihr Mann gestorben war, ging die Gräfin nach Paris und verlobte sich dort mit einem sächsischen Edelmann. Der bemächtigte sich ihrer Juwelen und ging damit durch, indem er ihr in einem offenen Schreiben erklärte, er behielte die Geschmeide als Entgelt für die böse Krankheit, die er ihr verdankte. Er mußte sie jedoch wieder herausgeben. Zuletzt ging die Dame nach dem Haag, wo sie selbst in weit vorgerückten Jahren immer noch ihre üppige Lebensart fortsetzte, und 1734, sechzig Jahre alt, starb. Sie selbst hat behauptet, »daß man eher die Muscheln von Scheveningen zählen könne als ihre galanten Abenteuer«.
Ein einziger entging dieser Löwin des achtzehnten Jahrhunderts – der starke August von Sachsen-Polen. Ihr Galan, Mylord Raby, traf die Gräfin einst, diesen vielgeliebten starken Mann in Berlin fest umschlingend; dieser hatte Mühe, sich aus ihren Armen loszumachen, aber er erhörte sie nicht.
Jedenfalls deuten die Abenteuer ihres Alters darauf hin, daß man recht hat, wenn man die Gräfin Wartenberg für eine jener stark erregten Frauen hält, die gerade dadurch die außerordentliche Begierde der Männer reizen. So ist vielleicht auch der Flirt zu verstehen, den sie mit dem sonst so schwächlichen, zimperlichen König hatte – dieser Flirt, der ihr alle Rechte einer wirklichen Mätresse einbrachte. Der König wird bei diesem Flirt, wenn es wirklich dabei geblieben ist, ebenso auf seine Rechnung gekommen sein wie andere Fürsten, die ihre Mätressen ganz besaßen.