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Einunddreißigstes Kapitel.

Ich entdecke, daß die Zeit Wunder wirkt. – Ich schiffe mich mit meinem Gefolge wieder ein und finde, daß der letzte Schritt, den ich gethan habe, ein schlüpfriger ist.

—————

Doch ich spreche gar nicht mehr von meiner Schwester. Sie vermied mich. Ohne Zweifel hatte sie die unnatürliche Glut, welche so oft in meinen Augen aufzuckte, beunruhigt oder ihr Mißfallen erregt. Sie befürchtete einen beginnenden Wahnsinn. Wenn wir beisammen waren, zeigte sie sich stets sanft und freundlich – o, nur zu freundlich. Wären wir eines Glaubens gewesen, so würde sie sich bemüht haben, den Trost der Religion in meine aufgeregte Seele zu gießen, aber sie wagte es nicht, aus dieser gebenedeiten Quelle der Hoffnung – diesem einzigen Brunnen für den Elenden mich zu tränken. Sie bemitleidete mich, und ließ mich viel allein.

Bei Allen an Bord war sie sehr beliebt geworden, und sogar ihre Schüchternheit schien die Achtung der Schiffsmannschaft zu erhöhen. Mit einigem Schmerze bemerkte ich, daß die Miene und die anmuthige Zuversicht eines Petitmaitres, welche sie annahm, ihrem Wesen eine Unabhängigkeit gab, die zwar wunderhübsch anzusehen, aber doch vielleicht ihrer weiblichen Haltung nachtheilig war.

Obschon sie sich übrigens so leicht in die Umstände fügte und stets ein Lächeln für jeden Scherz oder einen dankbaren Beifallsblick für jede Freundlichkeit, welche ihr die rauhen Matrosen erwiesen, bereit hatte, so war sie doch, wenn sie sich unbemerkt glaubte, nicht heiter, ja nicht einmal zufrieden. In der tiefen Stille der Nacht konnte ich stundenlang ihr leises, halbunterdrücktes Schluchzen hören. Warum aber auch so lang bei diesen wenigen Wochen des Elends verweilen? Wir bedurften der Thätigkeit – der Aufregung von außen, und sie kam nur zu bald.

Der amerikanische Kapitän hatte uns ganz und ohne Vorbehalt die Benützung der Hauptkajüte überlassen. Allerdings nahm er täglich sein Mittagsmahl und seinen Kaffee bei uns ein, aber er that dies blos als einen Beweis der Achtung, ohne es als ein Recht in Anspruch zu nehmen. Nach sieben Uhr Abends sahen wir ihn nicht mehr bis zum andern Morgen. Der edelherzige Amerikaner prunkte nicht mit seiner Großmuth, denn wenn ich von der beabsichtigten reichen Belohnung für die viele Unbequemlichkeit, die ich und die Meinigen ihm machten, und für die vielen Opfer, die er unserer Bequemlichkeit brachte, sprach, so wies er meine Zusage nicht mit der stolzen Miene eines Mannes zurück, der eine großmüthige Handlung übt. Er gestand zu, daß er zu einer Entschädigung berechtigt sei und sie bereitwillig annehmen wolle, wenn sich Gelegenheit dazu biete, obgleich er andererseits völlig damit zufrieden war, wenn wir sein Benehmen gegen uns als einen Akt der Menschenfreundlichkeit betrachteten, die ihren Lohn nur in dem eigenen Busen suchte. Dieses angenehme Einverständnis bannte alle Verlegenheit, obschon ihn unser Unglück stets veranlagte, uns mit einer Achtung zu behandeln, die sein republikanischer Geist dem höchsten Range des Feudaladels verweigert haben würde.

Wir näherten uns schnell der kühleren Breite des Südens, und es wurden bereits thätige Vorbereitungen zum Kampfe mit dem ungeheuern Spermazet getroffen. An einem Sonntag Abend verließ Mr. Darkins unsere Kajüte nicht so früh, als gewöhnlich, denn ich hatte ihn bewogen, von seinen eigenen Angelegenheiten zu sprechen. Er erzählte von seinem gemächlichen Aufenthalt in Boston, von seinem Gute, das nur einige Stunden westlich von seiner Geburtsstadt liege, von dem gedeihlichen Fortgang seines Wohlstands, von seiner gegenwärtigen glücklichen Stellung, und von seinen unumwölkten künftigen Aussichten. Alles dies ließ mich meine gegenwärtige Stellung um so bitterer fühlen, aber dennoch drängte ich ihn, fortzufahren. Dann sprach er mit allem Feuer eines Liebhabers und dem vollen Stolz eines Gatten von seinem schönen Weibe – von seinen liebenswürdigen, ja mehr als liebenswürdigen Kindern. Obgleich tausende von Meilen einer tückischen See zwischen ihm und den Gegenständen seiner Liebe lagen, war doch seine ganze Seele bei ihnen zu Hause. Im Verlauf seiner Erzählung wurde er immer entzückter und begeisterter – er segnete sie – und, o wie glühend, dabei den Urheber seines überströmenden Glückes preisend. Wir hörten ihm in hoher Ueberraschung zu; jedes seiner Worte wurde zum Lobgesang, zu einem innigen Gebete, und doch war nichts von Frömmelei an dem Manne. Während er uns das Glück seines Hausstandes schilderte, träufelten Thränen über seine braunen Wangen, und als er nicht länger Worte finden konnte, um seinen Dank auszudrücken, sprach er feierlich, mit einemmale alle Unterschiede der Personen, der Glaubensbekenntnisse und der Nationen vergessend – »Es ist heute der Tag des Herrn – laßt uns beten.«

Dieser Ausruf war zu plötzlich und zu erhebend, als daß man demselben hätte widerstehen können. Honoria und ich, wir beide knieten an seiner Seite nieder. Ja, die streng erzogene Katholikin und der hochkirchliche Protestant knieten nieder und vereinigten ihre Gebete mit denen eines neu erleuchteten Methodisten; aber das Gebet war aufrichtig, denn es kam aus einem demüthigen, frommen und dankbaren Herzen.

Als sich der gute Kapitän wieder von seinen Knieen erhob, blickte er verlegen umher; er stockte und begann sich zu entschuldigen.

»Gentlemen,« sagte er stotternd; »bei dem Gedanken an meine theure Mary ließ ich mich durch meine Gefühle zu weit hinreißen – vergeßt diese Schaustellung.«

»Wann,« sagte ich, meine Hand freundlich auf seinen Arm legend, »wann werdet Ihr den Muth des wahrhaft Edlen haben, den Muth, Euch nicht Eurer besten Handlungen zu schämen?«

Er drückte meine Hand mit Innigkeit und verließ die Kajüte.

Die Sonne hatte sich unter den Horizont gesenkt, und das kurze Zwielicht jener reinen Atmosphäre ging in das Dunkel der Nacht über. In dem Düster, das sich über die Kajüte hinstahl, lag eine Feierlichkeit, die in heiligem Einklang mit dem frommen Dienste stand, welchen wir eben verrichteten. Aber Honoria's Antlitz zeigte Befangenheit, und verlegen zählte sie die Perlen ihres Rosenkranzes. Ich störte sie nicht in ihrer Andacht; als sie jedoch zu Ende war, setzte ich mich ruhig an ihre Seite und sprach bloß ihren Namen –

»Honoria.«

»Was willst du, mein Bruder?«

»Du scheinst unruhig.«

»Ich fürchte, eine große Sünde begangen zu haben, weil ich mit einem Ketzer betete – ach, und möge Gott mir vergeben, mein Herz war bei seinem Gebete!«

»Warum glaubst du gesündigt zu haben?«

»Kannst du fragen, Ardent? Wie würde der gute Padre zürnen, und welche Bußen würde er mir auflegen, wenn er meinen Fehltritt wüßte! Oh, wäre doch ein Priester meiner Kirche hier damit ich ihm beichten und Absolution für diese unfromme Handlung erhalten könnte.«

»So beichte jetzt.«

»Ach, Bruder, du spottest.«

»Du wünschest einen Priester, um dein Herz vor ihm ausgießen zu können. Ich will dir einen zeigen, den wohlwollendsten, den besten, den herrlichsten, den gewaltigsten und den barmherzigsten – unsern himmlischen Vater – den Vater von uns Allen. Kniee nieder, Honoria, und beichte vor seinem ehrfurchtgebietenden Antlitz.«

Sie kniete nieder, faltete ihre Hände und schlug ihre schönen Augen gen Himmel. Sie war so stumm und regungslos, wie die kalte Statur eines Marmormonuments.

Endlich unterbrach ich dieses Schweigen und sagte mit aller Sanftmuth zu ihr:

»Meine Schwester, beichtest du?«

»Ich habe keine Worte, mein Bruder.«

»Ich dachte mir's – ich dachte mir's. Honoria, ich sah die Handlung und nahm Theil an der Sünde. Ich will dir mit urkundlicher Treue die Worte geben – sprich sie mir nach.«

Ich hatte ihr die Handlung, welche sie begangen, in der einfachsten Sprache geschildert, und Honoria wiederholte meine Worte Satz für Satz; als ich aber fortfuhr, wegen dieses Verbrechens um Verzeihung zu bitten, so erhob sie sich von ihren Knieen und sagte in bebendem Tone:

»Ardent, das ist eine Abgeschmacktheit; es scheint mir, daß ich nicht gegen Gott gesündigt habe, obschon ich gegen seine heilige Kirche ein großes Vergehen beging.«

»Ja, Honoria, es ist eine Abgeschmacktheit. Die Gottheit ist mit ihrer Kirche im Widerstreit – welchem von beiden willst du anhängen?«

»Du greifst mir in's Herz – kann ich zaudern? – ich habe nicht gesündigt.«

»Umarme mich, meine Honoria – jetzt, jetzt wirst du dich nicht mehr wie bisher weigern, mit deinem ketzerischen Bruder zu beten. Fortan müssen wir uns gegenseitig weit theurer sein, als wir uns je waren, ohne daß eines von uns zum Abtrünnigen an seinem Glauben wird. Früher hat uns das Herz und die Liebe vereinigt – jetzt sind aber auch unsere Seelen eins, und all ihr Sehnen und Denken wird harmonisch zusammenschlagen. Ich kann mich nun frei und rückhaltslos gegen dich aussprechen; laß uns zusammen jeden Gedanken und jedes Gefühl theilen.«

»Wie es Geschwister thun sollen.«

»Zuverlässig, Honoria, wie es Geschwister thun sollen – welches Band kann theurer – heiliger sein? Es scheint mir nichts Anderes mehr nöthig, um mir alles das Glück zu bereiten, dessen ich hienieden fähig bin.«

»Ich habe gehört, daß der Vater und die Mutter gleichfalls Brüder und Schwestern hatten.«

»Wie kommst du darauf? Sie wurden durch ihr Geschick nie so seltsam zusammengeworfen, wie wir. Es scheint mir, als ob alles Leben außer uns in die Nacht des Vergessens gefallen sei, um uns allein zurück zu lassen, denn wo immer wir erscheinen, erhebt der Tod sein triumphirendes Banner. Du scheust dich nicht länger, dich mit deinem Bruder im Gebet zu vereinigen – hast nicht länger einen Abscheu, an der Seite des Ketzers zu knieen. Darum laß uns beide, je nach unserer eigentümlichen Weise, in stummer Inbrunst zum Himmel flehen, daß der Fluch von diesem guten und gerechten Manne, der uns so barmherzig beschützte, abgewendet werde; möge weder ihn, noch eines der seinigen die Strafe treffen, die so verhängnisvoll an meine Gegenwart geknüpft ist.«

»Ist dies nicht Aberglauben? – Wie dem übrigens sein mag, Ardent, er hat nicht nur eine fromme, sondern auch eine edle Gestalt gewonnen, und ich will mich dir anschließen.«

Ich liebe es nicht, zu lange bei heiligen Gegenständen zu verweilen, aber wenn die Hoffnung den Trauerzug schließt, welcher der Bahre unseres Glückes zu Grabe folgt, so muß das Uebermaß der Gefühle entweder zur Verzweiflung oder zur Religion führen.

Honoria und ich, wir begaben uns an jenem Sabbathabend ruhiger zu Bette, als je seit unserer Flucht von dem Mordschiffe.

Wer wollte die Wirksamkeit des Gebetes bezweifeln? Das Gewissen mit seiner Donnerstimme, die nur in den Gewölben des schaudernden Herzens gehört wird, ruft: »Bete!« Wo ist die Religion, die, wie falsch sie auch sein mag, sich nicht für die einzige, heilige und wahre erklärte? – aber welche davon fordert nicht ihre Anhänger – sei es von dem feierlichen Dome herab oder von dem ländlichen Kirchturme, von dem Minaret, von dem Götzentempel oder von dem verlassenen Felsen – zum Gebet und Lobpreisen auf? Es ist der Ruf der ganzen Natur, unabhängig von den Dogmen eines Glaubens oder von den Ungereimtheiten einer Religionsform. Aber die heilige Schrift gibt uns in ihren gesegneten Blättern vielfältig die Versicherung, daß Gebet und Gebet allein erfolgreich mit dem Riesen Schicksal ringen und die Wunder einer irdischen sowohl, als einer ewigen Erlösung erzielen kann. Welch' ein erhabener Plan jener ewigen Liebe, die sogar die Allmacht lenkt und beherrscht. Laßt uns für einen Augenblick die herrliche Wirksamkeit der Bitten eines jungen und unschuldigen Herzens auf die Umwandlung der Zwecke des sonst Unwandelbaren betrachten! Es ist eine dreiste, aber fromme Betrachtung, denn ähnliche Belege für diese seelenstärkende Thatsache findet man reichlich in den heiligen Büchern.

Der edelmüthige Amerikaner blieb mit seiner Mannschaft verschont. Schon am andern Tage, und noch ehe man auf einen einzigen Wallfisch gestoßen war, trafen wir mit einem Schiffe zusammen, das seine Ladung voll gemacht hatte und sich anschickte, nach einem Hafen im nördlichen Theile von Neuseeland zu gehen, wo einige Verbesserungen für die lange Reise vorgenommen und zwei oder drei Passagiere, welche nach Amerika reisen wollten, sich einschiffen sollten. Diese Gelegenheit durften wir nicht vorbeigehen lassen, denn es wäre ein elender Zeitvertreib gewesen, wenn wir zwei oder vielleicht drei Jahre unseres Lebens damit hätten zubringen wollen, uns mit Handhabung des Harpuns oder Wallfischspeeres bekannt zu machen und zu lernen, wie man die erlegten Thiere abspeckt, den Thran aussiedet und das Fischbein reinigt. Zuvörderst verabschiedeten wir uns von jedem einzelnen Matrosen, denn es war kein Mann an Bord des Schiffes, dessen Freundschaft wir nicht gewonnen hätten. Für meine Person muß ich freilich aufrichtig gestehen, daß ich in der Gunst am niedrigsten stand. Jugurtha und der Hund Bounder theilten in gleichem Grade die Zuneigung der amerikanischen Matrosen, obschon ich glaube, wenn es wirklich zur Abstimmung gekommen wäre, würde das Thier den Vorzug gewonnen haben. Honoria oder den jungen Don, wie sie gewöhnlich genannt wurde, wagten sie um der Achtung willen, welche sie eingeflößt hatte, nicht allzu sehr zu lieben, und was mich selbst betrifft, so wurde ich zwar sehr bemitleidet, aber man glaubte anfangs, daß es in Folge unseres Unglück mit meinem Kopfe nicht ganz richtig stehe.

Ich entfernte mich nicht, ohne zuvor einige hübsche Wechsel auf unsere Firma, zahlbar durch meine alten Prinzipale, die Herren Falk und Comp. in Lothbury, auszustellen. Der eine lautete auf hundert Pfund, die unter die Mannschaft vertheilt werden sollten, andere hundert Pfund bestimmte ich in Portionen, welche den Dienstgraden angemessen waren, dem Wundarzt und den beiden ersten Maten, und ein drittes Hundert drang ich nach vieler Mühe und vielen Bitten dem Kapitän Darkins auf. Wir sind stets ungemein freigebig, wenn wir ungewiß sind, ob wir überhaupt etwas zu geben haben.

Nachdem ich alle diese Vorbereitungen getroffen hatte, war noch eine andere Schwierigkeit zu beseitigen, nämlich der Abschied Jugurtha's und des Hundes von ihren neuen Schiffskameraden. Nicht daß einer von diesen beiden wichtigen Helden unserer Erzählung geneigt gewesen wäre, sich von unserem Glücke zu trennen (ein sehr passender Ausdruck für die bisherige klägliche Reihenfolge von Jammer), sondern die Amerikaner wünschten sie zu behalten. Ich sah mich endlich genöthigt, einen Vergleich einzugehen, indem ich den betreffenden Partieen die Wahl ihrer künftigen Bestimmung überließ. Was den Neger betraf, so war die Frage bald entschieden.

»Willst du mit uns gehen, Jugurtha, um wieder Schiffbruch zu leiden. Oder gedenkst du bei deinen neuen Freunden zu bleiben?«

Er verwies mir diese verletzende Frage in seiner stummen, obschon sehr beredten Weise. Eine Weile stand er regungslos zwischen beiden Partieen, so daß ich glaubte, er schwanke, und die Matrosen bereits den Sieg davon getragen zu haben vermeinten. Ein drolliger Yankee, welcher wußte, daß Jugurtha keine geringe Vorliebe für den Zucker-Alcohol besaß, den man zu dem einsylbigen »Rum« verketzert hat, warf von Zeit zu Zeit einen bedeutsamen Blick auf eine mit diesem Stoff gefüllte Flasche, um ihn auf diesen Köder oder diese Gewichtzugabe, welche er Wagschaale auf der einen Seite den Ausschlag geben sollte, aufmerksam zu machen.

Dieses Zwischenspiel belustigte das kleine Häuflein Matrosen, unter welchen es vorfiel, sehr, und bewog einen davon, zu sagen:

»Wenn der dumme Schneeball nicht weiß, ob er in dieser Angelegenheit seinen wolligen Kopf steuerbord oder backbord drehen soll, so laßt ihn nur ein Bischen von dem Stoff riechen. Gebt Acht, er setzt seinen Schmecker darunter und schlägt sich mit wunderbarer, unsterblicher Hast zu uns. Laß ihn einen Zug thun, Zachariah Drainapot.«

Diese Aeußerung verbreitete allgemeines Gelächter; nur der Neger blieb ruhig, näherte sich dem Mann mit der Flasche und ergriff sie. Da erscholl ein plötzliches Triumphgeschrei unter den Matrosen, und mein Herz wurde mir schwer über die getäuschte Hoffnung; aber es sollte auf beiden Seiten nicht lange währen. Statt den Flaschenhals an seine Lippen zu führen, schlug er den Boden gegen das Bollwerk, pflanzte sich dann stolz auf, ballte drohend seine ungeheuren Fäuste und warf seinen Versuchern einen dämonisch häßlichen Blick der Verachtung zu. Er sah aus, als wolle er allein mit dem ganzen Haufen anbinden. Nachdem er so seine Meinung vernehmlich an den Tag gelegt hatte, wandte er ihnen plötzlich den Rücken und näherte sich der Stelle, wo Honoria und ich saßen. Er kniete vor uns nieder, ergriff unsere Hände, beugte sich darüber und weinte.

Jetzt redete ihm Niemand mehr zu, uns zu verlassen. Aber da sie den Schwarzen aufgeben mußten, so unterhandelten sie nunmehr wegen des Hundes. Meine Antwort lautete kürzlich dahin:

»Meine Freunde, gebt ihm Deckfreiheit und haltet ihn, wenn ihr könnt.«

Sie waren damit einverstanden, und ich schickte mich mit Honoria an, in das Boot hinunter zu steigen. Jugurtha hatte bereits darin Platz genommen, um seine Aufregung zu verbergen und sich gegen jede gewaltige Trennung sicher zu stellen. Nachdem wir uns von den Offizieren und Matrosen auf's Wärmste verabschiedet hatten, stiegen wir mit Kapitän Darkins in's Boot, das uns an Bord der »munteren Sally« bringen sollte.

Wir waren noch nicht viele Ellen weit gerudert, als der Neger den Hund vermißte. Er stand auf und stieß sein schreckliches Geheul aus; die Antwort darauf war ein schallendes Gelächter, gemischt mit Tönen der Verwirrung, und der Hund war im Nu bei uns. In dieser Handlung unseres Bounder lag keine anstandslose Ungeberdigkeit, denn er kletterte ganz ruhig in's Boot und setzte sich gravitätisch in den Bugschooten nieder. Ja, er gab nicht einmal durch Schütteln seine Neigung zu erkennen, sich der Feuchtigkeit, mit welcher er belastet war, zu entledigen, denn er war zu höflich, um das Boot zu seinem Ankleide- oder Abtrocknungszimmer zu machen.

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