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§ 1. Die Partikeln verknüpfen Satzteile oder ganze Sätze miteinander. – Außer den Wörtern, womit die im Bewußtsein enthaltenen Ideen benannt werden, giebt es noch sehr viele andere, die dazu dienen, die Verbindung zu bezeichnen, worin der Geist die Ideen oder Sätze miteinander bringt. Wenn der Geist seine Gedanken andern mitteilt, bedarf er nicht nur Zeichen der Ideen, die er dabei vor Augen hat, sondern auch anderer, um eine gleichzeitige, eigene, eigentümliche Thätigkeit, die sich auf jene Ideen bezieht, zu zeigen oder verständlich zu machen. Das geschieht auf verschiedene Weise, wie z. B. das Sein oder Nichtsein von etwas die allgemeinen Zeichen des Geistes für dessen Bejahung oder Verneinung sind. Außer der Bejahung und Verneinung aber, ohne die es in Worten keine Wahrheit oder Falschheit giebt, verknüpft der Geist, indem er seine Gedanken anderen erklärt, nicht nur die Satzteile, sondern ganze Sätze nebst ihren verschiedenen Beziehungen und Abhängigkeiten miteinander, um eine zusammenhängende Rede zustande zu bringen.
§ 2. Auf ihnen beruht die Kunst der guten Rede. – Die Wörter, womit er andeutet, in welche Verbindung er die verschiedenen Bejahungen und Verneinungen bringe, die er zu einer zusammenhängenden Schlußreihe oder Erzählung vereinigt, werden gewöhnlich Partikeln genannt, und in dem rechten Gebrauche dieser besteht eigentlich die Klarheit und Schönheit eines guten Stils. Um gut zu denken, genügt es nicht, daß jemand in seinen Gedanken klare und deutliche Ideen hat, noch auch, daß er die Übereinstimmung oder Nichtübereinstimmung einiger von ihnen bemerkt, er muß vielmehr in einem Zuge fort denken, und die Abhängigkeit seiner Gedanken und Schlüsse voneinander erkennen. Und um solche methodische und vernünftige Gedanken gut auszudrücken, muß er Wörter haben, um zu zeigen, welche Verbindung, Einschränkung, Unterscheidung, Entgegensetzung, welchen Nachdruck etc. er jedem Teile seiner Rede insbesondere geben will. Begeht er in irgend einem dieser Punkte einen Mißgriff, so führt er seinen Hörer irre, statt ihn zu unterrichten, und daher kommt es, daß diese Wörter, die nicht wirklich selbst Namen für irgend welche Ideen sind, eine so beständige und unentbehrliche Verwendung in der Sprache finden, und viel dazu beitragen, daß jemand sich gut ausdrücke.
§ 3. Sie zeigen, welche Beziehung der Geist seinen eigenen Gedanken giebt. – Dieser Teil der Grammatik ist vielleicht ebensosehr vernachlässigt worden, wie andere übermäßig kultiviert sind. Es ist leicht, nacheinander über Kasus und Geschlecht, Modi und Tempora, Gerundium und Supinum zu schreiben; hierauf und auf ähnliche Dinge ist großer Fleiß verwendet worden, und auch die Partikeln selbst sind für einige Sprachen mit großem Anschein von Genauigkeit in ihre verschiedenen Klassen eingereiht worden. Wenn aber auch Präpositionen und Konjunktionen etc. in der Grammatik wohlbekannte Namen, und die darunter begriffenen Partikeln sorgfältig in ihre verschiedenen Unterabteilungen eingeordnet sind, so müßte doch jemand, der den rechten Gebrauch der Partikeln sowie ihre Bedeutung und Kraft darthun wollte, sich etwas mehr Mühe geben, in seine eigenen Gedanken eindringen, und die verschiedenen Stellungen, die sein Geist beim Reden einnimmt, genau beobachten.
§ 4. Zur Erklärung dieser Wörter genügt es auch nicht, sie, wie in den Wörterbüchern zu geschehen pflegt, durch die ihrer Bedeutung am nächsten kommenden Wörter einer anderen Sprache wiederzugeben, denn, welchen Sinn sie haben, ist gewöhnlich in der einen Sprache ebensoschwer zu verstehen wie in der anderen. Sie sind sämtlich Zeichen einer Thätigkeit oder einer Andeutung des Geistes, und um sie recht zu verstehen, müßten die verschiedenen Gesichtspunkte, Stellungen, Haltpunkte, Wendungen, Einschränkungen und Ausnahmen und manche andere Gedanken des Geistes, wofür wir entweder gar keine oder sehr mangelhafte Namen haben, sorgfältig studiert werden. Deren giebt es eine große Mannigfaltigkeit, die weit über die Anzahl der in den meisten Sprachen zu ihrem Ausdruck vorhandenen Partikeln hinausgeht, weshalb es nicht zu verwundern ist, daß die meisten dieser Partikeln verschiedene und zuweilen fast entgegengesetzte Bedeutungen haben. Im Hebräischen giebt es eine nur aus einem einzelnen Buchstaben bestehende Partikel, für welche, wenn ich mich recht erinnere, siebzig, und, wie ich bestimmt weiß, über fünfzig Bedeutungen aufgeführt werden.
§ 5. But als Beispiel. – But ist eine der geläufigsten Partikeln unserer Sprache, und wer sagt, daß sie eine Konjunktion des Gegensatzes sei, und dem lateinischen sed oder dem französischen mais entspreche, der meint, daß er sie hinlänglich erklärt habe. Sie scheint mir jedoch mehre Verhältnisse anzudeuten, worin der Geist die verschiedenen Sätze oder Satzteile bringt, die er mit diesem einsilbigen Worte verknüpft.
1. »Um jedoch ( but) nicht mehr zu sagen«: hier bedeutet es, daß der Geist in dem Gedankengange, den er verfolgte, anhielt, bevor er ganz damit zu Ende kam.
2. »Ich sah nur ( but) zwei Pflanzen«: hier zeigt es, daß der Geist die Sinneswahrnehmung auf das Gesagte einschränkt, und alles weitere verneint.
3. »Ihr betet, aber ( but) nicht darum, daß Gott euch zu der wahren Religion führen möge,«
4. » sondern ( but) darum, daß er euch in eurer eigenen bestärken möge.« Das erste dieser buts deutet auf eure im Geiste vorhandene Annahme hin, daß etwas nicht so sei, wie es sein sollte; das zweite zeigt, daß der Geist zwischen dem darauf Folgenden und dem Voraufgehenden einen direkten Gegensatz macht.
5. »Alle Tiere haben Sinne, nun aber ( but) ist der Hund ein Tier«: hier bedeutet es wenig mehr, als daß der zweite Satz mit dem ersten wie der Untersatz eines Schlusses mit dem Obersatz verbunden wird.
§ 6. Dieser Gegenstand wird hier nur obenhin berührt. – Diesen ließen sich ohne Zweifel noch sehr viele andere Bedeutungen dieser Partikel hinzufügen, wenn es meine Aufgabe wäre, sie ihrem ganzen Umfange nach zu prüfen und an allen Stellen, wo sie sich findet, zu betrachten; wenn jemand das thäte, so glaube ich kaum, daß sie bei jeder Art und Weise ihres Gebrauchs die Bezeichnung »gegensätzlich« verdienen würde, die ihr die Grammatiker geben. Ich beabsichtige hier jedoch keine vollständige Erörterung dieser Art von Zeichen. Die Beispiele, die ich für dieses eine gegeben habe, mögen Veranlassung zum Nachdenken über ihren Gebrauch und ihre Kraft in der Sprache darbieten, und uns auf die Betrachtung verschiedener Thätigkeiten unseres Geistes beim Reden hinleiten, wofür er in diesen Partikeln ein Mittel gefunden hat, um sie anderen anzudeuten, von denen einige beständig und andere in gewissen Konstruktionen den Sinn eines ganzen Satzes zu ihrem Inhalte haben.