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Vorrede zur ersten Auflage

(Burgdorf 1837)

Grüß Gott, liebe Leute, und zürnet nüt! Eine Gabe bringe ich euch dar; nehmt sie auf, wie sie gegeben ist, treuherzig. Ein Spiegel ist's, doch nicht ein gemeiner, in dem ein jeder ein schönes Gesicht zu sehen glaubt, weil er das eigene erblickt. Mein Spiegel zeigt euch die Schatt- und nicht die Sonnseite eures Lebens, zeigt also, was man gewöhnlich nicht sieht, nicht sehen will. Er zeigt euch dieses nicht zum Spott, sondern zur Weisheit. Man hat euch g'wundrig gemacht, und von Engländern und Russen, hohen und gemeinen Leuten in allen Ländern könnet ihr lesen, wie sie sind, was sie treiben. Von euch selbst aber könnt ihr nichts lesen als einzelne Scheltungen, einzelne Schmeichelreden; noch niemand hat in Liebe und Treue euch euer Bild vorgehalten und noch viel weniger ein Bild, das die trüben Schatten eures Lebens enthält. Das ist schlimm; denn kennt ihr diese Schatten nicht, so könnt ihr sie auch nicht verwischen und tilgen. Von Jugend auf habe ich unter dem Volk gelebt und es geliebt; darum entstund auch sein Bild treu und wahr in meinem Herzen; jetzt schien die Zeit es mir zur Pflicht zu machen, dieses Bild aus meinem Herzen zu nehmen und es vor eure Augen zu stellen; denn der Zeiten Ruf: weiser und besser zu werden, habt ihr vernommen; er dringt in alle Hütten. Diesmal zeige ich euch nur eine Seite des Bildes; das Ganze auf einmal würde euch verblenden, und zwar zeige ich euch die Schattseite zum Zeichen meiner aufrichtigen Treue und damit ihr ob dem Schönen, das ich von euch zu zeichnen wüßte, das Schlimme nicht vergesset, welches dennoch auch da ist.

In diesem Lebensbilde werdet ihr auch bemerken den Wiederschein, den verschiedene andere Stände in euer Leben werfen, dasselbe auch trübend und verwirrend. Dieser Wiederschein muß angemerkt sein; sonst würden Lücken im Bilde erscheinen, die niemand begreifen könnte. Dies ist die Erklärung, warum manches da ist, das nicht hieher zu gehören, oder aus besonderer Absicht oder aus besonderer Bosheit da zu sein scheint. Male ich dann einmal die Sonnseite, so will ich auch freundliche Strahlen hineinziehen von jedem Stande, der mit dem Volksleben in Berührung kommt.

Treuherzig bringe ich euch, liebe Bauersleute, meine Gabe, und treuherzig will ich bleiben, mag man mich auch mißkennen und schmähen, oder verspotten und auslachen. Sollte einer zarten Seele dieses Buch zur Hand kommen, so wird sie Gänsehaut bekommen ob seiner Derbheit; warte nur, liebe Seele, vielleicht komm' ich auch einmal expreß für dich in zarter Zärtlichkeit; dieses ist aber auch nicht für dich geschrieben; darum lege es weg.

Mancher Schulmeister wird die Achseln zucken und meinen: es sei Gott versucht, bei einer solchen Sprachunkunde, bei der er keinen zum Schulmeister machen würde, ein Buch zu schreiben. Primar- und Sekundarlehrer werden mich bemitleiden und bedauern, daß ich nicht bei ihnen in die Schule gegangen; es hätte vielleicht etwas aus mir werden können. Ihr habt Recht, hochgeehrte und liebe Leute; wie und wo ich schreiben gelernt, werdet ihr lesen. Ich weiß nichts von den Aussagewörtern, nichts von den Dingwörtern, am allerwenigsten von dem Prädikat und seiner sonderbaren Ehe mit der Copula. Aber deswegen bin ich ja auch weder Schulkommissär noch Schulmeister, sondern eben nur der ehrliche Jeremias Gotthelf, dem Gott geholfen, und der in wahren christlichen Treuen auch andern helfen möchte. Ich hätte meine Schrift einem Gelehrten geben können, sie zu polieren; aber ihre Hecheln sind oft so spitzig und scharf, daß meine Arbeit, die ich so lange in stiller Brust getragen sorgfältiglich, mich dauerte, und mich tröstete der Gedanke: daß doch besser zu dem Herzen dringen werde, was aus dem Herzen, als was aus den Hecheln kömmt.

So gehe denn in Gottesnamen, liebes Büchlein, aus dem Herzen zu den Herzen, und wo du ein bieder Herz findest, dem bringe einen biedern Gruß vom gutmeinenden schweizerblütigen

Jeremias Gotthelf.


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