Katharina Elisabetha Goethe
Briefe – Band I
Katharina Elisabetha Goethe

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180. An Goethe

den 14ten December 1792

Lieber Sohn! So eben erhalte einen Brief von Fritz Jacobi wodurch ich erfahre daß du in der mitte dieses Monaths wieder in deinem ruhigen Weimar einziehen wilsts – du wirst einen Brief von mir vorfinden – worinn der Herzog dich |: der dich aber noch in Düsseldorf glaubte :| Hieher invitite – ich gabe dir schon in dem Schreiben einen Winck, daß es jetzt hir gar kein Spaß ist – nun da du gar 30 meilen in dieser Witterung reißen sollst – um an einen Ort zu kommen – wo wann zum Unglück Custine zurück kommen solte – du doch wieder fortmüßtest; so dächte ich du entschuldiges dich so gut du könstest – Wir leben hir in täglicher Angst und Gefahr – und wenn ich einen gran Furcht mehr hätte, als ich Gott sey Danck nicht habe; so ginge ich in die weite Welt – so aber soll und muß ichs abwarten. Willmer hat endlich der Raths stelle entsagt – bey der Gelegenheit kam nun abermahls die alte Frage an mich, ob ich denn noch keine Endscheidente Antwort von dir erhalten hätte – ich sagte du hättest her kommen wollen, aber die Kriegs Unruhen wären die Ursach deines Ausenbleibens u.s.w. Meine Gründe davor und dagegen habe ich dir in einem Brief vorgelegt – auch glaube ich wenn du Lust gehabt hättest würdest du flincker geantwortet haben. Ich glaube allemahl, daß dir in deiner jetzigen Verfaßung nach Leib und Seele beßer ist – als in einer neuen Laufbahn – denn du bist in dem eigentlichen Sinn des Worts ein Freyherr. Doch verdinte die Achtung deiner Freunde auf alle Fälle eine Rückantwort – auch habe ich sonst bey jedem Fall das Anfragen aufs neue. Vordißmahl ist der Canseley Rath Metzler von der goldenen Kugel getrofen worden. So lange Maintz noch nicht wieder in deuschen Händen ist, schweben wir imer noch in Furcht und Unruhe – zumahl da auf unsere gute Stadt von Maintz und Straßburg aus so infame Lügen aus gestreut werden – – die Blesirten und Gefangenen muß mann fragen was die Franckfurther an ihnen gethann haben – das all zu erzählen, reichte kein Rieß papir aus – underdeßen sind die Francken jetzt erboßt – und kämen sie zurück Gott weiß ob nicht diese Verläumdungen doch Unkraut unter den Waitzen gesäht hätten. Wollen Gott vertrauen und es abwarten. Ich habe einen Officier und 2 gemeinen zu Einquartirung es sind Hessen – gute Leute aber |: unter uns gesagt :| sehr arm – ich muß sie füttern, – die Frantzsosen hatten die Hüll und die Füll – daß das füttern sehr incomdirt kanst du leicht dencken – doch da es jeder thun muß so ists nicht anders. Lebe wohl! Behalte mich in Liebevollen Andencken – und hirmit Gott befohlen!

Goethe.

N. S. Es ist eine Ewigkeit daß ich kein Modejournahl u keinen Mercur gesehen habe.


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