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den 30ten Aprill 1779
Ihro Durchlaucht haben Mutter Aja immer noch in gnädigstem Andencken davon ist Dero letztes Schreiben ein neuer beweiß – Wie wohl mirs ums Hertz wird, wenn ich das große Siegel und unserer Theuren Fürstin Handschrifft sehe, das läßt sich nur fühlen, sagen kan mann eben drüber gantz und gar nichts – O! könte ich mich dieser gnade nur recht würdig machen! doch das bestreben darnach ist auch That dieses muß mich trösten. Der lieben Freulein Thusnelde werde meinen warmen Danck vor die Beschreibung des 3ten Feyertags in einem Briefelein abstatten. Wenn aber auch die lieben lieben Weimarrer nicht wären! So würde mein armes Leben gar traurig hinschleichen – aber Gott sey Danck! daß ein Weimar in der Welt ist. Heut ist die la Roche mit der armen Braut und dem Noblen Herrn Hochzeiter wieder nach Coblentz, das Unthier heiß Möhn und ist würcklicher Hoffrath vom Curfürsten von Trier. Haben Ihro Durchlaucht nur die gnade und fragen Merck was der von der sache denck und wie Er die la Roche drüber ausgeputzt hat – Ich habe närische Heurathen genung erlebt, aber warlich was zu viel ist, ist zu viel. Merck wird seine Reiße nach dem gelobtenland Weimar auf seinem getreuen Fuchs ehestens antretten, daß Er sich wie ein Kind aufs Christkindgen freut können Ihro Durchlaucht leicht dencken, wäre der Vater gesünder, so käme gewiß noch jemandt mit – Aber wie will ich mich auf Mercks Rückreiße freuen, was soll der mir alles erzählen, unter 8 tage laße ich Ihn nicht aus meinem Hauße, und da soll mirs wohl seyn. Der Docter hat viele Dinge schon in der Welt gemacht die Frau Aja sehr vergnügt haben – Aber über den Schattenriß von Ihro Durchlaucht geht nichts – auch Phillipp hat sein Verdinst bey mir dadurch ungemein vergrößert. Der Vater danckt vor das gnädige Andencken Unterthänigst und mit gerührtem Hertzen – und ich erbitte mir die einzige Gnade ewig seyn zu dürffen
Ihro Durchlaucht
Unterthänigste und treuste Dienerin
C. E. Goethe