Katharina Elisabetha Goethe
Briefe – Band I
Katharina Elisabetha Goethe

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117. An Fritz von Stein

Fr. d. 10. Dezember 1785.

Lieber Sohn!

Das ist brav, daß Sie noch an mich denken, auch ich und meine Freunde, bester Fritz, haben Sie noch nicht vergessen, werden es auch nie. Wir haben diesen Winter drei öffentliche Concerte, ich gehe aber in keins, wenigstens bin ich nicht abonirt, das große, welches Freitags gehalten wird, ist mir zu steif, das montägige zu schlecht, in dem mittwöchichen habe ich Langeweile, und die kann ich in meiner Stube gemächlicher haben. Die vier Adventswochen haben wir kein Schauspiel, nach dem neuen Jahr bekommen wir eine Gesellschaft von Straßburg, der Direktor heißt Koberwein. Uebrigens bin ich noch immer guten Humors, und das ist doch die Hauptsache. In meiner kleinen Wirthschaft gehts noch immer so, wie Sie es gesehen haben, nur weils der Sonne beliebt, länger im Bette zu bleiben, so beliebt es mir auch, vor 1/2 9 Uhr komme ich nicht aus den Federn – könnte auch gar nicht einsehen, warum ich mich strapatzen sollte, – die Ruhe, die Ruhe, ist meine Seligkeit, und da mir sie Gott schenkt, so genieße ich sie mit Danksagung. Alle Sonntage esse ich bei Frau Reck, Abends kommen Frau Hollweg Bethmann, ihre Mutter, Demoiselle Moritz, Herr Thurneisen, Herr Graf, da spielen wir Quadrille, L'hombre u.s.w. und da jubeln wir was rechts. Die andern Tage bescheert der liebe Gott auch etwas, und so marschirt man eben durch die Welt, genießt die kleinen Freuden und prätendirt keine großen. Leben Sie wohl, lieber Sohn, und behalten die lieb, die sich nennt

Ihre
treue Freundin
E. G.


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