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Durchlauchdigste Fürstin!
Die glückliche Ankunft von Ihro Durchlaucht in dem lieben Weimar, hat Frau Aja hoch und hertziniglich erfreut. Freylich wäre es vor mich Freude und Wonne geweßen, wenn unsere Beste Fürstin Sich noch länger in dem so Weltberühmten Franckfurth zum trost oben benamter Frau Aja hätten aufhalten mögen; so aber war leider, diese Herrlichkeit, dieser Sonnenschein von gar kurtzer Dauer – und des Vaters Kranckheit hätte zu keiner ungelegnern Zeit kommen können – dann das gab meiner Glückseligkeit einen sehr harten stoß. Das Schicksal hat von je her vor gut gefunden mich in etwas kurtz, und die Flügel unter der Scheere zu halten, mag auch bey dem allen, so gar unrecht nicht haben. Zu Ende dieser Woche, gehen auch meine Kinder und Kindes Kinder wieder fort, und da mag ich dann zusehen, wie ich mich zu Hauße in der duncklen blauen Stube, und außer dem selben in den Noblen Companigen der Frau Baaßen und andern hübschen Leuten zurecht kome. Mein einziger Trost sind die 12 Spiegel im Rothen Hauß Saal, und so ohngefähr in der mitte des Novembers hebt sich diese große Epoche des Vergnügens an – Haben Ihro Durchlaucht die gnade manchmahl des Freytags Abens um 6 uhr an mich zu dencken – ich werde es nie unterlaßen, und zwar immer mit dem inbrünstigstem Wunsche, daß Ihro Durchlaucht und Dero gantze Reiße-Gesellschafft auch da seyn, und diese übergroße Herrlichkeiten mit anschauen und genißen könten: Dann etwas dem neuen Jerusalem ähnliches muß doch allemahl dabey heraus komen – und Tausend gegen eins gewettet, so sind die 12 Spiegel unsern Damen erbaulicher, als die 12 Perlen-Thore. Ich werde mir die Freyheit nehmen, wann die sache in ihrem gantzen Lüster ist, Ihro Durchlaucht eine genaue Beschreibung von allem zu überschreiben, zumahl da Dieselben unsere vortrefliche Nobleße von Angesicht zu Angesicht haben kennen lernen – Insonderheit werde nicht ermanglen, der lieben Freulein Thusnelde, von Ihrer Hertzens Freundin der Frau von Vrintz, getreuliche und wahrhafftige nachrichten mitzutheilen. Was Merck treibt, das mögen die großen Götter wißen, ich höre und sehe nichts von Ihm. Der Vater ist immer noch wie Er war – der Himmel verleihe uns nur Gedult Amen. Theureste Fürstin! jetzo noch meinen wärmsten und besten Danck, vor alle mir bey Dero hirseyn erzeigte gnade, bitte in untherthänigkeit, um die fortdauer Derselben, und bin, so lange dieses Leibes Leben dauert
Durchlauchdigste Fürstin
Dero
unterthänigste treugehorsambste Dienerin
den 30ten October 1780
C. E. Goethe