Katharina Elisabetha Goethe
Briefe – Band I
Katharina Elisabetha Goethe

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33. An die Herzogin Anna Amalia

Franckfurth den 4ten Jenner 1779

Theureste Fürstin! Den ersten gebrauch den ich von meinem |:Gott sey Danck:| wieder gesundem Auge mache, ist, daß ich Ihro Durchlaucht vor Dero letzen Brief, und vor das gnädige Andencken an Frau Aja den Unterthänigsten, hertzlichsten und wärmsten Danck abstatte, ja Große und Beste Fürstin! ich habe in meinem Leben manches gute genoßen, manches Jahr vergnügt zurückgelegt, aber vor dem 1778 müßen die vorigen alle die Seegel streichen – wahr ists, ich habe große und edle Seelen gekandt, eine Klettenbergern zum Exempel, aber – – – die war doch so zu sagen Fleisch von meinem Fleisch, und Bein von meinem Bein, mit einem Wort meines gleichen – Aber Eine Amalia kennen zu lehrnen!!! Gott! Gott! das ist kein gepappel, oder geschwätzt, oder erdachte Empfindsamkeiten, sondern so wahres gefühl, daß mir die Thränen anfangen zu laufen, daß ich etwas aufhören muß, denn das weinen ist mir verbotten. Gnädigste und Beste Fürstin! laßen Sie Dero gnade ferner über mich und alles was mir angehört walten; so wird auch dieses Jahr, froh und glücklich vor Frau Aja dahinfliesen. Die vortreffliche Musick vom Jahrmarck kan ich jetzt gantz vollkommen, alle Welt ist drüber entzückt – Das Porträt des Docters ist unsere und aller seiner Freunde Augenweide jedermann erkent ihn. Der Brief der lieben Freulein Thusnelde, die herrliche Zeichnungen von Herrn Krauße das Bänckelsänger Gemählde, hat uns so viel Freude gemacht, daß ich allen denen die nah oder fern theil daran haben 1000 heil und seegen zum Neuen Jahr wünsche. Wann Ihro Durchlaucht jetzt meine Weimarrer Stube sehen solten! Da Paradirt das döckergen als Herr gegeheimdter Legations Rath mit einem Schattenriß in der Hand, als Anderson, Hamann, Mardochai – Herr Krauße hätte uns gewiß keine größre Freude machen können, überhaubt um mein Schifflein flott zu machen, müßen die Seegel von Weimar aus geschwelt werden, die gantze übrige welt liegt bey mir im argen und kümmert mich nicht ein Haar, das weiß so gar der Briefträger, hat er einen Brief von Weimar zuüberbringen so reißt er die klingel bald ab, bey andern gehts nur ping ping, davor habe ich ihm auch ein doppelt Neujahrs geschencks gegeben, weil er der Frau Aja ihres Hertzens gedancken so gut versteht. Durchlauchdigste Fürstin! Erhören Sie meine oben gethane Bitte und schencken uns und unserm Sohn ferner Dero Huld und gnade; so wird auch dieses Jahr ein Jahr der Freude und Wonne vor uns seyn. Gott erhalte Ihro Durchlaucht biß an das spättste Ziel des Menschlichen alters. Dieses ist der Wunsch und das Gebet von denjenigen so mit tieffter Ehrfurcht sich unterzeichnen.

Euer Durchlaucht
unterthänige gehorsambste
Johann Caspar Goethe, m.p. Catharina Elisabetha Goethe.


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