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Ohne Inhaltsangabe, aber nicht ohne Inhalt
Flüsternd, im Dunkeln: Ich wette mit Ihnen, was Sie wollen: Sie werden nicht tun, an was ich jetzt denke.
Fast ebenso leise, nur ein wenig heller: Um was würde denn die Wette gehen?
Ich sagte doch: Um was Sie wollen!
Das wäre zu viel – für den Anfang. – Wie denken Sie aber über Ihr Auto?
Einverstanden!
Sie sind ja heute mächtig mutig – macht das der Whisky? Aber – Ihr Auto ist ein bißchen angeknackst, machen Sie einen anderen Vorschlag!
Ein Auto Ihrer Wahl!
Ihre Phantasie tut wirklich ungeheure Sprünge! Aber vielleicht kommen Sie noch darauf, daß meine Eltern es ein bißchen komisch finden würden, wenn ich plötzlich ein Auto hätte! – Schlagen Sie was anderes vor.
Ich weiß doch nicht – quälen Sie mich nicht so!
Quäle ich Ihre arme Phantasie? O Gott, das will ich nicht. Wie denken Sie über einen Ring, einen hübschen Brillantring – er würde nicht teurer sein als ein Auto ...
Abgemacht! Einverstanden! Mit Wonne! – Aber nun, Leonore ... Leonore –?
Nun tun Sie es auch, bitte!
Aber wir haben ja noch gar nicht ausgemacht, was ich dagegen zu setzen hätte.
Aber ja! Daß Sie tun, was ich denke!
Ich hätte dieses bewußte Geheimnisvolle also zu tun, ob ich gewinne oder verliere?
Ja! Tun Sie es! Ich bitte, Leonore!
Pause – in meinem Kopf fahren die Gedanken hin und her. Ich begreife nichts mehr von dem, was wir eigentlich reden. Ich weiß nur, wir sitzen hier auf einem Kiefernstamm im nächtlichen Wald – und sie wird jetzt tun, was ich begehre! Ich warte, aber sie rührt sich nicht. Es geschieht nichts.
Dann sagte ihre kühle Stimme, sehr spöttisch: Nun, mein Herr? Ich warte!
Leonore! Ich bitte Sie! Tun Sie es endlich –!
Aber! Meiner Phantasie geht es wie der Ihren: ich zermartere sie und kann doch nicht erraten, woran Sie denken!
Leonore! Ich – Sie wissen es sehr gut!
Ich habe keine Ahnung!
Bitte, Leonore, quälen Sie mich nicht länger ...
Ich hätte es zu gerne von Ihnen gehört! Der Whisky hat Sie so beflügelt, ich habe keine Ahnung, wie hoch sich Ihre Wünsche erheben!
Einen Kuß, Leonore, bitte, einen einzigen Kuß!
Sie sind heute nacht wahrhaft tollkühn, Herr Schreyvogel!
Leonore, bitte, spielen Sie nicht mit mir!
Sie spielen mit mir!
Ich ... ich meine es wirklich ernst, Leonore ...
Aber Sie sind verheiratet, mein lieber Herr Schreyvogel! Hat der Whisky auch die Erinnerung daran weggeschwemmt?
So machen Sie es immer! So haben Sie es auch mit Ihrem Reitknecht gemacht. Glauben Sie, ich weiß nicht, daß der Franz noch immer in Escheshof ist? Alle quälen – und keinem etwas bewilligen.
Es wird jetzt Zeit, daß Sie mich nach Haus fahren, Herr Schreyvogel!
Ich schenke Ihnen den schönsten Brillantring, den Sie sich denken können, Leonore!
Ihre Frau hatte wirklich recht, mit Ihnen keine Besuche zu machen. Sie haben tatsächlich keinen passenden Verkehr hier in der Gegend!
Leonore, ich flehe Sie an ...
Also fahren Sie mich jetzt oder nicht?! Ich bitte sehr, Herr Schreyvogel –!
Ich sitze zerschmettert auf meinem Stamm. Sie steht jetzt fünf Schritte von mir ab, ferner als je. Ich weiß sehr gut, ich habe mich wie ein Trottel benommen. Eine höhnische Stimme sagt in mir: Laß doch deine Finger von so was – was bist du schon für ein Casanova?
(Es ist der Nachhall irgendeiner Lektüre der letzten Wochen.)
Aber hartnäckig verlangt die andere, vielleicht die betrunkene Stimme, daß ich nicht nachgeben soll. – Das ist doch wirklich nicht zu viel verlangt! sagt die Stimme. Bloß ein Kuß. Wozu hat sie sich denn die ganze Zeit von dir herumfahren lassen? Soll sie einmal ihren Willen nicht kriegen, das kalte Luder! Ein Brillantring für einen Kuß – und ob das ein Geschäft ist! Gib bloß nicht nach!
Fahren Sie jetzt also, Herr Schreyvogel –?
Plötzlich kommt mir ein Gedanke! Jawohl, sie hat recht. Heute ist meine Phantasie im Gange, sie wird ihren Willen kriegen, und ich werde meinen Willen kriegen.
Jawohl, natürlich fahre ich! Entschuldigen Sie bloß, gnädiges Fräulein!
Aber wie sie dann bei mir im Wagen sitzt, fahre ich nicht nach Escheshof. Jetzt ist der Mond aufgegangen, in seinem fahlen Licht fahre ich, rase ich mit ihr die grauen, toten Straßenbänder entlang.
Wohin wollen Sie denn noch? Ich muß wirklich nach Haus!
Nur noch schnell in eine Bar! Wir haben ja noch die halbe Nacht vor uns!
Ich hatte schon Angst, Sie wollten mich entführen! Tun Sie mir bloß nichts zuleide, Herr Schreyvogel.
Aber dann in der Bar kümmere ich mich kaum um sie. Mit anderen Herren lasse ich sie tanzen. Ich entfalte eine ungeheure Geschäftigkeit. Ist mir doch im Walde auf meinem Kiefernstamm eingefallen, daß die Freundin des Barwirtes einen viel bewunderten Brillantring besitzt, den muß ich haben, den werde ich ihr zeigen – dann bekomme ich meinen Kuß, dann bekomme ich alles, was ich will!
Es ist gar nicht so leicht, den Ring zu bekommen, trotzdem ich mein Angebot ständig erhöhe, trotzdem ich mit Barzahlung locken kann, denn ich habe nach der schlechten Gewohnheit der letzten Wochen meine Brieftasche ›für alle Fälle‹ zum Platzen voll Geld.
Viele Schnäpschen werden in der Hinterstube der Bar getrunken. Schließlich drohe ich, einen Juwelier aus dem Bett zu holen, Gott, der wird froh sein, mir einen Brillantring zu verkaufen – und wenn es nachts um zwei ist! Da nickt der Wirt seiner Freundin zu – und ich kann den Ring in die Westentasche stecken.
Nun aber nichts wie sofort los! Ich hetze Leonore geradezu aus dem Lokal; heimwärts, in den nächtlichen Wald rasend, fasse ich immer wieder nach dem Ring in der Tasche. Ich singe laut, und die Kurven nehme ich fast immer auf zwei Rädern ...
Sie sind ja heute geradezu lebensgefährlich in Ihrer Unternehmungslust, Herr Schreyvogel! spottet sie.
Aber ihr Spott ist mir jetzt gleichgültig, ich bin meines Sieges gewiß. Ich lenke in die Straße nach Escheshof ein, und dort, über den mondscheinglänzenden Dächern des Hofes, halte ich: Bitte sehr, gnädiges Fräulein!
Jetzt ist sie wirklich ein bißchen verwirrt, sie weiß nicht, was in mich gefahren ist. – Gute Nacht, Herr Schreyvogel! Und schlafen Sie Ihren Rausch gut aus. Morgen abend, wenn Sie dann wieder so weit sein sollten, um sechs bei den drei Tannen.
Einen Augenblick, Leonore! sage ich. Geben Sie mir einen Augenblick Ihre Hand. Nein, ruhig, ich tue Ihnen ja nichts. Da! Sehen Sie –!
Ich platze fast vor Triumph. Ich muß kichern vor Wonne, daß ich sie so überlistet habe. Nun hat sie den Ring am Finger, nun muß sie mir doch den Willen tun!
Wo haben Sie den denn her? Ich glaube, Sie sind wahnsinnig geworden! Wo ist der her?
Sie schüttelt mich.
Ich muß immer weiter lachen. – Sehen Sie, habe ich Sie reingelegt! Da ist der Ring! Nun müssen Sie mir doch einen Kuß geben!
Seien Sie bloß nicht so albern! Ich will wissen, wo der Ring her ist!
Nicht geklaut! Hab' bloß keine Angst! Kennen Sie ihn denn nicht wieder? Das ist doch der Ring von Janka, von der Freundin vom Wirt!
Und den haben Sie –?
Den habe ich ihr abgekauft! Mit mindestens hundert Prozent über Wert! Die denken, sie haben mich reingelegt. Aber Sie habe ich reingelegt, kommen Sie her, Leonore, geben Sie mir meinen Kuß! Unsere Wette ...
Sofort, sofort machen Sie den Ring von meinem Finger ab! Denken Sie, ich mag den Ring von so einer tragen?! O Gott, ich kriege ihn nicht ab ... Seien Sie doch vernünftig, Herr Schreyvogel ... Herr Schreyvogel, Sie sollen mich nicht anfassen!
Sie stemmt beide Hände gegen meine Brust. Ich rutsche aus und setze mich auf den Waldweg. Ich finde dies so belustigend, daß ich in ein schallendes Gelächter ausbreche.
Sie sieht sich erschreckt um. Sie ist ganz außer Fassung. Sie möchte mir hochhelfen, aber sie wagt nicht, mir die Hand zu geben. Sie will den Ring abstreifen, aber er sitzt fest.
Morgen, morgen um sechs, an den drei Tannen! ruft sie mir noch zu und läuft wie gehetzt den Fußweg nach Escheshof hinunter.
Geht in Ordnung! rufe ich zurück, höchst befriedigt von dem Ausgang meines Abenteuers.
Eine Weile lache und quatsche ich noch vor mich hin. Dann nicke ich ein.
Ich wache gleich wieder auf, aber jetzt hat sich meine Stimmung völlig verändert. Ich kann keinen klaren Gedanken mehr fassen, mich nicht erinnern, was eigentlich geschehen ist. Ich will nur nach Hause und schlafen. Schlafen ...
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