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Ich belausche ein intimes Zwiegespräch – Ein Lachen bringt sich in Erinnerung – Schläge! – Da geht er hin!.
Ob meine Träume dort auf der von Sonne flimmernden Lichtung im Blaubeerkraut friedlich oder ob sie unfriedlich waren, das weiß ich nicht mehr. Jedenfalls aber wachte ich ganz sanft und gar nicht überrascht von dem beschwörenden Ton einer Stimme auf: Gnädiges Fräulein, o bitte –! Nur ein einziges Mal! Haben Sie doch Erbarmen mit mir! Ich halte es nicht mehr aus! Oh, gnädiges Fräulein ...
Ich lag bewegungslos da; so indiskret war ich, daß ich mich weder rührte, noch räusperte. Die beschwörende Stimme gehörte in meinen halben Schlaf, auf die sonnige Lichtung, in all das warme, fruchtbare Summen dieses Sommertages: ich hätte sie, halb träumend, gerne immer weiter gehört.
Doch lachte jetzt jemand. Ich glaube, die Hitze tut Ihnen nicht gut! lachte die andere Stimme. Was denken Sie sich eigentlich? Ich und – Sie! Das kommt mir komisch vor ...
Sie wissen ganz gut, daß Sie's selbst dahin gebracht haben mit mir, gnädiges Fräulein! Sie haben mir den Kopf verdreht – aber mit Absicht. Gnädiges Fräulein, seien Sie einmal gut – ich will's vergessen, ich will Sie mit keinem Blick daran erinnern ... Aber einmal – Sie haben mich doch so gequält!
Die andere Stimme lachte wieder – mir war, als hätte ich dieses Lachen schon einmal gehört, aber ich konnte mich nicht erinnern. Ich wollte auch nicht, ich wollte nur diesen Stimmen lauschen. Der einen, die, verdurstend, nur um einen kleinen Schluck aus dem Becher flehte, und der anderen, die diesen Schluck so unbarmherzig verweigerte.
Also die andere Stimme lachte ihr unbestimmbar bekanntes Lachen. Ich werde Ihnen was sagen: Jetzt reiten wir nach Hause, ohne Aufenthalt und ohne ein Wort. Wenn Sie wüßten, wie lächerlich Sie aussehen, mit diesen schafsmäßig verdrehten Augen, Franz. Es würde Ihnen selbst komisch vorkommen, von einer jungen Dame auch nur einen Kuß zu verlangen!
Gnädiges Fräulein! sagte die andere Stimme, es ist mir egal, wie ich aussehe, jetzt ist's mir egal. Wenn ich wie ein Schaf aussehe, werde ich mich doch nicht wie ein Schaf benehmen. Sie haben mich so verrückt gemacht, gnädiges Fräulein, wahrscheinlich nur aus Langerweile oder weil Sie nicht sehen können, daß es irgendeinen Mann gibt, der sich nicht nach Ihnen die Augen aus dem Kopf kugelt –
Gut gesagt, Franz! Genau so sehen Sie aus!
... Aber mir ist jetzt alles egal. Ich hol mir, was Sie mir so oft mit Ihren Blicken angeboten haben ...
Die Stimme klang jetzt wirklich sehr entschlossen, aber die andere Stimme schien das nicht zu erschrecken. Daß Sie heute abend rausfliegen, Franz, das wissen Sie wohl schon, das muß ich Ihnen nicht erst sagen. Aber daß ich Sie mit der Peitsche schlagen werde, und nicht nur so, sondern mit aller Kraft quer übers Gesicht, darauf möchte ich Sie doch aufmerksam machen ...
Es ist mir egal, gnädiges Fräulein! Einmal werden Sie mich schlagen, aber dafür werde ich Sie zehnmal küssen!
Sie lassen auf der Stelle den Zügel von meiner Senta los, Franz, oder –!
Daß Sie mir ausreißen, was? Ruhig doch, Senta!
Ich Ihnen ausreißen! Bilden Sie sich bloß nichts ein! Ich bin noch vor keinem Mann ausgerissen –!
Das wissen wir, das weiß die ganze Gegend ...
Sie lassen meine Hand los, Franz!
Gnädiges Fräulein ... kommen Sie ... ach, ich, ich weiß, ich bin verrückt, aber ich muß ...
Da! Was Sie müssen ...
Und der klatschende Schlag einer Peitsche ...
Oh, das werden Sie mir bezahlen ...
Aber jetzt wurde es Zeit für mich. Längst schon war der Mann in mir erwacht, der Erretter bedrängter, schutzloser Frauen – und ich wäre schon eher hochgefahren, wäre ich nur schon dahintergekommen, woher ich dieses Lachen kannte. Nun fuhr ich auf aus dem Blaubeerkraut, hinter, meinem Holzstoß hervor. Das unruhige Hin- und Hertrampeln der Pferde, ihr prustendes Schnauben klang jetzt auch gar zu nahe, die Stimme des Mannes gar zu entschlossen!
Halt! rief ich höchst töricht. Halloh! Bitte schön ...
Der Mann dort auf dem Braunen, der mit einer Hand schon die Hand des Mädchens mit der Peitsche hielt, mit der anderen ihre Schultern zu sich hinüberzwängte, um ihren Mund zu erreichen, stutzte zusammenschreckend und sah zu mir hin, der ich, von der Sonnenhelle blinzelnd, mit dem Kopf über dem Klafter erschien.
Das Mädchen war geistesgegenwärtiger. Es hielt sich nicht damit auf, nach mir auszuschauen; es benutzte die Schreckstarre des Mannes, befreite sich aus seinem Arm und glitt vom Pferde ... Einen Augenblick stand sie da, die blonden Haare hingen ihr gelöst in das rosige Gesicht. Der halb offene Mund atmete, aber nicht aufgeregt, wie er es nach solchem Kampf hätte tun müssen, sondern ganz ruhig.
Na, Franz, sagte sie spöttisch, wie ist es nun mit dem Küssen? Ihren Schlag haben Sie weg ...
Das Gesicht des Mannes dort auf dem Pferd – er hielt das andere Pferd noch an dem über'n Arm gehängten Zügel –, das einfache Gesicht dieses Mannes wurde fast farblos. Noch schien er nicht ganz zu begreifen, wie das alles so schnell gekommen war ... Er warf einen fast hilfesuchenden Blick zu mir ...
Auch die junge Dame sah sich jetzt nach mir um. Sie schien zu stutzen, und plötzlich veränderte sich ihr Gesicht von lachendem Spott in etwas Böses, Hartes.
Was?! sagte sie und ging mit erhobener Peitsche auf den Mann zu. Was?! Du willst mich küssen! Du Feigling von einem Stallknecht willst mich küssen?! Da – und da – und da!
Und bei jedem ›Da‹ schlug sie klatschend nach dem Mann, der sich aschfahl unter diesem Hagel von raschen, zielsicheren Schlägen duckte. Unruhig stampften die Pferde, bäumten sich ...
Gnädiges Fräulein! rief ich jetzt beschwörend. Ich bitte Sie ...
Da hatte ein Schlag – vielleicht mit Absicht? – das Pferd getroffen. Es stieg – und nun raste es, sich streckend, den Weg längs dem Kahlschlag entlang, das andere Pferd mit sich reißend. Der Reiter schwankte im Sattel, dann nahm er unwillkürlich Haltung an. Dumpf kollernd klangen die Hufe der Pferde auf dem moosigen Waldboden ...
Sie entfernten sich rasch. Ich sah sie am Ende der Lichtung in den dunklen Waldschatten tauchen – fort waren sie!
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