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Eupen und Malmedy

Aufzeichnungen aus dem Nachlaß. 2.12.1924

Nach einer Besprechung der allgemeinen wirtschaftlichen und finanziellen Lage machte mir Reichsbankpräsident Dr. Schacht folgende Mitteilung:

Der belgische Finanzmann und ehemalige Minister Franqui (Mitglied der früheren Sachverständigenkommission) habe ihm kürzlich aus eigener Initiative gesagt, Eupen und Malmedy fräßen wie ein Krebs an der Wiederherstellung guter Beziehungen zwischen Belgien und Deutschland; die Abtretung an Belgien sei für sie kein Gewinn geworden, ob sich nicht eine vernünftige Regelung für deren Rückgabe an Deutschland finden lasse. Auf Befragen Schachts, wie er sich das denke, habe er auf eine Verständigung der belgischen und deutschen Interessenten von Stahl, Eisen und Kohlen hingewiesen. Käme eine solche Verständigung zustande, dann könne damit sehr wohl die Rückgabe verbunden werden. Die Besprechung, die unter dem Siegel größter Verschwiegenheit stattfand, endete mit der Erklärung von Schacht, daß er die ihm sehr wichtig erscheinende Frage gern nachprüfen wolle.

Mittlerweile hat Schacht Klöckner gelegentlich einer Begegnung gefragt, warum die Schwerindustrie nicht auf dem Boden des Freihandels eine Verständigung mit der französischen Schwerindustrie suche. Klöckner habe diese Frage schroff verneint; sie brauchten Schutzzölle, wenn sie weiterbestehen wollten. Otto Wolf dagegen, dem er gelegentlich die gleiche Frage vorlegte, habe sie ebenso entschieden bejaht.

Schacht, der mir versicherte, daß außer mir niemand von seiner Unterredung mit Franqui wisse, wolle Louis Hagen, der schon längere Zeit die Idee eines europäischen Stahltrustes betreibe, unauffällig dahin beeinflussen, daß er zunächst eine Verständigung mit Belgien anstrebe. Auf diesem Wege sei eher mit einem Erfolg zu rechnen, als wenn man gleich zu Anfang Frankreich, England und Belgien gegenüberstehe.

Meine Frage, ob er überhaupt glaube, daß man über den Weg einer Verständigung der Schwerindustriellen hüben und drüben zur Rückgewinnung von Eupen-Malmedy gelange, bejahte Schacht entschieden. Ich bestärkte ihn in seinem Vorhaben.

Auf die Frage von Schacht, ob man die Sache schon jetzt an die Regierung heranbringen sollte, empfahl ich, bis nach der Wahl zu warten. Marx könne man dann informieren, er würde die Sache bestimmt diskret behandeln. Schacht schloß sich dieser Auffassung an.

Schacht hatte dann eine weitere wichtige Mitteilung: Deutschland müsse zu Siedlungszwecken wieder Kolonialland haben. In absehbarer Zeit sei das seines Erachtens nur auf dem Wege des Kaufes möglich. Kauf könne aber nur mit amerikanischem Gelde, durch eine amerikanisch-deutsche Privatgesellschaft erfolgen. Das Arrangement müsse aber so getroffen werden, daß nur Deutsche als Ansiedler in Betracht kämen und die spätere Herstellung der deutschen Hoheit für die Kolonie gesichert werde.

Auf meine Frage, an welches Kolonialland er denke, sagte er, Portugal ginge es zur Zeit recht schlecht; er glaube, man könne ihm Angola abkaufen. Seine geographische Lage sei günstig. Die Küstenebene sei zwar ungünstig, diese steige aber zu einem Hochland an, das zur Siedelung sehr geeignet sei. Wegen der Finanzierung habe er bereits mit dem Amerikaner Owen-Yrunys (aus der Kommission zum Dawesgutachten) Fühlung genommen. Dieser habe den Gedanken gutgeheißen, hält die Finanzierung für möglich. Schacht will für Yruny nun einen ins einzelne gehenden Plan ausarbeiten.

Unter der Voraussetzung, daß die Finanzierung zu erträglichen Bedingungen führe, befürwortete ich lebhaft, den Plan weiter zu verfolgen und mich auf dem laufenden zu halten.


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