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Kunst ist kein Luxus, sondern Notwendigkeit

Ansprache bei einer Geselligkeit im Hause Ebert. 20.3.1923

Ich möchte es mir nicht versagen, Ihnen gegenüber meiner großen Freude und aufrichtigen Dankbarkeit Ausdruck zu geben, daß Sie meiner Einladung gefolgt sind. Wissenschaft und Kunst sind von der Not der Zeit nicht unberührt geblieben und mehr als je auf Fühlung mit dem praktischen Leben angewiesen. Die Notgemeinschaft der deutschen Wissenschaft zeigt dies deutlich, seit ihrer Gründung bestrebt sie sich in dankenswerter Weise, helfend und fördernd einzugreifen und die Wissenschaft vor dem drohenden Zusammenbruch zu bewahren. Ihre Vorstands- und Ausschußmitglieder sowie die Vertreter des Stifterverbandes begrüße ich anläßlich ihrer heutigen Tagung besonders herzlich. Ebenso freue ich mich, daß die heutige Sitzung des Kuratoriums der Physikalisch-technischen Reichsanstalt, unseres größten wissenschaftlichen Reichsinstituts, uns Gelegenheit gibt, bedeutende Gelehrte aus allen Teilen des Reiches heute hier zu sehen. Wissenschaft und Praxis sollen sich in dieser ernsten Zeit ergänzen und gemeinsam für des Vaterlandes Wiederaufrichtung arbeiten. Wo immer die Gegner uns Abbruch tun möchten, wie jetzt an der Ruhr, sind es die einzigartigen Erzeugnisse deutschen Geistes und deutscher Arbeit, nach denen es sie gelüstet. Über diese Beziehungen zwischen Wissenschaft und Wirtschaft nach dem Kriege will einer unserer berufensten Kenner dieses interessanten und wichtigen Gebiets, Herr Geheimrat Haber, uns noch seine Gedanken mitteilen, ich danke ihm herzlich für seine freundliche Bereitwilligkeit. Auf solchen Arbeiten der Wissenschaft für die Wirtschaft beruht ja zum großen Teil die Hoffnung, die wir für eine bessere Zukunft hegen. Aufrichtigen Dank sage ich sodann den Herren des Klingler-Quartetts, die nachdem das Haydnsche Lerchenquartett zu Gehör bringen wollen. Auch die Kunst ist kein Luxus, den wir in dieser Zeit entbehren könnten. Wir wollen sie pflegen, bewahren und fortbilden als ein Gut, das wir brauchen für die schwere Arbeit des Tages. Die Bestrebungen, ähnlich wie für die Wissenschaft, auf diesem Gebiet der Not zu steuern, begrüße ich mit den besten Wünschen. Möge denn dieser Abend uns wieder zeigen, daß die Faktoren des geistigen und politischen Lebens eng miteinander verknüpft sind, daß wir alle uns zusammenfinden müssen in diesem harten Kampfe, den nur ein einiges Volk unter Aufbietung aller seiner schaffenden Kräfte, ein Volk, das stolz ist auf seine hohe Kultur und sie voll einsetzt, durchfechten kann.


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