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Ebert als Sprecher der Kinder

Ansprache an die Quäker. Berlin, 17.6.1924

Es ist mir eine besondere Freude, Sie von der Gesellschaft der Quäker und von der amerikanischen Presse, hier begrüßen zu dürfen. Möchte ich Sie doch bitten, Vermittler des Dankes zu sein derer, die ihm heute selbst noch nicht Ausdruck zu geben vermögen, die ihn aber in naher Zukunft nicht in Worten, aber in Gesinnung und Taten abstatten werden: des Dankes der deutschen Kinder.

Wir blicken heute auf eine Zeit von viereinhalb Jahren amerikanisch-deutscher Kinderspeisungen zurück, und das Liebeswerk wird weiter fortgesetzt. In dieser Periode sind von Amerika 58 000 Tonnen Lebensmittel im Werte von 12,5 Millionen Dollar übersandt worden. Die deutsche Regierung hat ihrerseits 39 000 Tonnen im Werte von 5 Millionen Dollar beigesteuert. Staaten und Städte haben trotz verzweifelter Finanzlage einen oder mehrere Tage in der Woche übernommen. Jetzt trifft die Nachricht ein, daß die Anzahl der täglich ausgegebenen Mahlzeiten über 1 100 000 beträgt. Die Kinderspeisung hat damit eine Höhe erreicht wie nie zuvor; sie ist ein wesentlicher Teil unserer gesamten Wohlfahrtspflege geworden.

Im Herbst vorigen Jahres, als der Zusammenbruch unserer Währung uns hart an den Rand der Auflösung führte, kam die Nachricht, daß in Amerika ein großes Komitee sich gebildet habe, um die Fortführung der Kinderspeisung zu ermöglichen, die sonst gegen Weihnachten hätte eingestellt werden müssen. An die Spitze stellte sich General Henry T. Allen, ein Kenner deutscher Verhältnisse, eine Persönlichkeit, die wie kaum eine zweite allen, auch den dem Hilfswerk bis dahin noch fernerstehenden Kreisen, Gewähr dafür bietet, daß dieses Hilfswerk nicht einer von übertriebenen Elendsberichten genährten Sentimentalität seine Entstehung verdankt. Der Gedanke, der dem Hilfswerk zugrunde liegt, ist der große humanitäre und christliche: Daß die zerrissenen Beziehungen der Völker durch diese Aktion der Menschenliebe wieder geknüpft und Bereitschaft zur Verständigung, Frieden und Freundschaft in der Welt gestärkt werden.

General Allen und seine Mitarbeiter haben trotz vieler Schwierigkeiten und mancher Anfeindung alles getan, um die Not von Millionen unschuldiger hungernder Kinder und Mütter zu lindern. Bei seinen Bestrebungen fand er die Mitarbeit von Politikern und Geschäftsleuten, Männern wie Charles G. Dawes, dem Vorsitzenden der Sachverständigen-Kommission, Irving T. Bush, dem Präsidenten der New Yorker Handelskammer, und anderer führender Amerikaner. Die Kirchen, die Bürgermeister der Städte und die Gouverneure der Staaten sind dafür eingetreten, alte Mißverständnisse zu beseitigen. So ist eine Organisation fast über die ganzen Staaten hin aus dem Nichts geschaffen worden. Unser Dank gebührt insbesondere auch den Vertretern des Allen-Komitees in Deutschland, den amerikanischen Quäkern. Sie übernahmen es, in Zusammenarbeit mit dem Deutschen Zentralausschuß für die Auslandshilfe, die gesammelten Gelder in Lebensmittel umzusetzen und diese in Deutschland zu verteilen. Sie gaben als Treuhänder dem amerikanischen Publikum die Gewißheit, daß jeder gesammelte Dollar mit 100 % den deutschen Kindern zugute kommt.

Ich bin überzeugt, daß die Bemühungen des General Allen-Komitees ihre Früchte tragen werden. Nicht nur sind durch seine materielle Hilfe unendlich viele deutsche Kinder vor Hunger und Siechtum bewahrt worden, höher als dies noch steht der moralische Wert. In Ihrem Lande sind weite Kreise des amerikanischen Volkes erreicht und Kenntnis und Verständnis der deutschen Lage bei Ihnen gefördert worden. Wir aber werden es nie vergessen, daß Amerika unseren Kindern in der Zeit der größten Not über alle Vorurteile hinweg die Freundschaftshand entgegenstreckte.

Wenn nun die hier anwesenden Kinder Sie mit ihren Sangesvorträgen erfreuen wollen, so bitte ich Sie, das als ein Zeichen des aufrichtigen und herzlichsten Dankes zu betrachten, den Millionen deutscher Kinder dem amerikanischen Hilfswerk abstatten möchten.


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